Gauß-Test

Der Gauß-Test oder Z-Test ist in der mathematischen Statistik eine Gruppe von Hypothesentests mit standardnormalverteilter Testprüfgröße unter der Nullhypothese. Der Test ist benannt nach Carl Friedrich Gauß.

Mit dem Gauß-Test werden anhand von Stichproben-Mittelwerten Hypothesen über die Erwartungswerte derjenigen Grundgesamtheiten geprüft, aus denen die Stichproben stammen.

Der Gauß-Test folgt einer ähnlichen Methode wie der t-Test. Der wichtigste Unterschied liegt in den Voraussetzungen für die Anwendung dieser Tests: Während der t-Test mit den empirischen Standardabweichungen der Stichproben arbeitet, müssen für den Gauß-Test die Standardabweichungen der Grundgesamtheiten bekannt sein. Des Weiteren verwendet der Gauß-Test grundsätzlich die Standardnormalverteilung als Kennwerteverteilung, während der t-Test auf die t-Verteilung zurückgreift. Somit ist der Gauß-Test für kleine Stichproben nur bedingt geeignet.

Mathematische Grundlagen

Sind X_1, X_2, \dots, X_n unabhängige normalverteilte Zufallsvariablen mit Erwartungswert \mu _{X} und Standardabweichung \sigma _{X}, so ist ihr arithmetisches Mittel

{\bar  X}={\frac  {1}{n}}\sum _{{i=1}}^{n}X_{i}

normalverteilt mit Erwartungswert \mu _{X} und Standardfehler \sigma _{X}/{\sqrt  {n}}.

Die Stichprobenfunktion

Z={\frac  {{\bar  X}-\mu _{0}}{\sigma _{X}}}{\sqrt  {n}}

ist dann unter der Nullhypothese \mu _{X}=\mu _{0} standardnormalverteilt und wird als Teststatistik verwendet.

Die Teststatistik kann geschrieben werden als:

{\displaystyle Z={\frac {{\bar {X}}-\mu _{X}}{\sigma _{X}}}{\sqrt {n}}+{\frac {\mu _{X}-\mu _{0}}{\sigma _{X}}}{\sqrt {n}}=X+{\frac {\mu _{X}-\mu _{0}}{\sigma _{X}}}{\sqrt {n}}},

also wie eine standardnormalverteilte Zufallsvariable X plus eine Zahl, die auf standardisierte Weise die Distanz zwischen dem wirklichen und dem unterstellten Erwartungswert zeigt.

Liegen außerdem unabhängige normalverteilte Zufallsvariablen Y_{1},Y_{2},\dots ,Y_{m} mit Erwartungswert \mu _{Y}, Standardabweichung \sigma _{Y} und arithmetischem Mittel

{\bar  Y}={\frac  {1}{m}}\sum _{{i=1}}^{m}Y_{i}

vor, die zusätzlich unabhängig von der X-Stichprobe sind, so ist {\bar  X}-{\bar  Y} normalverteilt mit Erwartungswert \mu _{X}-\mu _{Y} und Standardabweichung {\sqrt  {{\frac  {\sigma _{X}^{2}}{n}}+{\frac  {\sigma _{Y}^{2}}{m}}}}.

Die Stichprobenfunktion

Z={\frac  {({\bar  X}-{\bar  Y})-\delta }{{\sqrt  {{\frac  {\sigma _{X}^{2}}{n}}+{\frac  {\sigma _{Y}^{2}}{m}}}}}}

ist dann unter der Nullhypothese \mu _{X}-\mu _{Y}=\delta standardnormalverteilt und wird als Teststatistik verwendet.

Einstichproben-Gauß-Test

Anwendung

Der Einstichproben-Gauß-Test prüft anhand des arithmetischen Mittels einer Stichprobe, ob der Erwartungswert der zugehörigen Grundgesamtheit ungleich (bzw. kleiner oder größer) einem vorgegebenen Wert ist.

