Keramischer Faserverbundwerkstoff

Keramische Faserverbundwerkstoffe sind eine Werkstoffklasse innerhalb der Gruppe der Verbundwerkstoffe oder auch der technischen Keramiken. Sie sind charakterisiert durch eine zwischen Langfasern eingebettete Matrix aus normaler Keramik, die durch keramische Fasern verstärkt wird und so zur faserverstärkten Keramik, Verbundkeramik oder auch einfach Faserkeramik wird. In der deutschen Fachliteratur wird die Werkstoffklasse häufig auch auf Englisch als Ceramic Matrix Composites bezeichnet und mit CMC abgekürzt. Matrix und Fasern können im Prinzip aus allen bekannten keramischen Werkstoffen bestehen, wobei in diesem Zusammenhang auch Kohlenstoff als keramischer Werkstoff behandelt wird.

Einleitung

In Entwicklung und Anwendung von Verbundkeramik kommen zurzeit im Wesentlichen Kohlenstoff- und sogenannte Siliciumcarbid-Fasern zum Einsatz und in geringerem Umfang auch Fasern, die aus Aluminiumoxid (Al2O3) oder Mischkristallen aus Aluminiumoxid und Siliciumoxid (SiO2), sogenanntem Mullit, bestehen. Als Matrixmaterialien werden bei technischen Anwendungen zurzeit in der Hauptsache Aluminiumoxid, Mullit, Kohlenstoff und Siliciumcarbid eingesetzt.

Das Motiv zur Entwicklung dieser Keramiken ist aus den Problemen entstanden, die sich beim Einsatz konventioneller technischer Keramiken gezeigt hat: alle diese Werkstoffe zerbrechen leicht unter mechanischen oder thermomechanischen Belastungen, weil selbst kleine Fertigungsfehler oder Kratzer auf der Oberfläche zum Startpunkt eines Risses werden können. Einer Ausbreitung von Rissen wird, anders als bei Metallen (Stichwort: Duktilität), aber ähnlich wie bei Glas, nur ein sehr geringer Widerstand entgegengesetzt. Charakteristisch ist ein sprödes Bruchverhalten, das viele Anwendungen erschwert oder unmöglich macht. Entwicklungen, diese Eigenschaft durch Einbettung von Fremdpartikeln, einkristallinen Kurzfasern (sogenannten Whiskern) oder Scheibchen (sogenannten Platelets) in die Keramik zu verbessern, haben deren Risswiderstand nur begrenzt verbessern können, aber in einigen keramischen Schneidwerkzeugen Anwendung gefunden. Erst die Verwendung von Langfasern zur Verstärkung von Keramik hat diesen Risswiderstand drastisch erhöhen können und zu verbesserten Eigenschaften wie zum Beispiel erhöhter Dehnbarkeit, Bruchzähigkeit und Thermoschockbeständigkeit geführt, mit denen neue Anwendungsfelder erschlossen werden konnten und können.

Üblicherweise werden die so hergestellten Verbundkeramiken in der Form "Fasertyp/Matrixtyp" abgekürzt. So steht "C/C" zum Beispiel für Kohlenstofffaser-verstärkter Kohlenstoff oder "C/SiC" für Kohlenstofffaser-verstärktes Siliciumcarbid. Soll das Herstellverfahren noch in diese Kurzbezeichnung mit aufgenommen werden, wird häufig (und auch im folgenden Artikel) mit dem Schema "Herstellverfahren-Fasertyp/Matrixtyp" abgekürzt. So wird zum Beispiel ein mit dem Liquid-Polymer-Infiltration-Verfahren (siehe unten) hergestelltes Kohlenstofffaser-verstärktes Siliciumcarbid einfach als "LPI-C/SiC" bezeichnet.

Die wichtigsten, zurzeit industriell verfügbaren faserverstärkten Keramiken sind C/C, C/SiC, SiC/SiC und Al2O3/Al2O3. Sie unterscheiden sich von den konventionellen technischen Keramiken im Wesentlichen durch weiter unten ausführlicher vorgestellte Eigenschaften:

  • höhere Bruchdehnung von bis zu einem Prozent
  • deutlich höherer Risswiderstand
  • extreme Thermoschockbeständigkeit
  • bessere dynamische Belastbarkeit
  • anisotrope, an den Faserausrichtungen orientierte Eigenschaften

Herstellung

Die Herstellung von Bauteilen aus faserverstärkter Keramik erfolgt in der Regel in drei Schritten:

  1. Ablegen und Fixieren der Fasern in der gewünschten Bauteilform
  2. Einbringen des keramischen Matrixmaterials zwischen die Fasern
  3. Endbearbeitung und bei Bedarf weitere Nachbehandlungsschritte wie zum Beispiel das Aufbringen von Beschichtungen

