Fokker-Planck-Gleichung
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Die Fokker-Planck-Gleichung (FPG, nach Adriaan Daniël
Fokker (1887–1972) und Max
Planck (1858–1947)) ist eine partielle
Differentialgleichung. Sie beschreibt die zeitliche
Entwicklung einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion
unter der Wirkung von Drift
und Diffusion
.
In ihrer eindimensionalen
Form lautet die Gleichung:
In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist diese Gleichung auch bekannt als Kolmogorov-Vorwärtsgleichung und in diesem Fall nach dem Mathematiker Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow benannt. Sie ist eine lineare parabolische partielle Differentialgleichung, die sich nur für einige Spezialfälle (einfache Körpergeometrie; Linearität der Randbedingungen, des Drift- und des Diffusionskoeffizienten) analytisch exakt lösen lässt.
Für verschwindende Drift
und konstante Diffusion
geht die FPG in die Diffusions-
(oder auch Wärmeleitungs-) Gleichung über.
In
Dimensionen lautet die Fokker-Planck-Gleichung
Von der Smoluchowski-Gleichung
spricht man, wenn
die Positionen der Teilchen im System beschreibt.
Für Markovsche Prozesse geht die FPG aus der Kramers-Moyal-Entwicklung hervor, die nach der zweiten Ordnung abgebrochen wird.
Von großer Bedeutung ist die äquivalente Beschreibung von Problemen durch Langevin-Gleichungen, die im Vergleich zur FPG die mikroskopische Dynamik stochastischer Systeme beschreiben und – im Gegensatz zur FPG – im Allgemeinen nichtlinear sind.
Herleitung
Die FPG lässt sich aus der kontinuierlichen Chapman-Kolmogorow-Gleichung,
einer allgemeineren Gleichung für die Zeitentwicklung von Wahrscheinlichkeiten
bei Markow-Prozessen,
herleiten, falls
eine kontinuierliche Variable ist und die Sprünge in
klein sind. In diesem Fall ist eine Taylor-Entwicklung
(in diesem Fall wird sie auch als Kramers-Moyal-Entwicklung bezeichnet) der
Chapman-Kolmogorow-Gleichung
möglich und ergibt die FPG. Dabei ist
die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zustand von
übergeht zum Zustand
.
Man kann die Entwicklung auch direkt von der Mastergleichung
starten, dann ist die Taylorentwicklung nach der Zeit nicht mehr nötig.
Unter der Annahme, dass die Übergangswahrscheinlichkeit
bei großen Abständen
klein ist (eben nur kleine Sprünge stattfinden) kann man folgende
Taylor-Entwicklung verwenden (unter Benutzung der Summenkonvention):
Durch Ausführen der Integration (da
nicht von
abhängt kann es aus den Integralen herausgezogen werden) erhält man dann
mit
Stationäre Lösung
Die stationäre Lösung
der eindimensionalen FPG, d.h.
für alle
,
ist gegeben durch
wobei die Normierungskonstante
mit Hilfe der Bedingung
bestimmt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass das Integral für den unteren
Rand
verschwindet.
Im Fall höherer Dimensionen lässt sich im Allgemeinen keine stationäre Lösung mehr finden; hier ist man auf verschiedene Näherungsverfahren angewiesen.
Zusammenhang mit stochastischen Differentialgleichungen
Sei für die Funktionen
und
.
Dann ist die stochastische
Differentialgleichung für den Ito-Prozess
(in der Ito-Interpretation)
gegeben durch
,
wobei
einen
-dimensionalen
Wiener-Prozess
(Brownsche
Bewegung) bezeichnet. Dann erfüllt die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion
der Zufallsvariablen
eine FPG, bei der Drift- bzw. Diffusionskoeffizienten gegeben sind durch
und
.
Fokker-Planck-Gleichung und Pfadintegral
Jede Fokker-Planck-Gleichung ist äquivalent zu einem Pfadintegral. Dies folgt
z.B. daraus, dass die allgemeine Fokker-Planck-Gleichung für
Variablen
dieselbe Struktur wie die Schrödingergleichung
hat. Der Fokker-Planck-Operator
entspricht dem Hamilton-Operator, die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion
entspricht der Wellenfunktion.
Das zur Fokker-Planck-Gleichung äquivalente Pfadintegral lautet entsprechend
(siehe Pfadintegral)
wobei
ein konstanter Normierungsfaktor ist. Pfadintegrale dieser Art sind in der
kritischen Dynamik Ausgangspunkt für Störungsrechnung und
Renormierungsgruppe.
Die Variablen
stehen dabei z.B. für die Fourierkomponenten des Ordnungsparameters. Die
Variablen
heißen Responsevariablen.
Die Lagrange-Funktion
enthält die Responsevariablen nur in quadratischer Form. Im Unterschied zur
Quantenmechanik ist es hier jedoch nicht zweckmäßig, die
-Integrationen
auszuführen.
Fokker-Planck-Gleichung in der Plasmaphysik
Die Fokker-Planck-Gleichung ist in der -->Plasmaphysik vor allem deshalb von Bedeutung, da der Stoßterm der Boltzmann-Gleichung für Plasmen als Fokker-Planck-Term geschrieben werden kann. Der Grund hierfür ist, dass die Bewegung der Teilchen im Plasma von den vielen Stößen mit weit entfernten Partnern dominiert wird, welche nur kleine Änderungen der Geschwindigkeit bewirken (Drift, Diffusion); starke Stöße mit nahen Teilchen sind dagegen vergleichsweise selten und deshalb oft vernachlässigbar.
Die Gleichung wird auch als Landau-Gleichung bezeichnet, da sie erstmals von Lew Dawidowitsch Landau aufgestellt wurde, allerdings nicht in ihrer Fokker-Planck-Form, die im Folgenden beschrieben wird.
In der Landau-Gleichung gibt die Einteilchen-Verteilungsdichte
im Geschwindigkeitsraum für Teilchen vom Typ ,
an, wie viele Teilchen es bei einer bestimmten Geschwindigkeit
gibt. In einem Plasma, auf das keine äußeren Kräfte wirken, kann die Änderung
der Verteilungsdichte durch Kollisionen mit Teilchen vom Typ
näherungsweise beschrieben werden durch die Gleichung:
mit
und
Dabei ist
der Coulomb-Logarithmus: Je größer sein Wert, umso stärker die Dominanz vieler leichter Kollisionen, und umso besser die Gültigkeit der Landau-Fokker-Planck-Gleichung
und
die elektrischen Ladungen der Teilchensorten
ihre Masse.
Da die Teilchen im Plasma auch mit Teilchen der gleichen Spezies kollidieren, ist die Gleichung normalerweise nichtlinear.
Diese Gleichung erhält die Teilchenzahl, den Impuls und die Energie. Außerdem erfüllt sie das H-Theorem, d.h. Stöße führen zu einer Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung.
Siehe auch
Literatur
- Hartmut Haug: Statistische Physik. Gleichgewichtstheorie und Kinetik. 2. neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-25629-6 (Springer-Lehrbuch).
- K.-H. Spatschek: Theoretische Plasmaphysik. Eine Einführung. Teubner, Stuttgart 1990, ISBN 3-519-03041-1.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 19.10. 2023