Maschinenkanonen (auch Schnellfeuerkanone) sind automatische Schusswaffen. Es gibt keine einheitliche Definition, ab welchem Kaliber man von einer Maschinenkanone spricht, gängig ist jedoch, alles über 15 mm oder ab 20 mm als Maschinenkanone zu bezeichnen.
Als grundlegende Konstruktionsprinzipien haben sich die Gatling-Kanone und die Revolver-Kanone durchgesetzt. Das System Gast ist ein weiteres noch angewendetes Prinzip.Der Begriff Maschinenkanone entstand um bzw. während des Zweiten Weltkrieges, um eine terminologische Abgrenzung zu den Maschinengewehren zu erhalten. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist das Geschoss, welches bei Maschinengewehren ein Projektil, bei Maschinenkanonen meist eine Granate ist. Ein Projektil wirkt im Ziel durch seine kinetische Energie, d.h. durch die Eigengeschwindigkeit beim Auftreffen auf das Ziel sowie durch die Eigenmasse. Eine Granate ist dagegen ein mit Sprengstoff gefüllter Hohlkörper mit verschiedenen Arten von Zündern. Dadurch ist die Geschosswirkung, neben der Geschwindigkeit beim Auftreffen auf das Ziel, vor allem auch vom Sprengstoffanteil der Granate abhängig. Die ersten Maschinenkanonen verschossen, bedingt durch unausgereifte Fertigungstechnologien, noch Projektile und keine Granaten. Mit der Einführung geeigneter Fertigungsverfahren konnten später auch Granaten kleineren Kalibers ab 20 mm hergestellt und verschossen werden.
Im Gegensatz zur Artillerie, welche ebenfalls Granaten verschießt, sind Maschinenkanonen automatische Schusswaffen mit einer weit höheren Kadenz als bei manuell oder mit einem Ladeautomaten wiedergeladenen Geschützen.
Es gibt verschiedene Bauarten von Maschinenkanonen, welche sich, neben dem Kaliber, durch die Anzahl der Rohre und dem Prinzip des Selbstladevorgangs sowie von der Art des Antriebes unterscheiden.
Die ersten Maschinenkanonen waren schlichtweg im Kaliber vergrößerte Maschinengewehre, so z.B. die 20-mm-Bordmaschinenkanone für Flugzeuge, die Oerlikon FF bzw. deren Derivate. Man vergrößerte einfach das Kaliber gegenüber Maschinengewehren und verschoss zuerst großkalibrige Projektile und später mit Sprengstoff gefüllte Hohlkörper, die Granaten. Das Verschlussprinzip wurde weitestgehend von den Maschinengewehren übernommen. Die Zündung der Granaten erfolgte entweder mechanisch über einen Schlagbolzen (frühe Versionen), analog zum Maschinengewehr, oder elektrisch durch einen elektrischen Impuls, um Fehlzündungen zu vermeiden bzw. zu minimieren. Die elektrische Zündung wird nur bei Maschinenkanonen, nicht aber bei Maschinengewehren verwendet. Die Bedienung der Maschinenkanone erfolgt entweder wieder mechanisch (manuelles Durchladen der Waffe — analog zum Maschinengewehr), oder vor allem bei Fernbedienung in Flugzeugen oder Kampfwagen durch elektrische oder pneumatische Hilfskraft, da die Waffe nicht erreichbar bzw. die Bedienkräfte bedingt durch die starken Verschlussfedern für einen Menschen zu hoch sind.
Die Entwicklung der Maschinenkanonen erreichte im Zweiten Weltkrieg eine
technologische Grenze, da es mit den vorhandenen Verschlussmechanismen bzw.
Selbstladevorgängen nicht möglich war, die Kadenz bei gleichbleibenden Kaliber
noch weiter zu erhöhen. Zum Zwecke der Panzerbekämpfung wurden in der UdSSR Maschinenkanonen mit einem Kaliber von 45 mm und in Deutschland mit einem Kaliber von 88 mm
entwickelt. Diese Kaliber sind zwar rein waffentechnisch beherrschbar, aber für Flugzeuge der damaligen Zeit schlichtweg zu schwer um einen angemessenen Munitionsvorrat
mitführen zu können.
