Limes superior und Limes inferior von Mengenfolgen

In der Mathematik sind der Limes superior und der Limes inferior einer Mengenfolge Begriffe aus der Maßtheorie und Wahrscheinlichkeitstheorie, die die Begriffe des Limes superior und Limes inferior von Zahlenfolgen und Funktionenfolgen für Mengenfolgen verallgemeinern. Sie dienen beispielsweise in der Stochastik zur Modellierung von Ereignissen, die unendlich oft auftreten oder zur Definition von konvergenten Mengenfolgen. Der Begriff geht auf Émile Borel zurück.

Definition

Gegeben sei eine Mengenfolge (A_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} in der Obermenge  \Omega . Dann heißt

\liminf_{n\rightarrow\infty} A_n={\bigcup_{n=1}^\infty}\left({\bigcap_{m=n}^\infty}A_m\right)

der Limes inferior der Mengenfolge und

\limsup _{{n\rightarrow \infty }}A_{n}={\bigcap _{{n=1}}^{\infty }}\left({\bigcup _{{m=n}}^{\infty }}A_{m}\right)

der Limes superior der Mengenfolge. Alternative Schreibweisen sind \varliminf _{{n\to \infty }} für den Limes inferior oder \varlimsup _{{n\to \infty }} für den Limes superior.

Beispiel

Betrachte als Beispiel die Mengenfolge {\displaystyle (A_{n})_{n\in \mathbb {N} }} mit

{\displaystyle A_{n}:=[-1,n]}

auf der Grundmenge \Omega =\mathbb{R} . Es ist nun

B_{n}:=\bigcap _{{m=n}}^{\infty }A_{m}=[-1,n].

Daraus folgt direkt

\liminf _{{n\rightarrow \infty }}A_{n}=\bigcup _{{n=1}}^{\infty }B_{n}=\bigcup _{{n=1}}^{\infty }[-1,n]=[-1,\infty ).

Analog folgt für den Limes superior

C_{n}:=\bigcup _{{m=n}}^{\infty }A_{m}=[-1,\infty )

und damit

\limsup_{n\rightarrow\infty} A_n=\bigcap_{n=1}^\infty C_n=\bigcap_{n=1}^\infty [-1,\infty) =[-1,\infty).

Interpretation

Der Limes superior und inferior lässt sich wie folgt interpretieren:

\limsup _{{n\to \infty }}A_{n}=\{\omega \in \Omega \,|\,\omega {\text{ ist in unendlich vielen der Mengen }}A_{n}{\text{ enthalten }}\}
\liminf _{{n\to \infty }}A_{n}=\{\omega \in \Omega \,|\,\omega {\text{ ist in allen bis auf endlich viele der Mengen }}A_{n}{\text{ enthalten }}\}

Man kann sich dies an den Formeln klarmachen, wenn man die äußere Mengenoperation ausschreibt. Es ist dann

 \liminf_{n \to \infty} A_n= {\bigcap_{m=1}^\infty}A_m \cup {\bigcap_{m=2}^\infty}A_m \cup {\bigcap_{m=3}^\infty}A_m \dots

Dabei ist jede der Mengen ausgeschrieben

 C_N:= {\bigcap_{m=N}^\infty}A_m= \{ \omega \in \Omega \, | \, \omega \in A_n \text{ für alle } n \geq N \} .

Vereinigt man nun alle der  C_N , um den Limes inferior zu bilden, so enthält die Vereinigungsmenge alle Elemente der Obermenge, die in mindestens einem  C_N enthalten sind. Dies ist äquivalent dazu, dass zu jedem Element \omega ein Index  N existiert, so dass \omega in jedem A_{n} enthalten ist, wenn n\geq N ist. Dies kann aber nur der Fall sein, wenn \omega in allen bis auf endlich vielen A_{n} enthalten ist.

Analog ergibt sich für den Limes superior

 \limsup_{n \to \infty} A_n={\bigcup_{m=1}^\infty}A_m \cap {\bigcup_{m=2}^\infty}A_m \cap {\bigcup_{m=3}^\infty}A_m \dots

Dann sind die einzelnen Vereinigungsmengen

 D_N={\bigcup_{m=N}^\infty}A_m = \{ \omega \in \Omega \, | \, \text{ Es gibt ein } n \geq N, \text{ so dass } \omega \in A_n \text{ ist } \}

Schneidet man nun alle  D_N , um den Limes superior zu bilden, so enthält die Schnittmenge alle \omega , die in jedem  D_N liegen. Dies sind dann aber genau die Elemente, die in unendlich vielen A_{n} liegen.

Zusammenhang mit charakteristischen Funktionen

Die charakteristischen Funktionen des Limes inferior bzw. Limes superior von Mengen sind der punktweise Limes inferior bzw. Limes superior der charakteristischen Funktionen der einzelnen Mengen: Aus

\chi_A(x)=\sup_n\chi_{A_n}(x) für A=\bigcup_nA_n

und

\chi_A(x)=\inf_n\chi_{A_n}(x) für A=\bigcap_nA_n

folgt

\chi_{\bigcup_n\bigcap_{m\geq n}A_m}(x)=\sup_n\chi_{\bigcap_{m\geq n}A_m}(x)=\sup_n\inf_{m\geq n}\chi_{A_m}(x),

analog für lim sup.

Insgesamt gilt also

\chi _{{\limsup \limits _{{n\to \infty }}A_{n}}}=\limsup _{{n\to \infty }}\chi _{{A_{n}}}

und

\chi _{{\liminf \limits _{{n\to \infty }}A_{n}}}=\liminf _{{n\to \infty }}\chi _{{A_{n}}}.

Verwendung

Der Limes superior von Mengenfolgen wird in der Wahrscheinlichkeitstheorie beispielsweise im Borel-Cantelli-Lemma oder im Kolmogorowschen Null-Eins-Gesetz verwendet, wo sie typische Beispiele von terminalen Ereignissen sind. Allgemeiner werden Limes superior und inferior dazu genutzt, um Konvergenz von Mengenfolgen zu definieren. Eine Mengenfolge konvergiert, wenn Limes inferior und superior übereinstimmen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es zu jedem \omega einen Index N=N(\omega ) gibt, so dass entweder \omega \in A_{n} für alle n\geq N oder \omega \notin A_{n} für alle n\geq N gilt. Konvergente Mengenfolgen treten beispielsweise in der Maßtheorie auf.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 02.02. 2021