Frobenius-Normalform
Die Frobenius-Normalform (nach Ferdinand Georg Frobenius) oder rationale Normalform einer quadratischen Matrix
mit Einträgen in einem beliebigen Körper
ist eine transformierte Matrix
(mit invertierbarer Matrix
),
die eine spezielle übersichtliche Form hat. „Übersichtlich“ deswegen, weil sich
jede Matrix in genau eine Matrix dieser Form transformieren lässt und sich zwei
Matrizen daher genau dann ineinander transformieren lassen, wenn sie
dieselbe Frobenius-Normalform haben. Wenn das der Fall ist, sagt man auch, die
zwei Matrizen seien sich ähnlich,
weil sie dieselbe lineare
Abbildung bezüglich unterschiedlicher Basen
darstellen.
Zu jeder linearen Abbildung eines endlichdimensionalen Vektorraums in sich gibt
es daher eine Basis, bezüglich deren sie in Frobenius-Normalform dargestellt
wird. Es kann mehrere solche Basen geben, die Transformationsmatrix
ist also nicht eindeutig bestimmt.
Die Frobenius-Normalform lässt sich einerseits als Alternative zur jordanschen Normalform auffassen (die ihrerseits eine Verallgemeinerung der Diagonalform ist), wobei nicht mehr vorausgesetzt werden muss, dass das charakteristische Polynom in Linearfaktoren zerfällt. Andererseits charakterisiert das Lemma von Frobenius zueinander ähnliche Matrizen durch die Elementarteiler ihrer charakteristischen Matrizen und liefert die Frobenius-Normalform als Normalform des Vektorraums unter der Operation eines Polynomrings.
Verallgemeinerung der Diagonalisierung
Wenn eine Matrix
diagonalisierbar ist, zerfällt ihr charakteristisches Polynom
in lauter Linearfaktoren
mit Eigenwerten
.
Die zugehörigen Eigenvektoren
mit
bilden eine Basis des Vektorraums
,
in der jeder Basisvektor durch
auf ein Vielfaches von sich abgebildet wird.
Bei einer nicht diagonalisierbaren Matrix
sind nicht genügend Eigenvektoren für eine Basis vorhanden, oder das
charakteristische Polynom
zerfällt in irreduzible
Faktoren
,
die nicht alle Grad 1 haben. Zur Ermittlung der Frobenius-Normalform von
wird dann analog zum letzten Absatz eine Basis aus Vektoren gesucht, die von
bestimmten Produkten der irreduziblen Faktoren
etc. zu null gemacht werden. Es zeigt sich, dass dies möglich ist und man
schließlich eine Darstellung
erhält, in der
Teiler von
ist,
Teiler von
usw. Zum Faktor
gehören dabei die Basisvektoren
,
deren Teilraum wegen
von
in sich abgebildet wird und auf dem
bezüglich dieser Basisvektoren durch die Matrix
dargestellt wird (die nicht angegebenen Einträge in dieser sog. Begleitmatrix zum Polynom
sind 0). Der gesamte Vektorraum
zerfällt in solche
-invarianten
Teilräume, und
lässt sich insgesamt durch die Blockdiagonalmatrix
darstellen. Sie ist die Frobenius-Normalform von .
Ein Nachteil dabei ist, dass die Frobenius-Normalform einer Diagonalmatrix mit Eigenwerten 1 und 2 nicht Diagonalform hat, sondern
ist. Abhilfe schafft hier die Weierstraß-Normalform,
in der die Begleitmatrix
in der Blockdiagonalmatrix ersetzt wird durch die Begleitmatrizen der Potenzen
verschiedener irreduzibler Faktoren von
,
also etwa durch
falls
mit
.
Eine Matrix ist genau dann diagonalisierbar, wenn alle diese Faktoren linear
sind und keiner in zweiter oder höherer Potenz vorkommt; also ist dann auch ihre
Weierstraß-Normalform eine Diagonalmatrix.
Lemma von Frobenius
Die Menge aller Polynome, das sind Ausdrücke der Form ,
mit Koeffizienten
,
bildet einen Ring,
den sog. Polynomring
.
Wenn eine Matrix
vorgegeben ist, kann man ein Produkt aus Polynom
und Vektor
definieren durch
,
für das die erwarteten Assoziativ-
und Distributivgesetze
gelten. Man spricht von einer Operation des Polynomrings auf dem
Vektorraum, durch die der Vektorraum
zu einem
-Modul
wird.
Nach Wahl einer Basis
von
kann man einen
-Modul-Isomorphismus
angeben. Sein Definitionsbereich ist der Faktormodul von
modulo
,
wobei der Ausdruck in spitzen Klammern (in einer ad hoc gewählten Notation) das
Erzeugnis der Spalten der charakteristischen Matrix
bezeichnet. Dieser Isomorphismus überträgt die Operation des Polynomrings, d.h.,
für
,
,
und er ist definiert durch
Die charakteristische Matrix
mit Einträgen im Polynomring kann durch den Elementarteileralgorithmus
in eine Matrix
mit invertierbaren
überführt werden, wobei
Teiler von
ist,
Teiler von
usw., und die Polynome
führenden Koeffizienten 1 haben. Diese Polynome heißen die
Invariantenteiler der charakteristischen Matrix, die Potenzen der
irreduziblen Faktoren der
heißen Elementarteiler, und
ist das charakteristische Polynom von
,
denn
(die Determinante der
charakteristischen Matrix ändert sich nicht bei Multiplikation
mit den invertierbaren
und
).
ist das Minimalpolynom
von
.
Wegen der Invertierbarkeit von
und
ist der
-Modul
nun nicht nur isomorph (nämlich durch
)
zu
,
sondern auch isomorph zu
.
Dieser Faktormodul zerfällt als direkte
Summe
;
siehe auch den Satz über invariante Faktoren in endlich erzeugten Moduln
über einem Hauptidealring.
Die Operation des Polynoms
auf dem direkten Summanden
wird durch die Begleitmatrix
dargestellt, wenn eine Basis
wie im vorigen Abschnitt gewählt wird, und für die Operation von
bzw.
auf dem ganzen Modul
ergibt sich eine Darstellung durch die Frobenius-Normalform.
Ist eine weitere Matrix
gegeben, so macht diese
zu einem weiteren
-Modul
.
Ein Isomorphismus
muss die Operation von
übertragen, also
,
was bedeutet, dass
durch die Matrix von
bzgl. der gewählten Basis
in
transformiert wird. Ähnlichkeit von Matrizen
und
ist demnach gleichbedeutend mit Isomorphie der zugehörigen
-Moduln
und
;
und deren oben besprochene Zerlegung in invariante Faktoren hat gezeigt, dass
diese Isomorphie genau dann vorliegt, wenn die charakteristischen Matrizen
und
dieselben Elementarteiler haben. Diese Aussage ist als Lemma von Frobenius bekannt.
Als weitere Folgerung aus dem Gezeigten ergibt sich der Satz von
Cayley-Hamilton: Die Operation des charakteristischen Polynoms
macht alle direkten Summanden
zu null, weil alle
Teiler von
sind. Deswegen ist
,
also ergibt eine Matrix, in ihr charakteristisches Polynom eingesetzt, die Nullabbildung.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 12.10. 2017