Satz von Cantor-Bernstein-Schröder
Der Satz von Cantor-Bernstein-Schröder oder kurz Äquivalenzsatz ist ein Satz der Mengenlehre über die Mächtigkeiten zweier Mengen. Er ist nach den Mathematikern Georg Cantor (der ihn als erster formuliert hat) und Felix Bernstein und Ernst Schröder (die Beweise veröffentlichten) benannt und wird in der Literatur auch als Cantor-Bernstein-Schröderscher [Äquivalenz-]Satz, Satz von Cantor-Bernstein, Äquivalenzsatz von Cantor-Bernstein, Satz von Schröder-Bernstein oder ähnlich bezeichnet. Allerdings wurde er unabhängig auch von Richard Dedekind bewiesen.
Der Satz besagt: Ist eine Menge A gleichmächtig zu einer Teilmenge einer zweiten Menge B und ist diese zweite Menge B gleichmächtig zu einer Teilmenge der ersten Menge A, so sind A und B gleichmächtig.
Der Satz von Cantor-Bernstein-Schröder ist ein wichtiges Hilfsmittel beim Nachweis der Gleichmächtigkeit zweier Mengen.
Geschichte
Der Äquivalenzsatz wurde 1887 von Georg Cantor formuliert, aber erst 1897 vom 19-jährigen Felix Bernstein in einem von Georg Cantor geleiteten Seminar und etwa gleichzeitig unabhängig von Ernst Schröder bewiesen. Cantor teilte Bernsteins Beweis noch im gleichen Jahr Émile Borel auf dem ersten internationalen Mathematiker-Kongress in Zürich mit.
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Cantor hatte diesen Äquivalenzsatz erstmals in seiner philosophischen Abhandlung Mitteilungen zur Lehre vom Transfiniten aus dem Jahre 1887 (ohne Beweis) mitgeteilt. In seiner großen Arbeit Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre von 1895 hat Cantor diesen Satz erneut aufgestellt und aus dem Vergleichbarkeitssatz für Kardinalzahlen gefolgert. Den Vergleichbarkeitssatz konnte Cantor jedoch nicht beweisen. Er ist nach Friedrich Moritz Hartogs (Über das Problem der Wohlordnung, 1915) mit dem Auswahlaxiom (bzw. Auswahlprinzip oder Wohlordnungssatz) äquivalent.
Dedekind selbst fand den Beweis des Äquivalenzsatzes (welcher sich in seinem
Nachlass fand) bereits am 11. Juli 1887, jedoch publizierte er ihn nicht und
teilte ihn auch nicht Cantor mit.
Ernst
Zermelo entdeckte Dedekinds Beweis wieder und gab 1908 in seiner Abhandlung
Untersuchungen über die Grundlagen der Mengenlehre I
einen Beweis, wobei er auf die Dedekindsche Kettentheorie
aus Dedekinds Schrift Was sind und was sollen die Zahlen? (1888)
zurückgriff. Giuseppe Peano gab einen ähnlichen Beweis, wobei es zu einem Prioritätsstreit mit
Zermelo kam. Beide Beweise waren die Folge einer Herausforderung von Henri Poincaré, der
um 1905 nach Beweisen verlangte, die ohne vollständige Induktion auskommen.
Aufgrund von Poincarés Herausforderung wurde auch der Beweis von Julius König
publiziert und weitere Forschung angeregt.
Ernst Schröder hatte 1896 (Ueber zwei Definitionen der Endlichkeit und G. Cantor’sche Sätze) eine Beweisskizze publiziert, die sich allerdings als falsch herausstellte, wie Alwin Reinhold Korselt 1911 (Über einen Beweis des Äquivalenzsatzes) bemerkt hatte; Schröder hat dort den Fehler in seinem Beweis bestätigt.
