Satz von Arzelà-Ascoli
Der Satz von Arzelà-Ascoli, benannt nach Cesare Arzelà (1847–1912) in Erweiterung eines Satzes von Giulio Ascoli (1843–1896), ist ein wichtiger Satz in der Funktionalanalysis. Er beantwortet die Frage, welche Teilmengen in bestimmten Funktionenräumen (relativ) kompakt sind.
Aussage (skalarwertiger Fall)
Sei
ein kompakter
topologischer
Raum und
eine Teilmenge stetiger reell- oder komplexwertiger Funktionen
.
Dann gilt: Die Teilmenge
ist genau dann relativ
kompakt im Banachraum
,
versehen mit der Supremumsnorm,
wenn
gleichgradig
stetig ist und punktweise beschränkt ist, d.h. für jedes
die Menge
der Funktionswerte in
beschränkt in
bzw.
ist.
Die Bedeutung des Satzes von Arzelà-Ascoli zeigt sich im Vergleich zum Kompaktheitssatz
von Riesz, der besagt, dass Kugeln
in unendlichdimensionalen
Banachräumen nicht relativ kompakt sind. Trotzdem gibt es auch in
unendlichdimensionalen Banachräumen viele kompakte Teilmengen und der Satz von
Arzelà-Ascoli charakterisiert diese, zumindest im Spezialfall, dass der
Banachraum von der Form
ist.
Beweisskizze (im Falle, dass X ein metrischer Raum ist)
Der Beweis benutzt das cantorsche Diagonalverfahren, in welchem auf rekursive Art partiell konvergente Teilfolgen konstruiert werden, um dann quer durch alle Teilfolgen eine überall konvergente Teilfolge zu erhalten.
Sei
eine beliebige Funktionenfolge in der Funktionenfamilie
.
Zu zeigen ist, dass diese eine in
konvergente Teilfolge enthält.
Dazu wählt man sich eine aufsteigende Folge von endlichen Teilmengen ,
welche gegen eine Teilmenge
„konvergiert“, welche in der kompakten Punktmenge
dicht ist.
Die Funktionenfolge, eingeschränkt auf eine solche Punktmenge, ,
enthält nach Voraussetzung eine auf
konvergente Teilfolge, denn ein endliches kartesisches Produkt relativ kompakter
Mengen ist wieder relativ kompakt.
Sei
die nullte, gegebene Folge. Dann kann rekursiv, beginnend mit
,
in der Funktionenfolge
eine Teilfolge
ausgewählt werden, die auf der vergrößerten Punktmenge
konvergiert. Schlussendlich konvergiert nach dem Cantorschen Diagonal„trick“,
die Diagonalfolge
auf der dichten Teilmenge
gegen eine Funktion
.
Aus der gleichgradigen Stetigkeit folgt, dass die so erhaltene Grenzfunktion
auf ganz
stetig fortgesetzt werden kann zu
und es folgt ebenfalls, dass die Diagonalfolge auch in der Supremumsnorm gegen
die so konstruierte Funktion konvergiert:
in
,
das heißt
-
.
Anwendungen
Funktionalanalysis: Kompaktheit von Operatoren
Den Satz von Arzelà-Ascoli kann man dazu verwenden, nachzuweisen, dass ein Operator
kompakt
ist. Sei beispielsweise
der Raum quadratintegrierbaren
Funktionen, dann ist
definiert durch
ein nichtlinearer kompakter Operator. Für alle
und alle
ist
von der Form
und somit stetig. Des Weiteren gilt
.
Also gilt für beschränktes
die Teilmengenrelation
und
ist somit beschränkt und gleichgradig stetig. Daher kann man den Satz von
Arzelà-Ascoli anwenden und erhält, dass die Menge
relativ kompakt ist in
bezüglich der Supremumsnorm. Deshalb bildet also
beschränkte Mengen auf relativ kompakte Mengen ab und ist somit ein kompakter
Operator.
Gewöhnliche Differentialgleichungen
Der Satz von Peano verwendet den Satz von Arzelà-Ascoli um zu zeigen, dass die im Beweis verwendeten Operatoren relativ kompakt sind.
Verallgemeinerungen
Allgemeinere Wertebereiche
Anstelle von skalarwertigen Funktionen kann man auch Funktionen mit Werten in
betrachten, wobei
wahlweise ein normierter
Vektorraum, ein topologischer
Vektorraum, ein metrischer
Raum oder ganz allgemein ein uniformer
Raum sein kann. Der Funktionenraum
wird nach wie vor mit der Topologie der gleichmäßigen Konvergenz versehen. Es
reicht dann allerdings nicht mehr aus, punktweise Beschränktheit zu fordern,
sondern die Funktionenmenge muss punktweise relativ kompakt (in
)
sein. Genauer gilt:
- Eine Teilmenge
ist relativ kompakt bezüglich der Topologie der gleichmäßigen Konvergenz, wenn sie gleichgradig stetig ist und für jedes
gilt, dass
im Raum
relativ kompakt ist.
Allgemeinere Definitionsbereiche
Es existieren auch Verallgemeinerungen, bei denen der kompakte Raum
durch einen allgemeineren topologischen Raum ersetzt wird. Hierbei ist dann aber
der Funktionenraum mit der kompakt-offenen
Topologie zu versehen, also der Topologie der gleichmäßigen
Konvergenz auf kompakten Teilmengen.
Anwendung in der Differentialgeometrie: Kompaktheit des Raumes der Geodäten
Der Satz von Arzelà-Ascoli lässt sich verallgemeinern auf Familien
gleichgradig stetiger Funktionen mit Werten in einer kompakten Mannigfaltigkeit .
Insbesondere kann man ihn anwenden auf Familien von Abbildungen
eines Intervalls
in eine kompakte Riemannsche
Mannigfaltigkeit
und erhält, dass für feste
jede Familie von
-Quasigeodäten eine
konvergierende Teilfolge besitzt. Die Konvergenz ist gleichmäßig falls
ein endliches Intervall, und lokal gleichmäßig falls
ist. Man kann zeigen, dass für eine konvergente Folge von Geodäten der Grenzwert
wieder eine Geodäte ist.
Für eine kompakte Mannigfaltigkeit
ist der Raum aller Geodäten also kompakt bzgl. der kompakt-offenen Topologie.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 15.06. 2020