Nitroglycerin

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeitder Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP)
01 – Explosionsgefährlich 06 – Giftig oder sehr giftig 08 – Gesundheitsgefährdend 09 – Umweltgefährlich
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Instabil, explosiv.
  • Lebensgefahr bei Einatmen.
  • Lebensgefahr bei Hautkontakt.
  • Lebensgefahr bei Verschlucken/span>
  • ​Kann die Organe schädigen (alle betroffenen Organe nennen, sofern bekannt) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, wenn schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • Giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung.
P:
  • Vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen.
  • Vor Gebrauch alle Sicherheitshinweise lesen und verstehen.
  • Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol nicht einatmen.
  • Nicht in die Augen, auf die Haut oder auf die Kleidung gelangen lassen.
  • Nach Gebrauch … gründlich waschen. (Die vom Gesetzgeber offen gelassene Einfügung ist vom Inverkehrbringer zu ergänzen)
  • Bei Gebrauch nicht essen, trinken oder rauchen.
  • Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden.
  • Freisetzung in die Umwelt vermeiden.
  • Schutzhandschuhe / Schutzkleidung / Augenschutz / Gesichtsschutz tragen.
  • Vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung verwenden.
  • Atemschutz tragen.
  • Bei Verschlucken: Sofort Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen.
  • Bei Kontakt mit der Haut: Behutsam mit viel Wasser und Seife waschen.
  • Bei Einatmen: An die frische Luft bringen und in einer Position ruhigstellen, die das Atmen erleichtert.
EU-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) 

E
Explosions-
gefährlich

N
Umwelt-
gefährlich
R- und S-Sätze R:
  • Durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen besonders explosionsgefährlich.
  • Sehr giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut.
  • Gefahr kumulativer Wirkungen
  • Giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben.
S:
  • Unter Verschluss und für Kinder unzugänglich aufbewahren. (Text nur erforderlich bei Abgabe an nichtgewerbliche Endverbraucher)
  • Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung treffen.
  • Abfälle und Behälter müssen in gesicherter Weise beseitigt werden.
  • Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und Schutzkleidung tragen.
  • Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, Etikett vorzeigen).
  • Freisetzung in die Umwelt vermeiden. Besondere Anweisungen einholen/Sicherheitsdatenblatt zu Rate ziehen.
MAK 0,094 mg/m3
Toxikologische Daten
  • 1450 mg/kg (LD50, Meerschweinchen, oral)
  • 115 mg/kg (LD50 Maus, oral)
  • 105 mg/kg (LD50, Ratte, oral)
  • 8 μg/kg (TDLo, Frau, oral)

Nitroglycerin, Glycerintrinitrat oder Glyceroltrinitrat, auch Trisalpetersäureglycerinester ist ein Sprengstoff mit der Summenformel C3H5N3O9. Neben der Verwendung als Sprengstoff wird es auch in der Medizin wegen seiner gefäßerweiternden Wirkung eingesetzt.

Geschichte

Im Jahre 1847 stellt der Turiner Arzt und Chemiker Ascanio Sobrero erstmals Nitroglycerin her, aus dem Alfred Nobel 1867 Dynamit gewann. 1875 wurde dann von ihm aus Nitroglycerin und Zellulosenitrat (Kollodiumwolle) der bis dahin stärkste gewerbliche Sprengstoff, die Sprenggelatine, hergestellt. Diese Mischung wurde dann kurze Zeit später im härtesten Urgestein beim Bau des Gotthardtunnels in der Schweiz mit ausgezeichnetem Erfolg angewendet. Daraus wurden mit Zuschlagstoffen die schwächeren Gelatine-Dynamite hergestellt. Bei Verwendung des Ammonsalpeters in diesen Mischungen auch schon durch Nobel wurden die Grundlagen für die heute verwendeten Sprengstoffe geschaffen.

