Kettenkomplex
Ein (Ko-)Kettenkomplex in der Mathematik
ist eine Folge
von abelschen
Gruppen oder -Moduln
oder – noch allgemeiner – Objekten
in einer abelschen
Kategorie, die durch Abbildungen
kettenartig verknüpft sind.
Definition
Kettenkomplex
Ein Kettenkomplex besteht aus einer Folge
von -Moduln
(abelschen Gruppen, Objekten einer abelschen Kategorie A) und einer Folge
von -Modul-Homomorphismen
(Gruppenhomomorphismen, Morphismen in A), so dass
für alle n gilt. Der Operator
heißt Randoperator. Elemente von
heißen n-Ketten. Elemente von
bzw.
heißen n-Zykel bzw. n-Ränder. Aufgrund der Bedingung
ist jeder Rand ein Zykel. Der Quotient
heißt n-te Homologiegruppe
(Homologieobjekt) von ,
ihre Elemente heißen Homologieklassen. Zykel, die in derselben
Homologieklasse liegen, heißen homolog.
Kokettenkomplex
Ein Kokettenkomplex besteht aus einer Folge
von -Moduln
(abelschen Gruppen, Objekten einer abelschen Kategorie A) und einer Folge
von -Modul-Homomorphismen
(Gruppenhomomorphismen, Morphismen in A), so dass
für alle n gilt. Elemente von
heißen n-Koketten. Elemente von
bzw.
heißen n-Kozykel bzw. n-Koränder. Aufgrund der Bedingung
ist jeder Korand ein Kozykel. Der Quotient
heißt n-te Kohomologiegruppe
(Kohomologieobjekt) von ,
ihre Elemente Kohomologieklassen. Kozykel, die in derselben
Kohomologieklasse liegen, heißen kohomolog.
Doppelkomplex
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Ein Doppelkomplex
in der abelschen Kategorie A ist im Wesentlichen ein Kettenkomplex in der
abelschen Kategorie der Kettenkomplexe in A. Etwas genauer besteht
aus Objekten
zusammen mit Morphismen
und
die die folgenden drei Bedingungen erfüllen:
Der Totalkomplex
des Doppelkomplex
ist der Kettenkomplex gegeben durch
mit der folgenden Randabbildung: für
mit
ist
Doppelkomplexe werden unter anderem benötigt, um zu beweisen, dass der Wert
von
nicht davon abhängt, ob man M auflöst oder N.
Eigenschaften
- Ein Kettenkomplex
ist genau dann exakt an der Stelle
, wenn
ist, entsprechend für Kokettenkomplexe. Die (Ko-)Homologie misst also, wie stark ein (Ko-)Kettenkomplex von der Exaktheit abweicht.
- Ein Kettenkomplex heißt azyklisch, wenn alle seine Homologiegruppen verschwinden, er also exakt ist.
Kettenhomomorphismus
Eine Funktion
heißt (Ko)-Kettenhomomorphismus, oder einfach nur
Kettenabbildung, falls sie aus einer Folge von Gruppenhomomorphismen
besteht, welche mit dem Randoperator
vertauscht. Das heißt für den Kettenhomomorphismus:
.
Für den Kokettenhomomorphismus gilt entsprechend
.
Diese Bedingung stellt sicher, dass
Zykel auf Zykel und Ränder auf Ränder abbildet.
Kettenkomplexe bilden zusammen mit den Kettenhomomorphismen die Kategorie Ch(MOD R) der Kettenkomplexe.
Euler-Charakteristik
Es sei
ein Kokettenkomplex aus
-Moduln
über einem Ring
.
Sind nur endlich viele Kohomologiegruppen nichttrivial, und sind diese
endlichdimensional, so ist die Euler-Charakteristik
des Komplexes definiert als die ganze Zahl
Sind auch die einzelnen Komponenten
endlichdimensional und nur endlich viele von ihnen nichttrivial, so ist auch
Im Spezialfall eines Komplexes
mit nur zwei nichttrivialen Einträgen ist diese Aussage der Rangsatz.
Etwas allgemeiner nennt man einen Kettenkomplex perfekt, wenn nur
endlich viele Komponenten
nichttrivial sind und jede Komponente ein endlich
erzeugter projektiver
Modul ist. Die Dimension ist dann durch die zugehörige Äquivalenzklasse
in der K0-Gruppe
von
zu ersetzen und man definiert als Euler-Charakteristik
Ist jeder projektive Modul frei,
etwa wenn
ein Körper oder ein Hauptidealring
ist, so kann man von Dimensionen reden und erhält
mit
.
Dann fällt diese allgemeinere Definition mit der zuerst gegebenen zusammen.
Beispiele
- Simplizialkomplex
- Der singuläre Kettenkomplex zur Definition der singulären Homologie und der singulären Kohomologie topologischer Räume.
- Gruppen(ko)homologie.
- Jeder Homomorphismus
definiert einen Kokettenkomplex
-
- Legt man die Indizes so fest, dass sich
in Grad 0 und
in Grad 1 befindet, so ist
und
- Die Euler-Charakteristik
- von
wird in der Theorie der Fredholm-Operatoren der Fredholm-Index von
genannt. Dabei bezeichnet
den Kokern von
.
- Ein elliptischer Komplex oder ein Dirac-Komplex ist ein Kokettenkomplex, der in der Globalen Analysis von Bedeutung ist. Diese treten zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Atiyah-Bott-Fixpunktsatz auf.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 19.10. 2021