Projektil

Ein Projektil (von lateinisch proicere „werfen“, „vor sich werfen“), umgangssprachlich auch Kugel/Geschoss genannt, ist ein von einer Schusswaffe abgefeuerter Körper. Das Projektil wird mit einem Schuß „verschossen“.

Hälfte einer Bronzehohlform zum Gießen von Vorderladerprojektilen mit 13 mm Durchmesser, 28 mm hoch
Diverse Projektile vom sportlichen Schießen: Blei Rundkopf, Teilmantel Semi-Wadcutter, Vollmantel Kegelstumpf und Vollmantel Semi-Wadcutter
Projektile 9 mm HK P8 oder UZI/MP2, 7,62 mm G3 oder MG3 - deutlich sind die Spuren des Laufes zu erkennen
Bleiprojektil

Grundlagen

Die charakterisierenden Eigenschaften des Projektiles sind:

Damit steht das Geschoss im Gegensatz zur Rakete: Während das Geschoss von einer Treibladung beschleunigt wird und dann in einer ballistischen Kurve fällt, wird die Rakete von der Treibladung beschleunigt und fliegt dadurch. Sobald die Treibladung ausgebrannt ist, verhält sich auch die Rakete ab diesem Moment wie ein Geschoss und fällt in einer ballistischen Kurve. Allerdings wird diese Abgrenzung durch Base-Bleed-Geschosse zunehmend unscharf. Diese Geschosse enthalten einen gaserzeugenden pyrotechnischen Satz, der durch Verringerung der Heckverwirbelung die ballistischen Eigenschaften verbessert. Je nach Stärke der Gaserzeugung ist eine klare Unterscheidung schwierig. Die Treibladung des Geschosses ist in den allermeisten Fällen ein pyrotechnischer Satz. Geschossen werden kann aber auch mit Druckluft, mittels elektromagnetischer Schussanlagen (z. B. Railgun), rein mechanisch über Federn und elastische Materialien oder mit anderen Energieerzeugern.

Physikalische Eigenschaften

Der Abschuss selbst ist in den Grundlagen eine Frage der Energiebilanz (Thermodynamik) und Reibung (Mechanik). Mit den speziellen Problemstellungen von aus Rohren geschossenen Objekten beschäftigt sich die Innenballistik.

Charakteristische Kenngrößen für das Geschoss sind:

Projektilarten

Material

In der Anfangszeit der Feuerwaffen wurden erst Kugeln aus Stein, dann Eisen und Blei verwendet. Heutige Projektile bestehen aus Stahl, Blei, Kupfer und können abgereichertes Uran oder Wolfram enthalten. Andere Projektile beziehen ihre Wirksamkeit nicht aus der kinetischen Energie, sondern aus ihrer explosiven Füllung(Granaten).

Form

Zuerst wurden Projektile in Kugelform verschossen (etwa die klassische Kanonenkugel), deshalb werden Projektile umgangssprachlich bis heute als Kugel bezeichnet.

Ein modernes Projektil ist meist als Langgeschoss ausgebildet, besitzt also eine zylindrische Form mit meist spitz zulaufendem Frontteil und einem sich wiederum leicht verjüngenden Ende. Es erhält im Lauf einen Drall um es im Flug zu stabilisieren.

Je nach Form der Spitze wird das Projektil als spitz, halbspitz oder rund bezeichnet, außerdem existieren noch einige Sonderformen: Hohlspitzgeschosse besitzen eine konkave Spitze, was beim Aufprall zu einer stärkeren Deformation (Aufpilzen) und somit auch stärkeren Wirkung im Ziel führt. Aus diesem Grund werden sie oft mit Teilmantelgeschossen verwechselt oder gleichgesetzt. Flachkopfgeschosse sind Geschosse mit einem abgeflachten Kopf. Sie werden besonders für Waffen mit Röhrenmagazin benötigt, um zu verhindern, dass die Spitze einer Patrone zu starken Druck auf das Zündhütchen der vor ihr gelagerten Patrone ausübt und somit die Patronen im Magazin zündet.

