Syphilis

Klassifikation nach ICD-10
A50 Syphilis connata
A51 Frühsyphilis
A52 Spätsyphilis
A53 Sonstige und nicht näher bezeichnete Syphilis
ICD-10 online

Syphilis (auch Lues, Lues venerea, harter Schanker oder Franzosenkrankheit (maladie française) genannt) ist eine Infektionskrankheit, die zur Gruppe der sexuell übertragbaren Erkrankungen gehört. Der Erreger der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum spp. pallidum. Die Syphilis wird hauptsächlich bei sexuellen Handlungen durch Schleimhautkontakt und ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. Während der Schwangerschaft und bei der Geburt kann eine erkrankte Mutter ihr Kind infizieren (Syphilis connata).

Das Erscheinungsbild der Krankheit ist vielfältig. Typisch ist ein Beginn mit schmerzlosen Schleimhautgeschwüren und Lymphknotenschwellungen. Bei einem Teil der Infizierten kommt es zu einem chronischen Verlauf, der durch vielfältigen Haut- und Organbefall gekennzeichnet ist. Im Endstadium kommt es zur Zerstörung des zentralen Nervensystems. Die Diagnose wird hauptsächlich durch den Nachweis von Antikörpern erstellt. Die Syphilis ist durch die Gabe von Antibiotika, unter anderem Penicillin, heilbar. Die Entdeckung und die spätere Verfügbarkeit von Antibiotika in ausreichenden Mengen führte zu einem deutlichen Rückgang der Syphilis im 20. Jahrhundert.

Seit den 1990er Jahren ist jedoch wieder ein Anstieg der erkannten Erkrankungen feststellbar. 2011 wurden in Deutschland 3.698 Neuerkrankungen erkannt (93,6 Prozent Männer, 6,4 Prozent Frauen); das waren fast 22 Prozent mehr als 2010. Die Zahlen stammen aus der statistischen Erhebung des Robert Koch-Instituts (RKI).

Der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers Treponema pallidum ist in Deutschland nichtnamentlich nach dem Infektionsschutzgesetz zu melden. Eine Meldepflicht besteht auch in der Schweiz und in Österreich.

Syphilidologie ist die Lehre von den syphilitischen Krankheiten.

Albrecht Dürer: Darstellung eines Syphilitikers (1496)

Etymologie

Das Wort Syphilis findet sich erstmals 1530 im Titel eines Gedichtes des veronesischen Arztes Girolamo Fracastoro (1483-1553), mit dem Namen Syphilis, sive Morbus Gallicus (Syphilis, oder die französische Krankheit). Darin wird die Geschichte des Schafhirten Syphilus erzählt, der wegen Gotteslästerung mit einer neuen Krankheit, der Syphilis, bestraft wurde. Der Name Syphilus ist die latinisierte Form des altgriechischen Namens Σύφιλος (Sýphilos), welcher mit "Schweine liebend" übersetzt werden kann (σῦς (sŷs) ,Schwein‘, φιλεῖν (philéin) ,lieben‘). Den Namen Syphilus hat Fracastoro vermutlich der antiken Mythologie entlehnt. Bei Ovid heißt der zweite Sohn der Niobe Sipylus. Weshalb er diesen Namen auswählte, ist unbekannt.

Das lateinische Wort luēs bedeutet "Seuche", "Unheil"; venereus entstammt dem humanistischen Latein, leitet sich von venus "Liebeslust, Liebesgenuss" her und bedeutet "den Geschlechtsverkehr betreffend".

Daneben sind aus der Geschichte mehrere hundert andere Namen für die Syphilis überliefert. Diese bezogen sich auf das äußere Erscheinungsbild (Morbus pustulatus), auf abgefallene Körperteile, auf Heilige (Hiob, Rochus und andere), auf vermeintliche Ursachen (Lues venera, Lues aphrodisiaca) oder auf das vermeintliche Herkunftsland. So ist die Syphilis in verschiedenen europäischen Sprachen unter anderem als neapolitanische, italienische, französische, spanische, kastilische, englische, schottische oder polnische Krankheit benannt worden, je nachdem, aus welchem Land die Erkrankung in den jeweiligen Sprachkreis vermeintlich eingeschleppt worden ist.

Erreger

Treponema pallidum (Elektronenmikroskopische Aufnahme)

Treponema pallidum subspecies pallidum ist ein gramnegatives Bakterium der Gattung Treponema in der Familie der Spirochaetaceae. Treponema pallidum ist spiralig gewunden. Im Dunkelfeldmikroskop, das auch zum Nachweis dient, zeigt es Rotationen um die Längsachse und Beugebewegungen, jedoch keine selbstständige Fortbewegung. Die Replikationszeit beträgt etwa 36 Stunden.

Der einzige Reservoirwirt ist der Mensch, für den es obligat pathogen ist, d.h. auch gesunde immunkompetente Menschen erkranken. T. pallidum überlebt außerhalb des Körpers nur kurze Zeit, reduzierte Sauerstoffkonzentration verlängert das Überleben (mikroaerophiles Bakterium). Eine in vitro-Kultur von Treponema pallidum ist nicht möglich, da es Nährstoffe aus dem menschlichen Organismus benötigt, die es nicht selbst produzieren kann. Lediglich in Kaninchenhoden gelingt eine Anzucht.

