Regulärer Ausdruck
Ein regulärer Ausdruck (englisch regular expression, Abkürzung RegExp oder Regex) ist in der theoretischen Informatik eine Zeichenkette, die der Beschreibung von Mengen von Zeichenketten mit Hilfe bestimmter syntaktischer Regeln dient. Reguläre Ausdrücke finden vor allem in der Softwareentwicklung Verwendung. Neben Implementierungen in vielen Programmiersprachen verarbeiten auch viele Texteditoren reguläre Ausdrücke in der Funktion „Suchen und Ersetzen“. Ein einfacher Anwendungsfall von regulären Ausdrücken sind Wildcards.
Reguläre Ausdrücke können als Filterkriterien in der Textsuche verwendet werden, indem der Text mit dem Muster des regulären Ausdrucks abgeglichen wird. Dieser Vorgang wird auch Pattern Matching genannt. So ist es beispielsweise möglich, alle Wörter aus einer Wortliste herauszusuchen, die mit S beginnen und auf D enden, ohne die dazwischen liegenden Buchstaben oder deren Anzahl explizit vorgeben zu müssen.
Der Begriff des regulären Ausdrucks geht im Wesentlichen auf den Mathematiker Stephen Kleene zurück, der die ähnliche Bezeichnung reguläre Menge verwendete.
Reguläre Ausdrücke in der theoretischen Informatik
Theoretische Grundlagen
Reguläre Ausdrücke sind spezielle Formeln, die reguläre Sprachen beschreiben können. Diese regulären Sprachen befinden sich auf der untersten Stufe der Chomsky-Hierarchie (Typ-3). Sie werden durch reguläre Grammatiken erzeugt.
Zu jedem regulären Ausdruck existiert ein endlicher Automat, der die vom Ausdruck spezifizierte Sprache akzeptiert. Ein entsprechender (nichtdeterministischer) endlicher Automat kann mit der Thompson-Konstruktion aus einem regulären Ausdruck konstruiert werden. Daraus folgt die relativ einfache Implementierbarkeit regulärer Ausdrücke. Umgekehrt existiert zu jedem endlichen Automaten ein regulärer Ausdruck, der die vom Automaten akzeptierte Sprache beschreibt. Ein entsprechender regulärer Ausdruck kann mit Kleenes Algorithmus aus einem nichtdeterministischen endlichen Automaten konstruiert werden. Kleenes Algorithmus erzeugt meist sehr lange reguläre Ausdrücke. Die Zustands-Elimination (deutsch eigentlich: „Zustands-Eliminierung“) liefert in der Praxis meist kürzere reguläre Ausdrücke. Im Höchstfall (englisch „worst case“) liefern jedoch beide Algorithmen reguläre Ausdrücke der Länge , wobei die Anzahl der Zeichen des zugrundeliegenden Alphabets und die Anzahl der Zustände im Automaten bezeichnen.
Syntax
Die Syntax definiert genau, wie reguläre Ausdrücke aussehen.
Reguläre Ausdrücke sind immer über einem vorgegebenen Zeichenvorrat definiert, dem sogenannten Alphabet. Reguläre Ausdrücke basieren auf genau drei Operationen: Alternative, Verkettung und Wiederholung. Die formale Definition sieht folgendermaßen aus:
- (das spezielle Symbol für die leere Menge) ist ein regulärer Ausdruck.
- für alle ist (die Repräsentation eines Zeichens aus dem zugrunde liegenden Alphabet) ein regulärer Ausdruck.
- Sind und reguläre Ausdrücke, so sind auch (Alternative), (Verkettung) und (Kleenesche Hülle, Kleene-Stern) reguläre Ausdrücke.
Für Alternative wird statt auch das Symbol verwendet. Man schreibt dann . Für die Verkettung (Konkatenation) gibt es alternativ auch ein Operatorsymbol; man schreibt dann .
Man kann auch zusätzliche Konstanten und Operationen erlauben, sofern sich ihre Wirkung auch mit den oben genannten Grundregeln beschreiben ließe. So findet man in der Literatur unter anderem auch als regulären Ausdruck oder die positive Kleenesche Hülle , die als Abkürzung von betrachtet werden kann.
