Ehrenfest-Modell
Das Ehrenfest-Modell (auch als Ehrenfest-Kette bekannt) ist ein stochastisches Modell, das den Stoffaustausch zwischen zwei durch eine Membran getrennte Behältnisse beschreibt. Das Modell wurde zuerst durch den österreichischen Physiker Paul Ehrenfest (1880–1933) vorgeschlagen und ist einer von vielen Beiträgen der Physik zur Entwicklung der mathematischen Theorie der stochastischen Prozesse.
Das Modell
Bei verschiedenen Substanzen wurde beobachtet, dass die Verteilung der Substanz in einem solchen Experiment im Laufe der Zeit zwar einem Gleichgewichtszustand entgegenstrebt, aber dennoch auch nach Erreichen desselben stets unkontrollierbaren, scheinbar zufälligen Schwankungen ausgesetzt bleibt.
Diesen Umstand versuchte das folgende Modell zu erklären:
Zu Beginn befinden sich in beiden Behältern zusammen eine endliche Anzahl von 
 
Partikeln; etwa die einzelnen Moleküle 
des Stoffes, wovon sich anfangs 
 
im linken und analog 
 
im rechten Behälter aufhalten. In jedem Zeitschritt wird nun genau eines dieser 
 
Teilchen gleichverteilt ausgewählt, das den Behälter wechselt, sodass 
 
und 
 
in jedem Schritt genau um eins ansteigen oder fallen. 
Mathematisch gesehen handelt es sich bei diesem zufälligen Vorgang um eine Markow-Kette  
mit Zustandsraum 
 
und einer Übergangsmatrix 
, 
gegeben durch 
Mathematische Eigenschaften
- Die oben definierte Ehrenfest-Kette besitzt eine eindeutig bestimmte stationäre 
  Verteilung: Ist die Anzahl 
der Teilchen im linken (oder rechten) Behälter binomialverteilt mit Parameter
, ist also
für
, so hat
dieselbe Verteilung.
 
- Die Konvergenz 
  der Kette gegen diese Verteilung ist allerdings nicht gegeben, da die Kette periodisch 
  ist (das erkennt man daran, dass 
stets zwischen geraden und ungeraden Zahlen wechselt und somit
jedes zweite Mal gleich null ist). Dies kann man umgehen, indem man zur aperiodischen Version der Kette übergeht und die Übergangsmatrix
für einen festen Parameter
durch die Matrix
ersetzt (dabei ist
die Einheitsmatrix).
Interpretation: mit Wahrscheinlichkeitbleibt die Anzahl der Teilchen in den Behältern unverändert, mit Wahrscheinlichkeit
ändert sie sich nach dem oben beschriebenen Verfahren.
Dadurch wird die Kette aperiodisch und konvergiert fürgegen die stationäre Verteilung, die sich durch diese Modifikation nicht ändert.
 
Beispiel
  
  
Gegeben seien zwei Behälter, die durch eine Membran voneinander getrennt 
sind. In dem linken Behälter befinden sich zu Beginn des Experiments  
Moleküle und der rechte Behälter ist noch leer. Durch die Membran kann genau ein 
Molekül pro Zeiteinheit den Behälter wechseln. 
Da der rechte Behälter zu Beginn noch leer ist, wird in der ersten Sekunde 
ein Molekül aus dem linken in den rechten Behälter fliegen. Anschließend 
befinden sich nur noch  
Moleküle in dem linken Behälter. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder eines 
der verbleibenden 
 
Moleküle des linken Behälters fliegt in den rechten Bereich, oder das Molekül 
rechts fliegt wieder zurück in den linken Bereich. Jedes Molekül soll hierbei 
die gleiche Chance haben, den Behälter zu wechseln. Demnach beträgt die 
Wahrscheinlichkeit 
 %, 
dass ein weiteres Molekül von links nach rechts fliegt. Bei 
 
Molekülen links beträgt diese Wahrscheinlichkeit nur noch 
 % 
und so weiter. 
Der Übergangsgraph enthält die Zustände  
bis 
, 
welche die Anzahl der Moleküle im linken Behälter repräsentieren. Die 
Markow-Kette startet im Zustand 
. 
Vervollständigt man den Übergangsgraphen und erstellt eine dazu passende 
Übergangsmatrix, kann man die Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Anzahl 
Moleküle im linken Behälter für jeden Zeitpunkt bestimmen. Nach 
 
Zeiteinheiten besteht mit einer Wahrscheinlichkeit von 
 % 
zum ersten Mal die Möglichkeit zum physikalischen Gleichgewicht. 
Die stationäre Verteilung lässt sich mit Hilfe der oben formulierten Formel
für
ermitteln. Dadurch ergibt sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung
%.


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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 14.01. 2023