Neben Treponema pallidum umfasst die Gattung Treponema weitere für den Menschen pathogene (schädliche) Erreger: T. pallidum ssp. endemicum verursacht in Afrika und im mittleren Osten die endemische Krankheit Bejel, auch nicht-venerische oder extragenitale Syphilis genannt (s. u.). T. pallidum ssp. pertenue verursacht in Afrika, Asien und Lateinamerika die Frambösie, eine langwierige Infektionskrankheit, die mit Haut- und Knochenveränderungen (-manifestationen) einhergeht. Treponema carateum verursacht in Zentral- und Südamerika die Pinta. Diese ist eine Hauterkrankung mit rezidivierenden hyperpigmentierten Läsionen vorwiegend an Armen und Beinen, die narbig verheilen. T. vincentii kann im Rahmen einer Mischinfektion eine Plaut-Vincent-Angina verursachen.

Nichtpathogene Treponema-Arten sind T. denticola, T. minutum, T. refringens und T. phagedenis, die in der normalen Standortflora des Mundes, Verdauungstraktes sowie der Geschlechtsorgane zu finden sind. Bei einem mikroskopischen Erregernachweis können sie zu einer Verwechslung beitragen.

Übertragung

Treponema pallidum wird in der Regel über direkte sexuelle Kontakte übertragen. Es dringt dabei durch kleinste Läsionen der vaginalen, oralen oder analen Schleimhaut oder Haut in den Körper ein. Der Erreger kann auch über Verletzungen und Hautkontakt übertragen werden. Besonders die austretende Flüssigkeit aus den hochinfektiösen Geschwüren ist bei direktem Hautkontakt äußerst ansteckend. Während die Syphilis in den Stadien I und II (siehe unten: Stadien) ansteckend bis hochansteckend ist, ist die Infektiosität in den späteren Stadien wesentlich geringer.

Ein weiterer bedeutsamer Übertragungsweg ist die diaplazentare Übertragung, das heißt der Übertritt der Bakterien über die Plazenta auf das ungeborene Kind (Fötus). Die diaplazentare Übertragung ist ab dem vierten Schwangerschaftsmonat bis einschließlich der Geburt möglich und kann zu Abort, intrauterinem Fruchttod, Totgeburt oder einer Schädigung des Kindes führen. In Deutschland werden durch die im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Untersuchungen nahezu alle unbehandelten Syphilisfälle bei Schwangeren entdeckt und die Übertragung verhindert.

Infektionen durch nicht sterile Akupunkturnadeln, Injektionskanülen oder Bluttransfusionen spielen, unter anderem durch das Tragen von Handschuhen und die Testung aller Blutspender, eine untergeordnete Rolle. Die in den Stadien I und II auftretenden hochinfektiösen Geschwüre und Papeln können aber gegebenenfalls zu einer Ansteckung ohne sexuelle Kontakte führen.

Die in den letzten Jahren zunehmende Ansteckungsrate unter homosexuellen Männern ist auf Änderungen des sexuellen Risikoverhaltens zurückzuführen. Entscheidende Faktoren sind dabei ein zunehmender Verzicht auf Kondome und der Anstieg riskanter sexueller Kontakte mit wechselnden Partnern. Dazu kommen vermeintlich sichere Sexualpraktiken, die das HIV-Übertragungsrisiko senken (Oralverkehr ohne Ejakulation, oral-anale Kontakte), jedoch eine Übertragung bakterieller Erreger der Syphilis, Gonorrhoe und anderen weiter ermöglichen.

Epidemiologie

Anzahl gemeldeter Syphilis-Fälle in Deutschland (1971 - 2011)

Die Jahresinzidenzratio (Erkrankungswahrscheinlichkeit in einem Jahr) beträgt in Deutschland 0,00004, in Europa und den USA unter 0,0003, weltweit 0,00184.

Die Syphilis ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit. Die WHO schätzt die Zahl der Neuerkrankungen auf etwa zwölf Millionen Fälle jährlich. Nach der Entwicklung des Penicillins gingen die Erkrankungszahlen im Verlauf des 20. Jahrhunderts deutlich zurück, was durch Behandlungsprogramme der WHO in stark betroffenen Regionen seit den 1950er Jahren gefördert wurde. Seit Ende der 1990er Jahre steigt die Inzidenz wieder deutlich an, 1999 traten weltweit etwa 12 Mio. Neuinfektionen auf, davon über 90 % in Entwicklungsländern.

In Industrieländern liegen die Schwerpunkte in den Großstädten, insbesondere homosexuelle Männer sind betroffen. 84 Prozent aller Angaben zu dem wahrscheinlichen Infektionsweg (angegeben bei 71,5 % der 3.698 Fälle 2011) entfielen auf solche Sexualkontakte. Der Anteil der Männer unter den Betroffenen ist von 60 % in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf über 85 % angestiegen. Die Anzahl der Fälle bei Frauen und heterosexuell infizierten Männer ist hingegen stabil geblieben. In Deutschland erreichte die Syphilis 2004 ein vorläufiges Maximum mit einer absoluten Fallzahl von 3352 und einer Inzidenz von 4,1 Fällen je 100.000 Einwohnern. Insgesamt hat die Syphilis eine in Mittel- und Westeuropa vergleichsweise große Häufigkeit erreicht. Mit dem erneuten Anstieg seit den 1990er Jahren tritt sie nicht selten als Koinfektion bei HIV-Infizierten in Erscheinung. In anderen Industrieländern ist die Situation vergleichbar.

Die Rate der konnatalen Infektionen ist sehr gering und liegt bei einigen wenigen Fällen im Jahr.