Heute existieren Geschosse mit fast allen möglichen Kombinationen von Geschossform und Mantelkonstruktion.

Voll- und Mantelgeschosse

Bei Geschossen für Handfeuerwaffen unterscheidet man zwischen Vollgeschoss (z.B. Bleigeschoss oder Solidgeschoss) und Mantelgeschoss.

Mantelgeschosse werden in Vollmantelgeschosse (Mantel schließt die Spitze komplett ein und ist meistens am Boden offen), und Teilmantelgeschosse (Mantel ist an der Spitze offen und am Boden geschlossen) unterschieden.

Vollgeschoss

Vollgeschosse sind Geschosse aus einem homogenen Material d.h. sie sind mantellose Geschosse. Die häufigste Form von Vollgeschossen sind einfache Bleigeschosse, wie sie im sportlichen Bereich (Diabolos für Luftdruckwaffen; Bleigeschosse bei Kleinkalibermunition) anzutreffen sind. Es gibt auch so genannte „Frangible“-Munition, hierbei besteht das Geschoss aus einem unter sehr hohem Druck gepresstem Metallpulver ohne Bleizusatz. Diese Munition wurde speziell für Indoor-Stände entwickelt.

Vollmantelgeschosse

Vollmantelgeschosse bestehen aus einem verformbaren Mantel, meist aus Tombak, und einem meist aus Blei bestehenden Kern. Der verformbare Mantel soll sich sowohl den drallgebenden Zügen und Feldern im Rohr anpassen können als auch dessen Verschleiß so gering wie möglich halten. Der Kern wiederum bildet die gewichtgebende Masse. Die Wirkung im Ziel wird durch die Zerstörungskraft ebendieser Masse, die mit möglichst hoher Geschwindigkeit auf das Ziel trifft, erzeugt. Sie soll das Ziel durch Aufschlag bzw. Eintritt und damit verbundener Energieabgabe schädigen oder partiell zerstören. Die Geschosse der Armeen bestehen aus Vollmantelgeschossen, teils werden diese mit einem Kern aus Uran ( vergl. PGU-14/B API Armor Piercing Incendiary [DU]) oder Wolframcarbid versehen um die Durchschlagskraft auf gepanzertes Material massiv zu erhöhen.

Teilmantelgeschosse

Die Teilmantelgeschosse nehmen den größten Anteil der auf dem Markt befindlichen Geschosse ein. Die meisten Jagdgeschosse sind Teilmantelgeschosse z.B. RWS Kegelspitz (KS), Doppelkern (DK) oder Norma PPC Oryx oder Plastikspitz, da durch den vorne offenen Mantel eine Zerlegung des Geschosses beim Eindringen in das Wild gewährleistet wird. Damit wird die Geschossenergie auf das Ziel übertragen und der Wundkanal vergrößert. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Wild tödlich getroffen wird, erhöht sich somit. Vollmantelgeschosse hingegen haben eine höhere Durchschlagsleistung und hinterlassen einen glatten Wundkanal. Diese höhere Durchschlagsleistung wird meist im militärischen Bereich genutzt, Teilmantelgeschosse sind laut Haager Landkriegsordnung Artikel 23 „Verbot von Waffen und Geschossen, die unnötiges Leid verursachen“ im militärischen Bereich verboten.

