Geometrische brownsche Bewegung

Drei (abhängige) geometrische brownsche Bewegungen mit Drift μ=0,8 und Volatilität σ=0,4 (blau), σ=0,25 (rot) und σ=0,1 (gelb)

Die geometrische brownsche Bewegung ist ein stochastischer Prozess, der sich vom Wiener-Prozess (auch brownsche Bewegung genannt) ableitet. Sie findet vor allem in der Finanzmathematik Verwendung.

Definition

Sei W_t eine Standard-brownsche-Bewegung, d.h. ein Wiener-Prozess. So ist

{\displaystyle S_{t}=a\exp \left[\left(\mu -{\frac {\sigma ^{2}}{2}}\right)t+\sigma W_{t}\right]}

eine geometrische brownsche Bewegung.

Herleitung

Drei unabhängige geometrische brownsche Bewegungen mit Volatilität 0,2 und Drift 0,7 (grün), 0,2 (blau) und −0,7 (rot)

Die geometrische brownsche Bewegung ist die Lösung der stochastischen Differentialgleichung

{\displaystyle \mathrm {d} S_{t}=\mu S_{t}\,\mathrm {d} t+\sigma S_{t}\,\mathrm {d} W_{t},\quad t\geq 0,\quad S_{0}=a}

Der Parameter \mu heißt dabei Drift und beschreibt die deterministische Tendenz des Prozesses. Ist {\displaystyle \mu >0}, so wächst der Wert von S in Erwartung, ist er negativ, fällt S tendenziell. Für {\displaystyle \mu =0} ist S ein Martingal.

Der Parameter \sigma beschreibt die Volatilität und steuert den Einfluss des Zufalls auf den Prozess S. Ist {\displaystyle \sigma =0}, so verschwindet der Diffusionsterm in der obigen Differentialgleichung, übrig bleibt die gewöhnliche Differentialgleichung

{\displaystyle \mathrm {d} S(t)=\mu \,S(t)\,\mathrm {d} t,\;S(0)=a},

die die Exponentialfunktion {\displaystyle S(t)=ae^{\mu t}} als Lösung besitzt. Deshalb kann man die geometrische brownsche Bewegung als stochastisches Pendant zur Exponentialfunktion auffassen.

Die stochastische Differentialgleichung der geometrischen brownschen Bewegung kann mit dem Exponentialansatz {\displaystyle S_{t}=e^{X_{t}}} gelöst werden. Mit Hilfe der Itō-Formel ergibt sich für {\displaystyle X_{t}=\ln(S_{t})}:

{\displaystyle {\begin{aligned}\mathrm {d} X_{t}&=\left(\mu S_{t}{\frac {\partial X_{t}}{\partial S_{t}}}+{\frac {1}{2}}(\sigma S_{t})^{2}{\frac {\partial ^{2}X_{t}}{\partial S_{t}^{2}}}\right)\mathrm {d} t&&+\sigma S_{t}{\frac {\partial X_{t}}{\partial S_{t}}}\mathrm {d} W_{t}\\&=\left(\mu S_{t}{\frac {1}{S_{t}}}-{\frac {1}{2}}(\sigma S_{t})^{2}{\frac {1}{S_{t}^{2}}}\right)\mathrm {d} t&&+\sigma S_{t}{\frac {1}{S_{t}}}\mathrm {d} W_{t}\\&=\left(\mu -{\frac {\sigma ^{2}}{2}}\right)\mathrm {d} t&&+\sigma \mathrm {d} W_{t}\end{aligned}}}

Es ergibt sich also

{\displaystyle \mathrm {d} X_{t}=\left(\mu -{\frac {\sigma ^{2}}{2}}\right)\mathrm {d} t+\sigma \mathrm {d} W_{t}\,,}

und folglich nach Integration

{\displaystyle \ln(S_{t})=\ln(S_{0})+\left(\mu -{\frac {\sigma ^{2}}{2}}\right)t+\sigma W_{t}\,.}

Anschließende Exponentiation ergibt die in der Definition angegebene Formel.

Eine andere Möglichkeit, die Lösung zu bestimmen, ist die Verwendung des stochastischen Exponentials: Mit {\displaystyle Z_{t}=\mu t+\sigma W_{t}} gilt {\displaystyle S_{t}={\mathcal {E}}(Z)_{t}}.

Eigenschaften

Insbesondere gilt also {\displaystyle \mathrm {Var} (S_{t})=a^{2}\mathrm {e} ^{2\mu t}(\mathrm {e} ^{\sigma ^{2}t}-1)}.
{\displaystyle S_{t_{1}},{\frac {S_{t_{2}}}{S_{t_{1}}}},\ldots ,{\frac {S_{t_{n}}}{S_{t_{n-1}}}}} unabhängig.

Anwendung

Im Black-Scholes-Modell, dem einfachsten und am weitesten verbreiteten (zeitstetigen) finanzmathematischen Modell zur Bewertung von Optionen, wird die geometrische brownsche Bewegung als Näherung für den Preisprozess eines Basiswertes (zum Beispiel einer Aktie) herangezogen. Dazu führte die vereinfachende Annahme, dass die prozentuale Rendite über disjunkte Zeitintervalle unabhängig und normalverteilt ist. µ spielt hier die Rolle des risikofreien Zinssatzes, σ repräsentiert das Schwankungsrisiko an der Börse. Die oben erwähnte Martingaleigenschaft spielt hier eine zentrale Rolle.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 12.10. 2021