Balmer-Serie

Energieniveaus des Wasserstoffatoms

Als Balmer-Serie wird eine bestimmte Folge von Emissions-Spektrallinien im sichtbaren elektromagnetischen Spektrum des Wasserstoffatoms bezeichnet, deren unteres Energieniveau in der L-Schale liegt. Sie wird beim Übergang eines Elektrons von einem höheren zum zweittiefsten Energieniveau n_{1}=2 emittiert.

Weitere Serien sind die Lyman-, Paschen-, Brackett-, Pfund- und die Humphreys-Serie.

Spektrum


Sichtbarer Bereich des Wasserstoff-Spektrums. Sichtbar sind sechs Linien der Balmer-Serie, da die
CCD-Sensoren der Kamera auch ein wenig in den ultravioletten Teil des Spektrums hinein empfindlich sind.

Die Spektrallinien der Balmer-Serie sind nach dem Schweizer Physiker Johann Jakob Balmer benannt, der 1885 ihre mathematische Gesetzmäßigkeit, die Balmer-Formel, erkannte.

Entdeckung

Im sichtbaren Bereich des Wasserstoffatom-Spektrums lassen sich vier Linien beobachten, deren Abstände voneinander mit abnehmender Wellenlänge kleiner werden. Sie werden, beginnend mit der größten Wellenlänge, als Hα (H-alpha), Hβ, Hγ und Hδ bezeichnet. Ihre Wellenlängen \lambda lassen sich mit der Balmer-Formel berechnen:

{\displaystyle \lambda =A\left({\frac {n^{2}}{n^{2}-4}}\right)=A\left({\frac {n^{2}}{n^{2}-2^{2}}}\right)}

A ist dabei eine empirische Konstante ({\displaystyle A=364{,}50682\,\mathrm {nm} =3645{,}0682\cdot 10^{-10}\mathrm {m} }, also eine Wellenlänge im Ultravioletten). Für n sind die ganzen Zahlen 3, 4, 5 und 6 einzusetzen ({\displaystyle n\geq 2+1}); n ist die fortlaufende Nummer der Schale, die Hauptquantenzahl, des betreffenden angeregten Zustands.

In dem für das menschliche Auge nicht sichtbaren ultravioletten Bereich des Spektrums wurden weitere Linien entdeckt, die fortlaufend mit Hε, Hζ usw. bezeichnet werden und deren Wellenlängen sich für ganzzahlige n oberhalb 6 ebenfalls sehr gut berechnen lassen:

Linien im Wasserstoffspektrum
Übergang von n nach m 3 → 2 4 → 2 5 → 2 6 → 2 7 → 2 8 → 2 9 → 2 \infty → 2
Name der Linie
Wellenlänge in nm gemessen 656,2793 486,1327 434,0466 410,1738 397,0075 388,8052 383,5387
Wellenlänge in nm berechnet 656,278 486,132 434,045 410,1735 397,0074 388,8057 383,5397 (364,56)
Farbe Rot Blau-Grün Violett Violett Violett Violett Ultraviolett Ultraviolett
Sichtbarkeit (für das menschliche Auge) sichtbar nicht sichtbar

Die Folge konvergiert also für wachsende n von oben gegen die Wellenlänge A.

Verallgemeinerung durch Rydberg

Stellt man die Balmer-Formel nach dem Kehrwert der Wellenlänge, der Wellenzahl {\tilde  \nu }

{\displaystyle {\tilde {\nu }}={\frac {1}{\lambda }}}

um, lässt die von Balmer gefundene Gleichung sich mit R_{\infty }={\tfrac  {4}{A}} auch in der Form

{\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{2^{2}}}-{\frac {1}{n^{2}}}\right)}

schreiben, in der

{\displaystyle R_{\infty }=1{,}097\,373\,157\cdot 10^{7}\,\mathrm {m^{-1}} }

die nach dem schwedischen Physiker Johannes Rydberg benannte Rydberg-Konstante ist und für n beliebige natürliche Zahlen größer als 2 einzusetzen sind. Bereits drei Jahre nach Balmers Entdeckung verallgemeinerte daher Rydberg Balmers Formel im Jahre 1888 zu der ebenfalls nach ihm benannten Rydberg-Formel:

