Molybdän(IV)-sulfid

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze

Molybdän(IV)-sulfid, auch Molybdändisulfid genannt, mit der Formel MoS2, ist ein grauschwarzes, kristallines Sulfid des chemischen Elements Molybdän. Es ist in Wasser und in verdünnten Säuren unlöslich. Neben Molybdändisulfid sind auch noch weitere Molybdänsulfide bekannt.

Kristallstruktur
Kristallstruktur Molybdän(IV)-sulfid
_ Mo4+ 0 _ S2−
Allgemeines
Name Molybdän(IV)-sulfid
Andere Namen
  • Molybdändisulfid
  • als Mineral auch Molybdänglanz bzw. Molybdänit und Jordinit
Verhältnisformel MoS2
Kurzbeschreibung schwarzer, geruchloser Feststoff
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer Extern 1317-33-5
EG-Nummer 215-263-9
ECHA-InfoCard Extern 100.013.877
PubChem Extern 14823
Eigenschaften
Molare Masse 160,07 g/mol
Aggregatzustand fest
Dichte 5,06 g/cm3
Schmelzpunkt 1750 °C
Löslichkeit in Wasser praktisch unlöslich

Vorkommen

In der Natur findet sich Molybdän(IV)-sulfid in Form zweier Minerale, die als Molybdänit (Molybdänglanz) und Jordisit bekannt sind, wobei letzteres zu den wenigen amorphen Mineralen gehört.[2]

Gewinnung und Darstellung

Molybdän(IV)-sulfid kann durch Reaktion von Molybdän(IV)-oxid mit Schwefel unter Anwesenheit von Kaliumcarbonat gewonnen werden.[3]

{\displaystyle \mathrm {MoO_{2}+3\ S\longrightarrow MoS_{2}+SO_{2}} }

Ebenfalls möglich ist die Darstellung aus den Elementen.[3]

{\displaystyle \mathrm {Mo+2\ S\longrightarrow MoS_{2}} }

Eigenschaften

Molybdändisulfid

Struktur und physikalische Eigenschaften

Die Struktur von Molybdän(IV)-sulfid ist graphitartig, d.h. es besteht aus raumparallelen Schichten. Wie bei Graphit sind die Atome innerhalb einer Schicht in regelmäßigen Sechsecken angeordnet. Allerdings befinden sich an den Ecken der Sechsecke abwechselnd ein Molybdänatom und ein Schwefelatompaar, wobei je ein Schwefelatom über bzw. unter der Molybdänebene liegt. Von der Seite gesehen enthält jede Kristallschicht eine Molybdänlage, die ähnlich einem Sandwich zwischen zwei Schwefellagen liegt. Aufgrund der raumparallelen Anordnung sind die Kristallschichten leicht gegeneinander verschiebbar, was zu einem schmierenden Effekt führt. Die Schichtstruktur erlaubt es, quasi zweidimensionale Kristalle (ähnlich denen des Graphens) herzustellen.[4] Wie Graphit ist hexagonales Molybdän(IV)-sulfid ein Halbleiter und diamagnetisch.[5] Seine Bandabstandsenergie beträgt 1,2 eV, bei atomar dünnen Schichten (Monolagen) erhöht sich dieser Wert auf 1,8 eV.[6][7][8] Die Verbindung liegt in einer von zwei Modifikationen (2H und 3R) oder einer Mischung aus beiden vor, wobei die 2H-Form dominant ist.[9] Die Kristallstruktur der 2H-Form ist hexagonal mit der Raumgruppe P63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194) und zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[10] Die 3R-Form besitzt die Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 160).[11] Molybdän(IV)-sulfid ist ein Elektronenleiter, dessen Leitfähigkeit bei Belichtung zunimmt.[3] Molybdändisulfid ist in Wasser und verdünnten Säuren nicht löslich.

Chemische Eigenschaften

Molybdän(IV)-sulfid ist in Luft stabil; es wird aber oberhalb von 315 °C durch den Luftsauerstoff zu Molybdäntrioxid oxidiert:

{\displaystyle \mathrm {2\ MoS_{2}+9\ O_{2}\longrightarrow 2\ MoO_{3}+4\ SO_{3}} }.

Unter Luftabschluss ist MoS2 bis etwa 930 °C stabil, wobei in der Literatur unterschiedliche Werte angegeben werden.[12] Der in der Literatur häufig angegebene Wert für die Schmelztemperatur von 1185 °C ist falsch, worauf 1959 schon Peter Cannon hinwies.[13] Er ermittelte eine Schmelztemperatur von mindestens 1800 °C und schätzte eine Schmelztemperatur von 2375 °C ab, falls sich Molybdän(IV)-sulfid nach der Tammann-Regel für Sintertemperaturen verhält.[14] Neuere Untersuchungen gehen von einem Schmelzpunkt von etwa 1600 °C unter Helium bei 1 bar für massives Molybdän(IV)-sulfid aus. Dabei hängt der tatsächliche Wert von der Bedingungen ab (z.B. Erhitzungsgeschwindigkeit, vorliegende Kristallform, …) und ist wegen der schon vorher beginnenden Zersetzung nicht einfach zu bestimmen. Für einlagige Molybdän(IV)-sulfid-Schichten geht man von einer Schmelztemperatur von 3700 K durch Dimerisation und weitere Bildung kleiner Polymere aus.[15]

Molybdän(IV)-sulfid löst sich unter Zersetzung in Königswasser; Schwefelsäure zersetzt es zu Molybdän(IV)-oxid. Durch Chlor wird es zum Molybdänpentachlorid oxidiert:[16]

{\displaystyle \mathrm {2\ MoS_{2}+7\ Cl_{2}\longrightarrow 2\ MoCl_{5}+2\ S_{2}Cl_{2}} }.

