Separabilität (Quantenmechanik)
In der Quantenmechanik bezeichnet man den Zustand eines zusammengesetzten Systems als separabel, wenn er nicht verschränkt ist, das heißt, wenn er sich als Gemisch aus Produktzuständen schreiben lässt.
Separabilität für reine Zustände
Der Einfachheit halber werden im Folgenden alle Räume als endlichdimensional angenommen. Zunächst betrachten wir reine Zustände.
Separabilität ist eine Eigenschaft zusammengesetzter Quantensysteme,
das heißt im einfachsten („bipartiten“) Fall, eines aus den Teilsystemen
1 und 2 bestehenden Gesamtsystems 12. Die
quantenmechanischen Zustandsräume der Teilsysteme seien die Hilberträume
und
mit den jeweiligen orthonormalen
Basisvektoren
und
.
Der Hilbertraum des zusammengesetzten Systems ist dann das Tensorprodukt
mit der Basis ,
oder in kompakterer Notation
.
Jeder Vektor in
(d.h., jeder reine Zustand des Systems 12) lässt sich schreiben als
.
Wenn sich ein reiner Zustand
in der Form
schreiben lässt (wobei
ein reiner Zustand des Teilsystems
ist), heißt er separabel oder Produktzustand. Andernfalls nennt
man den Zustand verschränkt.
Standardbeispiele für einen separablen und einen verschränkten Zustandsvektor in
sind
bzw.
wobei
wie üblich zu lesen ist als: „wird repräsentiert durch“.
Man sieht,
- dass man in einem reinen separablen Zustand jedem Teilsystem einen „eigenen“ Zustand zuweisen kann.
- dass sich jeder reine separable Zustand durch lokale
quantenmechanisch zulässige Operationen aus jedem anderen Zustand (z.B.
aus
) erzeugen lässt.
Beides ist in einem verschränkten Zustand nicht möglich. Passend verallgemeinert lässt sich diese Unterscheidung auch auf den Fall gemischter Zustände übertragen.
Die vorangehende Diskussion lässt sich ohne wesentliche Änderungen auf den Fall unendlichdimensionaler Systeme verallgemeinern.
Separabilität für gemischte Zustände
Nun betrachten wir den Fall gemischter Zustände. Ein gemischter Zustand des
zusammengesetzten Quantensystems 12 wird durch eine Dichtematrix
beschrieben, die auf dem Hilbertraum
wirkt.
ist separabel, wenn es
mit
und Zustände
auf
und
auf
gibt (die jeweils gemischte Zustände der Teilsysteme beschreiben), so dass
Andernfalls heißt
verschränkt.
Die physikalische Bedeutung dieser mathematischen Definition ist, dass sich
ein separabler Zustand als Gemisch von Produktzuständen
auffassen lässt.
- Dies impliziert zum einen, dass ein separabler Zustand nur klassische
Korrelationen zwischen den Teilsystemen beschreibt. (Denn ein
Produktzustand beschreibt unabhängige (unkorrelierte) Systeme und die
Korrelationen sind durch die klassische Wahrscheinlichkeitsverteilung
gegeben.)
- Zum anderen folgt, dass sich ein separabler Zustand mittels lokaler
quantenmechanisch erlaubter Operationen und klassischer Kommunikation aus
jedem anderen Zustand (z.B. aus
) erzeugen lässt. (Mittels klassischer Kommunikation wählen beide Parteien einen Index
gemäß der Wahrscheinlichkeitsverteilung
aus und erzeugen dann (was jeweils lokal möglich ist) den Produktzustand
.)
Es ist nach der obigen Definition klar, dass die separablen Zustände eine konvexe Menge bilden.
Wenn die Zustandsräume unendlichdimensional sind, werden Dichtematrizen durch positive Spurklasseoperatoren mit Spur 1 ersetzt. Ein Zustand heißt dann separabel, wenn er (in der Spurnorm) durch Zustände der obigen Form beliebig genau approximiert werden kann.
Separabilität für Vielparteien-Systeme
Die vorangehende Diskussion lässt sich leicht für aus vielen Teilsystemen
bestehende Quantensysteme verallgemeinern. Wenn das System aus
Teilsystemen mit System-Hilbertraum
besteht, dann ist ein reiner Zustand auf
genau dann separabel (genauer: vollständig separabel), wenn er von der Form
ist. Analog ist ein gemischter Zustand
auf
separabel, wenn er sich als konvexe Summe von Produktzuständen schreiben lässt:
.
Separabilitätskriterien
Ein reiner Zustand
auf
ist genau dann separabel, wenn die Entropie
der reduzierten
Zustände verschwindet, das heißt, wenn
oder
ist (beide Gleichungen sind über die Schmidt-Zerlegung
äquivalent).
Die Frage, ob ein gegebener gemischter Zustand
separabel ist (Separabilitätsproblem), ist im Allgemeinen schwer zu
beantworten (NP-Schwere).
Die Unterscheidung von separablen und verschränkten Zuständen ist in der
Quanteninformationstheorie von großem Interesse, da nur verschränkte Zustände
Quantenkorrelationen aufweisen und eine wichtige Ressource darstellen, die
Verfahren wie Quantenteleportation
ermöglicht.
Ein Separabilitätskriterium ist eine (leicht überprüfbare) Bedingung,
die jeder separable Zustand erfüllt (notwendige Bedingung für Separabilität).
Die Verletzung einer solchen Bedingung ist dann hinreichend für den Nachweis von
Verschränkung. Beispiele für solche Kriterien sind die Erfüllung der Bellschen
Ungleichung oder das Peres-Horodecki-Kriterium,
das besagt, dass die Dichtematrix eines separablen Zustands unter partieller
Transposition[1]
positiv bleibt. Allgemeiner lässt sich formulieren, dass die Dichtematrix eines
separablen Zustands unter Anwendung jeder positiven
Abbildung
in einem der Teilsysteme positiv bleiben muss:
.
Im Allgemeinen (d.h. für nicht notwendig separable Zustände) gilt dies
nur für vollständig
positive Abbildungen .
Die Gültigkeit der obigen Ungleichung für alle positiven Abbildungen
ist notwendig und hinreichend für Separabilität.
Andere Separabilitätskriterien ergeben sich aus den sogenannten Verschränktheitszeugen (entanglement witnesses) oder aus Verschränktheitsmaßen.
Anmerkungen
- ↑
Als partielle Transposition einer Matrix
auf
bezeichnet man die Matrix, bei der die Transposition nur bezüglich eines der beiden Teilsysteme
gebildet wird. Seien
und
Orthonormalbasen von
bzw.
und seien
die Matrixelemente in der Basis
, dann gilt für die bezüglich
partiell transponierte Matrix
, dass
. Die lineare Abbildung
wird oft auch als partielle Transposition bezeichnet.
ist ein Beispiel für einen „positive, aber nicht vollständig positive“ Abbildung. (vgl. z.B. Horodecki et al. Phys. Lett. A 223, 1 (1996))
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.07. 2021