{\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{n_{1}^{2}}}-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)\quad {\text{mit}}\quad n_{1}=1,2,\dots \quad {\text{und}}\quad n_{2}\geq n_{1}+1}

Bis zu diesem Zeitpunkt allerdings waren im Wasserstoffspektrum nur die sichtbaren Linien für n_{1}=2 bekannt, womit Rydbergs Gleichung auch eine Vorhersage noch zu findender Linien war. Die Entdeckung der im ultravioletten Bereich liegenden Lyman-Serie für n_{1}=1 durch den US-amerikanischen Physiker Theodore Lyman im Jahr 1906 sowie der im infraroten Bereich liegenden Paschen-Serie für {\displaystyle n_{1}=3} durch den deutschen Physiker Friedrich Paschen im Jahr 1908 bestätigten jedoch schon bald die Richtigkeit von Rydbergs Erweiterung.

Ritzsches Kombinationsprinzip

Die Gleichung von Rydberg beschreibt das Wasserstoffspektrum recht genau. Bei den meisten anderen Atomen liefert sie jedoch keine korrekten Ergebnisse. Einen Fortschritt in der Beschreibung der Atomspektren lieferte im Jahr 1908 der Schweizer Mathematiker Walter Ritz. Er entdeckte das nach ihm benannte Ritzsche Kombinationsprinzip:

Durch additive oder subtraktive Kombination, sei es der Serienformeln selbst, sei es der in sie eingehenden Konstanten, lassen sich andere Serienformeln bilden.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass sich aus zwei bekannten Linien eine mögliche dritte Linie berechnen lässt. Jedoch lassen sich nicht alle dieser berechneten Linien beobachten. Welche Linien wirklich auftreten, konnte Ritz nicht erklären.

Deutung durch das Bohrsche Atommodell

Die bis zu diesem Zeitpunkt rein empirisch gefundenen Formeln ließen sich erstmals mit dem Bohrschen Atommodell verstehen. Danach sind die Spektrallinien auf den Übergang von Elektronen auf ein anderes Energieniveau zurückzuführen. Mit dem Modell von Bohr erhält man als allgemeine Gleichung für diese Übergänge:

{\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{n_{1}^{2}}}-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)\quad {\text{mit}}\quad n_{2}\geq n_{1}+1}

Das erste Glied in der Klammer, {\displaystyle {\tfrac {1}{n_{1}^{2}}}}, ist der so genannte Grundterm, das zweite, {\displaystyle {\tfrac {1}{n_{2}^{2}}}}, wird als Laufterm bezeichnet. Hält man n_{1} im Grundterm fest und variiert jeweils n_{2} im Laufterm, so ergeben sich die unten aufgeführten, nach ihren Entdeckern benannten Serien. Mit Ausnahme von Hα (rot), Hβ (blaugrün), Hγ, Hδ, Hε und Hζ (alle violett) liegen sie im ultravioletten bzw. infraroten Bereich des Frequenzspektrums.

Name n1 n2 Formel Spektralbereich/Farbe
Lyman-Serie 1 2, 3, 4, … {\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left(1-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)} Vakuum-UV (121 nm → 91 nm)
Balmer-Serie 2 3, 4, 5, … {\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{2^{2}}}-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)} rot, blaugrün, 4× violett,
dann Übergang zum nahen UV → 365 nm
Paschen-Serie 3 4, 5, 6, … {\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{3^{2}}}-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)} IR-A (1875 nm → 820 nm)
Brackett-Serie 4 5, 6, 7, … {\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{4^{2}}}-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)} IR-B (4050 nm → 1460 nm)
Pfund-Serie 5 6, 7, 8, … {\displaystyle {\tilde {\nu }}=R_{\infty }\left({\frac {1}{5^{2}}}-{\frac {1}{n_{2}^{2}}}\right)} IR-B (7457 nm → 2280 nm)

