Kritischer Punkt (Mathematik)
Eine stetig differenzierbare Abbildung zwischen zwei differenzierbaren Mannigfaltigkeiten besitzt an einer Stelle einen kritischen oder stationären Punkt, falls dort das Differential nicht surjektiv ist. Andernfalls handelt es sich um einen regulären Punkt. Gibt es einen oder mehrere kritische Punkte im Urbild eines Punktes, nennt man ihn kritischen beziehungsweise stationären Wert, sonst: regulären Wert.
Definition
Es sei
eine offene Menge und
eine stetig differenzierbare Funktion.
Ein Wert
heißt kritischer oder stationärer Punkt von
,
wenn
nicht surjektiv ist, das heißt, wenn
gilt, wobei
das totale
Differential bezeichnet.
Ein
heißt kritischer oder stationärer Wert, wenn es einen kritischen Punkt
mit
gibt.
Beispiele
- Die Definition enthält insbesondere den eindimensionalen Spezialfall. Ist
eine stetig differenzierbare Funktion, so ist
genau dann ein kritischer Punkt von
, wenn die Ableitung von
an der Stelle
verschwindet, also
gilt. Ist beispielsweise das Polynom
gegeben, so gilt
genau dann, wenn
ist. Also sind
und
die kritischen Punkte von
.
- Eine stetig differenzierbare reellwertige Abbildung
in
reellen Variablen besitzt genau dann einen kritischen Punkt an der Stelle
, wenn an dieser Stelle ihr Gradient gleich dem Nullvektor ist, also wenn dort alle partiellen Ableitungen verschwinden:
-
.
Eigenschaften
Die Menge der kritischen Punkte einer Funktion kann groß sein, zum Beispiel
ist jeder Punkt im Urbild einer konstanten
Abbildung kritisch. Gemäß der Definition ist auch jeder Punkt kritisch, wenn
gilt, selbst im Falle einer Immersion.
Der Satz von Sard besagt hingegen, dass die Menge aller kritischen Werte einer genügend differenzierbaren Abbildung Maß null besitzt; es gibt also „sehr wenige“ kritische Werte. An diesen Stellen schlägt der Satz vom regulären Wert fehl: Das Urbild eines kritischen Wertes ist im Allgemeinen keine Mannigfaltigkeit.
Entartung
Im Falle einer reellwertigen Funktion kann mithilfe der Hesse-Matrix festgestellt werden, ob es sich um einen entarteten kritischen Punkt handelt. Dieses ist genau dann der Fall, wenn die Hesse-Matrix singulär, also nicht invertierbar, ist. Mit Funktionen ohne entartete kritische Punkte beschäftigt sich die Morsetheorie.
Falls keine Entartung vorliegt, kann bei reellwertigen Funktionen auch festgestellt werden, ob es sich um ein lokales Minimum, ein lokales Maximum oder einen Sattelpunkt der Funktion handelt.



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 20.06. 2020