Sattelpunktproblem
In der Mathematik bezeichnet ein
Sattelpunktproblem eine spezielle Problemklasse, welche auf ein lineares
Gleichungssystem in Blockgestalt führt, und zwar eine -Matrix
der Form
wobei
eine
-Matrix
ist und
eine
-Matrix.
Der
-Block
ist von der Größe
.
Ursprung von Sattelpunktproblemen
Gleichungssysteme in Sattelpunktform entstehen in vielen Anwendungen, beispielsweise bei Optimierungsproblemen unter Nebenbedingungen.
Beispiel hierfür ist das Lösen von quadratischen Programmen mit Gleichungsrestriktionen durch Anwendung der Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen. Diese sind Äquivalent zur Bestimmung eines Sattelpunkt bei der Lagrange-Dualität, was den Namen erklärt.
Eine weitere wichtige Klasse von Sattelpunktproblemen stammt aus der Diskretisierung von partiellen
Differentialgleichungen. Das wichtigste Beispiel sind die inkompressiblen
Navier-Stokes-Gleichungen
in linearisierter
Form, diskretisiert beispielsweise mit finiten
Elementen, welches auf natürliche Weise ein lineares Gleichungssystem in
obiger Blockgestalt ergibt. Die Blockmatrix
entsteht dort aus der Diskretisierung des Geschwindigkeitsterms
in der Impulsgleichung, die Matrix
aus der Diskretisierung des Druckterms
,
und die Matrix
resultiert aus der Diskretisierung der Geschwindigkeit in der
Kontinuitätsgleichung.
Lösung von Sattelpunktgleichungen
Anwendungen wie die diskretisierten Navier-Stokes-Gleichungen erfordern die Lösung eines linearen Gleichungssystems
Damit das Gleichungssystem eindeutig lösbar ist, muss die Matrix vollen Rang besitzen. Eine
notwendige Voraussetzung dafür ist, dass die Anzahl der Zeilen in der Matrix
nicht größer ist als die Anzahl der Spalten. Eine hinreichende Bedingung gibt
die sog. LBB-Bedingung
(nach Ladyschenskaja,
Babuška und Brezzi), oft auch
inf-sup-Bedingung genannt.
Effiziente numerische Algorithmen zur Lösung von Gleichungssystemen mit Sattelpunktstruktur verwenden eine spezielle Form des Schur-Komplements, welche die Blockstruktur der Matrix ausnutzt. Insbesondere bei der numerischen Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen ist diese Variante sehr beliebt.
Gewöhnliche iterative
Lösungsverfahren wie das Krylov-Unterraum-Verfahren
GMRES ohne Beachtung
der Struktur von
eignen sich dagegen relativ schlecht, da die gängigen Methoden zur Vorkonditionierung
wie das Jacobi-,
Gauß-Seidel-Verfahren
oder die ILU-Zerlegung
wegen der Nullen auf der Hauptdiagonalen
im unteren Diagonalblock nicht funktionieren. Ohne Vorkonditionierung konvergieren selbst
die oft hervorragenden Krylov-Unterraum-Verfahren nur sehr langsam und sind
unbrauchbar.
Begriffsklärung
Die Bezeichnung Sattelpunktproblem für eine Gleichung der Form
leitet sich aus den Eigenschaften der zugehörigen quadratischen Form
mit einer symmetrisch
positiv
definiten Matrix
ab, wobei die Herleitung hier für eine homogene rechte Seite erfolgt. Der
allgemeine Fall mit
hat analoge Eigenschaften.
Sei
eine Lösung des linearen Gleichungssystems
.
Dann ist
ein Sattelpunkt von
,
denn für alle
:
wobei die zweite Gleichheit durch Ersetzen von
und Einfügen des Terms
erreicht ist. Nun
Der Term
ist nichtnegativ für alle
,
da die Matrix
symmetrisch positiv definit ist.
Zudem zeigt man die Ungleichheit
für alle ,
was die Existenz des Sattelpunktes zeigt.
Siehe auch
Literatur
- Dietrich Braess: Finite Elemente. Theorie, schnelle Löser und Anwendungen in der Elastizitätstheorie. Abschnitt III.4, Springer-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-540-00122-0.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 12.02. 2023