Bereits im Bohrschen Atommodell ist, im Gegensatz zur Balmerformel, die Konstante keine rein empirische Größe. Vielmehr lässt sich der Wert direkt auf in die Rechnung eingehende Naturkonstanten zurückführen. Auch die Einschränkung auf ganzzahlige Werte für n_{1} und n_{2} sowie die Bedingung

{\displaystyle n_{2}\geq n_{1}+1}

folgen aus diesem Modell. Die Variablen n_{1} bzw. n_{2} sind danach die Hauptquantenzahlen für jenen Grund- oder angeregten Zustand, auf denen das Elektron zurückfällt, bzw. den höherenergetischen, darüber hinaus angeregten Zustand n_{2}, von welchem es verfällt, d.h. ein Übergang zwischen Elektronen ist im Allgemeinen – wie bei der Balmer-Serie – auch zwischen zwei angeregten Zuständen möglich.

Die Abbildung oben rechts zeigt das Termschema des Wasserstoffatoms und visualisiert die obigen Gleichungen (in der Abbildung wird statt n_{1} die Bezeichnung m und statt n_{2} die Bezeichnung n verwendet): auf der linken vertikalen Achse ist n_{1} abgetragen. Auf der rechten vertikalen Achse ist die zugehörige Anregungsenergie, jeweils vom Grundzustand aus gemessen, in eV angegeben. Der Abstand der Energieniveaus ist maßstabsgerecht. In horizontaler Richtung sind für jede Serie exemplarisch die ersten Übergänge eingezeichnet. Die zugehörigen Hauptquantenzahlen des Zustandes n_{2} sind darüber angegeben. Der Abstand der Linien zueinander, d.h. in horizontaler Richtung, ist nicht maßstabsgerecht, sondern aus Gründen der Übersichtlichkeit gleich groß gewählt. Die Abbildung verdeutlicht, dass alle Linien einer Serie auf dem gleichen Energieniveau enden. Die Hα-Linie der Balmer-Serie ist somit ein Übergang von n_{2} = 3 nach n_{1} = 2.

Ganz rechts in den Serien ist gepunktet die jeweilige Seriengrenze dargestellt, d.h.

{\displaystyle n_{2}\longrightarrow \infty .}

Das Elektron ist dann nicht mehr an dem Atomkern gebunden, das Atom ist ionisiert. Für die Lyman-Serie erhält man mit der Bohrschen Gleichung eine Energie von 13,6 eV. Auch dieser Wert stimmt mit dem experimentell bestimmten Wert für die Ionisationsenergie des Wasserstoffatoms im Grundzustand gut überein.

Die Frage, welche der Linien, die nach dem Ritzschen Kombinationsprinzip möglich sind, auch tatsächlich auftreten, wird durch die Auswahlregeln geklärt. Diese ergeben sich aus quantenmechanischen Rechnungen.

Geschichte

Der Entdecker Balmer untersuchte das von Gasentladungen in Wasserstoff ausgehende Licht, weil er vermutete, dass zwischen der Lichtemission und dem Aufbau der Atome ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Das emittierte Licht, mit einem Gitter spektral zerlegt, zeigt die vier diskreten Linien im sichtbaren Bereich (Linienspektrum). Balmer fand 1884 das Bildungsgesetz (siehe oben) mit der Konstanten {\displaystyle A=3645{,}6\cdot 10^{-10}\mathrm {m} }.

Er hielt seine Entdeckung für einen Spezialfall einer noch unbekannten allgemeineren Gleichung, die auch für andere Elemente gültig sein könnte. Diese Vermutung wird durch spätere Untersuchungen von Spektren von Atomen oder Ionen mit nur einem Elektron in der äußersten Schale bestätigt. Ungeklärt blieb für Balmer jedoch die physikalische Bedeutung von n.

Literatur

Trenner
Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
Seitenende
Seite zurück
© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.01. 2024