Anthrachinon

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP), ggf. erweitert
Gefahrensymbol
Gefahr
H- und P-Sätze H: Kann Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
P:
  • Vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen.
  • Bei Exposition oder falls betroffen: Ärztlichen Rat Einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen.
Toxikologische Daten
  • 0,0942 mg/l (LC50Krustentiere, 48 h)
  • 0,23 mg·l−1 (EC50Krustentiere, 48 h

Anthrachinon ist ein vom Anthracen abgeleitetes Chinon. Es wurde erstmals 1836 von Auguste Laurent durch Oxidation von Anthracen hergestellt.

Strukturformel
Strukturformel des aromatischen Moleküls Anthrachinon
Allgemeines
Name Anthrachinon
Andere Namen
  • 9,10-Dihydro-anthracen-9,10-dion
  • 9,10-Anthrachinon (IUPAC)
  • ANTHRAQUINONE (INCI)
Summenformel C14H8O2
Kurzbeschreibung rhombische, schwach gelblich-grüne, geruchlose Nadeln
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 84-65-1
EG-Nummer 201-549-0
ECHA-InfoCard 100.001.408
PubChem 6780
ChemSpider 13835294
Eigenschaften
Molare Masse 208,22 g/mol
Aggregatzustand fest
Dichte 1,44 g/cm3
Schmelzpunkt 286 °C
Siedepunkt 380 °C
Dampfdruck 13 mPa (50 °C)
Löslichkeit

Vorkommen

Anthrachinon kommt in Form des seltenen Minerals Hoelit in der Natur vor. Anthrachinonderivate sind die Wirkstoffe diverser pflanzlicher Abführmittel: Rhabarberwurzel, Faulbaumrinde, Kap-Aloe, Sennesblätter und Kreuzdornbeeren.

Gewinnung und Darstellung

Anthrachinon lässt sich durch die Oxidation von Anthracen mit Salpetersäure oder Chromsäure herstellen.

Syn Anthraquinone.svg

Günstiger ist jedoch die Reaktion von Benzol und Phthalsäureanhydrid nach Friedel-Crafts. Dabei entsteht zunächst eine Oxocarbonsäure, die sich dann mit Schwefelsäure zum Anthrachinon weiter umsetzen lässt.

Syn AnthraquinoneB.svg

Eigenschaften

Anders als die meisten Chinone ist Anthrachinon nicht wasserdampfflüchtig. Gegenüber Oxidationsmitteln ist Anthrachinon recht unempfindlich, durch Reduktionsmittel jedoch leicht in Anthrahydrochinon bzw. Anthron überführbar. Diese Reduktionsfähigkeit bildet die Grundlage für die Verknüpfung von Anthrachinonen zu Dianthronen und Polyanthronen. Durch Einführung von funktionellen Gruppen in das Molekül (z.B. Hydroxy- und Aminofunktionen), vor allem in den Positionen 1, 4, 5 oder 8, erhöht sich die Farbintensität und verändert sich die Farbe. Sie kann von gelb bis violett gezielt variiert werden. Der Flammpunkt liegt bei 213 °C.

Verwendung

Anthrachinon ist ein wichtiger Grundstoff für die Herstellung von Anthrachinonfarbstoffen, zum Beispiel Alizarin. 2-Alkylanthrachinone (z. B. 2-Ethylanthrachinon) dienen bei der technischen Herstellung von Wasserstoffperoxid nach dem Anthrachinon-Verfahren als Katalysator.

Des Weiteren wurde es unter der Bezeichnung Morkit als Mittel zur Abwehr des Vogelfraßes nach der Aussaat zur Beizung des Saatguts (z.B. Mais) eingesetzt. Die EU-Kommission entzog am 20. Januar 2009 auf Empfehlung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Anthrachinon die Zulassung als Repellent aufgrund von Gesundheitsbedenken für Anwender und Verbraucher.

Sicherheitshinweise

Aufgrund von Gesundheitsbedenken für Anwender und Verbraucher wurde Anthrachinon 2009 die Zulassung als Pflanzenschutzmittel in der EU entzogen. Anthrachinon wurde von der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO (IARC) als möglicherweise krebserzeugend für den Menschen („possibly carcinogenic to humans“) eingestuft (Kategorie 2B). Die Ankündigung erfolgte 2011 in der Zeitschrift Lancet Oncology, die Begründung wurde in der Monographie 2013 veröffentlicht. Im Februar 2013 zog das Bundesinstitut für Risikobewertung seine Empfehlung für die Verwendung von Anthrachinon in Lebensmittelverpackungen zurück und kündigte eine chemikalienrechtliche Neubewertung der Substanz an.

Auf Vorschlag der deutschen Chemikalienbehörde wurde 2015 die chemikalienrechtliche Einstufung von Anthrachinon überarbeitet. Der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) änderte am 4. Dezember 2015 die Einstufung für Anthrachinon: Es wurde als krebserzeugend Carc 1B eingestuft mit dem Warnhinweis H350. Diese Einstufung des RAC muss noch von der EU-Kommission in geltendes Recht umgesetzt werden, aber sie stellt mit der Veröffentlichung den Stand des Wissens dar, der von Unternehmen und Behörden berücksichtigt werden muss. Gegen die Einstufung wurde am 27. Juni 2017 Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.11. 2023