Strukturformel
Struktur von Glycerintrinitrat
Allgemeines
Name Nitroglycerin
Andere Namen
  • Propan-1,2,3-triyltrinitrat (IUPAC)
  • Propan-1,2,3-trioltrinitrat
  • Glyceryltrinitrat
  • Glycerintrinitrat
  • Glyceroltrinitrat
  • Trisalpetersäureglycerinester
  • Trisalpetersäurepropan-1,2,3-triolester
  • „Nobels Sprengöl“
  • NGL
  • Blasting oil
  • Glycerinum trinitricum
  • Trinitroglycerol
Summenformel C3H5N3O9
CAS-Nummer 55-63-0
PubChem 4510
ATC-Code
  • C01DA02
  • C05AE01
Kurzbeschreibung gelbliche Flüssigkeit
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse Vasodilatator
Eigenschaften
Molare Masse 227,09 g/mol
Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,59 g/cm3
Schmelzpunkt 13,5 °C (rhombisch, stabil)
Siedepunkt 160 °C (20 hPa)
Dampfdruck 0,25 Pa (20 °C)
Löslichkeit schlecht in Wasser
Brechungsindex 1,4786 (12 °C)

 

Darstellung und Gewinnung

Glycerintrinitrat wird durch die Veresterung der drei Hydroxygruppen von wasserfreiem Glycerin mit einer Mischung aus Salpetersäure und Schwefelsäure, der so genannten Nitriersäure, hergestellt:

Nitroglycerin Synthese
 

Man unterscheidet diskontinuierliche und kontinuierliche Herstellungsverfahren. Bei diskontinuierlichen Verfahren wird eine bestimmte Menge Nitriersäure vorgelegt und bei starker Kühlung kleine Mengen Glycerin zugegeben. Aufgrund der Wärmeentwicklung und einer autokatalytischen Zersetzung bei Temperaturen über 30 °C bergen diese Methoden jedoch häufig unkalkulierbare Risiken. Das Auftreten von Nitroglycerindämpfen kann wegen der blutdrucksenkenden Wirkung (s.o.) zum Bewusstseinsverlust führen, was dadurch die Kontrolle über die Temperaturen bei der Herstellung unmöglich und damit eine unkontrollierte Zersetzung wahrscheinlich werden lässt.

Um die Glycerintrinitratmengen in den einzelnen Verarbeitungsstufen so gering wie möglich zu halten und die Produktivität zu erhöhen, wurden daher kontinuierliche Herstellungsverfahren entwickelt. Im einfachsten Fall werden Nitriersäure und Glycerin kontinuierlich in ein gekühltes Rohrsystem gegeben und mischen sich dort aufgrund der laminaren Strömungsverhältnisse. Die modernsten Verfahren benutzen Injektorpumpen, bei denen die durchfließende Nitriersäure einen Unterdruck erzeugt, mit dem das Glycerin angesogen und in dem Säurestrahl verwirbelt wird. Die Reaktionstemperatur liegt bei etwa 70 °C.

Allgemein erfordert die Synthese von Glycerintrinitrat besondere Sorgfalt und Kenntnisse im Umgang mit Gefahrstoffen, es darf daher nur in professionellen Laboratorien oder technischen Produktionsanlagen hergestellt werden.


 

Eigenschaften

Glycerintrinitrat ist bei Standardbedingungen eine farblose, geruchlose und schlecht wasserlösliche Flüssigkeit. Es hat einen süßlichen Geschmack, und schon die Einnahme einer geringen Menge Glycerintrinitrat (10 mg bzw. 0,15 mg/kg Körpergewicht) führt zu Kopfschmerzen. Der Schmelzpunkt liegt je nach Polymorph bei 2,8 °C oder 13,5 °C. Glycerintrinitrat explodiert bereits bei einem Fallhammerversuch mit einem 2-kg-Fallhammer aus einem Zentimeter Höhe. Die Flüssigkeit wird in extrem kurzer Zeit vollständig in gasförmige Produkte umgewandelt, was zu einer massiven Volumenausdehnung führt.