Dass der Satz auch ohne Auswahlaxiom beweisbar ist, haben Richard Dedekind 1887 und Bernstein 1898 in seiner Dissertation gezeigt (Bernsteins Beweis erschien zuerst in Borels Leçons sur la théorie des fonctions und dann nochmals in Bernsteins Abhandlung Untersuchungen aus der Mengenlehre).
Es gibt noch zahlreiche weitere Beweise des Satzes.
Eine passende Bezeichnung für den Äquivalenzsatz wäre Cantor-Dedekindscher Äquivalenzsatz oder Cantor-Dedekind-Bernsteinscher Äquivalenzsatz. Zudem hat Bernstein darauf hingewiesen, dass Cantor selbst die Bezeichnung „Äquivalenzsatz“ vorgeschlagen habe.
Satz
Das Cantor-Bernstein-Schröder-Theorem lautet:
- Sei eine Menge
gleichmächtig zu einer Teilmenge einer Menge
, und sei
gleichmächtig zu einer Teilmenge von
. Dann sind
und
gleichmächtig.
Dabei heißen zwei Mengen gleichmächtig, wenn es eine bijektive Abbildung
zwischen ihnen gibt. Ausgedrückt durch die Mächtigkeiten von
und
lautet das Theorem:
- Aus
und
folgt
.
Dabei gilt
genau dann, wenn
und
gleichmächtig sind, und
gilt genau dann, wenn
gleichmächtig zu einer Teilmenge von
ist, das heißt, wenn es eine injektive
Abbildung von
in
gibt. Ausgedrückt durch die Eigenschaften von Funktionen lautet das Theorem:
Beweisidee
Im Folgenden ist hier eine Beweisidee gegeben.
Definiere die Mengen:
,
,
.
Für jedes
aus
setze dann:
Da im Falle, dass
nicht in
ist,
in
liegen muss, gibt es ein eindeutig bestimmtes Element
und
ist eine wohldefinierte
Abbildung von
nach
.
Man kann nun zeigen, dass diese Funktion
die gewünschte Bijektion ist.
Beachte, dass diese Definition von
nicht konstruktiv ist, d.h., es gibt kein Verfahren, um für beliebige
Mengen
,
und Injektionen
,
in endlich vielen Schritten zu entscheiden, ob ein
aus
in
liegt oder nicht. Für spezielle Mengen und Abbildungen kann das natürlich
möglich sein.
Ein kurzer und leicht verständlicher Beweis findet sich auch in dem Göschen-Bändchen Mengenlehre Erich Kamkes.
Veranschaulichung
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Veranschaulichen kann man sich die Definition von
anhand der nebenstehenden Darstellung.
Dargestellt sind Teile der (disjunkten) Mengen
und
sowie die Abbildungen
und
.
Betrachtet man
vereinigt
als Graphen,
dann zerfällt der Graph in verschiedene Zusammenhangskomponenten. Diese lassen
sich in vier Typen einteilen:
- beidseitig unendliche Pfade;
- endliche Zyklen;
- unendliche Pfade, die in
beginnen;
- unendliche Pfade, die in
beginnen
(von jedem Typ ist hier einer vertreten, da der Pfad durch das Element
beidseitig unendlich sein soll). Es ist aber allgemein nicht in endlich vielen
Schritten entscheidbar, welchen Typ der durch ein vorgegebenes Element gehende
Pfad hat.
Die im Abschnitt
Beweisidee definierte Menge
enthält nun genau die Elemente von
,
die Teil eines in
beginnenden Pfades sind. Die Abbildung
wird so definiert, dass sie innerhalb einer jeden Zusammenhangskomponente eine
Bijektion der
-Elemente
auf „im Pfad benachbarte“
-Elemente
herstellt (dabei hat man bei den beidseitig unendlichen Pfaden und den endlichen
Zyklen eine Richtungswahl und man legt sich auf „rückwärts“ fest).
Verallgemeinerung
Das Cantor-Bernstein-Schröder-Theorem erweist sich als direkte Folge des banachschen Abbildungssatzes.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.06. 2020