Gibt man eine Rangfolge der Operatoren an, kann man auf einige Klammern verzichten. Die Rangfolge ist üblicherweise Kleene-Stern vor Konkatenation vor Alternative. Statt genügt dann die Schreibweise .
Die Anzahl der verschachtelten *-Operatoren wird als Sternhöhe bezeichnet.
Semantik
Die Semantik regulärer Ausdrücke definiert genau, welche formale Bedeutung die Syntax regulärer Ausdrücke hat.
Ein regulärer Ausdruck beschreibt eine formale Sprache, also eine Menge von Wörtern (Zeichenketten). Die Definition der Semantik lässt sich analog zur Syntaxdefinition beschreiben. Dabei bezeichnet die formale Sprache, die durch den regulären Ausdruck spezifiziert wird.
-
- Das spezielle Symbol für die leere Menge spezifiziert die leere Sprache.
- für alle
gilt
- Jeder Repräsentant eines Zeichens aus dem Alphabet spezifiziert die Sprache, die nur dieses Zeichen enthält.
- sind
und
reguläre Ausdrücke, so gilt:
- Die Alternative zwischen zwei Ausdrücken beschreibt die Sprache, die aus der Vereinigung der zwei Sprachen entsteht, die durch die beiden Ausdrücke beschrieben werden.
- Die Konkatenation zweier Ausdrücke beschreibt die Sprache, die nur die Wörter enthält, die ein Wort aus der vom ersten Ausdruck beschriebenen Sprache als Präfix haben und deren unmittelbar folgendes Rest-Suffix ein Wort aus der vom zweiten Ausdruck beschriebenen Sprache ist.
- Die kleenesche Hülle regulärer Ausdrücke beschreibt die kleenesche Hülle der durch beschriebenen Sprache.
Enthält die Syntaxdefinition regulärer Ausdrücke auch die Konstante , so ist deren Bedeutung definiert als , also die Sprache, die nur das leere Wort enthält.
Das leere Wort ist ein Wort einer formalen Sprache () und somit kein regulärer Ausdruck. Die Sprache, die nur das leere Wort enthält, lässt sich aber auch ohne die Konstante durch einen regulären Ausdruck beschreiben, zum Beispiel: . Es wird jedoch nicht immer optisch zwischen einem regulären Ausdruck und der zugehörigen Sprache unterschieden, sodass man statt auch als regulären Ausdruck für die Sprache verwendet, ebenso kann die Unterscheidung zwischen und sowie zwischen und entfallen.
Beispiele
Wenn das Alphabet aus den Buchstaben , und besteht, also , dann lassen sich die folgenden Sprachen mit den entsprechenden regulären Ausdrücken beschreiben:
- Die Sprache aller Wörter, die aus beliebig vielen
oder aus beliebig vielen
bestehen:
- Syntax: . Semantik:
- Die Sprache aller Wörter, die mit
anfangen und mit beliebig vielen
oder beliebig vielen
oder beliebig vielen
enden:
- Syntax: . Semantik:
- Die Sprache aller Wörter, die mit
anfangen und enden und dazwischen nur aus beliebig vielen
bestehen:
- Syntax: . Semantik:
- Die Sprache aller Wörter, die aus den zwei Zeichen
und
bestehen:
- Syntax: . Semantik:
Anwendung regulärer Ausdrücke
Ken Thompson nutzte diese Notation in den 1960er Jahren, um qed (eine Vorgängerversion des Unix-Editors ed) zu bauen und später das Werkzeug grep zu schreiben. Seither implementieren sehr viele Programme und Bibliotheken von Programmiersprachen Funktionen, um reguläre Ausdrücke zum Suchen und Ersetzen von Zeichenketten zu nutzen. Beispiele dafür sind die Programme sed, grep, emacs, die Programmiersprachen Perl und Tcl und Standardbibliotheken der Programmiersprachen C, C++, Java, JavaScript, Python, PHP, Ruby und das .Net-Framework. Auch die Textverarbeitung und die Tabellenkalkulation des Office-Paketes OpenOffice.org bieten die Möglichkeit, mit regulären Ausdrücken im Text zu suchen.