In Deutschland entwickelte man daraufhin gegen Ende des Krieges die Revolverkanone MG 213. Bei dieser Bauart rotiert eine Patronentrommel, analog der im Revolver,
mit drei bis sechs
Kammern im Verschlusssystem. Damit werden die Abläufe des Selbstladevorgangs
räumlich voneinander getrennt; d.h. das Einführen der Patrone in den
Verschluss, das Abfeuern sowie das Ausstoßen der Hülse geschieht in der
jeweilige Kammer nacheinander, allerdings bei mehreren Kammern parallel. Dadurch
kann die Kadenz wesentlich erhöht werden. Eine Revolverkanone hat jedoch nur
einen Lauf, womit durch die hohe Kadenz das Rohr in kurzer Zeit sehr heiß wird;
ein Nachteil bei Dauerfeuer. Dieser Nachteil ist jedoch bei denen im Luftkampf zur Verfügung stehenden Zeiträumen zu wirksamen Waffeneinsatz fast unerheblich.
Im realen Luftkampf sind Feuerstöße von mehr als 3 Sekunden kaum mit Treffern in Verbindung zu bringen.
Die Amerikaner entwickelten nach dem Krieg ebenfalls die auf der MG 213 aufbauende Revolverkanone M39. Die Entwicklung der Maschinenkanone wurde danach jedoch auf das Gatling-Prinzip umgestellt. Da hier jede Patronenkammer über einen eigenen Lauf verfügt, entfällt der oben erwähnte Nachteil des Überhitzens des Laufes, und man erreichte damit eine noch höhere Kadenz als bei den Revolverkanonen: Bis zu 6.000 Schuss pro Minute bei der amerikanischen M61 Vulcan oder sogar 10.000 Schuss pro Minute bei der russischen GSch-6-23. Gatling-Kanonen werden meist z.B. durch Elektro- oder Hydraulikmotoren angetrieben. Ausnahmen bilden hier die russischen Gatling-Kanonen, die Gasdrucklader sind.
Mit dem sprengstoffgefüllten Geschoss erreicht eine Maschinenkanone eine erheblich bessere Geschosswirkung als ein Maschinengewehr und ist somit vor allem für den Einsatz gegen gepanzerte Fahrzeuge, tief fliegende Flugzeuge oder Hubschrauber sowie gegen Gebäude bzw. befestigte feindliche Stellungen geeignet.
Maschinenkanonen werden als schwere Bordbewaffnung für Kampfflugzeuge bzw. Kampfhubschrauber, als Bordmaschinenkanone in gepanzerten Fahrzeugen, als Flugabwehrkanone, als leichtes Schiffsgeschütz sowie z.T. auch als lafettierte Infanteriewaffe eingesetzt.
Je nach Einsatz bzw. nach dem zu bekämpfenden feindlichen Zielen existieren diverse Munitionsarten.
