Uehling-Potential

Das Uehling-Potential, nach Edwin Albrecht Uehling, ist die Modifikation des Coulomb-Potentials der Elektrostatik durch Effekte der Quantenelektrodynamik. Die Auswirkungen dieser Modifikation nennt man auch den Uehling-Effekt. Die Korrekturen durch Uehling sind im praktischen Alltag bedeutungslos, sie liefern jedoch einen messbaren Anteil in der Lamb-Verschiebung der Energien für die Elektronen im Potential eines Atomkerns und somit für die Lage und Aufspaltung der Spektrallinien.

Feynman-Diagramm einer virtuellen Teilchen-Antiteilchen-Schleife (Linien mit Pfeilen) als Selbstenergie-Korrektur eines Photons (Wellenlinie)

Die Korrekturen durch Uehling berücksichtigen, dass das elektrische Feld einer Punktladung keine Fernwirkung ausübt, sondern eine Wechselwirkung über Austauschteilchen, die Photonen, stattfindet. In der Quantenfeldtheorie kann aufgrund der Energie-Zeit-Unschärfe ein einzelnes Photon kurzzeitig ein virtuelles Teilchen-Antiteilchen-Paar bilden, sodass das Potential der Punktladung dadurch beeinflusst wird. Dieser Effekt heißt Vakuumpolarisation, da das Vakuum dadurch wie ein polarisierbares Medium erscheint. Der mit Abstand dominante Beitrag entstammt dabei vom leichtesten geladenen Elementarteilchen, dem Elektron.

Das Uehling-Potential lautet:

{\displaystyle V(r)=-Z\alpha \hbar c{\frac {1}{r}}\left(1+{\frac {2\alpha }{3\pi }}\int _{1}^{\infty }\mathrm {d} x\,e^{-4\pi {\frac {rx}{\lambda }}}{\frac {2x^{2}+1}{2x^{4}}}{\sqrt {x^{2}-1}}\right)+{\mathcal {O}}(\alpha ^{3})}

Dabei bezeichnet

Der erste Term ist das Coulomb-Potential der klassischen Elektrostatik, in Termen der klassischen Physik mit der elektrischen Feldkonstanten {\displaystyle \varepsilon _{0}}

{\displaystyle V_{\text{C}}(r)=-Z\alpha \hbar c{\frac {1}{r}}=-Z{\frac {e^{2}}{4\pi \varepsilon _{0}}}{\frac {1}{r}}}

und der Integral-Term die Korrektur durch die Quantenelektrodynamik. Diese ist von zweiter Ordnung in der Feinstrukturkonstanten, da sie in quantenfeldtheoretischer Störungstheorie durch eine Schleife (vgl. Abbildung) induziert wird. Der Uehling-Term ist dabei für alle Abstände positiv, er führt also zu einer Verstärkung des Potentials.

Das Integral ist nicht durch elementare Funktionen darstellbar, die Exponentialfunktion in diesem führt jedoch offensichtlich zu einer starken Unterdrückung des Effekts für große Abstände, wobei die relevante Längenskala die Compton-Wellenlänge des Elektrons ist. Zur Veranschaulichung der Größenordnung, diese beträgt nur Bruchteile eines Atomdurchmessers; bei einer Entfernung vom bohrschen Radius, dem wahrscheinlichsten Aufenthaltsort des Elektrons um ein Wasserstoffatom, ist die Abweichung bereits nur noch in der Größenordnung von 10−125. Für große Entfernungen kann das Potential auch als

{\displaystyle V(r)\approx -Z\alpha \hbar c{\frac {1}{r}}\left(1+{\frac {\alpha }{8\pi ^{2}{\sqrt {2}}}}\left({\frac {\lambda }{r}}\right)^{3/2}e^{-4\pi {\frac {r}{\lambda }}}\right)+{\mathcal {O}}(\alpha ^{3})}

genähert werden.

Andererseits konvergiert das Integral im Limes kleiner Abstände {\displaystyle r\to 0} nicht, sodass das Uehling-Potential dort eine messbare Abweichung zum Coulomb-Potential generiert. Für kleine Abstände gilt

{\displaystyle V(r)\approx -Z\alpha \hbar c{\frac {1}{r}}\left(1+{\frac {2\alpha }{3\pi }}\left(\ln {\frac {\lambda }{2\pi r}}-\gamma -{\frac {5}{6}}\right)\right)+{\mathcal {O}}(\alpha ^{3})}

mit der Euler-Mascheroni-Konstanten \gamma .

Einfluss auf Energieniveaus im Atom

Da das Uehling-Potential nur für sehr kleine Abstände um den Kern einen nennenswerten Beitrag liefert, wird hauptsächlich die Energie der s-Orbitale von ihm beeinflusst. Zur Berechnung dieses Einflusses kann quantenmechanische Störungstheorie angewandt werden. Im Gegensatz zum Potential selbst sind die Ergebnisse analytisch geschlossen darstellbar, da die auftretenden Integrationen über die Entfernung r und den Integrationsparameter x vertauschen. Die Energiekorrekturen für die nach einer quantenmechanischen Rechnung entarteten Energieniveaus 2S_{1/2} und {\displaystyle 2P_{1/2}} lauten in führender Ordnung mit der Elektronenmasse m:

{\displaystyle {\begin{aligned}\Delta E(2S_{1/2})&=-{\frac {\alpha ^{5}}{30\pi }}mc^{2}\approx -1{,}1\cdot 10^{-7}\,{\text{eV}}\\\Delta E(2P_{1/2})&=-{\frac {3\alpha ^{7}}{2240\pi }}mc^{2}\approx -2{,}4\cdot 10^{-13}\,{\text{eV}}\end{aligned}}}

Da die Wellenfunktion der s-Orbitale am Ursprung nicht verschwindet, liefert das Uehling-Potential Beiträge zur Ordnung {\displaystyle \alpha ^{5}}, also zum Lamb-Shift, während es für Orbitale mit höherer Drehimpulsquantenzahl an Bedeutung verliert.

Für myonischen Wasserstoff wird der Uehling-Effekt zentral: Im Gegensatz zu anderen Größen wie der Aufspaltung durch die Feinstruktur, die gemeinsam mit der Masse des ca. 200 Mal schwereren Myons skalieren, bildet die leichte Elektronenmasse weiterhin die maßgebliche Größenskala für das Uehling-Potential; die Energiekorrekturen befinden sich dann in der Größenordnung {\displaystyle m_{\mu }^{3}/m_{e}^{2}c^{2}\alpha ^{5}}, sind also rund 40.000 Mal größer als im Standard-Wasserstoff.

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 06.06. 2022