Zwischen verschiedenen Regexp-Implementierungen gibt es Unterschiede in Funktionsumfang und Syntax. In Programmiersprachen haben sich überwiegend die Perl Compatible Regular Expressions (PCRE) durchgesetzt, die sich an der Umsetzung in Perl 5.0 orientieren. Daneben wird bei POSIX.2 zwischen „grundlegenden“ regulären Ausdrücken (basic regular expressions) und „erweiterten“ regulären Ausdrücken (extended regular expressions) unterschieden.
Einige Programme, zum Beispiel der Texteditor Vim, bieten die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Regexp-Syntaxen hin- und herzuschalten.
Reguläre Ausdrücke spielen eine wichtige Rolle bei der lexikalischen Analyse von Quelltexten, beispielsweise in Compilern oder zur Syntaxhervorhebung in Editoren. Ein lexikalischer Scanner zerlegt den Quelltext mithilfe von regulären Ausdrücken in sogenannte Tokens (Schlüsselwörter, Operatoren, …). Da es sich bei den meisten Programmiersprachen um kontextfreie Sprachen handelt, sind reguläre Ausdrücke nicht mächtig genug, um deren Syntax zu beschreiben. Daher wird die bei Compilern folgende syntaktische Analyse in der Regel von einem separaten Programm, dem Parser, erledigt.
Reguläre Ausdrücke spielen auch in der Bioinformatik eine Rolle. Sie kommen in Proteindatenbanken zum Einsatz, um Proteinmotive zu beschreiben. Der reguläre Ausdruck
W-x{9,11}-[VFY]-[FYW]-x{6,7}-[GSTNE]-[GSTQCR]-[FYW]-R-S-A-P
beschreibt zum Beispiel eine Proteindomäne in PROSITE. Der obige reguläre Ausdruck besagt Folgendes: Am Anfang wähle die Aminosäure Tryptophan (Einbuchstabencode W), dann wähle 9 bis 11 Aminosäuren frei aus, dann wähle entweder V, F oder Y, dann wähle entweder F, Y oder W, dann wieder 6 bis 7 Aminosäuren frei, dann entweder G, S, T, N oder E, dann entweder G, S, T, Q, C oder R, dann F, Y oder W, dann R dann S dann A dann P.
Reguläre Ausdrücke in der Praxis
Die meisten heutigen Implementierungen unterstützen Erweiterungen wie zum Beispiel Rückwärtsreferenzen (backreferences). Hierbei handelt es sich nicht mehr um reguläre Ausdrücke im Sinne der theoretischen Informatik, denn die so erweiterten Ausdrücke beschreiben nicht mehr notwendigerweise Sprachen vom Typ 3 der Chomsky-Hierarchie.
Die folgenden Syntaxbeschreibungen beziehen sich auf die Syntax der gängigen Implementierungen mit Erweiterungen, sie entsprechen also nur teilweise der obigen Definition aus der theoretischen Informatik.
Eine häufige Anwendung regulärer Ausdrücke besteht darin, spezielle
Zeichenketten in einer Menge von Zeichenketten zu finden. Die im Folgenden
angegebene Beschreibung ist eine (oft benutzte) Konvention, um Konzepte wie
Zeichenklasse, Quantifizierung, Verknüpfung und
Zusammenfassen konkret zu realisieren. Hierbei wird ein regulärer
Ausdruck aus den Zeichen des zugrunde liegenden Alphabets in Kombination mit den
Metazeichen [ ] ( ) {
} | ? + - * ^ $ \ .
(teilweise kontextabhängig) gebildet, bei
manchen Implementierungen auch : ! < =
. Die
Meta-Eigenschaft eines Zeichens kann durch einen vorangestellten Rückwärtsstrich
(Backslash) aufgehoben werden.
Alle übrigen Zeichen des Alphabets stehen für sich selbst.
Zeichenliterale
Diejenigen Zeichen, die direkt (wörtlich, literal) übereinstimmen müssen,
werden auch direkt notiert. Je nach System gibt es auch Möglichkeiten, das
Zeichen durch den Oktal- oder Hexadezimalcode (\ooo
bzw. \xhh
) oder die hexadezimale Unicode-Position
(\uhhhh
) anzugeben.
