Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen
Die Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen sind ein notwendiges
Optimalitätskriterium erster Ordnung in der nichtlinearen
Optimierung. Sie sind die Verallgemeinerung der notwendigen Bedingung
von Optimierungsproblemen ohne Nebenbedingungen und der Lagrange-Multiplikatoren
von Optimierungsproblemen unter Gleichungsnebenbedingungen. Sie wurden zum
ersten Mal 1939 in der allerdings unveröffentlichten Master-Arbeit von William Karush
aufgeführt.
Bekannter wurden diese jedoch erst 1951 nach einem Konferenz-Paper von Harold W. Kuhn und Albert
W. Tucker.
Rahmenbedingungen
Die KKT-Bedingungen ermöglichen Aussagen über ein Optimierungsproblem der Form
unter den Nebenbedingungen
.
Dabei sind alle betrachteten Funktionen
stetig
differenzierbar und
ist eine nichtleere Teilmenge des
.
Aussage
Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen
Ein Punkt
heißt Karush-Kuhn-Tucker-Punkt oder kurz KKT-Punkt des obigen
Optimierungsproblems, wenn er die folgenden Bedingungen erfüllt:
Diese Bedingungen werden die Karush-Kuhn-Tucker-Bedingungen oder kurz KKT-Bedingungen genannt. Verwendet man alternativ die Lagrange-Funktion
,
so kann man die erste Zeile formulieren als .
Die zweite und dritte Zeile fordert, dass
zulässig für das (primale) Problem ist, die vierte fordert Zulässigkeit der
dualen Variable für das duale
Problem und die letzte Zeile Komplementarität.
Ist der Definitionsbereich ,
so benötigt man nicht zwangsläufig die Formulierung über
und zugehörige Lagrange-Multiplikatoren. Stattdessen lauten die KKT dann:
Optimalitätskriterium
Ist der Punkt
lokales Minimum des Optimierungsproblems und erfüllt er gewisse
Regularitätsvoraussetzungen (siehe unten), so gibt es
,
so dass
ein KKT-Punkt ist.
Somit sind die KKT-Bedingungen ein notwendiges
Optimalitätskriterium. Im Allgemeinen ist
nicht eindeutig festgelegt.
Regularitätsvoraussetzungen
Es gibt unterschiedlichste Regularitätsbedingungen, die sicherstellen, dass die KKT-Bedingungen gelten. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Allgemeingültigkeit und der Leichtigkeit ihrer Anwendung und Überprüfbarkeit. In Anlehnung an das Englische werden sie auch constraint qualifications genannt.
Beispiele für constraint qualifications sind:
- Abadie
CQ: Der Tangentialkegel
und der linearisierte
Tangentialkegel stimmen in
überein.
- Lineare
Unabhängigkeit – linear independence constraint
qualification (LICQ): Die Gradienten der aktiven
Ungleichungsbedingungen und die Gradienten der Gleichungsbedingungen sind
linear unabhängig im Punkt
. Diese CQ liefert Eindeutigkeit bei
.
- Mangasarian-Fromovitz
– Mangasarian-Fromovitz constraint qualification
(MFCQ): Die Gradienten der aktiven Ungleichungsbedingungen und die
Gradienten der Gleichungsbedingungen sind positiv-linear unabhängig im Punkt
.
- Konstanter Rang – constant rank constraint
qualification (CRCQ): Für jede Untermenge der Gradienten der
aktiven Ungleichungsbedingungen und der Gradienten der Gleichungsbedingungen
ist der Rang in einer Umgebung von
konstant.
- Konstante positiv-lineare Abhängigkeit – constant
positive-linear dependence constraint qualification (CPLD): Für
jede Untermenge der Gradienten der aktiven Ungleichungsbedingungen und der
Gradienten der Gleichungsbedingungen im Punkt
gilt: falls eine positiv-lineare Abhängigkeit im Punkt
vorliegt, dann gibt es eine positiv-lineare Abhängigkeit in einer Umgebung von
.