Durch Wasserstoff wird es bei etwa 1100 °C zum dreiwertigen Sulfid Mo2S3 (Dimolybdäntrisulfid) reduziert. Auch durch Butyllithium erfolgt eine Reduktion zur dreiwertigen Stufe, wobei sich Lithium zwischen die Schwefelschichten des MoS2 schiebt, es bildet sich die Interkalationsverbindung LiMoS2:

{\displaystyle \mathrm {2\ MoS_{2}+2\ BuLi\longrightarrow 2\ LiMoS_{2}+Bu_{2}} }.

Verwendung

Anwendungen als Schmiermittel

Fein pulverisiertes Molybdän(IV)-sulfid mit Teilchengrößen zwischen 0,1 und 40 µm ist ein trockenes technisches Schmiermittel.[17] Es wurde in den 1940er Jahren zuerst von der Firma Dow Corning unter dem Handelsnamen „Molykote“ vermarktet, der auch heute noch synonym für Molybdän(IV)-sulfid steht. Bei Dow Corning (heute DuPont[18]) werden jedoch heute auch andere Spezialschmierstoffe so genannt.[19] An der Luft wird es schon ab 85 °C sehr langsam oxidiert, wobei ein Einsatz als Schmierstoff bis etwa 370 °C möglich ist. Unter Ausschluss von Sauerstoff und Wasserdampf ist die Anwendung bis 1300–1400 °C möglich.[20] Bei verhältnismäßig geringem Luftzutritt, wie dies z. B. in der Praxis an Schrauben und Bolzenverbindungen gegeben ist, behält es bis zu 580 °C und darüber seine Schmierwirkung.[21]