Klinisches Bild

Stadienhafter Verlauf

Primärstadium, Lues I

Harter Schanker an der Unterseite des Penis
Schanker am Penisschaft aufgrund einer Treponema pallidum-Infektion (primäres Stadium der Syphilis)

Drei bis vier Wochen nach der Ansteckung erscheint an der Stelle, an der die Bakterien in die Haut oder Schleimhaut eingedrungen sind, ein schmerzloses oder schmerzarmes Geschwür, dessen Randbereich verhärtet ist. Deshalb wird das Geschwür auch als harter Schanker (Ulcus durum) bezeichnet. Es handelt sich zunächst also um eine Lokalinfektion. Dieser Primäraffekt entsteht bei vaginalem Geschlechtsverkehr am Penis, an den Schamlippen oder in der Vagina. Bei Oralverkehr findet man es auch im Mund oder Rachen und bei Analverkehr im Enddarm. Das Geschwür ist gerötet und sondert eine farblose Flüssigkeit ab. Diese enthält viele Erreger, ist also äußerst ansteckend. Ein bis zwei Wochen später schwellen die benachbarten Lymphknoten an. Von diesem Zeitpunkt an kann die Krankheit mit dem TPHA-Test nachgewiesen werden. Auch unbehandelt heilen die Geschwüre von selbst nach ca. 4-6 Wochen ab, weshalb die Erkrankung oft ignoriert oder nicht erkannt wird.

Sekundärstadium, Lues II

Condylomata lata der Vulva

Acht Wochen nach der Ansteckung kommt es oft zu grippeartigen Beschwerden wie Fieber, Abgeschlagenheit oder Kopf- und Gliederschmerzen. Die Lymphknoten am ganzen Körper sind geschwollen. Die Erkrankung ist nun in ein generalisiertes Stadium übergegangen. Nach zehn Wochen erscheint bei den meisten Erkrankten ein Hautausschlag (Exanthem). Zunächst sind es nur schwachrosa gefärbte Flecken, die sich in kupferfarbene Knötchen (Papeln) verwandeln. Breite Papeln, die besonders in Hautfalten auftreten, nennt man Condylomata lata. Wenn diese aufgehen und nässen, ist die austretende Flüssigkeit hoch infektiös. Seltener treten auch Schleimhautveränderungen im Mund und an den Genitalien auf. Manchen Patienten fallen die Haare aus. Alle Hauterscheinungen (Syphilide) heilen nach ungefähr vier Monaten ab, so dass manche Patienten von ihrer Infektion wenig bemerken. Unbehandelt kommen sie innerhalb verschiedener Zeitabstände wieder. Typischerweise tritt bei allen Hauterscheinungen der Syphilis wenig bis kein Juckreiz auf.

Für viele Erkrankte kann die Syphilis in der folgenden Latenzzeit zu einem Stillstand kommen, die Erreger sind jedoch noch im Körper des Betroffenen. So kann sich nach Monaten oder Jahren eine Spätsyphilis entwickeln. Der Infizierte ist ansteckend, auch wenn diese Gefahr sinkt, je länger der Patient beschwerdefrei bleibt.

Tertiärstadium, Lues III

Drei bis fünf Jahre später sind nicht nur Eintrittspforte, Lymphknoten und Haut befallen. Die Erreger haben sich im ganzen Körper ausgebreitet und auch innere Organe wie Blutwege, Luftwege, Rachen, Speiseröhre, Magen, Leber, Knochen und Muskeln befallen. Es bilden sich Knoten, die oft gummiartig verhärtet sind (Gummen, in der Einzahl Gumma). Auf der Haut bilden sie mitunter große Geschwüre, am Gaumen entsteht unter Umständen eine Perforation zur Nasenhöhle. Besonders gefährlich ist ein syphilitischer Knoten an der Hauptschlagader (Aorta), verursacht von einer Entzündung in der mittleren und äußeren Wandschicht derselben (Mesaortitis luetica). Etwa 30 Jahre nach der Infektion kann ein solcher Knoten als Spätkomplikation zu einer leicht aufreißbaren Aussackung der Aorta (Aortenaneurysma) führen. Sollte diese Ausbuchtung reißen, verblutet der Betroffene innerlich.

Gumma auf dem Nasenrücken (tertiäres Stadium der Syphilis)

Neurolues, Lues IV

Die Entmarkung des Rückenmarks bei Tabes dorsalis in einem Myelin-gefärbten Präparat

Während die bei etwa 20 % der Betroffenen zehn bis zwanzig Jahre nach Beginn der Erkrankung auftretenden schweren neurologischen Störungen ursprünglich dem Tertiärstadium zugeordnet wurden, spricht die neuere Literatur auch von einem eigenständigen Quartärstadium (Lues IV). Ein Viertel der unbehandelten Patienten erkranken an chronischer Hirnentzündung (Syphilis cerebrospinalis), die zu Demenz führt. Zum Teil wird auch von einer erheblichen kurzzeitigen Steigerung der kognitiven mentalen Fähigkeiten der Infizierten berichtet. Die Progressive Paralyse des Neurolues äußert sich durch den zunehmenden Abbau der intellektuellen Fähigkeiten, eine Ataxie und Sprachstörungen. Weiter werden das Rückenmark und seine austretenden Nerven so geschädigt, dass die Patienten zunächst Schmerzen haben, dann Schmerz und Temperatur nicht mehr wahrnehmen (Tabes dorsalis). Das Gehen und die Kontrolle über Blase und Darm sind gestört. Am Ende sind die Patienten gelähmt. Es kann auch zu einer Beteiligung des Sehnerven mit folgender Sehverschlechterung bis zur Erblindung kommen. Weiterhin treten Kreislauf-, Knochen- und Gelenkschäden (Charcot-Gelenke) auf. Dieser Verlauf wird in den westlichen Ländern dank ausreichender Therapie mit Antibiotika nur noch selten beobachtet. Außergewöhnliche sensitive oder psychische Veränderungen in dieser Phase wurden vielerorts beschrieben, aber nie systematisiert, so die übermäßige Steigerung der Libido und verschiedene Arten von Wahrnehmungsveränderungen.