Ein Zeichen aus einer Auswahl
Mit eckigen Klammern lässt sich eine Zeichenauswahl definieren
([
und ]
). Der Ausdruck in eckigen
Klammern steht dann für genau ein Zeichen aus dieser Auswahl. Innerhalb
dieser Zeichenklassendefinitionen haben einige Symbole andere Bedeutungen als im
normalen Kontext. Teilweise ist die Bedeutung eines Symbols vom Kontext
abhängig, in dem es innerhalb der Klammern auftritt.
Beispielsweise bedeutet ein Zirkumflex
^
am Anfang einer Zeichenklassendefinition, dass die
Zeichenklasse negiert bzw. invertiert wird (im Sinne der Komplementbildung).
Steht ein Zirkumflex jedoch irgendwo sonst in der Definition, ist es wörtlich
(„literally“) zu verstehen. Ebenfalls kontextabhängig ist die Bedeutung des
Bindestrich-Zeichens (-
). Zudem unterscheiden sich hier die
Regexp-Auswerter („regex engines“) (zum Beispiel POSIX und PCRE) in einigen
Punkten voneinander. Steht ein Bindestrich -
zwischen zwei Zeichen
in der Klassendefinition, zum Beispiel [a-g]
, so ist er als
Bis-Strich zu verstehen, das heißt als Beschreibung eines Zeichenintervalls oder
Zeichenbereichs bezüglich der ASCII-Tabelle.
Das genannte Beispiel wäre äquivalent zu [abcdefg]
. Am Anfang oder
Ende einer Zeichenklasse stehende Bindestriche werden als das Zeichen selbst
interpretiert.
[egh] |
eines der Zeichen e , g oder h
|
[0-6] |
eine Ziffer von 0 bis 6 (Bindestriche sind
Indikator für einen Bereich) |
[A-Za-z0-9] |
ein beliebiger lateinischer Buchstabe oder eine beliebige Ziffer |
[^a] |
ein beliebiges Zeichen außer a (^ am Anfang
einer Zeichenklasse negiert selbige) |
[-A-Z] , [A-Z-] (bzw.
[A-Z\-a-z] , allerdings nicht gemäß POSIX)
|
Auswahl enthält auch den Bindestrich - , wenn er das erste
oder das letzte Zeichen in der Aufzählung einer Zeichenklasse ist bzw. bei
PCRE, wenn seine Metafunktion innerhalb einer Auswahl durch einen
vorangestellten Backslash
aufgehoben wird |
Vordefinierte Zeichenklassen
Es gibt vordefinierte Zeichenklassen, die allerdings nicht von allen Implementierungen in gleicher Weise unterstützt werden, da sie lediglich Kurzformen sind und auch durch eine Zeichenauswahl beschrieben werden können. Wichtige Zeichenklassen sind:
\d |
digit | eine Ziffer, also [0-9] (und evtl. auch weitere Zahlzeichen in
Unicode, z.B. bengalische
Ziffern) |
\D |
no digit | ein Zeichen, das keine Ziffer ist, also [^\d] |
\w |
word character | ein Buchstabe, eine Ziffer oder der Unterstrich, also
[a-zA-Z_0-9] (und evtl. auch nicht-lateinische Buchstaben,
z.B. Umlaute) |
\W |
no word character | ein Zeichen, das weder Buchstabe noch Zahl noch Unterstrich ist, also
[^\w] |
\s |
whitespace | meist zumindest das Leerzeichen und die Klasse der Steuerzeichen
\f , \n , \r , \t und
\v |
\S |
no whitespace | ein Zeichen, das kein Whitespace ist, also [^\s]
|
Ein Punkt (.
) bedeutet, dass an seinem Platz ein (fast)
beliebiges Zeichen stehen kann. Die meisten RegExp-Implementierungen sehen
standardmäßig Zeilenumbrüche nicht als beliebiges Zeichen an, jedoch kann dieses
in einigen Programmen mittels des sogenannten Single-Line-Modifiers
s
(zum Beispiel in /foo.bar/s
) erreicht werden.