Sonstige Anwendungen

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Extern Molybdän(IV)-sulfid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA. (JavaScript erforderlich)
  2. Jordisite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (Extern PDF 59,7 kB).
  3. Hochspringen nach: a b c Georg Brauer: Handbuch der präparativen anorganischen Chemie. 3., umgearb. Auflage. Band 3. Enke, Stuttgart 1981, ISBN 3-432-87823-0, S. 1551.
  4. Changgu Lee u.a.: Frictional Characteristics of Atomically Thin Sheets. In: Science. Band 328, Nr. 5974, 4. Februar 2010, S. 76–80, doi:Extern 10.1126/science.1184167.
  5. Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher (Hrsg.): Lexikon der Chemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001.
  6. B. Radisavljevic, A. Radenovic, J. Brivio, V. Giacometti & A. Kis: Single-layer MoS2 transistors. In: Nature Nanotechnology. Nr. 6, 2011, S. 147–150.
  7. K. K. Kam, B. A. Parkinson: Detailed Photocurrent Spectroscopy of the Semiconducting Group VI Transition Metal Dichaicogenides. In: The Journal of Physical Chemistry. Band 86, Nr. 4, 1. Februar 1982, S. 463–467, doi:Extern 10.1021/j100393a010.
  8. Kin Fai Mak, Changgu Lee, James Hone, Jie Shan, Tony F. Heinz: Atomically Thin MoS2: A New Direct-Gap Semiconductor. In: Physical Review Letters. Band 105, Nr. 13, 24. September 2010, S. 136805, doi:Extern 10.1103/PhysRevLett.105.136805.
  9. B. Schönfeld, J. J. Huang, S. C. Moss: Anisotropic mean-square displacements (MSD) in single-crystals of 2H- and 3R-MoS2. In: Acta Crystallographica Section B Structural Science. 39, 1983, S. 404, Extern doi:10.1107/S0108768183002645.
  10. Roger Blachnik (Hrsg.): Taschenbuch für Chemiker und Physiker. Begründet von Jean d’Ans, Ellen Lax. 4., neubearbeitete und revidierte Auflage. Band 3: Elemente, anorganische Verbindungen und Materialien, Minerale. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-60035-3, S. 580.
  11. Shanmin Wang, Jianzhong Zhang, Duanwei He, Y. i. Zhang, Liping Wang, Hongwu Xu, Xiaodong Wen, Hui Ge, Yusheng Zhao: Extern Sulfur-catalyzed phase transition in MoS2 under high pressure and temperature. In: Journal of Physics and Chemistry of Solids. 75, 2014, S. 100, Extern doi:10.1016/j.jpcs.2013.09.001.
  12. Extern The Thermal Stability and Friction of the Disulfides, Diselenides, and Ditellurides of Molybdenum and Tungsten in Vacuum (10-9 To 10-6 Torr) by William A. Brainard Lewis Research Center Cleveland, Ohio, NASA April 1969
  13. PETER CANNON: Melting Point and Sublimation of Molybdenum Disulphide. In: Nature. 183, 1959, S. 1612, Extern doi:10.1038/1831612a0.
  14. T.J. Wieting, M. Schlüter: Electrons and Phonons in Layered Crystal Structures. Springer Science & Business Media, 2012, ISBN 978-94-009-9370-9.
  15. Sandeep Kumar Singh, M. Neek-Amal, S. Costamagna, F. M. Peeters: Rippling, buckling, and melting of single- and multilayer MoS2. In: Physical Review B. 91, 2015, Extern doi:10.1103/PhysRevB.91.014101.
  16. Hermann Sicius: Chromgruppe: Elemente der sechsten Nebengruppe: Eine Reise durch das Periodensystem. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-658-13543-0, S. 27.
  17. Peter Elsner, Peter Eyerer, Thomas Hirth: DOMININGHAUS - Kunststoffe: Eigenschaften und Anwendungen. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-16173-5, S. 547.
  18. Extern The Confusing Dow Corning Rebranding: A History of Name Changes. In: pilotshq.com. Pilots HQ LLC., (englisch).
  19. Extern Über MOLYKOTE® – DuPont. In: dupont.de. (deutsch).
  20. W. O. Winer: Molybdenum disulfide as a lubricant: A review of the fundamental knowledge. In: Wear. Band 10, Nr. 6, 1967, S. 422–452, doi:Extern 10.1016/0043-1648(67)90187-1.
  21. Hochspringen nach: a b F. Weiss: Schmierung und Oberflächenbehandlung mit reinstem Molybdändisulfid. In: Materials and Corrosion. Band 6, Nr. 5, 1955, S. 250–252, doi:Extern 10.1002/maco.19550060509.
  22. A.R. Lansdown: Molybdenum Disulphide Lubrication. Elsevier Science, 1999, ISBN 978-0-08-053692-7, S. 261.
  23. Hochspringen nach: a b c Hans-Jürgen Blanke: Expert Praxislexikon Tribologie Plus: 2010 Begriffe für Studium und Beruf. expert verlag, 2000, ISBN 978-3-8169-0691-9, S. 517.
  24. Wilfried J. Bartz: Tribologie und Schmierung bei der Massivumformung. expert verlag, 2004, ISBN 978-3-8169-2161-5, S. 261.
  25. Patrick-Marcel Mattfeld: Tribologie der zinkphosphatfreien Kaltmassivumformung. Apprimus Wissenschaftsverlag, 2014, ISBN 978-3-86359-218-9, S. 19.
  26. Kurt Lange, Mathias Liewald: Umformtechnik Handbuch für Industrie und Wissenschaft: Band 2: Massivumformung. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-10688-4, S. 668.
  27. Serope Kalpakjian, Steven R. Schmid, Ewald Werner: Werkstofftechnik. Pearson Deutschland, 2011, ISBN 978-3-86894-006-0, S. 259.
  28. Defense Documentation Center (U.S.): Lubricants and Lubrication. 1963, S. 181 (Extern books.google.com).
  29. Patent Extern US6090756A: Ballistics conditioning with molybdenum disulfide. Angemeldet am 26. Juni 1998, veröffentlicht am 18. Juli 2000, Erfinder: David Thomas Brown.
  30. Extern Friction and Wear of Self-Lubricating TiN-MoS Coatings Produced by Chemical Vapor Deposition. In: astm.org.
  31. Daniel Merki, Stéphane Fierro, Heron Vrubel, Xile Hu: Amorphous molybdenum sulfide films as catalysts for electrochemical hydrogen production in water. In: Chemical Science. Band 2, Nr. 7, 2011, S. 1262–1267, doi:Extern 10.1039/C1SC00117E.
  32. Patent Extern US4224390: Lithium molybdenum disulphide battery cathode. Angemeldet am 30. August 1979, veröffentlicht am 23. September 1980, Erfinder: Rudolph R. Haering, James A. R. Stiles, Klaus Brandt.
  33. Fred C. Laman, J.A.R. Stiles, R.J. Shank, Klaus Brandt: Rate limiting mechanisms in lithium-molybdenum disulfide batteries. In: Journal of Power Sources. Band 14, Nr. 1–3 (Januar–März), 1985, S. 201–207, doi:Extern 10.1016/0378-7753(85)88031-9.
  34. Klaus Brandt, Fred C. Laman: Reproducibility and reliability of rechargeable lithium/molybdenum disulfide batteries. In: Journal of Power Sources. Band 25, Nr. 4, April 1989, S. 265–276, doi:Extern 10.1016/0378-7753(89)85014-1.
  35. F.A.Z.: Extern Die Transistoren schrumpfen weiter. In: FAZ.net. 23. Oktober 2016.
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.03. 2024