Zerfallsgleichung (allgemein)

Glycerintrinitrat zerfällt zu Kohlendioxid, Wasser, Stickstoff und Stickstoffmonoxid:

Nitroglycerine Destruction

Verwendung

Sprengstoff

Glycerintrinitrat wird als Sprengstoff verwendet. Wegen der starken Stoß- und Erschütterungsempfindlichkeit ist die Handhabung allerdings eher schwierig. Alfred Nobel gelang es 1867, Glycerintrinitrat in Kieselgur einzulagern. Das entstehende Dynamit war einfacher zu benutzen. Da aber dessen Anteil von 25 Prozent inaktiven Kieselgurs die Sprengkraft reduzierte, stellte ebenfalls Nobel 1875 Sprenggelatine her, eine ideal zerfallende Mischung aus Nitroglycerin und Schießbaumwolle (Zellulosenitrat, Ballistit bzw. Cordit). Später wurde Glycerintrinitrat als Sprengstoffbestandteil wegen seines Gefrierpunkts bei 13,5 °C (stabile, rhombische Modifikation) bzw. 2,8 °C (labile, trikline Form) teilweise durch Nitroglykol (Ethylenglykoldinitrat oder EGDN) ersetzt, das erst bei −22 °C gefriert. Nitroglykol ist allerdings recht flüchtig und daher in warmen Ländern mit nur wenig prozentualem Anteil an Sprengöl im Gesamtsprengstoff nicht zu empfehlen. Glycerintrinitrat ist dagegen heute noch ein wichtiger Bestandteil vieler Treibladungspulver. In geringen Mengen zugesetzt erhöht es die Sprengkraft von Ammonsalpetersprengstoffen.

Medizin

Wegen seiner gefäßerweiternden Wirkung – durch die Freisetzung von Stickstoffmonoxid – wird es unter dem Namen Glyceroltrinitrat als Mittel bei Angina pectoris, Herzinsuffizienz (Nitrolingual Pumpspray) sowie bei Analfissuren (Creme) verwendet. Herzinfarkte werden hingegen als „nitroresistent“ bezeichnet, da bei einem Verschluss der Koronararterien die vasodilatative Wirkung des freigesetzten Stickstoffmonoxid keinen therapeutischen Effekt hat.

Neben der Anwendung bei der Angina pectoris kommt es in der Notfallmedizin weiterhin auch bei Linksherzinsuffizienzen und kardial bedingten Lungenödemen zur Anwendung, da es die Herzvorlast herabsetzt. Weitere Anwendungsgebiete sind die Hypertensive Krise und spastische Harnleiter- und Gallenkoliken. Zu beachten ist allerdings, dass es zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen kann, wenn das Medikament Sildenafil (Viagra) bis zu 72 Stunden vor der Einnahme des Präparats genommen wurde.

Die Anwendung bei Osteoporose wird zur Zeit erforscht. Die tägliche Anwendung einer nitroglycerinhaltigen Salbe erhöhte in einer Studie kanadischer Wissenschaftler die Knochendichte deutlich. Ob sich dadurch das Risiko von Knochenbrüchen verringert, wird jedoch nicht belegt. Die Wirkung wird mit der direkten Hemmung der Osteoklasten durch das freiwerdende Stickoxid erklärt.

Nebenwirkungen

Zu den Nebenwirkungen des Mittels zählen eine Erhöhung des intrakraniellen Drucks, eine mögliche Reflextachykardie sowie Kopfschmerzen, Erröten und ein Hitzegefühl.

Hinweis zu Gesundheitsthemen Dieser Artikel dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose.
Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
Hinweis zu Rechtsheitsthemen Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Handelsnamen

Monopräparate

Corangin Nitrospray (D), Deponit (D, A, CH), Glytrin (A), MinitranTM (CH), Minitrans (D), Nitrangin (D), Nitro (D, A), Nitroderm (D, A, CH), Nitro-Dur (A, CH), Nitronal (CH), Nitrolingual (D, A), Perlanganit (D, A, CH), Trinitrin (CH), Trinitrosan (D), Rectogesic (Salbe), diverse Generika (CH).

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.04. 2019