Angeborene Syphilis (Lues connata)

Die Treponemen sind etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche plazentagängig, können also die natürliche Barriere zwischen mütterlichem und kindlichem Kreislauf überwinden und den Fötus infizieren. Als Folge hiervon kann es entweder zur Fehl- oder Frühgeburt kommen, oder aber das Kind kommt mit einer angeborenen Syphilis, der Lues connata, zur Welt.

Wird diese vor dem zweiten Lebensjahr symptomatisch, so spricht man von der Lues connata praecox (vorzeitige angeborene Lues). Kennzeichen sind meist ein makulopapulöses Exanthem (fleckiger; an den Haaransätzen durch kleine Knötchen gekennzeichneter Ausschlag), plattenförmige Hautveränderungen, Schwellung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie) und ein teils blutiger Schnupfen.

Bei Symptomen nach dem zweiten Lebensjahr spricht man dagegen von der Lues connata tarda, die mit der klassischen Hutchinson-Trias einhergeht: Hornhautentzündung (Keratitis), Innenohrschwerhörigkeit und tonnenförmige Schneidezähne. Zusätzlich kann eine sog. Sattelnase auftreten.

Extragenitale Syphilis

Die extragenitale oder Endemische Syphilis wird durch Treponema pallidum ssp. endemicum verursacht (s. o.). Sie kommt in Afrika und im mittleren Osten vor, wo sie Bejel genannt wird. Im Gegensatz zu Treponema Pallidum wird sie auch durch Gegenstände des täglichen Gebrauchs übertragen, die Eintrittspforte ist oft die Mundschleimhaut. Die Haut- und Schleimhautsymptome sind praktisch nicht von der venerischen Syphilis zu unterscheiden, allerdings sind Organe nur selten betroffen. Die serologischen Syphilis-Tests fallen positiv aus. Die Behandlung besteht wie bei der venerischen Syphilis in der Gabe von Benzylpenicillin.

Diagnostik

Treponema pallidum in der Dunkelfeldmikroskopie, gefärbt mittels Immunfluoreszenz-Technik

Neben der Beobachtung der typischen Symptome (Anamnese und klinische Untersuchung) existieren verschiedene direkte und indirekte Nachweismethoden der Syphilis-Infektion. Der direkte Erregernachweis geschieht durch Dunkelfeldmikroskopie oder Silberfärbung von Sekreten. Sehr empfindlich ist der Immunfluoreszenz-Test. In Einzelfällen ist ebenfalls ein PCR-Nachweis möglich, nicht hingegen die Anzucht des Erregers. Bei unbekanntem Infektionszeitpunkt muss der Liquor cerebrospinalis auf eine mögliche Neurolues untersucht werden (Lumbalpunktion). Die indirekten Verfahren, die in aller Regel zur Diagnosestellung eingesetzt werden, beruhen auf dem serologischen Nachweis von Syphilis-Antikörpern im Patientenblut:

Der TPHA (Treponema-pallidum-Hämagglutinations-Assay) ist ein Screening-Test (Suchtest) auf den Syphilis-Erreger: Blutserum des Patienten wird in Verdünnungsreihen mit Treponema-markierten Schafsblutkörperchen zusammengebracht; sind Antikörper gegen den Erreger vorhanden, verklumpt das Blut. Eine Variante dieses Tests, bei der statt Schafsblutkörperchen Latexpartikel verwendet werden, bezeichnet man als TPPA (Treponema pallidum Partikelagglutinationstest). Der TPHA-Test ist frühestens vier bis sechs Wochen nach der Infektion positiv.

Der FTA-Abs-Test (Treponema-pallidum-Antikörper-Fluoreszenztest) ist ein Bestätigungstest bei positivem TPHA: Das Serum wird mit sogenannten Reiter-Spirochäten (apathogene Treponemen) zusammengebracht. Dabei werden kreuzreagierende Antikörper, die zu einem falschen positiven Ergebnis führen, entfernt. Daher kommt das ABS im Namen des Tests: die "falschen" (kreuzreagierenden) Antikörper werden absorbiert. Im nächsten Schritt wird eine Glasplatte, die mit abgetöteten Treponemen beschichtet ist, mit dem "absorbierten" Serum des Patienten zusammengebracht. Die Bindung der Antikörper aus dem Patientenserum an die Treponemen auf der Glasplatte wird dann mit einem farblich markierten Antikörper in der Fluoreszenzmikroskopie sichtbar gemacht. Eine Variante dieses Tests, bei der nur Immunglobulin M-Antikörper nachgewiesen werden, bezeichnet man als FTA-ABS-19S-IgM.

Der VDRL-Test (Venereal Disease Research Laboratory) dient als Test zur Verlaufskontrolle, Aktivitätsbeurteilung und Einschätzung der Behandlungsbedürftigkeit: In diesem Test werden Antikörper gegen Cardiolipin nachgewiesen, die nicht spezifisch für die Syphilis sind, sondern auch bei anderen Erkrankungen vorkommen (insb. Antiphospholipid-Syndrom). Er wird auch als CMT (Cardiolipin-Mikroflockungstest) bezeichnet.

Therapie

Syphilis ist eine gefährliche Krankheit, kann aber geheilt werden. Poster der US-amerikanischen Regierung zur Bekämpfung der Syphilis aus den 1930er Jahren.

