Legendre-Transformation
Die Legendre-Transformation (nach Adrien-Marie Legendre) gehört zu den Berührungstransformationen und dient als wichtiges mathematisches Verfahren zur Variablentransformation.
Eine Verallgemeinerung der Legendre-Transformation auf allgemeine Räume und nicht-konvexe Funktionen ist die Konvex-Konjugierte.
Definition
In einer Variablen
Sei
eine konvexe
Funktion einer reellen Variablen. Die Legendre-Transformierte
ist dann definiert als
Dabei ist mit
das Supremum
gemeint.
Für eine differenzierbare
konvexe Funktion
mit invertierbarer erster Ableitung lässt sich das Supremum mit Mitteln aus der
elementaren Analysis auswerten. Die Funktion
nimmt wegen der Konkavität von
an der (eindeutigen) Stelle, an der die Ableitung
ist, ein absolutes Maximum an. Daraus folgt, dass an der Stelle
das Supremum in
angenommen wird. Somit gilt:
In mehreren Variablen
Ähnlich wie in einer Dimension kann die Legendre-Transformation auch in
höheren Dimensionen definiert werden. Sei
konvex und
eine konvexe Funktion. Dann ist die Legendre-Transformierte
mit Definitionsmenge
und Standardskalarprodukt
definiert als
Geometrische Bedeutung

Geometrisch lässt sich der Sachverhalt wie in der Abbildung veranschaulichen:
Die Kurve (rot) kann, statt die Punktmenge anzugeben, aus der sie besteht, auch
durch die Menge aller Tangenten
charakterisiert werden, die sie einhüllen. Genau das passiert bei der
Legendre-Transformation. Die Transformierte
ordnet der Steigung
einer jeden Tangente deren y-Achsenabschnitt
zu. Es ist also eine Beschreibung derselben Kurve – nur über einen anderen
Parameter, nämlich
statt
.
Beispiele
- Gegeben sei die Funktion
. Dann gilt
, also
-
.
- Als Legendre-Transformierte
von
ergibt sich damit
.
- Für die Exponentialfunktion
gilt
, also
-
.
- Als Legendre-Transformierte
von
ergibt sich damit
- für
.
- Gegeben sei eine symmetrische
und positiv definite Matrix
. Dann ist die durch
definierte quadratische Form
mit
eine konvexe Funktion. Die durch
mit
definierte Funktion hat den Gradienten
und die negativ definite Hesse-Matrix
. Die Funktion
nimmt daher an der Stelle
ihr eindeutig bestimmtes globales Maximum an, d.h. für die Legendre-Transformierte
von
gilt
-
.
Bei Abhängigkeit von mehreren Variablen
Die Änderung der Abhängigkeit einer Funktion
von einer unabhängigen Variablen
zu einer anderen
mittels einer partiellen
Ableitung von
nach
ist:
.
Hierbei stellt
geometrisch die Steigung
in x-Richtung der Tangentenebene an die Funktion
dar. Daher spricht man von Berührungstransformation.
Die Funktion
wird als Legendre-Transformierte bezüglich der Variablen
bezeichnet.
Die Legendre-Transformierte lässt sich wie folgt herleiten. Der Wert von
kann alternativ als
geschrieben werden. Definiert man nun ,
erhält man für die Legendre-Transformierte
.
Meistens wird
gewählt, und somit folgt
.
Für letztere Definition ist die Legendre-Transformierte die -Komponente
des Schnittpunkts der Tangentenebene an
mit der Ebene
.
Für Funktionen in der Ebene spricht man vom Achsenabschnitt (siehe auch Geradengleichung).
Praktisch erfolgt also der Austausch der unabhängigen Variablen durch
Subtraktion des Produkts aus alter und neuer Variable
von der Ausgangsfunktion:
.
Dies wird auch bei Betrachtung des totalen Differentials der Legendre-Transformierten deutlich:
.
Anwendungsgebiete
Verwendung in der Physik findet die Legendre-Transformation vor allem in der
(statistischen) Thermodynamik
(z.B. Umwandlung der Fundamentalgleichung
bzw. beim Übergang zwischen thermodynamischen Potentialen unter verschiedenen
Randbedingungen) und beim Übergang von der Lagrangeschen zur Hamiltonschen
Mechanik (Lagrange-Funktion
zu Hamilton-Funktion).
In der Thermodynamik verwendet man die untere Vorzeichenkonvention ().
Die Legendre-Transformation spielt – wie die Berührungstransformationen
insgesamt – des Weiteren eine Rolle in der Mechanik,
der Variationsrechnung
und in der Theorie der partiellen
Differentialgleichungen 1. Ordnung. In der Mechanik verwendet man die obere
Vorzeichenkonvention ().
Beispiele von Anwendungen in der Physik
In der analytischen Mechanik gewinnt man durch Legendre-Transformation aus der Lagrangefunktion die Hamiltonfunktion und umgekehrt:
In der Thermodynamik
kann man durch Legendre-Transformation aus der Fundamentalgleichung
der Thermodynamik die thermodynamischen
Potentiale ableiten. Dabei findet beispielsweise ein Übergang von der inneren Energie
(abhängig von der Entropie
)
zur Helmholtz-Energie
(abhängig von der Temperatur
)
statt. Im Fall eines idealen Gases gilt also:
.
Die hier verwendete Ableitungsnotation bedeutet Ableitung der Funktion
nach
,
wobei
und
konstant gehalten werden.
Analog dazu ist auch ein Übergang von einem thermodynamischen Potential zu
einem anderen möglich, beispielsweise von der Enthalpie
zur Gibbs-Energie
:
.
Auf die gleiche Weise erhält man auch die anderen thermodynamischen Potentiale, wobei durch eine Legendre-Transformation immer eine generalisierte Koordinate durch die konjugierte thermodynamische Kraft ersetzt wird.



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 26.11. 2019