Munition | Bedeutung | Übersetzt |
---|---|---|
AHEAD | Advanced Hit Efficiency and Destruction | Flugabwehrgeschoss mit Zeitzünder und Sub-Projektilen |
AP | Armour Piercing | Hartkerngeschoss, kann auch APDS sein |
API | Armour Piercing Incendiary | Sprengstoffgefülltes panzerbrechendes Geschoss, mit Brandbeschleuniger |
APDS | Armour Piercing Discarding Sabot | Unterkaliber-Hartkerngeschoss |
APFSDS | Armour Piercing Fin-Stabilized Discarding Sabot | panzerbrechendes, flügelstabilisiertes Treibspiegelgeschoss |
APHEI | Armour Piercing High Explosive Incendiary | Sprengstoffgefülltes panzerbrechendes Geschoss, mit Brandwirkung (API ergänzt mit Sprengstoff) |
FAPDS | Frangible Armour Piercing Discarding Sabot | im Ziel zerlegendes, panzerbrechendes Unterkalibergeschoss |
HEDP | High Explosive Dual Purpose | Spreng-Brand-Geschoss mit panzerbrechender Wirkung |
HEI | High Explosive Incendiary | Spreng-Brand-Geschoss, die Füllung hat einen Brandbeschleuniger |
HVAPDS | High-Velocity Armour-Piercing Discarding Sabot | panzerbrechendes unterkalibriges Hochgeschwindigkeitsgeschoss |
HVAP | High Velocity Armour Piercing | panzerbrechendes Hochgeschwindigkeitsgeschoss |
SAP | Semi Armour Piercing | Sprengstoffgefülltes panzerbrechendes Geschoss gegen leichte Panzerungen |
SAPHEI | Semi-Armour Piercing High Explosive Incendiary | Sprengstoffgefülltes halb-panzerbrechendes Geschoss, mit Brandwirkung |
TP | Training Projectil | Übungsmunition |
-T | Tracer (als Zusatzangabe) | Leuchtspurmunition, wird abwechselnd mit normaler Munition zugeführt |
Da es sich bei der Munition um Granaten handelt, benötigt man einen Zünder, der den Sprengsatz zündet. Je nach Munition werden verschiedene Zünderarten verwendet.
Als Zünder können alle gängigen Arten verwendet werden:
Um die Sicherheit im Umgang mit Granaten zu erhöhen, sind die Zünder mit einer Sicherung versehen, welche den Zünder erst scharf macht nachdem die Granate abgefeuert und das Rohr verlassen hat. Dies wird unter anderem durch die Fliehkraft realisiert, da das Rohr einer Maschinenkanone mit Zügen versehen ist, welche die Granate zur Flugstabilisierung in Rotation versetzen. Nach verlassen des Rohrs deaktiviert die Fliehkraft die Sicherung der Granate und macht diese scharf.
Name | Land | Antrieb | Kaliber | Kadenz | Mündungs- geschwindigkeit |
Waffen- gewicht |
---|---|---|---|---|---|---|
mm | rpm | m/s | kg | |||
Klassische Maschinenkanonen (aus dem Zweiten Weltkrieg) | ||||||
Oerlikon FF | Schweiz | Rückstoßlader | 20 | 520 | 600 | 24 |
Hispano MK.5 | England | Gaslader | 20 | 750 | 840 | 42 |
MG 151/20 | Deutschland | Gaslader | 20 | 780 | 810 | 42,5 |
MK 108 | Deutschland | Gaslader | 30 | 650 | 540 | 58 |
Klassische Maschinenkanonen (Nachkriegsmodelle) | ||||||
Grjasew-Schipunow GSch-301 | Russland | Gaslader | 30 | 1.800 | 860 | 46 |
Rh 503 | Deutschland | Fremdantrieb | 35/50 | 150-400 | 575/615 | |
M39 Kanone | USA | Gaslader | 20 | 1.500 | 1.030 | 81 |
Revolverkanonen (Nachkriegsmodelle) | ||||||
Mauser BK-27 | Deutschland | Gaslader | 27 | 1.700 | 1.025 | 102,5 |
ADEN | England | Gaslader | 30 | 1.700 | 741 | 87,1 |
35/1000 | Deutschland | Gaslader | 35 | 1.000 | n/a | n/a |
Chain Gun | ||||||
M242 Bushmaster | USA | Fremdantrieb | 25 | 200 | 1.100 | 110 |
M230 Chain Gun | USA | Fremdantrieb | 30 | 625 | n/a | 55,9 |
Gatling Kanonen | ||||||
M61 Vulcan | USA | Fremdantrieb | 20 | 6.600 | 1.050 | 112 |
Grjasew-Schipunow GSch-6-23 | Russland | Gaslader | 23 | 10.000 | 745 | 76 |
GAU-8 Avenger | USA | Fremdantrieb | 30 | 3.900 | 1.067 | 281 |