In vielen neueren Implementierungen können innerhalb der eckigen Klammern nach POSIX auch Klassen angegeben werden, die selbst wiederum eckige Klammern enthalten. Sie lauten beispielsweise:
|
Anmerkungen:
ZK1 Das auch
als „geschütztes
Leerzeichen“ bekannte Zeichen mit der Unicode-Nummer 160 (hex: A0)
(entspricht dem HTML-Entity
& ) wird von der Klasse [:space:] möglicherweise nicht gefunden
und muss separat anhand des Kodierpunktes
identifiziert werden.
ZK2 Was
Buchstaben sind, ist in üblichen Betriebssystemen locale-abhängig,
also abhängig von der eingestellten Region und Sprache. |
Quantoren
Quantoren (englisch quantifier, auch Quantifizierer oder Wiederholungsfaktoren) erlauben es, den vorherigen Ausdruck in verschiedener Vielfachheit in der Zeichenkette zuzulassen.
? |
Der voranstehende Ausdruck ist optional, er kann einmal vorkommen,
braucht es aber nicht, das heißt, der Ausdruck kommt null- oder einmal
vor. (Dies entspricht {0,1} ) |
+ |
Der voranstehende Ausdruck muss mindestens einmal vorkommen, darf aber
auch mehrfach vorkommen. (Dies entspricht {1,} ) |
* |
Der voranstehende Ausdruck darf beliebig oft (auch keinmal) vorkommen.
(Dies entspricht {0,} ) |
{n} |
Der voranstehende Ausdruck muss exakt n-mal vorkommen. (Dies
entspricht {n,n} ) |
{min,} |
Der voranstehende Ausdruck muss mindestens min-mal vorkommen. |
{min,max} |
Der voranstehende Ausdruck muss mindestens min-mal und darf maximal max-mal vorkommen. |
{0,max} |
Der voranstehende Ausdruck darf maximal max-mal vorkommen. |
Die Quantoren beziehen sich dabei auf den vorhergehenden regulären Ausdruck,
jedoch nicht zwangsläufig auf die durch ihn gefundene Übereinstimmung. So wird
zwar zum Beispiel durch a+
ein „a“ oder auch „aaaa“ vertreten,
jedoch entspricht [0-9]+
nicht nur sich wiederholenden
gleichen Ziffern, sondern auch Folgen gemischter Ziffern, beispielsweise
„072345“.
Weitere Beispiele sind:
[ab]+
entspricht „a“, „b“, „aa“, „bbaab“ etc.[0-9]{2,5}
entspricht zwei, drei, vier oder fünf Ziffern in Folge, z.B. „42“ oder „54072“, jedoch nicht den Zeichenfolgen „0“, „1.1“ oder „a1a1“.
Soll eine Zeichenkette nur aus dem gesuchten Muster bestehen (und es
nicht nur enthalten), so muss in den meisten Implementierungen explizit
definiert werden, dass das Muster vom Anfang (\A
oder
^
)QF1
bis zum Ende der Zeichenkette (\Z
, \z
oder
$
)QF1
reichen soll. Andernfalls erkennt zum Beispiel [0-9]{2,5}
auch bei
der Zeichenkette „1234507“ die Teilzeichenkette „12345“. Aus dem gleichen Grund
ergäbe beispielsweise a*
immer einen Treffer, da jede Zeichenfolge
insbesondere das leere
Wort mindestens 0-mal das Zeichen „a“ enthält.
Quantoren sind standardmäßig „gierig“ (englisch greedy) implementiert. Das
heißt, ein regulärer Ausdruck wird zur größtmöglichen Übereinstimmung aufgelöst.
Da dieses Verhalten jedoch nicht immer so gewollt ist, lassen sich bei vielen
neueren Implementierungen Quantoren als „genügsam“ oder „zurückhaltend“
(englisch non-greedy, reluctant) deklarieren. Zum Beispiel wird in
Perl oder tcl hierfür dem Quantor ein Fragezeichen ?
nachgestellt. Die Implementierung von genügsamen Quantoren ist vergleichsweise
aufwendig und während des Suchvorgangs langsam (erfordert Backtracking), weshalb
manche Implementierungen diese ausdrücklich vermeiden z.B. sed.
