Erzeugende Funktion
In verschiedenen Teilgebieten
der Mathematik versteht man unter der erzeugenden Funktion einer Folge
die formale
Potenzreihe
.
Zum Beispiel ist die erzeugende Funktion der konstanten Folge
die geometrische
Reihe
Die Reihe konvergiert für alle
und besitzt den Wert
.
Wegen der Verwendung formaler Potenzreihen spielen allerdings im Allgemeinen
Konvergenzfragen keine Rolle –
ist lediglich ein Symbol. Diese explizitere Darstellung als Potenzreihe
ermöglicht oft Rückschlüsse auf die Folge.
Beispiele
Es gelten folgende Identitäten:
(erzeugende Funktion der Folge
)
(erzeugende Funktion der Folge
)
(erzeugende Funktion der Folge
)
Manipulation von erzeugenden Funktionen
Stellt man eine Folge als erzeugende Funktion dar, entsprechen bestimmte Manipulationen der Folge entsprechenden Manipulationen der erzeugenden Funktion.
Betrachten wir z. B. die Folge
mit der erzeugenden Funktion
.
Ableiten ergibt
.
Das entspricht der Folge
Multiplikation mit
ergibt
.
Wir erhalten also die Folge
Ableiten einer erzeugenden Funktion entspricht also der Multiplikation des
n-ten Gliedes der Folge mit
und anschließender Indexverschiebung nach links, Multiplikation mit z entspricht
einer Verschiebung der Indizes nach rechts.
Betrachten wir eine weitere Folge
mit der erzeugenden Funktion
.
Multipliziert man
mit der erzeugenden Funktion
von oben gemäß der Cauchy-Produktformel
erhält man:
Der n-te Koeffizient des Produkts ist also von der Form .
Das ist genau die Partialsumme
der ersten
Koeffizienten der ursprünglichen erzeugenden Funktion. Die Multiplikation einer
erzeugenden Funktion mit
liefert somit die Partialsummen.
Eine Übersicht über weitere mögliche Manipulationen liefert die folgende Tabelle:
Folge | erzeugende Funktion |
---|---|
ist die erzeugende Funktion der Folge
,
die der Folge
.
Anwendung
Erzeugende Funktionen sind ein wichtiges Hilfsmittel für das Lösen von Rekursionen
und Differenzengleichungen
sowie für das Zählen von Zahlpartitionen.
Die punktweise Multiplikation einer erzeugenden Funktion mit der Identität
entspricht der Verschiebung der modellierten Folgeglieder um eine Stelle nach
hinten, wobei vorn, als neues Glied mit dem Index
,
eine
angefügt wird. Angenommen, wir haben die Rekursion
zu lösen, dann ist
,
und es gilt für die erzeugende Funktion
also
Auflösen nach F liefert
Wir wissen aber aus dem vorhergehenden Abschnitt, dass dies der Reihe
entspricht, also gilt
nach Koeffizientenvergleich.
Verschiedene Typen von erzeugenden Funktionen
Es gibt neben der gewöhnlichen erzeugenden Funktion noch weitere Typen von erzeugenden Funktionen. Manchmal erweist es sich als zweckmäßig, Folgen mit Hilfe der folgenden zwei Arten von erzeugenden Funktionen zu betrachten.
Exponentiell erzeugende Funktion
Die exponentiell erzeugende Funktion (oder erzeugende Funktion vom
Exponentialtyp) einer Folge
ist die Reihe
.
Zum Beispiel ist die Exponentialfunktion
die exponentiell erzeugende Funktion der Folge
Dirichlet-erzeugende Funktion
Die Dirichlet-erzeugende Funktion einer Folge
ist die Reihe
.
Sie ist benannt nach Peter Gustav Lejeune Dirichlet.
Zum Beispiel ist die Riemannsche
Zetafunktion
die Dirichlet-erzeugende Funktion der Folge
.
Die „Zustandssumme“ als erzeugende Funktion in der Thermodynamik
In der Statistischen
Physik, einer theoretisch-physikalischen>
Disziplin, in der vor allem die Thermodynamik
behandelt wird, bezeichnet man als Zustandssumme
(Partition function) die formale Potenzreihe
worin β im Wesentlichen die reziproke Temperatur 1/T und
En die als diskret angenommenen Energiewerte des behandelten
Systems sind. Die „Zustandssumme“ ist die „Erzeugende Funktion“ einer großen
Zahl sogenannter thermodynamischer
Potentiale, insbesondere der Inneren
Energie
der Freien Energie
und der Entropie
.
Durch Ableitung nach einem Parameter β erzeugte Beziehungen, analog
zur Beziehung zwischen
und
treten im Zusammenhang mit dem Begriff des Pfadintegrals
auch in anderen Gebieten der Theoretischen Physik auf. Für diese Beziehungen
wird ebenfalls der Begriff der „erzeugenden Funktion“ verwendet, auch wenn man
es nicht mit Potenzreihen zu tun hat.
Wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion
Liegen alle
zwischen null und eins und summieren sich zu eins auf, so nennt man die
erzeugende Funktion dieser Reihe auch wahrscheinlichkeitserzeugenden
Funktion. Sie spielt z.B. eine Rolle bei der Berechnung von Erwartungswerten und Varianzen
sowie bei der Addition von unabhängigen Zufallsvariablen.
Erzeugende Funktionen und die Z-Transformation
Sei
die gewöhnliche erzeugende Funktion von
und sei
die unilaterale Z-Transformation
von
.
Der Zusammenhang zwischen der erzeugenden Funktion und der Z-Transformierten
ist
Aus einer Tabelle von Z-Transformationen kann man damit die entsprechenden erzeugenden Funktionen gewinnen und umgekehrt.
Beispiel: Es ist
Damit ergibt sich
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 20.04. 2021