Kaliber

vergl.: Kaliber

Den Durchmesser des Laufes, von Feld zu Feld gemessen, bezeichnet man als Kaliber. Zu bemerken ist, dass sich im Bereich militärischer Handfeuerwaffen kleinere Kaliber durchgesetzt haben. Einerseits ermöglicht das das Mitführen eines größeren Munitionsvorrats, andererseits verbessert sich durch den geringeren Rückstoß die Beherrschbarkeit der Waffe bei Feuerstößen. Zudem haben kleinere Kaliber eine höhere Durchschlagskraft als größere Kaliber (bei gleicher Geschossenergie aber kleinerem Durchmesser höhere Energiedichte J/mm²). So verfügt die heutige militärische Standardgewehrpatrone der NATO über ein Projektil mit einem Durchmesser von 5,56 mm (.223 Remington). Aus einem standardmäßigen Gewehr M16 erreicht das Projektil der oben genannten 5,56 x 45-mm-Patrone eine Mündungsgeschwindigkeit (v0) von ca. 990 Meter pro Sekunde, was sich auf kurze und mittlere Distanzen durch die rasantere (flachere) Flugbahn der Geschosse günstig auf die Trefferleistung auswirkt.

Energie von Projektilen

Das Verhalten von Projektilen wird durch die Ballistik beschrieben. Die Energie eines Geschosses unmittelbar nach Verlassen des Laufes (Mündungsenergie E_{0}) errechnet sich nach der Formel für Kinetische Energie:

E_{0}={\frac  {1}{2}}mv_{0}^{2}

Dabei wird die Energie in Joule angegeben, die Masse des Projektils m in Kilogramm und die Mündungsgeschwindigkeit des Projektils v_{0} in m/s. Der errechnete Energiewert gibt aufgrund des Energieverlustes während des Flugs keinerlei Aufschluss über die Geschosswirkung auf eine bestimmte Distanz, über seine mögliche Mannstoppwirkung oder seine Effektivität gegen gepanzerte bzw. ungepanzerte Ziele.

Die Mündungsgeschwindigkeit sowie die Mündungsenergie sind von vielen Faktoren abhängig, wie beispielsweise Lauflänge der Schusswaffe, Geschossart und -gewicht, Menge und Art der Pulverladung (Laborierung) der jeweiligen Patrone u.v.m. Auch für einen einzelnen Patronentyp sind, je nach gewünschten Eigenschaften der Munition, unterschiedliche Laborierungen möglich, was auch beim Verschießen aus ein und derselben Waffe unterschiedliche Mündungsgeschwindigkeiten und -energien zur Folge hat. Hier ist eine kurze Liste von Leistungsdaten einiger Patronen, welche mit gängigen Fabriklaborierungen erreicht werden:

Kaliber Masse des
Projektils
Mündungs-
geschwindigkeit
Mündungs-
energie
6 mm Airsoftkugel (6 mm BB) ~0,12 - 0,85 g ~70 - 100 m/s ~0,3 - 4,25 J
4,5 mm Diabolo (Luftgewehr) ~0,5 g ~90 - 360 m/s ~2 - 50 J
.22 lr bzw. .22 lfb (Kleinkaliber) ~2,2 - 2,6 g ~300 - 340 m/s ~100 - 250 J
9 mm Para bzw. 9 mm Luger (9x19 mm) ~7,5 g ~350 - 450 m/s ~300 - 550 J
.45 ACP (.45 Auto) ~12,0 g ~260 m/s ~320 - 600 J
5,56x45 mm NATO (.223 Rem.) ~3,5 g ~1.000 m/s ~1.200 - 1.900 J
7,62x51 mm NATO (.308 Winchester) ~9 - 9,6 g ~700 - 900 m/s ~2.700 - 3.580 J
12,7x99 mm NATO (.50 BMG) ~46,0 g ~800 m/s ~15.000 J
120x530 mm (DM 53) (Panzer Leopard 2) ~8.350 g ~1.750 m/s ~13.000.000 J

Zum Vergleich: Eine Lokomotive mit einer Masse von 50 Tonnen und einer Geschwindigkeit von 80 km/h (22,2 m/s) besitzt eine kinetische Energie von rund 12.000.000 J.

Eine Formel zur näherungsweisen Abschätzung der Durchschlagskraft von Geschossen wurde schon von Isaac Newton entwickelt. Hinsichtlich der Stoppwirkung von Geschossen wird gerne der A-Square Shock Power Index verwendet.


 
Seitenende
Seite zurück
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.03. 2024