- Beispiel (Perl-Syntax)
- Angenommen, es wird der reguläre Ausdruck
A.*B
auf die Zeichenfolge „ABCDEB“ angewendet, so würde er sie als „ABCDEB“ finden. Mit Hilfe des „genügsamen“ Quantors*?
passt der nun modifizierte Ausdruck – alsoA.*?B
– nur die Zeichenkette „AB“, bricht also die Suche nach dem ersten gefundenen „B“ ab. Ein gleichwertiger regulärer Ausdruck für Interpreter, die diesen Quantor nicht unterstützen, wäreA[^B]*B
.
^
und $
passen im multiline-Modus zusammen,
also wenn der m-Modifier gesetzt wird, auch Zeilenanfänge und
-enden.Possessives Verhalten
Eine Variante des oben beschriebenen gierigen Verhaltens ist das
possessive matching. Da hierbei jedoch das Backtracking verhindert wird,
werden einmal übereinstimmende Zeichen nicht wieder freigegeben. Daher finden
sich in der Literatur auch die synonymen Bezeichnungen atomic grouping,
independent subexpression oder non-backtracking subpattern. Die
Syntax für diese Konstrukte variiert bei den verschiedenen Programmiersprachen.
Ursprünglich wurden solche Teilausdrücke (englisch „subpattern“) in Perl durch
(?>Ausdruck)
formuliert.
Daneben existieren seit Perl 5.10 die äquivalenten, in Java bereits üblichen
possessiven Quantoren ++
, *+
, ?+
und
{min,max}+
.
- Beispiel
- Angenommen es wird auf die Zeichenfolge „ABCDEB“ der reguläre Ausdruck
A.*+B
angewendet, so fände er keine Übereinstimmung. Bei der Abarbeitung des regulären Ausdrucks würde der Teil.*+
bis zum Ende der Zeichenkette übereinstimmen. Um jedoch den gesamten Ausdruck zu finden, müsste ein Zeichen – hier also das „B“ – wieder freigegeben werden. Der possessive Quantor verbietet dies aufgrund des unterdrückten Backtrackings, weshalb keine erfolgreiche Übereinstimmung gefunden werden kann.
Gruppierungen und Rückwärtsreferenzen
Ausdrücke lassen sich mit runden Klammern (
und
)
zusammenfassen: Etwa erlaubt (abc)+
ein „abc“ oder ein „abcabc“ etc. Wörtlich gemeinte Klammern kann man mit
\(
und \)
benennen. Bei manchen
Implementationen ist es umgekehrt; in jedem Fall sind aber runde Klammern
innerhalb von Zeichenklassen immer wörtlich.
Einige Implementierungen speichern die gefundenen Übereinstimmungen von
Gruppierungen ab und ermöglichen deren Wiederverwendung im regulären Ausdruck
oder bei der Textersetzung. Diese werden Rückwärtsreferenzen (englisch
back references) genannt. Häufig wird dazu die Schreibweise
\n
oder $n
verwendet,
wobei n die Übereinstimmung der n-ten Gruppierung entspricht. Eine
Sonderstellung stellt dabei n=0 dar, das meist für die Übereinstimmung
des gesamten regulären Ausdrucks steht.
- Beispiel
- Ein Suchen und Ersetzen mit
AA(.*?)BB
als regulärem Suchausdruck und\1
als Ersetzung ersetzt alle Zeichenketten, die von AA und BB eingeschlossen sind, durch den zwischen AA und BB enthaltenen Text. Das heißt AA und BB und der Text dazwischen werden ersetzt durch den Text, der ursprünglich zwischen AA und BB stand, also fehlen AA und BB im Ergebnis.
Interpreter von regulären Ausdrücken, die Rückwärtsreferenzen im Suchmuster
zulassen, entsprechen nicht mehr dem Typ 3 der Chomsky-Hierarchie.
Mit dem Pumping-Lemma
lässt sich zeigen, dass ein regulärer Ausdruck, der feststellt, ob in einer
Zeichenkette vor und nach der 1
die gleiche Anzahl von
0
steht, keine reguläre
Sprache ist.