Da Treponema pallidum auch nach 60 Jahren keine Resistenzen gegen Penicilline ausgebildet hat, sind sie Mittel der Wahl zu Behandlung der Syphilis in allen Krankheitsstadien, insbesondere Penicillin G. Da sich die Treponemen langsam replizieren, ist eine Behandlungsdauer von mindestens 10-14 Tagen, in späten Stadien und bei Neurolues von 14-21 Tagen, notwendig. Im Primär-/Sekundärstadium ist alternativ auch eine einmalige höherdosierte Gabe möglich. Während in den frühen Stadien eine intramuskuläre Injektion ausreichend ist, kann bei einer Neurolues auf diese Weise kein ausreichender Wirkspiegel im Gehirn aufgebaut werden. In diesen Fällen ist darum im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes eine intravenöse Gabe über drei Wochen notwendig. Penicilline sind auch zur Therapie der Lues connata und Erkrankungen während einer Schwangerschaft sowie bei HIV-Infektion angezeigt.

Bei Allergien wird auf andere Antibiotika wie Tetrazykline, Makrolide oder Cephalosporine zurückgegriffen. Die Auswahl erfolgt je nach Krankheitsstadium und Begleitumständen. Beim Einsatz von Cephalosporinen muss mit Kreuzallergien in etwa 5-10 % der Fälle gerechnet werden.

Eine Nebenwirkung der Antibiotikatherapie der Syphilis ist die Jarisch-Herxheimer-Reaktion, welche insbesondere bei älteren Patienten oder länger bestehender Syhpilis auftritt, meist in frühen Stadien, nur selten bei einer Neurolues. Dabei führt das Zerfallen der Treponemen beim Vorhandensein zahlreicher Erreger zum Freiwerden von Toxinen. Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hypotonie können die Folge sein, meist 2-8 Stunden nach Therapiebeginn. Die Jarisch-Herxheimer-Reaktion kann mit Kortison-Derivaten behandelt werden. Auch eine Prophylaxe ist so möglich.

Bei Therapieerfolg zeigt sich ein deutlicher Titerabfall der Antikörper. Therapiekontrollen sollten initial vierteljährlich, später jährlich mittels VDRL- und TPHA-Test erfolgen, bei Befall des Gehirns auch mittels Liquordiagnostik. In der Schwangerschaft werden monatliche Kontrollen empfohlen.

Prävention

Durch die Anwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr kann die Übertragungswahrscheinlichkeit der Syphilis und anderer Geschlechtskrankheiten wesentlich verringert werden. Durch die gleichen Ansteckungswege tritt eine Syphilis-Erkrankung oft gemeinsam mit einer HIV-Infektion auf, es sollten also bei Vorliegen einer sexuell übertragbaren Erkrankung immer andere mit geprüft und ausgeschlossen werden.

Auch eine Übertragung der Syphilis beim Oralverkehr ist möglich.

Insbesondere Menschen, die Sex mit wechselnden Partnern haben, sollten regelmäßig ihr Blut auf Syphiliserreger untersuchen lassen, da in Deutschland die Anzahl der Syphilisfälle seit dem Jahr 2004 deutlich ansteigt.

Geschichte

Joseph Grünpeck: Das Christuskind straft die Menschheit mit Syphilis (Holzschnitt 1496)

Erregerursprungszuschreibung in früher Neuzeit

Ab dem Jahr 1493 fielen in spanischen Hafenstädten Fälle einer damals als neuartig erscheinenden Erkrankung auf. Der spanische Arzt Ruy Diaz de Islas (1467-1542) wollte die ersten Fälle unter der Mannschaft der zweiten Reise des Kolumbus ausgemacht haben. Die Erkrankung verbreitete sich rasch in den Hafenstädten des westlichen Mittelmeeres, so auch in Neapel. 1494 brach der französische König Karl VIII. mit einem zusammengewürfelten mehrheitlich aus Söldnern bestehenden Heer nach Italien auf, um seine Erbansprüche auf das Königreich Neapel durchzusetzen. Nach einer kurzen Belagerung wurde Neapel am 22. Februar 1495 eingenommen. Bereits im Frühsommer 1495 gab Karl VIII. Neapel jedoch wieder auf, da er eine Einkesselung durch seine Gegner befürchten musste. Während der Besatzung Neapels war es zu einem ersten größeren Syphilisausbruch unter den Truppen Karls gekommen, der sich nach dem Rückzug auf Mittel- und Norditalien sowie die Herkunftsländer der Söldnertruppen ausweitete. Bemerkenswert war die hohe Virulenz des Erregers. In der Folge des Syphilisausbruches von Neapel überzog innerhalb von fünfzig Jahren eine Syphilis-Epidemie die alte Welt, die sich dann aber infolge eines Virulenzverlustes deutlich abschwächte und sich auf unterschiedlich hohem Niveau bis in die heutigen Tage fortsetzt.

Der erste gedruckte medizinische Text datiert von 1495. Die ersten zehn Traktate zur Syphilis stammen noch aus den letzten fünf Jahren des 15. Jahrhunderts. Druckorte waren die ersten Ausbreitungsgebiete der neuen Seuche: Italien, Deutschland und Spanien. Das erste französische Traktat folgte 1501.

