Acrylsäure

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP), ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Flüssigkeit und Dampf entzündbar.
  • Gesundheitsschädlich bei Einatmen.
  • Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt.
  • Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
  • Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden.
  • Kann die Atemwege reizen.
  • Sehr giftig für Wasserorganismen.
P:
  • Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen und anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen.
  • Einatmen von Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol vermeiden.
  • Freisetzung in die Umwelt vermeiden.
  • Schutzhandschuhe/ Schutzkleidung/ Augenschutz/ Gesichtsschutz/ Gehörschutz/ … tragen.
  • Bei Berührung mit der Haut [oder dem Haar]: Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen [oder duschen].
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen
MAK DFG/Schweiz: 10 ml/m3 bzw. 30 mg/m3
Toxikologische Daten 2590 mg/kg (LD50Ratteoral)

Acrylsäure oder Propensäure gehört zu den ungesättigten Carbonsäuren. Sie ist eine farblose, mit Wasser mischbare bei Raumtemperatur flüssige chemische Verbindung mit stechendem, essigähnlichem Geruch. Acrylsäure wirkt stark korrodierend und ist entzündlich. Ihre Salze und Ester (Acrylsäureester) werden Acrylate genannt.

Strukturformel
Struktur von Acrylsäure
Allgemeines
Name Acrylsäure
Andere Namen
  • Prop-2-ensäure
  • Propensäure
  • Ethylencarbonsäure
  • Vinylcarbonsäure
  • ACRYLIC ACID (INCI)
Summenformel C3H4O2
Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit mit penetrantem, ekelerregenden Geruch
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 79-10-7
EG-Nummer 201-177-9
ECHA-InfoCard 100.001.071
PubChem 6581
DrugBank DB02579
Eigenschaften
Molare Masse 72,06 g/mol−1
Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,05 g/cm3
Schmelzpunkt 13,6 °C
Siedepunkt 141 °C
Dampfdruck
  • 8,08 hPa (30 °C)
  • 14,4 hPa (40 °C)
  • 24,8 hPa (50 °C)
pKS-Wert 4,26
Löslichkeit vollständig mischbar mit Wasser, Ethanol und Diethylether
Brechungsindex 1,4224 (20 °C)
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0 −383,8 kJ/mol

Gewinnung und Darstellung

Propiolacton-Verfahren

Eines der ersten großtechnischen Verfahren zur Herstellung von Acrylsäure basiert auf der Thermolyse von Propiolacton, welches man bei Temperaturen von 140–180 °C und Drücken von 25–250 bar in Gegenwart von Phosphorsäure und Kupferpulver als Katalysator quantitativ zu Acrylsäure umsetzt.

Thermolyse von β-Propiolacton zu Acrylsäure in Gegenwart eines Phosphorsäure / Kupfer-Katalysators

Dieses Verfahren wurde bereits vor langer Zeit durch wirtschaftlichere Prozesse, wie der Zweistufen-Oxidation von Propen, abgelöst, die vor allem durch die preisgünstigen Einsatzstoffe auf Basis petrochemischer Erzeugung bevorzugt wird. In neuerer Zeit wurden jedoch wieder Entwicklungen hinsichtlich der Thermolyse von Propiolaction vorangetrieben, das nun durch ein neuartiges Verfahren im Rahmen einer Carbonylierung von Ethylenoxid preiswert herstellbar ist.

Propen-Oxidation

Die großindustrielle Herstellung erfolgt durch eine zweistufige Oxidation von Propen mit Hilfe von Katalysatoren. In der ersten Stufe wird Propen mit Luft an Bismut-Molybdänoxid-Katalysatoren bei Temperaturen um 300 °C zu Propenal (Acrolein) umgesetzt. In der zweiten Stufe erfolgt die Oxidation von Propenal an Molybdän-Vanadium-Oxid-Katalysatoren bei Temperaturen von 250 bis 300 °C zu Acrylsäure.

Reppe-Verfahren

Die Herstellung kann auch über Carbonylierung nach Walter Reppe aus Acetylen, Kohlenmonoxid und Wasser erfolgen, die Methode hat aber in der heutigen Zeit keine großtechnische Anwendung:

Acrylsäuresynthese

Im Jahr 2010 betrug die weltweite Produktionskapazität von Acrylsäure etwa 5,3 Millionen Tonnen.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Acrylsäure ist eine farblose Flüssigkeit, die unter Normaldruck bei 141 °C siedet. Die Verdampfungsenthalpie beträgt 53,1 kJ/mol Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(p) = A−B/(T+C) (p in bar, T in K) mit A = 2,69607, B = 621,275 und C = −121,929 im Temperaturbereich von 293 K bis 343 K. Die Substanz schmilzt bei 13,6 °C mit einer Schmelzenthalpie von 9,5 kJ/mol. Die kritische Temperatur liegt bei 343 °C, der kritische Druck bei 52,43 bar.

Chemische Eigenschaften

Acrylsäure neigt stark zur Polymerisation und wird mit kleinen Mengen Hydrochinonmonomethylether stabilisiert. Die Polymerisationswärme beträgt −67 kJ/mol bzw. −930 kJ/kg−1.

Acrylsäure erfordert weiters besondere Sorgfalt beim Transport im flüssigen Aggregatzustand mittels Pumpen, um eine Zerstörung von Anlagenteilen aufgrund spontaner Polymerisation zu verhindern.

Die Lagerung sollte unterhalb von 25 °C erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Festpunkt nicht unterschritten wird. Bei der Kristallisation würde sich stabilisatorfreie Reinst-Acrylsäure als Feststoff abscheiden, die beim Auftauen, da unstabilisiert, explosionsartig polymerisieren kann. Die Polymerisationsenthalpie beträgt 75 kJ/mol.

Die Additionsreaktion mit Bromwasserstoff an Acrylsäure liefert 3-Brompropansäure.

Herstellung von 3-Brompropansäure durch Addition von Bromwasserstoff an Acrylsäure

Sicherheitstechnische Kenngrößen

Acrylsäure bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 48–55 °C. Der Explosionsbereich liegt zwischen 3,9 Vol.‑% als untere Explosionsgrenze (UEG) und 19,8 Vol.‑% als obere Explosionsgrenze (OEG). Die Grenzspaltweite wurde mit 0,86 mm bestimmt. Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIB. Die Zündtemperatur beträgt 395 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Verwendung

Ihre Hauptverwendung ist die Polymerisation zu Superabsorbern (Anwendung z.B. in Windeln), Acrylsäureester (die wiederum zur Herstellung von Polyacrylaten verwendet werden) und als anionisches Comonomer bei der Herstellung von Polymerdispersionen.

Verfahrenstechnik

Da Acrylsäure in der chemischen Industrie in großen Mengen verarbeitet wird, zugleich jedoch gesundheitsschädlich und umweltgefährdend ist, und zudem zur Bildung von Polymeren neigt, sind besondere anlagentechnische Maßnahmen erforderlich:

  1. Wellendichtungslose Pumpen (Magnetkupplungspumpen oder Spaltrohrpumpen) sind zum Schutz des Betriebspersonals erforderlich.
  2. Die Betriebsparameter müssen laufend überwacht werden, da Acrylsäure bei Überschreitung der Druck- oder Temperaturgrenzen spontan polymerisiert, sich also von einem flüssigen Medium in den plastischen Stoff Polyacrylsäure verwandelt.

Letzterer Vorgang zerstört nicht nur die Pumpe, sondern potentiell die gesamte Anlage.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.03. 2024