Vergleichbarkeitssatz
In der elementaren Mengenlehre gibt es zwei wichtige Vergleichbarkeitssätze:
- Für beliebige Mengen
,
gilt stets:
oder
. wobei
eine Kurzschreibweise für die Aussage, es gibt eine injektive Abbildung von
nach
, ist.
(Anmerkung: gelten beide Beziehungen, so sind die Mengen nach dem Cantor-Bernstein-Schröder-Theorem gleichmächtig.) - Wann immer
und
Wohlordnungen sind, ist eine dieser Wohlordnungen zu einem Anfangsabschnitt der anderen isomorph.
Beweisskizze des Satzes für wohlgeordnete Mengen
Für beliebige Wohlordnungen
und
definieren wir eine Relation
so:
Man kann leicht zeigen, dass
eine partielle injektive Funktion ist (rechtseindeutig und linkseindeutig), dass
Definitionsbereich und Wertebereich Anfangsabschnitte von
bzw.
sind und dass diese Funktion streng monoton ist.
Die Annahme, dass sowohl Definitions- und Wertebereich echte
Anfangsabschnitte von
bzw.
sind, führt auf einen Widerspruch; denn dann müsste es
und
geben, sodass
eine Ordnungsisomorphie von
nach
wäre, also wäre nach Definition auch
in
.
Daher ist entweder der Definitions- oder der Wertebereich von
ganz
bzw. ganz
.
Damit ist dann
entweder eine Isomorphie zwischen
und einem Anfangsabschnitt von
,
oder zwischen einem Anfangsabschnitt von
und
.
Beweisskizze des Satzes für beliebige Mengen
Seien
und
beliebige Mengen. Nach dem Wohlordnungssatz
gibt es auf
und
Wohlordnungen
und
.
Nach dem Vergleichbarkeitssatz für Wohlordnungen existiert ein Isomorphismus
zwischen der einen Wohlordnung und einem Anfangsabschnitt der anderen. Diese
Abbildung ist nun eine injektive Funktion von der einen in die andere Menge.
Die Notwendigkeit des Auswahlaxioms
Der Vergleichbarkeitssatz für wohlgeordnete Mengen kann ohne Verwendung des Auswahlaxioms bewiesen werden.
Aus dem Vergleichbarkeitssatz für beliebige Mengen folgt hingegen der
Wohlordnungssatz, somit auch das Auswahlaxiom: Zu jeder Menge
kann man nämlich nach dem Satz
von Hartogs eine Ordinalzahl
finden, die nicht in
injektiv eingebettet werden kann. Nach dem Vergleichbarkeitssatz muss es eine
injektive Abbildung von
nach
geben; so eine Abbildung induziert eine Wohlordnung auf
.
Der Vergleichbarkeitssatz für beliebige Mengen ist also (über der Theorie ZF) zum Auswahlaxiom äquivalent.
Geschichte
Der Satz wurde lange Zeit von Georg Cantor vermutet, konnte aber erst 1904 durch Ernst Zermelo bewiesen werden.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 18.08. 2017