Titelblatt des Buches von Bartholomäus Steber (Wien 1498)

Konrad Schelligs Consilium 1495 oder 1496 stand am Anfang. Es folgten Grünpecks Tractatus de pestilentia scorra von 1496. Der bedeutende Humanist, Grammatiker und Arzt Niccolò Leoniceno aus Vicenza ging ab 1495 in seinen Vorlesungen an der Universität Ferrara auf die Epidemie ein. 1497 veröffentlichte er bei Aldus in Venedig die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Krankheit, die er als Morbus gallicum bezeichnete: De epidemia quam Itali morbum Gallicum, Galli vero Neapolitanum vocant, libellus. Leoniceno versuchte im Gegensatz zu Grünpeck die Ätiologie der Erkrankung mit rationalen Mitteln zu erklären. Er verwies auf die Beschreibung ulcerierender Erkrankungen des Penis durch antike Autoren und kam schon damals zum Schluss, dass es sich demnach um eine sehr alte Erkrankung handele. Leoniceno empfahl eine topische Anwendung von Quecksilbersalzen, da er von einer Erkrankung der Haut ausging. Die Empfehlung zur Quecksilberanwendung bei Hauterkrankungen wurde von ihm aus arabischen Quellen übernommen. Noch 1497 erschienen des schwäbischen Leibarztes Johannes Widmanns Tractatus de pustulis und Corradino Gilonis De morbo quem Gallicum nuncupant. 1498 folgten Bartholomäus Stebers A malafranzos, morbo Gallorum, praeservatio et cura, Natale Montesauros De dispositionibus, quas vulgares mal franzoso appellant, Antonio Scanarolis Disputatio utilis de morbo Gallico und des spanischen Hofarztes Francisco Lopez de Villalobos umfangreiche Monographie Somario de la medicina con un tratodo sobre las pestiferas bubas zur Syphilis. Lopez de Villalobos berichtete den sexuellen Übertragungsweg, die Hautmanifestationen und die Spätkomplikationen der Erkrankung. Auch er empfiehlt die topische Anwendung von Quecksilbersalzen.

Myasma-Theorie

In Deutschland war damals die Myasma-Theorie verbreitet. Man glaubte, dass die seltene Konjunktion der Planeten Saturn und Jupiter am 25. November 1484 im Zeichen des Skorpions und Hause des Mars die Ursache der Epidemie gewesen sei. "Der gute Jupiter unterlag den bösen Planeten Saturn und Mars und das Zeichen des Skorpions, dem die Geschlechtsteile untergeben sind, erklärt, weshalb die Genitalien der erste Angriffspunkt der neuen Krankheiten waren."

Verschmelzungstheorie

Paracelsus glaubte an die Entstehung durch den Geschlechtsakt eines leprösen Mannes mit einer tripperkranken Frau. Letztlich war eine religiöse und sozialkritische Erklärung der Syphilis, dass es sich bei dieser Erkrankung um eine Geißel Gottes für die notorischen Sünden der Welt handele.

Kolumbus-Theorie

Es existiert ein Bericht des spanischen Arztes Ruy Diaz de Islas (1467-1542), der bei der Schiffsbesatzung der zweiten Reise des Kolumbus auf der Rückfahrt von Hispaniola 1493 die Erkrankung festgestellt haben will. Der Bericht wurde zwar frühestens 1509 verfasst und erst 1539 veröffentlicht, gilt aber heute durch Vergleiche von Fingerabdrücken als authentisch und damit glaubhaft. Auch Fernandez de Orviedo y Valdés, der 10 Jahre als Administrator auf der Insel Hispaniola lebte, schrieb 1526 in seiner Allgemeinen Geschichte Westindiens, es sei sicher, dass die Erkrankung aus Westindien stamme und von den Seeleuten des Columbus nach Europa gebracht wurde. Daraus wurde später die Kolumbus-Theorie formuliert, nach der die Syphilis ursprünglich aus Mittelamerika stammte und von Christoph Kolumbus bzw. seinen Matrosen erstmals nach Europa eingeschleppt wurde, als er 1493 nach seiner Entdeckung Amerikas zurückkehrte. Diese Theorie wurde zuerst 1988 von dem Anthropologen George Armelagos von der Emory University in Atlanta aufgestellt und zuletzt 2011 im Yearbook of Physical Anthropology erneut so publiziert. Kristin Harper und ihr Forscherteam stellen die Hypothese auf, dass die Erkrankung nicht direkt aus Amerika eingeschleppt wurde, sondern die Folge einer Anpassung von in der Neuen Welt verbreiteten Treponema-Arten an das kühlere Klima in Europa gewesen sei.

Präkolumbische Theorie

Der Engländer Simon Mays begründet eine zunächst heftig umstrittene präkolumbische Theorie auf Knochenfunde, die auf die Zeit von 1296 bis 1445 datiert wurden. Spezifische Veränderungen an den Knochen lassen seiner Ansicht nach mit großer Sicherheit auf eine Infektion mit Syphilis schließen. Die bedeutendsten Funde dieser Art stammen aus Riverhall, Essex, in England. Demnach trat die Syphilis also bereits deutlich früher als 1495 zuerst in England auf.

Weiterhin wurden im Bereich der Kirche eines zerstörten Klosters der englischen Hafenstadt Kingston upon Hull drei Skelette gefunden, die nach Ansicht der Experten eindeutige Spuren einer fortgeschrittenen Syphiliserkrankung aufweisen. Durch diese Befunde wurde die Forschung motiviert, nunmehr intensiver in Europa nach weiteren Spuren der Syphilis aus der Zeit vor 1495 zu suchen. In Süditalien entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen in Metapont, einer griechischen Siedlung aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., viele Knochen mit den klassischen Anzeichen der Syphilis. Dabei konnte erstmals auch in Europa bei einem Kinderskelett an den zugehörigen Zähnen eine nur von der Syphilis verursachte Querfurche nachgewiesen werden. Solche Zahnspuren entstehen allein, wenn ein Kind von seiner Mutter während der Schwangerschaft oder unter der Geburt mit dem Erreger der Syphilis infiziert worden ist. Sowohl bei der Suche nach Anzeichen dieser Erkrankung in Pompeji als auch bei Knochenfunden aus dem 13. Jahrhundert in der Türkei wurde man ebenfalls fündig. Diese Funde schienen zu belegen, dass die schwere Erkrankungsform der Syphilis in Europa auch schon lange vor dem 15. Jahrhundert anzutreffen und nicht erst von den Conquistadoren aus Lateinamerika eingeschleppt worden war. Bei einer genaueren Durchsicht der Publikationen von bis dahin 54 Fällen einer angenommenen Syphilisinfektion in der alten Welt vor Kolumbus kamen andere Forscher jedoch zu dem Ergebnis, dass entweder die diagnostischen Kriterien einer tertiären Syphilis bei strikter Prüfung nicht erfüllt waren, oder dass in den Fällen mit tatsächlicher Kriterienerfüllung die Radiokohlenstoffdatierungen durch den sogenannten Reservoireffekt verfälscht waren.