Daneben gibt es auch noch Gruppierungen, die keine Rückwärtsreferenz erzeugen
(englisch non-capturing). Die Syntax dafür lautet in den meisten
Implementierungen (?:
…)
. Regexp-Dokumentationen
weisen darauf hin, dass die Erzeugung von Rückwärtsreferenzen stets vermieden
werden soll, wenn kein späterer Zugriff auf sie erfolge. Denn die Erzeugung der
Referenzen kostet Ausführungszeit und belegt Platz zur Speicherung der
gefundenen Übereinstimmung. Zudem lassen die Implementationen nur eine begrenzte
Anzahl an Rückwärtsreferenzen zu (häufig nur maximal 9).
- Beispiel
Mit dem regulären Ausdruck \d+(?:-\d+)*
können Folgen von durch
Bindestriche getrennten Zahlenfolgen gefunden werden, ohne dabei die letzte
durch einen Bindestrich getrennte Zahlenfolge als Rückreferenz zu erhalten.
- Beispiel
Ein Datum im Format MM/DD/YYYY
soll in das Format
YYYY-MM-DD
überführt werden.
- Mit Hilfe des Ausdrucks
([0-1]?[0-9])\/([0-3]?[0-9])\/([0-9]{4})
werden die drei Zahlengruppen extrahiert. - Mit dem Ersetzungs-Ausdruck
\3-\1-\2
werden die einzelnen Gruppen in das richtige Format überführt.
Alternativen
Man kann alternative Ausdrücke mit dem |
-Symbol zulassen.
- Beispiel
ABC|abc
bedeutet „ABC“ oder „abc“, aber z.B. nicht „Abc“.
Weitere Zeichen
Um die oft auf Zeichenketten bezogenen Anwendungen auf dem Computer zu unterstützen, werden in der Regel zusätzlich zu den bereits genannten die folgenden Zeichen definiert:
^ |
steht für den Zeilenanfang (nicht zu verwechseln mit ^
bei der Zeichenauswahl mittels [ und ] ). |
$ |
kann je nach Kontext für das Zeilen- oder Zeichenketten-Ende stehen,
wobei bei manchen Implementierungen noch ein „\n“ folgen darf. Das
tatsächliche Ende passt zu \z . |
\ |
hebt gegebenenfalls die Metabedeutung des nächsten Zeichens auf (siehe
Maskierungszeichen).
Beispielsweise lässt der Ausdruck (A\*)+ die Zeichenketten
„A*“, „A*A*“ usw. zu. Auf diese Weise lässt sich auch ein Punkt „.“ mit
\. suchen, während nach \ mit \\
gesucht wird. |
\b |
leere Zeichenkette am Wortanfang oder am Wortende |
\B |
leere Zeichenkette, die nicht den Anfang oder das Ende eines Wortes bildet |
\< |
leere Zeichenkette am Wortanfang |
\> |
leere Zeichenkette am Wortende |
\n |
ein Zeilenumbruch im Unix-Format |
\r |
ein Zeilenumbruch im (alten, d.h. vor dem Jahr 1999) Mac-Format |
\r\n |
ein Zeilenumbruch im DOS- und Windows-Format |
\t |
ein Horizontal-Tabulatorzeichen |
- Beispiel
[^ ]$
bedeutet: Die Zeichenkette muss aus mindestens einem Zeichen bestehen, und das letzte Zeichen darf kein Leerzeichen sein.
Look-around assertions
Perl
Version 5 führte zusätzlich zu den üblichen regulären Ausdrücken auch
look-ahead und look-behind assertions (etwa „vorausschauende“ bzw.
„nach hinten schauende“ Annahmen oder Behauptungen) ein, was unter dem Begriff
look-around assertions zusammengefasst wird.
Diese Konstrukte erweitern die regulären Ausdrücke um die Möglichkeit,
kontextabhängige (englisch: „context sensitive“) Bedingungen zu formulieren,
ohne den Kontext selbst als passend zu finden. Das heißt, möchte man alle
Zeichenfolgen „Sport“ finden, denen die Zeichenfolge „verein“ folgt, ohne dass
jedoch die gefundene Zeichenfolge die Zeichenfolge „verein“ selbst enthält, wäre
dies mit einer look-ahead assertion möglich:
Sport(?=verein)
. Im Beispielsatz „Ein Sportler betreibt Sport im
Sportverein.“ würde jener reguläre Ausdruck also zum letzten Vorkommen von
„Sport“ passen, da nur diesem die Zeichenfolge „verein“ folgt; er würde jedoch
nicht zur Teilzeichenkette „Sportverein“ passen.
