Dichte Ordnung
Dichte Ordnung ist ein mathematischer Begriff aus dem Gebiet der Ordnungstheorie. Eine Ordnung heißt dicht, wenn zwischen je zwei Elementen ein drittes liegt.
Definition
Eine lineare
Ordnung < auf einer Menge
heißt dicht, falls
- für alle
mit
gibt es ein
mit
,
das heißt, für je zwei verschiedene Elemente von
gibt es ein drittes, das zwischen den beiden liegt.
Beispiele
- Die Menge
der rationalen Zahlen mit der natürlichen Anordnung < ist dicht, denn sind
mit
, so ist
ebenfalls eine rationale Zahl und diese liegt zwischen
und
.
- Die Menge
> der reellen Zahlen mit der natürlichen Anordnung < ist dicht, wobei die Begründung wie für
geführt werden kann.
liegt ordnungsdicht.
- Die Menge
der ganzen Zahlen mit der natürlichen Anordnung < ist nicht dicht, da zwischen zwei aufeinander folgenden ganzen Zahlen keine dritte ganze Zahl liegt.
- Definitionsgemäß ist eine einelementige
Menge mit der eindeutig bestimmten linearen Ordnung auf ihr dicht
geordnet, da es keine zwei Elemente
gibt, für die die definierende Bedingung erfüllt sein müsste. Manche Autoren schließen diesen trivialen Fall aus, indem sie zusätzlich fordern, dass die Menge mindestens zwei Elemente haben muss.
Eigenschaften
Universelle Eigenschaft
Nach einem Satz von Cantor enthalten nichtleere abzählbare, dichte Ordnungen ohne kleinstes und größtes Element alle anderen abzählbaren, linearen Ordnungen, das heißt, sie haben folgende universelle Eigenschaft:
Es sei
eine nichtleere abzählbare, dichte, linear geordnete Menge ohne kleinstes und
größtes Element und
eine beliebige abzählbare, linear geordnete Menge. Dann gibt es eine injektive
Abbildung
mit
Isomorphieklassen abzählbarer, dichter, linear geordneter Mengen
Nach einem weiteren Satz von Cantor sind je zwei nichtleere, abzählbare,
dichte, linear geordnete Mengen ohne kleinstes oder größtes Element
ordnungsisomorph.
Das heißt: Sind
und
zwei solche Mengen und sind beide Ordnungen mit < bezeichnet, so gibt es eine
bijektive Abbildung
mit
.
Die folgenden Beispiele sind daher alle isomorph:
mit der natürlichen Ordnung
mit der natürlichen Ordnung
mit der natürlichen Ordnung
mit der natürlichen Ordnung
mit der natürlichen Ordnung
mit der lexikographischen Ordnung
Verzichtet man auf die Bedingungen über kleinste und größte Elemente, so erhält man:
Jede abzählbare, dichte, linear geordnete Menge ist isomorph zu einer der folgenden sechs Mengen, jeweils mit ihrer natürlichen Ordnung versehen:
,
,
,
,
,
Eine Charakterisierung des Kontinuums
Eine Ordnung heißt vollständig, wenn jede nach oben beschränkte Menge ein Supremum
hat. Nach einem weiteren Satz von Cantor lässt sich das Kontinuum, das heißt die
Menge
der reellen Zahlen, ordnungstheoretisch wie folgt charakterisieren:
mit der natürlichen Ordnung ist bis auf Ordnungsisomorphie die einzige
vollständige, lineare Ordnung, die eine abzählbare, ordnungsdichte und zu
ordnungsisomorphe Teilmenge enthält.
Vollständigkeit
Je zwei nichtleere dichte lineare Ordnungen ohne kleinstes und größtes
Element sind elementar
äquivalent, wie sich aus dem Satz
von Fraïssé ergibt. Die Theorie der dichten linearen Ordnungen ohne Endpunkte ist
also vollständig.
Insbesondere lassen sich die Ordnungstheorien von
und
in der Prädikatenlogik
erster Stufe nicht unterscheiden, Eigenschaften wie die Vollständigkeit
lassen sich in ihr nicht formulieren.
Quantorenelimination
Die Theorie der dichten linearen Ordnungen ohne Endpunkte erlaubt Quantorenelimination.
Jede Formel der Prädikatenlogik erster Stufe ist damit äquivalent zu einer
booleschen Kombination atomarer Aussagen der Form .
Zu jedem Tupel von Elementen einer dichten linearen Ordnung ohne Endpunkte
ergibt sich somit der zugehörige Typ
allein aus den gültigen und nicht gültigen Vergleichen der Elemente des Tupels.
Jede dichte lineare Ordnung ohne Endpunkte ist somit ein atomares Modell.
Allgemeine dichte lineare Ordnungen erlauben Quantorenelimination, wobei
zusätzlich Aussagen der Form „es existiert ein kleinstes Element“, „es existiert
ein größtes Element“, „
ist das kleinste Element“ und „
ist das größte Element“ in den booleschen Kombinationen zugelassen werden
müssen.
Verallgemeinerung: κ-Dichtheit
Sei
eine Kardinalzahl.
Eine linear geordnete Menge
heißt
-dicht,
wenn für je zwei Mengen
mit
,
sodass alle Elemente in
kleiner als alle in
sind, ein Element
existiert, das größer als alle Elemente in A und kleiner als alle in B ist.
-dichte
Ordnungen sind gerade die dichten linearen Ordnungen ohne Endpunkte.
Saturiertheit
Eine dichte lineare Ordnung ohne Endpunkte ist genau dann -saturiert,
wenn sie
-dicht
ist.
Eine (und damit bis auf Isomorphie genau eine) saturierte dichte lineare Ordnung
ohne Endpunkte der Kardinalität
(d.h., sie ist
-saturiert)
existiert genau dann, wenn
regulär
ist und
.
Die Betrachtung dieser dichten linearen Ordnung und allgemeiner der
Saturiertheit geht auf Texte von Felix
Hausdorff aus den Jahren 1908
zurück.
Kategorizität
Für jede überabzählbare Kardinalzahl
existieren genau
paarweise nicht-isomorphe dichte lineare Ordnungen ohne Endpunkte,
während bis auf Isomorphie nur eine einzige abzählbare dichte lineare Ordnung
ohne Endpunkte existiert (
,
welches saturiert ist). Die Theorie der dichten linearen Ordnungen ohne
Endpunkte ist damit
-kategorisch, doch
nicht
-kategorisch.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.02. 2021