Kirchhoffsches Strahlungsgesetz

Das kirchhoffsche Strahlungsgesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen Absorption und Emission eines realen Körpers im thermischen Gleichgewicht. Es besagt, dass Strahlungsabsorption und -emission bei gegebener Wellenlänge einander entsprechen: Ein Körper, der gut absorbiert, strahlt auch gut.

Der deutsche Physiker Gustav Robert Kirchhoff formulierte das Strahlungsgesetz 1859, während er das Verfahren der Spektroskopie entwickelte. Es bildete den Grundstein der Untersuchung der Wärmestrahlung und so auch von Max Plancks Quantenhypothese.

Kirchhoffsches Strahlungsgesetz: (a) Ein Körper, der gut absorbiert, strahlt auch gut. (b) Umgekehrter Fall.

Begriffe

\varepsilon _{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)={\frac  {L_{{\Omega \nu }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)}{L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T)}}.

Herleitung

Der betrachtete Körper sei mit Hohlraumstrahlung der Temperatur T im thermischen Gleichgewicht. Der Körper wird nach Maßgabe seines Absorptionsgrades einen Teil der auftreffenden Strahlung absorbieren. Damit das Gleichgewicht erhalten bleibt, muss er jeweils bei denselben Frequenzen in dieselben Richtungen die absorbierte Energiemenge wieder ausstrahlen, um die dem Hohlraum entnommene Energie zu ersetzen.

Für die Frequenz \nu und die Richtung (\beta ,\varphi ) ist die absorbierte Strahlungsleistung gegeben durch

a_{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)\cdot K_{{\Omega \nu }}(\beta ,\varphi ,\nu )=a_{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)\cdot L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T).

Die emittierte Strahlungsleistung ist gegeben durch die spektrale Strahldichte des Körpers

L_{{\Omega \nu }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T).

Im thermischen Gleichgewicht müssen absorbierte und emittierte Strahlungsleistung gleich sein:

L_{{\Omega \nu }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)=a_{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)\cdot L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T).

Umstellen ergibt

{\frac  {L_{{\Omega \nu }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)}{a_{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)}}=L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T).

In dieser Form war das kirchhoffsche Gesetz bereits im 19. Jahrhundert bekannt (Gustav Robert Kirchhoff, 1859). Auf der linken Seite stehen Größen, die von den speziellen Eigenschaften des betrachteten Körpers abhängen, während aufgrund thermodynamischer Argumente im Zusammenhang mit der Hohlraumstrahlung bereits bekannt war, dass die Funktion auf der rechten Seite eine von den Körpereigenschaften unabhängige universelle Funktion allein der Wellenlänge und der Temperatur sein muss („kirchhoffsche Funktion“). Diese Funktion konnte später von Max Planck explizit angegeben werden und ist heute als plancksches Strahlungsgesetz bekannt.

Dieser Formulierung ist auch zu entnehmen, dass die spektrale Strahldichte eines Körpers, dessen Absorptionsgrad für alle Richtungen und Frequenzen den Wert 1 annimmt, mit der durch das plancksche Strahlungsgesetz gegebenen spektralen Strahldichte übereinstimmt: Ein Schwarzer Körper ist ein planckscher Strahler.

Da die spektrale Strahldichte des Körpers proportional zum Absorptionsgrad anwachsen muss, um Konstanz der rechten Seite zu gewährleisten, der Absorptionsgrad aber den Wert 1 nicht überschreiten kann, kann die spektrale Strahldichte des Körpers nicht über die spektrale Strahldichte des Schwarzen Körpers hinaus ansteigen: Kein Körper kann mehr Strahlung emittieren als ein Schwarzer Körper gleicher Temperatur.

Der Schwarze Körper wird daher als Referenz verwendet. Bezieht man die spektrale Strahldichte eines Körpers durch Einführung seines Emissionsgrades auf die spektrale Strahldichte des Schwarzen Körpers

L_{{\Omega \nu }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)=\varepsilon _{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)\cdot L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T),

so liefert Gleichsetzen der absorbierten und emittierten spektralen Strahldichten:

a_{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)\cdot L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T)=\varepsilon _{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)\cdot L_{{\Omega \nu }}^{o}(\nu ,T)\Leftrightarrow a_{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T)=\varepsilon _{{\nu }}^{{\prime }}(\beta ,\varphi ,\nu ,T).

Im thermischen Gleichgewicht sind für dieselben Frequenzen und Richtungen der gerichtete spektrale Absorptionsgrad und der gerichtete spektrale Emissionsgrad gleich:

a_{{\nu }}^{{\prime }}=\varepsilon _{{\nu }}^{{\prime }}
Gute Absorber sind gute Emitter.

Das kirchhoffsche Strahlungsgesetz gilt zunächst im thermischen Gleichgewicht, wenn also die Strahlungsbilanz zwischen dem strahlenden Körper und dem mit ihm wechselwirkenden Strahlungsbad ausgeglichen ist. Es gilt in der Regel auch in sehr guter Näherung für Körper, die nicht im thermischen Gleichgewicht mit der Umgebung stehen, solange sich ihre gerichteten spektralen Absorptions- und Emissionsgrade unter diesen Bedingungen nicht verändern.