Die Stichprobe x_{1},x_{2},\dots ,x_{n} bestehe aus den Ausprägungen unabhängiger Zufallsvariablen und entstamme einer normalverteilten Grundgesamtheit mit unbekanntem Erwartungswert \mu und bekannter Standardabweichung \sigma .

Es werden getestet bei einem

Der Wert von \mu _{0} wird vom Anwender vorgegeben.

Berechnung der Testprüfgröße

Mit dem Stichprobenmittelwert \bar x = \frac{1}{n}\sum_{i=1}^n x_i berechnet man die Testprüfgröße z={\sqrt  {n}}\cdot {\frac  {{\bar  x}-\mu _{0}}{\sigma }}.

Zweistichproben-Gauß-Test für unabhängige Stichproben

Anwendung

Der Zweistichproben-Gauß-Test für unabhängige Stichproben prüft anhand der arithmetischen Mittel der Stichproben, ob die Erwartungswerte der zugehörigen Grundgesamtheiten verschieden sind.

Die unabhängigen Stichproben x_{1},x_{2},\dots ,x_{n} und y_{1},y_{2},\dots ,y_{m} sollen auch untereinander unabhängig sein und normalverteilten Grundgesamtheiten mit unbekannten Erwartungswerten \mu _{X} bzw. \mu _{Y} und bekannten Standardabweichungen \sigma _{X} bzw. \sigma _{Y} entstammen.

Es werden getestet bei einem

Der Wert von \mu _{0} wird vom Anwender vorgegeben.

Berechnung der Testprüfgröße

Mit den Stichprobenmittelwerten \bar x = \frac{1}{n}\sum_{i=1}^n x_i und {\bar  y}={\frac  {1}{m}}\sum _{{i=1}}^{m}y_{i} berechnet man die Testprüfgröße z={\frac  {{\bar  x}-{\bar  y}-\mu _{0}}{{\sqrt  {{\frac  {\sigma _{X}^{2}}{n}}+{\frac  {\sigma _{Y}^{2}}{m}}}}}}.

Zweistichproben-Gauß-Test für abhängige (verbundene) Stichproben

Anwendung

Für den Zweistichproben-Gauß-Test für abhängige Stichproben müssen Paare (x_i, y_i) von Messwerten vorliegen, wie man sie z.B. bei Vorher-Nachher-Messungen vorfindet. Mittels der Paardifferenzen wird geprüft, ob für diese Differenzen der Erwartungswert der zugehörigen Grundgesamtheit ungleich (bzw. kleiner oder größer) einem vorgegebenen Wert ist.

Die Differenzen d_{i}=x_{i}-y_{i} sollen einer normalverteilten Grundgesamtheit mit unbekanntem Erwartungswert \mu und bekannter Standardabweichung \sigma entstammen.

Es werden getestet bei einem

\mu _{0} wird vom Anwender vorgegeben. In den meisten Anwendungsfällen wird auf „Ungleichheit“ (H_{1}) getestet, dann ist \mu _{0}=0.

Berechnung der Testprüfgröße

Die Differenzen d_{i} bilden eine neue Stichprobe mit arithmetischem Mittel {\bar  d}={\frac  {1}{n}}\sum _{{i=1}}^{n}d_{i}. Also kann man den Einstichproben-Gauß-Test auf die Stichprobe der Differenzen anwenden und erhält als Testprüfgröße z={\sqrt  {n}}\cdot {\frac  {{\bar  d}-\mu _{0}}{\sigma }}.

Entscheidung über die Hypothesen

Bei allen drei Gauß-Tests werden für die Entscheidung über die Annahme bzw. Verwerfung der Hypothesen die allgemeinen Kriterien für Hypothesentests angewendet. Da Z unter der Nullhypothese eine standardnormalverteilte Zufallsvariable ist, erhält man die folgenden Regeln.