Kombinationstheorie

Auch der Ansatz, dass der Syphilis-Erreger in verschieden pathogenen Stämmen sowohl in der Alten als in der Neuen Welt vor Kolumbus existierte, wurde verfolgt. Durch molekularbiologische Untersuchungstechniken gewonnene Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass von den Schiffsbesatzungen der spanischen Entdecker erstmals ein südamerikanischer Stamm des Bakteriums Treponema pallidum nach Europa eingeschleppt wurde. Dieser hat sich anschließend sehr schnell ausgebreitet, da die europäische Bevölkerung gegenüber diesem Erregerstamm keinerlei Anpassung aufwies.

Weiterhin gibt es Hinweise, dass die Syphilis in einer harmloseren Form, als Hautkrankheit, schon im alten Griechenland oder im präkolumbischen Amerika existierte, und die Wissenschaftler vermuten, dass der Erreger im Verlaufe der frühen Menschheits- und Zivilisationsentwicklung bei zunehmender Anwendung von Körperpflege (Hygiene) weltweit in den verschiedenen Kulturen zu der für den Menschen so gefährlichen Form der Syphilis mutierte.

Selbstversuch des John Hunter

Der schottische Chirurg und Anatom John Hunter (1728-1793) versuchte 1767 in einem Aufsehen erregenden Selbstversuch, Syphilis und Gonorrhoe als unterschiedliche Ausformung einer einzigen Krankheit zu belegen, indem er Eiter aus der Harnröhre eines Tripperkranken mit einem Skalpell in seinen eigenen Penis einbrachte. Aufgrund eines methodischen Fehlers (der Spender war mit beiden Erkrankungen infiziert) glaubte Hunter, der typische syphilitische Symptome entwickelte, den gemeinsamen Ursprung bewiesen zu haben. Der Irrtum wurde erst fünfzig Jahre später aufgedeckt. Hunter verstarb 1793 an den Spätfolgen seines Experimentes.

Neuere Geschichte der Erkrankung

Diagnostische Verfahren und Erregernachweis

August von Wassermann und Mitarbeiter entwickelten 1906 ein Nachweis-Verfahren (Wassermann-Test), bei welchem bei der Syphilis in Blut oder Liquor cerebrospinalis auftretende Antikörper (Reagine) mit Cardiolipin reagierten, das aus Rinderherzen gewonnen wurde. Der Test stellt eine Modifikation der Komplementbindungs-Reaktion dar, die von Jules Bordet und Octave Gengou entwickelt wurde. Erstmals stand damit eine effektive Möglichkeit zur Verfügung, eine Syphilis-Infektion zu diagnostizieren. Der Nachweis mit diesem Verfahren ist jedoch relativ unspezifisch und produzierte viele falsch-positive Ergebnisse. In den 1930er Jahren entwickelte William Augustus Hinton den Hinton-Test, der auf Flockung beruht und etwas spezifischer war. Beide Tests sind heute durch modernere Verfahren ersetzt.

Fritz Schaudinn und Erich Hoffmann gelang 1905 der erste mikroskopische Nachweis der Treponemen, die Reinzüchtung des Syphiliserregers erstmals 1911 dem japanischen Bakteriologen Noguchi Hideyo. Der Japaner war es auch, der zwei Jahre später erstmals einen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Treponema pallidum und der progressiven Paralyse sowie Tabes dorsalis herstellen konnte, da er die Treponemen im Gehirn und im Knochenmark nachgewiesen hatte.

Entwicklung von Behandlungsverfahren

Die Syphilis wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem hochgiftigen Quecksilberbehandelt, mit dem man den Körper des Erkrankten großflächig bestrich, was gewöhnlich zu einem vollständigen Ausfall der Körperbehaarung sowie sämtlicher Zähne führte und den rapiden Verfall sämtlicher Körperfunktionen einleitete . Das Quecksilber war bereits mehrere Jahrhunderte zuvor als mehr oder weniger wirksames Therapeutikum gegen Lepra und verschiedene andere Hauterkrankungen angewandt worden. Konrad Schilling (1448-1508) war textlich der Erste der in seinem Werk Consilium in morbum gallicum (um 1488-1496) über die externe Quecksilber-Therapie bei der Syphilis berichtete. Hiernach wurde auch von anderen Ärzten so Antonio Benivieni (1440- 1502), Hieronymus Fracastorius (1478-1553), Pedro Pintor (1423-1503) und Johannes Widmann (1440-1524) über den erfolgreichen Einsatz des Quecksilbers als Externa geschrieben. Später führten auch Bader und Quacksalber diese Therapieform durch. Die Quecksilber-Applikation erfolgte zumeist in Form von Einreibungen (etwa mit der grauen Quecksilbersalbe), durch orale Aufnahme sowie auch durch Inhalation der Räucherungen mit Quecksilber.

