Satz von Silver
Der Satz von Silver, benannt nach Jack Silver, ist ein Satz aus der Mengenlehre, der sich mit möglichen Verallgemeinerungen der Kontinuumshypothese befasst. Die verallgemeinerte Kontinuumshypothese ist von den üblichen Axiomen der Mengenlehre, das heißt von ZFC, unabhängig, man kann sie also dort weder beweisen noch widerlegen. Der hier zu besprechende Satz liefert eine Einschränkung für die Ungültigkeit der verallgemeinerten Kontinuumshypothese; er besagt, dass die kleinste Kardinalzahl, für die die verallgemeinerte Kontinuumshypothese falsch ist, keine singuläre Kardinalzahl mit überabzählbarer Kofinalität sein kann. Dieses Resultat war überraschend, Silver selbst schreibt>:
-
- This result is contrary to the previous expectations of nearly all set-theorists, including myself. (deutsch: Dieses Ergebnis widerspricht den früheren Erwartungen fast aller Mengentheoretiker, einschließlich meiner selbst.)
Die Beweismethoden führen auch zu einem Satz über die singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese, der ebenfalls als Satz von Silver bekannt ist.
Formulierung
Die verallgemeinerte
Kontinuumshypothese besagt, dass
für alle unendlichen Kardinalzahlen
gilt. Dabei ist
die Kardinalität der Potenzmenge
einer Menge der Kardinalität
und
die Nachfolgerkardinalzahl von
.
Der folgende Satz sagt, dass die Eigenschaft
für gewisse Kardinalzahlen erhalten bleibt, wenn sie bereits für alle kleineren
gilt.
Satz von Silver:
Ist
eine singuläre Kardinalzahl mit
und gilt
für alle unendlichen Kardinalzahlen
,
so gilt auch
.
Dabei ist
die Kofinalität
von
und
die erste
unendliche Kardinalzahl.
Die singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese sagt, dass
(siehe auch Gimel-Funktion)
für singuläre Kardinalzahlen
mit
gilt. Sie ist ebenfalls unabhängig von ZFC und sie folgt aus der
verallgemeinerten Kontinuumshypothese, ist also schwächer als diese. Für die
singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese gilt der folgende Satz:
Satz von Silver: Die Singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese gilt bereits dann, wenn sie für alle singulären Kardinalzahlen mit abzählbarer Kofinalität gilt.
Zum Beweis
Beide Sätze verwenden ein Lemma über die Fortsetzung der Eigenschaft
in dem Sinne, dass wenn diese Gleichung für hinreichend viele kleinere
Kardinalzahlen als
gilt, dann gilt sie auch für
.
Genauer wird folgende technische Aussage bewiesen:
Es seien
eine singuläre Kardinalzahl mit
und
eine mit Ordinalzahlen indizierte
aufsteigende Folge von Kardinalzahlen, so dass gilt
für alle
(das ist äquivalent zu
)
für alle Limes-Ordinalzahlen
(solche Folgen heißen normal)
- Die Menge
ist stationär in
Dann gilt .
Auf den Beweis dieses Lemmas verzichten wir, aber es soll kurz erläutert werden, wie sich daraus der Satz von Silver über die Kontinuumshypothese ergibt:
Es sei also
eine singuläre Kardinalzahl mit
und es gelte
für alle Kardinalzahlen
.
Zur Anwendung obigen Lemmas wählen wir eine beliebige normale Folge
mit Limes
,
die es nach Definition der Kofinalität gibt, und überprüfen der Reihe nach die
Voraussetzungen des Lemmas.
Zu 1. beachte dass
für alle
,
wobei der Reihe der Satz
von König, Monotonie-Eigenschaften der Potenz von Kardinalzahlen,
Kardinalzahlarithmetik
und die vorausgesetzte Kontinuumshypothese für alle kleineren Kardinalzahlen
verwendet wurden. Aus dieser Ungleichungskette ergibt sich
für alle Kardinalzahlen
.
Dann gilt auch
für alle
,
denn die Potenz kann wegen der vorausgesetzten Kontinuumshypothese für alle
Kardinalzahlen
höchstens gleich
sein, aber Gleichheit kann nicht gelten, da
als singuläre Kardinalzahl keine Nachfolgerkardinalzahl ist. Die Voraussetzungen
2. und 3. gelten nach Wahl der normalen Folge
.
Zu 4. beachte, dass im Nachweis von 1. die Gleichung
für alle Kardinalzahlen
festgestellt wurde. Daher gilt
,
woraus sich die Stationarität in
ergibt.
Damit sind alle Voraussetzungen des Lemmas erfüllt, und es folgt .
Da
als singuläre Kardinalzahl eine Limes-Kardinalzahl ist, gilt
(siehe Kardinalzahlarithmetik)
und wegen der Voraussetzung über
ist
,
insgesamt also
,
was den Beweis beendet.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.06. 2020