Hesse-Matrix
Die nach Otto Hesse benannte Hesse-Matrix ist eine Matrix, die in der mehrdimensionalen reellen Analysis ein Analogon zur zweiten Ableitung einer Funktion ist.
Die Hesse-Matrix taucht bei der Approximation einer mehrdimensionalen Funktion in der Taylor-Entwicklung auf. Sie ist unter anderem in Zusammenhang mit der Optimierung von Systemen von Bedeutung, die durch mehrere Parameter beschrieben werden, wie sie beispielsweise in den Wirtschaftswissenschaften, in der Physik, theoretischen Chemie oder in den Ingenieurwissenschaften häufig auftreten.
Definition
Sei
eine zweimal
stetig differenzierbare Funktion. Dann ist die Hesse-Matrix von
am Punkt
definiert durch
Mit
werden die zweiten
partiellen Ableitungen bezeichnet. Die Hesse-Matrix entspricht der Transponierten der
Jacobi-Matrix des Gradienten,
ist aber bei stetigen zweiten Ableitungen wegen der Vertauschbarkeit der
Differentiationsreihenfolge symmetrisch,
so dass das Transponieren der Matrix keine Änderung bewirkt.
Beispiele
- Für
,
gilt
und
, also
-
.
- Die Funktion
,
, die jedem Vektor im
seine euklidische Norm zuordnet, ist für alle
zweimal stetig differenzierbar und es gilt nach der Kettenregel
-
- sowie weiter nach der Quotientenregel
,
- wobei
das Kronecker-Delta bezeichnet. In Matrixschreibweise folgt also
- mit der
-Einheitsmatrix
.
Anwendungen
Taylor-Entwicklung
Die Taylor-Entwicklung
einer zweimal stetig differenzierbaren Funktion
mit
um eine Entwicklungsstelle
beginnt mit
Die Terme zweiter Ordnung dieser Entwicklung sind also durch die quadratische Form gegeben, deren Matrix die an der Entwicklungsstelle ausgewertete Hesse-Matrix ist.
Extremwerte
Mit Hilfe der Hesse-Matrix lässt sich der Charakter der kritischen
Punkte einer Abbildung in
bestimmen. Dazu bestimmt man für die zuvor ermittelten kritischen Punkte die Definitheit der
Hesse-Matrix.
- Ist die Matrix an einer Stelle positiv definit, so befindet sich an diesem Punkt ein lokales Minimum der Funktion.
- Ist die Hesse-Matrix dort negativ definit, so handelt es sich um ein lokales Maximum.
- Ist sie indefinit, dann handelt es sich um einen Sattelpunkt der Funktion.
Falls die Hesse-Matrix an der untersuchten Stelle nur semidefinit ist, so versagt dieses Kriterium und der Charakter des kritischen Punktes muss auf anderem Wege ermittelt werden. Welcher dieser Fälle vorliegt, kann – wie unter Definitheit beschrieben – zum Beispiel mit Hilfe der Vorzeichen der Eigenwerte der Matrix oder ihrer Hauptminoren entschieden werden.
Beispiel: Die Funktion
hat in
einen kritischen Punkt, aber
ist weder positiv noch negativ definit und auch nicht semidefinit, sondern
indefinit. Die Funktion hat in diesem Punkt kein Extremum, sondern einen
Sattelpunkt, in dem sich zwei Höhenlinien
schneiden.
Konvexität
Es besteht zudem ein Zusammenhang zwischen der positiven Definitheit der
Hesse-Matrix und der Konvexität
einer zweimal stetig differenzierbaren Funktion ,
die auf einer offenen, konvexen Menge
definiert ist: Eine solche Funktion ist genau dann konvex, wenn ihre
Hesse-Matrix überall in
positiv semidefinit ist. Ist die Hesse-Matrix sogar positiv definit in
,
dann ist die Funktion auf
strikt konvex. Entsprechend gilt: Eine zweimal stetig differenzierbare Funktion
ist auf ihrer konvexen Definitionsmenge
genau dann konkav, wenn ihre Hesse-Matrix negativ semidefinit ist. Ist die
Hessematrix sogar negativ definit auf
,
so ist
auf
strikt konkav.
Ist
auf ihrer Definitionsmenge
strikt konvex, so besitzt
höchstens ein globales Minimum auf
.
Jedes lokale Minimum ist zugleich das (einzige) globale Minimum. Ist
strikt konkav, so besitzt
höchstens ein globales Maximum. Jedes lokale Maximum ist zugleich ihr (einziges)
globales Maximum.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 18.06. 2021