Die südamerikanischen Indianer verfügten über eine kombinierte Syphilistherapie, die ihnen in der Regel auch Heilung verschaffte, denn die Krankheit verlief bei ihnen weniger schwer als bei Europäern. Sie verwendeten Abkochungen aus dem Holz oder der Rinde des Guajakbaumes (Guaiacum officinale und G. sanctum) oder der Sarsaparillewurzel (Smilax regelii u.a. Arten) in Kombination mit einem Schwitzbad und einer Fastenkur. Das Schwitzbad, dem sich die Indianer nach Einnahme von Guajak unterzogen, bestand in einer gezielten Heißbedampfung der äußeren Genitalien. Der Humanist Ulrich von Hutten hat diese Methode im Selbstversuch erprobt und in seinem 1519 erschienenen Werk "De guajaci medicina et morbo gallico liber unus" beschrieben. Tatsächlich trat durch die Behandlung zeitweilig eine Verbesserung ein.

1900 verursachte Albert Neisser einen der ersten deutschen Medizinskandale, als bekannt wurde, dass er auf der Suche nach einer Serumtherapie Krankenhauspatientinnen mit Syphilis angesteckt hatte.

Paul Ehrlich

1909 entwickelten Sahachiro Hata und Paul Ehrlich die organische Arsenverbindung Arsphenamin (Salvarsan®), mit der erstmals eine gezielte Behandlung der Syphilis möglich war. In den Folgejahren wurden weitere, besser verträgliche Abkömmlinge der Substanz entwickelt, so zum Beispiel Neosalvarsan und Sulosalvarsan. Eine weitere Arsenverbindung, die in den USA zeitweise zur Behandlung der Neurosyphilis eingesetzt wurde, war das von Walter Abraham Jacobs und Michael Heidelberger am Rockefeller Institute for Medical Research entwickelte Tryparsamid. Die Arsenpräparate wurden Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend von modernen Antibiotika wie dem Penicillin verdrängt, das bis heute die Behandlungsgrundlage der Syphilis darstellt.

Ehrlich suchte gezielt nach einem Medikament, zu dessen Wirksamkeit er zuerst eine Theorie entwickelte. Kern seiner Theorie war, dass die für die Immunabwehr zuständigen Zellen bestimmte Rezeptoren besitzen, an die Gifte oder Erreger andocken sollten, was schließlich die Produktion von Antikörpern auslöste. Erreger und Rezeptor passten dabei zueinander wie ein Schlüssel in das Schloss. Ehrlichs Idee war, dieses Prinzip umzukehren und für die Bekämpfung des Krankheitserregers zu nutzen. Es galt, die Rezeptoren des Erregers aufzuspüren, an die nun nicht Antikörper, sondern Medikamente andocken sollten, um ihre tödliche Giftfracht in das Bakterium einzuschleusen. Der Erreger würde nun mit chemischen Stoffen traktiert, und gleichzeitig körpereigene Zellen möglichst wenig in Mitleidenschaft gezogen.

Auf der Grundlage dieses theoretischen Konzepts prüften Ehrlich und sein Assistent über 600 Arsenverbindungen auf die geforderten Eigenschaften hin, bis ihnen im September 1909 endlich der entscheidende Durchbruch gelang. Die Verbindung mit der chemischen Bezeichnung m-Diamino-p-dioxyarseno-benzoldichlorhydrat erzielte bei Tierversuchen verblüffende Ergebnisse. Zum ersten Mal schien es möglich, die Syphilis wirkungsvoll zu behandeln. Schon bald erwies sich, dass das Medikament Salvarsan von den Ärzten oft nicht sachgemäß angewendet wurde, was zu schwersten Nebenwirkungen führte. Überdies wurde es bei falscher Lagerung giftig. Ehrlich optimierte das Medikament. 1911 gelang es ein Salvarsanpräparat herzustellen, das nur noch knapp 20 % Arsen enthielt, in seiner Wirkung aber auch schwächer als das alte Salvarsan war.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand man heraus, dass reponema pallidum Temperaturen von über 41 °C nicht überlebt. 1917 impfte der Österreicher Julius Wagner-Jauregg, Direktor der Niederösterreichischen Landesheil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke in Wien, neun Patienten, die an Progressiver Paralyse erkrankt waren, mit dem Blut eines Malaria-Kranken. Er beobachtete eine Wirkung, die erheblich günstiger war als bei allen bisher eingesetzten Therapieverfahren, und arbeitete eine mit Arsphenamin kombinierte Vorgehensweise aus (Malariatherapie), für deren Entdeckung ihm 1927 der Nobelpreis für Medizin verliehen wurde.

Die Effektivität der Behandlung von Syphilis mit Penicillin wurde zuerst 1943 von John F. Mahoney in den USA nachgewiesen und bereits 1944 war die Behandlung in den US Streitkräften eine Standardtherapie.

Tuskegee-Syphilis-Studie

Untersuchung im Rahmen der Tuskegee-Syphilis-Studie

Einer der größten Medizinskandale der USA war die Tuskegee Syphilis Study im Ort Tuskegee im US-Staat Alabama, in dem etwa 400 schwarze und gleichzeitig meist arme und analphabetische Einwohner mit bekannter Syphilis bewusst nicht mit dem zur Verfügung stehenden Penicillin behandelt wurden, um die Spätfolgen der Infektion beobachten zu können. Die beobachteten Personen wurden nicht über die Studie informiert und auch nicht darüber, dass in der Zwischenzeit eine effektive Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stand. Die "Studie" begann im Jahre 1932 und endete erst 1972, als Einzelheiten an die Öffentlichkeit durchsickerten. Im Jahr 2010 wurde ein weiterer Syphilis-Menschenversuchsskandal bekannt, der von den USA in Guatemala in den 1946-48er Jahren finanziert und durchgeführt worden war.

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Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.de

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den : 03.11. 2023