Speziell für konvexe Optimierungsprobleme und fast konvexe Funktionen gibt es die
- Slater-Bedingung: Es gibt einen zulässigen Punkt, der strikt zulässig bezüglich der Ungleichungsrestriktionen ist. Sie liefert die Regularität aller Punkte des Problems und nicht nur die des untersuchten Punktes.
Man kann zeigen, dass die folgenden beiden Folgerungsstränge gelten
und
,
obwohl MFCQ nicht äquivalent zu CRCQ ist. In der Praxis werden schwächere constraint qualifications bevorzugt, da diese stärkere Optimalitäts-Bedingungen liefern. Insbesondere können die constraint qualifications auch genutzt werden, um sicherzustellen, dass die KKT-Bedingungen mit den Fritz-John-Bedingungen übereinstimmen.
Spezialfälle
Konvexe Optimierung
Handelt es sich bei dem Optimierungsproblem um ein konvexes Optimierungsproblem, ist also die Zielfunktion und die Ungleichungsrestriktionsfunktionen und die Definitionsmenge konvex und sind die Gleichungsrestriktionen affin, so lassen sich stärkere Aussagen treffen.
Einerseits kann man dann als Regularitätsbedingung die Slater-Bedingung verwenden, welche die Regularität aller Punkte des Problems liefern, andererseits ist bei konvexen Problemen die KKT-Bedingung auch hinreichendes Optimalitätskriterium. Jeder Punkt, der ein KKT-Punkt ist, ist also lokales (und aufgrund der Konvexität sogar globales) Minimum. Insbesondere ist dazu keine Regularitätsvoraussetzung nötig.
Konvexe Zielfunktion mit linearen Restriktionen
Ist die Zielfunktion
und die Definitionsmenge
konvex und sind alle Restriktionen affin, sprich ist
und
,
so ist ohne weitere Regularitätsvoraussetzungen ein KKT-Punkt äquivalent zum
globalen Minimum.
Allgemeine Zielfunktion mit linearen Restriktionen
Sind die Zielfunktion und der Definitionsbereich im Rahmen der obigen Voraussetzungen beliebig und alle Restriktionen affin, so ist die Abadie CQ automatisch erfüllt, da die Linearisierung der linearen Funktionen wieder die Funktionen selbst liefert. Damit ist in diesem Fall ohne weitere Voraussetzungen an die Regularität ein lokales Optimum immer ein KKT-Punkt.
Beispiel
Betrachten wir als Beispiel das nichtlineare Optimierungsproblem
mit der Restriktionsmenge
.
Ein lokales Minimum befindet sich im Punkt .
Zuerst überprüft man eine der Regularitätsbedingungen, in diesem Fall LICQ: im
lokalen Optimum sind die Ungleichungsrestriktionen
aktiv und deren Gradienten
sind linear unabhängig. Somit ist die LICQ erfüllt, es existiert also ein
KKT-Punkt. Um diesen zu berechnen, stellen wir zunächst fest, dass
ist, also ist aufgrund der KKT-Bedingung
auf jeden Fall
.
Die anderen Werte des KKT-Punktes ergeben sich aus dem Gleichungssystem der
Gradienten am Punkt
zu .
Somit ist ein KKT-Punkt gegeben als
.
Da das Problem nicht konvex ist, gilt die Umkehrung jedoch nicht: der Punkt
ist zwar ein KKT-Punkt des Problems, aber kein Optimum.
Verallgemeinerungen
Eine Verallgemeinerung der KKT-Bedingungen sind die Fritz-John-Bedingungen. Sie kommen ohne Regularitätsvoraussetzungen aus, liefern jedoch eine schwächere Aussage. Für konvexe Optimierungsprobleme, bei denen die Funktionen nicht stetig differenzierbar sind, gibt es außerdem die Sattelpunktkriterien der Lagrange-Funktion.
Literatur
- Florian Jarre, Josef Stoer: Optimierung. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-43575-1.
- C. Geiger, C. Kanzow: Theorie und Numerik restringierter Optimierungsaufgaben. Springer, 2002. ISBN 3-540-42790-2.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.04. 2020