Einschränkungen

Integrierte Strahlungsgrößen

Die Gleichheit von Absorptions- und Emissionsgrad gilt in voller Allgemeinheit nur für den gerichteten spektralen Absorptionsgrad und den gerichteten spektralen Emissionsgrad. Diese Größen, die die explizite Richtungs- und Frequenzabhängigkeit der Absorptions- und Emissionsvorgänge beschreiben, sind oft jedoch nicht verfügbar. Bekannt ist für ein Material meist nur der über alle Richtungen des Halbraums integrierte hemisphärische spektrale Emissionsgrad \varepsilon _{{\nu }}(\nu ,T) oder der über alle Frequenzen integrierte gerichtete Gesamtemissionsgrad \varepsilon ^{\prime }(\beta ,\varphi ,T) oder der über alle Richtungen des Halbraums und über alle Frequenzen integrierte hemisphärische Gesamtemissionsgrad \varepsilon (T). Hier gilt die Gleichheit mit den entsprechenden integrierten Absorptionsgraden nur in Spezialfällen, zumal die integrierten Absorptionsgrade auch von der Richtungs- und Frequenzverteilung der einfallenden Strahlung abhängen, also im Gegensatz zu den Emissionsgraden keine reinen Materialeigenschaften sind.

Die wichtigsten Fälle, in denen das kirchhoffsche Strahlungsgesetz trotzdem gültig bleibt, sind die folgenden:

a_{{\nu }}(\nu ,T)=\varepsilon _{{\nu }}(\nu ,T)=\varepsilon _{{\nu }}^{\prime }(\nu ,T)
a^{\prime }(\beta ,\varphi ,T)=\varepsilon ^{\prime }(\beta ,\varphi ,T)=\varepsilon _{{\nu }}^{\prime }(\beta ,\varphi ,T)
a(T)=\varepsilon (T)=\varepsilon _{{\nu }}^{\prime }(T)

Reale Körper sind oft in guter Näherung diffuse Strahler. Die Forderung nach grau strahlender Oberfläche ist meist schlecht erfüllt, kann aber näherungsweise als gegeben angesehen werden wenn absorbierte und emittierte Strahlung nur in den Frequenzbereichen merkliche Intensitäten aufweisen, in denen der Emissionsgrad näherungsweise konstant ist.

Auch Dielektrika lassen sich nicht mehr als Graue Strahler behandeln, wenn der zu betrachtende Strahlungsaustausch kürzerwellige Spektralbereiche mit einschließt, wenn also insbesondere die Absorption von Sonnenstrahlung zu betrachten ist. Dielektrika haben typischerweise für Wellenlängen unterhalb von 1 bis 3 μm relativ niedrige, darüber relativ hohe spektrale Absorptions- und Emissionsgrade. Die Sonnenstrahlung liegt im Bereich geringen Absorptionsgrades, wird also, integriert über alle Wellenlängen, gering absorbiert. Die thermische Abstrahlung liegt im Bereich hoher Emissionsgrade, wird also, integriert über alle Wellenlängen, effektiv emittiert. Ähnliches gilt für Metalle, bei denen der spektrale Emissionsgrad bei kurzen Wellenlängen höher als bei größeren Wellenlängen ist. In diesen Fällen können Gesamtabsorptionsgrade und Gesamtemissionsgrade verschiedene Werte annehmen.

Die folgende Tabelle vergleicht den hemisphärischen Gesamtabsorptionsgrad a für Sonnenstrahlung und den hemisphärischen Gesamtemissionsgrad \varepsilon bei T= 300 K für einige Materialien:

Material a \varepsilon
Dachpappe, schwarz 0,82 0,91
Ziegel, rot 0,75 0,93
Zinkweiß 0,22 0,92
Schnee, sauber 0,20…0,35 0,95
Chrom, poliert 0,40 0,07
Gold, poliert 0,29 0,026
Kupfer, poliert 0,18 0,03
Kupfer, oxidiert 0,70 0,45

Weiß gestrichene Flächen können in der Sonnenstrahlung relativ kühl bleiben (geringe Strahlungsabsorption, hohe Wärmeemission). Andererseits können Metallfolien mit speziellen selektiven Beschichtungen sich in der Sonnenstrahlung stark aufheizen (Strahlungsabsorptionsgrad bis 0,95, Wärmeemissionsgrad < 0,05, Verwendung in Sonnenkollektoren als „Wärmefallen“). Weiß lackierte Heizkörper können im Tageslicht (d.h. im Sonnenspektrum) freundlich hell erscheinen (geringe Absorption), während sie im langwelligen Bereich die Wärme gut abstrahlen (hohe Emission). Schnee wird durch Sonnenstrahlung nur langsam geschmolzen (Sonnenstrahlung liegt im Bereich geringer Absorption), durch die Wärmeabstrahlung einer Wand dagegen viel schneller: Wärmestrahlung liegt im Bereich hoher Emission, also auch hoher Absorption.

Außerhalb des thermischen Gleichgewichts

Die Gleichheit von Absorptions- und Emissionsgrad muss im thermischen Gleichgewicht jeweils für alle Richtungen und für alle Frequenzen gewahrt bleiben. Im Nichtgleichgewicht können Abweichungen hiervon auftreten:

Anwendungsbeispiele

Allgemein: Wenn ein Körper gleich welcher Art mit der thermischen Strahlung im Vakuum im thermischen Gleichgewicht steht, ist seine emittierte und reflektierte Gesamtstrahlung immer gleich der Schwarzkörperstrahlung. (Diese Tatsache wird manchmal auch als zweites kirchhoffsches Gesetz bezeichnet).

Blauleuchtende Spiritusflamme und ihr Linienspektrum.

Beispiele, auf die das kirchhoffsche Strahlungsgesetz nicht anwendbar ist:

Literatur

Trenner
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
Seitenende
Seite zurück
©  biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 13.10. 2023