Ablehnung von H_{0} (d.h. Annahme von H_{1}) zum Signifikanzniveau \alpha , falls gilt:

Gauß-Test für nicht-normalverteilte Zufallsvariablen

Für große Stichprobenumfänge (> 30 als Faustregel) kann aufgrund des Zentralen Grenzwertsatzes auf die Normalverteilungsannahme verzichtet werden. Wenn also die für den Gauß-Test geltenden Forderungen an die Erwartungswerte und Standardabweichungen der beteiligten Zufallsvariablen erfüllt sind, geht man davon aus, dass die für die Berechnung von z erforderlichen Summen approximativ normalverteilt sind und der Gauß-Test in guter Näherung korrekte Ergebnisse liefert.

Beispiel

Ein bestimmter Blutparameter B ist in der Bevölkerung in sehr guter Näherung normalverteilt mit \sigma =2. Von einer Gruppe chemisch verwandter Pharmaka ist bekannt, dass sie die Verteilung des Blutparameters verschieben können, d.h. sie verändern möglicherweise den Erwartungswert (unter Beibehaltung der Verteilungsform).

Für ein Pharmakon P aus dieser Gruppe soll geprüft werden, ob sich eine solche Veränderung tatsächlich einstellt. Zufällige unabhängige Stichproben des Umfangs n=22 ergeben die folgenden Messwerte für B:

ohne Gabe von P   xi  12 13 10 12 14 11 14 18 15 13 15 13 11 17 11 12 13 14 15 13 14 13
mit Gabe von P    yi  13 14 13 17 13 16 16 19 17 15 17 15 15 20 15 15 14 15 13 15 16 15

Mit diesen Messwerten sollen verschiedene Hypothesen geprüft werden. Das Signifikanzniveau \alpha soll jeweils 0,05 betragen; die zugehörigen u-Werte sind dann (im Folgenden alle Werte gerundet):

Für die Mittelwerte berechnet man {\bar  x}=13{,}32 und {\bar  y}=15{,}36.

Verfahren: rechtsseitiger Einstichproben-Gauß-Test
H_{0}:\mu \leq \mu _{0}=15 und H_{1}:\mu >15\!\,
{\displaystyle z={\sqrt {22}}\cdot {\frac {15{,}36-15}{2}}=0{,}84<1{,}645}
Entscheidung: H0 wird beibehalten. Es ließ sich nicht nachweisen, dass die Gabe von P zu einem durchschnittlichen B-Wert oberhalb 15 führt.
Verfahren: zweiseitiger Zweistichproben-Gauß-Test für unabhängige Stichproben
H_{0}:\mu _{x}-\mu _{y}=\mu _{0}=0\!\, und H_{1}:\mu _{x}\neq \mu _{y}
{\displaystyle |z|={\sqrt {22}}\cdot {\frac {|13{,}32-15{,}36|}{2\cdot {\sqrt {2}}}}=3{,}38>1{,}960}
Entscheidung: H0 wird zugunsten von H1 verworfen. Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von höchstens 0,05 wurde nachgewiesen, dass sich bzgl. der Gabe bzw. Nicht-Gabe von P die B-Werte im Mittel unterscheiden.

Nun soll ein Versuch mit abhängigen Stichproben betrachtet werden. Bei umfangreichen Vorher-Nachher-Untersuchungen wurde für die Veränderung der B-Werte durch die Gabe der betroffenen Pharmaka ebenfalls eine Normalverteilung gefunden, mit \sigma =1{,}6. In der Tabelle der Messwerte seien nun die jeweils übereinander stehenden Messwerte in einem Vorher-Nachher-Versuch ermittelt worden.

Verfahren: linksseitiger Zweistichproben-Gauß-Test für abhängige Stichproben
H_{0}:\mu \geq \mu _{0}=-1{,}25 und H_{1}:\mu <-1{,}25\!\,
{\bar  d}={\bar  x}-{\bar  y}=-2{,}045
z={\sqrt  {22}}\cdot {\frac  {-2{,}045+1,25}{1{,}6}}=-2{,}33<-1{,}645
Entscheidung: H0 wird zugunsten von H1 verworfen. Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von höchstens 0,05 wurde nachgewiesen, dass bei Vorher-Nachher-Untersuchungen die B-Werte nach Gabe von P im Mittel um mehr als 1,25 oberhalb der B-Werte vor Gabe von P liegen.

Siehe auch

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.05. 2020