Aufgrund der Eigenschaft, dass der angegebene Kontext (im Beispiel „verein“) zwar angegeben wird, jedoch kein expliziter Bestandteil der passenden Zeichenkette (hier „Sport“) ist, wird im Zusammenhang mit assertions meist das Attribut zero-width mitgenannt. Die vollständigen Bezeichnungen lauten somit – je nachdem, ob ein bestimmter Kontext gefordert (positiv) oder verboten (negativ) ist – zero-width positive/negative look-ahead/behind assertions. Die Bezeichnungen der Richtungen rühren daher, dass Regexp-Parser eine Zeichenkette immer von links nach rechts abarbeiten.
Definition | Bezeichnung | Erklärung | Schreibweise |
---|---|---|---|
(?=Ausdruck) |
positive look-ahead assertion | Ausdruck muss auf vorgenannten Ausdruck folgen | Ausdruck(?=Ausdruck) |
(?!Ausdruck) |
negative look-ahead assertion | Ausdruck darf nicht auf vorgenannten Ausdruck folgen | Ausdruck(?!Ausdruck) |
(?<=Ausdruck) |
positive look-behind assertion | Ausdruck muss nachfolgendem Ausdruck vorausgehen | (?<=Ausdruck)Ausdruck
|
(?<!Ausdruck) |
negative look-behind assertion | Ausdruck darf nachfolgendem Ausdruck nicht vorausgehen | (?<!Ausdruck)Ausdruck
|
Look-arounds werden nicht nur von Perl und PCRE, sondern unter anderem auch von Java, .NET und Python unterstützt. JavaScript interpretiert ab Version 1.5 positive und negative Look-Aheads.
- Beispiel
\s(?=EUR)
steht für ein „Whitespace“-Zeichen (d.h. Leerzeichen oder Tabulator), dem die ZeichenketteEUR
folgt. Im Gegensatz zu\sEUR
gehört hierEUR
nicht zu einer passenden Zeichenkette (englisch: „matched character string“).
Bedingte Ausdrücke
Relativ wenig verbreitet sind bedingte Ausdrücke. Diese sind unter anderem in Perl, PCRE und dem .Net-Framework einsetzbar. Python bietet für solche Ausdrücke im Zusammenhang mit look-around assertions nur eingeschränkte Funktionalität.
(?(Bedingung)wahr-Ausdruck|falsch-Ausdruck) |
Wenn der gegebene Ausdruck „Bedingung“ gefunden wird, kommt der „wahr-Ausdruck“ zur Anwendung. Wenn der Suchausdruck nicht gefunden werden kann, kommt der „falsch-Ausdruck“ zur Anwendung. |
Beispiel
- Mit dem Ausdruck
(\()?\d+(?(1)\))
werden Zeichenfolgen wie1
,(2)
,34
oder(567)
, aber nicht3)
gefunden.
Literatur
Reguläre Ausdrücke
- Jeffrey Friedl: Reguläre Ausdrücke. O’Reilly, ISBN 3-89721-720-1.
- Tony Stubblebine: Reguläre Ausdrücke – kurz und gut. O’Reilly, ISBN 3-89721-264-1.
- Mehran Habibi: Real World Regular Expressions with Java 1.4. Springer, ISBN 1-59059-107-0.
- Jan Goyvaerts, Steven Leviathan: Reguläre Ausdrücke Kochbuch. O’Reilly, ISBN 978-3-89721-957-1.
Reguläre Ausdrücke und natürliche Sprachen
- Kenneth R. Beesley, Lauri Karttunen: Finite-State Morphology. Distributed for the Center for the Study of Language and Information. 2003. 2003 Series: (CSLI-SCL) Studies in Computational Linguistics.
Reguläre Ausdrücke und Automatentheorie
- Jan Lunze: Ereignisdiskrete Systeme. Oldenbourg, 2006, ISBN 3-486-58071-X.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 15.06. 2023