Birkhoff-Integral
Das Birkhoff-Integral ist ein Integralbegriff,
der 1935 von Garrett
Birkhoff zur Integration von banachraumwertige
Funktionen eingeführt wurde. Während das Bochner-Integral
die direkte Verallgemeinerung des Lebesgueschen
Integralbegriffs auf banachraumwertige Funktionen ist, stellt das
Birkhoff-Integral in zweifacher Hinsicht eine Verallgemeinerung des Riemann-Integrals dar.
Zum einen werden nun Funktionen betrachtet, welche über einem beliebigen -endlichen
Maßraum
definiert sind. Des Weiteren werden nicht nur endliche Summen (die sog.
Riemann-Summen) betrachtet, sondern unbedingt
konvergente Reihen. Während jede Riemann-integrierbare Funktion auf dem
Lebesgue-integrierbar ist, gilt andererseits, dass jede Bochner-integrierbare
Funktion auf einem
-endlichen
Maßraum Birkhoff-integrierbar sein muss.
Definition
Es seien
ein
-endlicher
Maßraum
und
ein Banachraum und
eine Funktion. Als Vorbereitung auf die eigentliche Definition werden hier
zunächst drei grundlegende Abkürzungen eingeführt:
- Für eine Menge
wird der Durchmesser definiert durch
.
- Für eine Menge
bezeichnet
die konvexe Hülle von
.
- Eine Teilmenge
der
-Algebra
heißt abzählbare
-Partition von
, wenn
eine abzählbare Partition von
ist und
- jede Menge in
endliches Maß hat, also gilt
.
Mit Hilfe dieser Begrifflichkeiten kann nun das Birkhoff-Integral sozusagen als Verallgemeinerung des Riemann-Integrals definiert werden. Zuerst wird der Begriff der Riemann-Summen über einer Partition des Definitionsbereichs verallgemeinert:
heißt unbedingt summierbar unter der abzählbaren
-Partition
von
, wenn gilt:
ist unbedingt konvergent.
Jede formal mögliche abzählbare Riemann-Summe über der -Partition
muss also unbedingt konvergent sein. In der nächsten Definition werden dann alle
Riemann-Summen-Werte dieser
-Partition
gesammelt:
.
Man nennt
(unbedingt) Birkhoff-integrierbar, wenn es eine Folge
von abzählbaren
-Partitionen
gibt mit
ist unbedingt summierbar unter
und zudem noch gilt
.
Die Durchmesser der zur Partitionsfolge gehörigen Mengen der
Riemann-Summen-Werte (zuvor konvex- und dann topologisch abgeschlossen) müssen
also gegen Null konvergieren. Dann gibt es nämlich genau ein Element
im Durchschnitt
.
Dieses ist zudem unabhängig von der konkreten Wahl der Folge
und als das (unbedingte) Birkhoff-Integral definiert man
.
Vergleich mit anderen Integralbegriffen
- Jede auf einem
-endlichen Maßraum definierte Bochner-integrierbare Funktion ist auch Birkhoff-integrierbar und die entsprechenden Integralwerte stimmen dann überein. Es gibt jedoch Birkhoff-integrierbare Funktionen, die nicht Bochner-integrierbar sind.
- Wird die Definition des Riemann-Integrals direkt mittels Riemann-Summen auf banachraumwertige Funktionen verallgemeinert, so ist im Allgemeinen nicht mehr jede Riemann-integrierbare Funktion auch Bochner-integrierbar, aber dafür Birkhoff-integrierbar.
- Ein Beispiel für eine nicht Bochner-integrierbare aber Birkhoff-integrierbare (sogar Riemann-integrierbare) Funktion ist:
-
- Sei
versehen mit der Norm
, siehe allgemeiner
-Raum und
, wobei das Bild von
unter
gerade die Charakteristische Funktion von
ist.
ist nicht Bochner-integrierbar, denn sonst wäre
auch
-messbar. Mit Hilfe des Messbarkeitssatz von Pettis folgt aber, dass
nicht
-messbar ist, denn
ist nicht
-fast überall separabel. Das Riemann-Integral und damit auch das Birkhoff-Integral von
ist
.
- Sei
- Jede Birkhoff-integrierbare Funktion ist Pettis-integrierbar.
Eigenschaften
- Das Birkhoff-Integral ist linear.
Für zwei Birkhoff-integrierbare Funktionen
und
ist auch
Birkhoff-integrierbar und es gilt:
-
.
- Für die Birkhoff-Integrierbarkeit von
gibt es eine relativ neue äquivalente Charakterisierung, siehe M. Potyrala:
-
ist genau dann Birkhoff-integrierbar mit
wenn gilt
eine abzählbare
-Partition
ist unbedingt summierbar unter
und
.
- Es sei
ein weiterer Banachraum,
Birkhoff-integrierbar und
ein stetiger linearer Operator. Dann ist die Verkettung
eine Birkhoff-integrierbare Funktion und es gilt:
-
.
Literatur
- Jürgen Friedrich: Integration banachraumwertiger Funktionen: Bochner- und Birkhoff-Integration. Diplomica Verlag, Hamburg 2013, S. 28–46, ISBN 978-3-8428-4043-0>.



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.03. 2021