Biegelinie
Eine Biegelinie (auch Biegungslinie, Durchbiegungslinie, elastische Linie) ist eine mathematisch einfach beschreibbare Kurve für die Verformung eines geraden Balkens bei mechanischer Belastung.
Die Gleichung der Biegelinie ist ein Teil der Balkentheorie. Sie wird verwendet, um die Durchbiegung von Balken im Bereich des linear-elastischen Materialverhaltens zu bestimmen. Dabei wird die Annahme zugrunde gelegt, dass die eintretenden Verformungen so klein sind, dass die biegebedingte Veränderung der Balkengeometrie bei der Aufstellung der Gleichung vernachlässigt werden kann. Für den Bereich des nichtlinear-elastischen Materialverhaltens sind Abänderungen erforderlich.
Das Biegemoment (Schnittmoment) an der Stelle in einem elastischen geraden Balken bestimmt die dortige Krümmung seiner Biegelinie . Unter Einbeziehung des Hooke’schen Stoffgesetzes erhält man
- .
Dabei bezeichnen , und den (vorzeichenbehafteten) Krümmungsradius an der Stelle , den Elastizitätsmodul bzw. das axiale Flächenträgheitsmoment des Balkens. Das Minuszeichen berücksichtigt die für Schnittreaktionen üblichen Richtungskonventionen.
Mit der rein geometrischen Definition einer Kurvenkrümmung folgt daraus die exakte Differentialgleichung der Balkenbiegung zu
- .
Die Striche bezeichnen die Ableitung nach der Balkenlängskoordinate . In den meisten praktischen Fällen ist die Durchbiegung so klein, dass bleibt. Dann genügt die einfachere Differentialgleichung
zur Bestimmung der Biegelinie .
Differenzialbeziehungen
In der schubweichen Balkentheorie II. Ordnung gibt es unter den Bernoullischen Annahmen folgende Differentialgleichungen für die Queranteile:
mit
- der Laufkoordinate x entlang der Balkenachse
- dem Elastizitätsmodul E
- dem Schubmodul G (Term tritt in der schubstarren Theorie nicht in den Differentialgleichungen auf)
- dem Flächenträgheitsmoment I(x)
- R(x) der Transversalkraft (in der Theorie I. Ordnung gilt R(x)=V(x))
- V(x) der Querkraft
- NII(x) die Normalkraft nach Theorie Theorie II. Ordnung (in derTheorie I. Ordnung tritt dieser Term in der Differenzialgleichung nicht auf)
- q(x) der Gleichlast (Querbelastung pro Längeneinheit)
- M(x) dem Biegemoment
- m(x) dem Steckemoment (Biegebelastung pro Längeneinheit)
- φ(x) der Verdrehung
- κe(x) der eingeprägten Krümmung
- w(x) der Durchbiegung zufolge Belastung
- wv(x) der Durchbiegung zufolge Vorverformung
- der Schubfläche (Term tritt in der schubstarren Theorie nicht auf).
Durch diese Differentialgleichungen ist somit ein Zusammenhang zwischen der Durchbiegung und dem Biegemoment im Balken gegeben. Dies führt zu drei Gleichungen, für die ein Zusammenhang zwischen der Durchbiegung und den Schnittlasten im Balken (Biegemoment und Querkraft ) sowie der äußeren Flächenlast gegeben ist. (Die Koordinate wird hierbei entlang der Balkenachse gezählt. Die Biegung erfolgt um die Koordinaten-Achse . Die Koordinate verläuft in Richtung der Querkraft.)
Die letzte Gleichung vierter Ordnung heißt auch Euler-Bernoulli-Gleichung. Damit die Durchbiegung berechnet werden kann, muss der Elastizitätsmodul des Materials bekannt sein. Ferner muss vorab das Flächenträgheitsmoment des Balkenquerschnitts ermittelt und der Verlauf der äußeren Streckenlast oder der Verlauf von Biegemoment oder Querkraft bestimmt werden. Die Gleichung kann dann mehrmals integriert werden, bis auf der einen Seite die Durchbiegung steht. Hierbei ergeben sich mehrere Integrationskonstanten, die durch eine entsprechende Anzahl von Randbedingungen bestimmbar sind.
Das folgende Beispiel zeigt das Vorgehen, wenn vorab der Verlauf des Biegemoments ermittelt wurde und der Elastizitätsmodul und das Flächenträgheitsmoment über die ganze Länge des Balkens als konstant angenommen werden:
Es ergeben sich die zwei unbekannten Konstanten und . Diese können nun durch zwei Randbedingungen bestimmt werden. Zum Beispiel gilt bei einem Auflager an der Stelle , welches eine Querkraft aufnehmen kann: . Für ein Auflager an der Stelle , welches ein Moment aufnehmen kann, gilt: .
Kreismembran
Im Falle einer kreisrunden Membran werden oft auch vereinfacht die Formeln aus der Balkentheorie verwendet. Unter der Annahme einer homogenen Membran wird dann bei rotationssymmetrischen Kräften eine einfache Biegelinie berechnet. Also nur ein Querschnitt der Membran.
Mit dem tangentialen und radialen Biegemoment und und unter Vernachlässigung von Differentialen höherer Ordnung ergibt sich die Momentgleichung
Die Biegemomente lassen sich über die Poissonzahl angeben zu:
D ist hierbei das Widerstandsmoment, das sich über den Elastizitätsmodul der Membran mit Dicke d wie folgt beschreiben lässt:
Die Biegelinie einer Kreismembran lautet dann in Differentialform, unter Vernachlässigung von kleinen Termen höherer Ordnung sowie von Zugspannungen (nur zulässig für geringe Dehnungen):
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.07. 2020