Der erste und letzte Schritt ist bei allen Typen von faserverstärkter Keramik nahezu gleich:

Beim ersten Schritt werden die Fasern (technisch auch als Rovings bezeichnet) ähnlich wie bei der Herstellung von faserverstärktem Kunststoff mit verschiedenen Techniken abgelegt und fixiert: Ablegen von Fasergewebe, Wickeln, Flechten oder Stricken von Fasern sind Beispiele hierfür. Im dritten und letzten Schritt sind konventionelle schleifende, bohrende, läppende oder fräsende Bearbeitungstechniken üblich, wie bei allen Keramiken durchweg mit Diamantwerkzeugen. Durch die besonderen Eigenschaften der faserverstärkten Keramik sind zusätzlich noch Bearbeitungstechniken mit dem Wasserstrahl und dem Laser ohne Probleme möglich.

Der zweite Schritt kennt zurzeit im Prinzip fünf unterschiedliche Verfahren, die keramische Matrix zwischen die Fasern zu bringen:

  1. Abscheidung von Keramik aus einem heißen Gasgemisch
  2. Erzeugung durch Pyrolyse eines Si- und C-Atome enthaltenden Polymers
  3. Erzeugung durch chemische Reaktion
  4. Erzeugung durch Sintern bei niedrigen Temperaturen (1000 bis 1200°C)
  5. Erzeugung durch Elektrophorese mit keramischem Pulver

Das fünfte Verfahren wird zurzeit noch nicht industriell eingesetzt. Bei allen genannten Verfahren gibt es noch Untervarianten, die sich in verfahrenstechnischen Details unterscheiden, sowie Kombinationen. Sie können in Büchern, Fachzeitschriften und Kongressliteratur nachvollzogen werden.

Die ersten drei Verfahren werden praktisch ausschließlich zur Herstellung der nicht-oxidischen, das vierte zur Herstellung der oxidischen Verbundkeramik benutzt.

Allen Verfahren gemeinsam ist, dass der Herstellprozess zu einem porösen Werkstoff führt.

Bemerkungen über keramische Fasern

Unter keramischen Fasern werden im Zusammenhang mit faserverstärkter Keramik nicht nur Fasern verstanden, die, wie echte Technische Keramik, eine polykristalline Materialstruktur aufweisen, sondern auch solche mit amorpher Anordnung der Atome. Wegen der hohen Temperatur bei der Herstellung von Verbundkeramik ist die Verwendung nicht nur der organischen, sondern auch der anorganischen Metall- und Glasfasern ausgeschlossen. Nur hochtemperaturstabile keramische Fasern aus kristallinem Aluminiumoxid, Mullit (Mischkristallen aus Aluminiumoxid und Siliciumoxid), weitgehend kristallinem Siliciumcarbid sowie Zirkonoxid, Kohlenstofffasern mit den graphitischen Lamellenebenen in Faserrichtung sowie amorphe Fasern aus Siliciumcarbid sind in Anwendungen im Einsatz. Alle diese "keramischen" Fasern zeichnen sich aus durch eine Dehnbarkeit, die zum Teil mit über 2 % wesentlich über der Dehnbarkeit normaler Keramik (etwa 0,05 bis 0,10 %) liegt. Ursache hierfür ist, dass in den Fasern je nach Hersteller verschiedene Additive (zum Beispiel Sauerstoff, Titan, Aluminium) enthalten sind, ohne die zum Beispiel die amorphen SiC-Fasern niemals eine Dehnbarkeit von 2 % und eine Zugfestigkeit von über 3000 MPa erreichen könnten. Mit diesen Eigenschaften können die Fasern auch zu zwei- und dreidimensionaler Faserstrukturen verwoben werden (siehe Bild). Beim Verarbeiten wie zum Beispiel beim Weben müssen die Fasern hohe Zuglasten und kleine Biegeradien überstehen.

Eigenschaften

Mechanische Eigenschaften

Grundmechanismus der mechanischen Eigenschaften

Die in der Einleitung erwähnte Erhöhung des Risswiderstandes durch die Einbettung keramischer Fasern in die keramische Matrix basiert auf folgendem Grundmechanismus:

Bei Belastung bildet das Matrixmaterial Risse genau wie in der unverstärkten Form bei Dehnungen über (je nach Matrixtyp) 0,05% und die eingebetteten Fasern bilden eine Brücke über den Riss. Dieser Mechanismus der Brückenbildung setzt voraus, dass die Matrix längs der Fasern gleiten kann, also nur schwach mechanisch mit den Fasern verbunden ist. Bei fester Verbindung zwischen Matrix und Fasern müssten die Fasern in der Brücke eine extrem hohe Dehnbarkeit oder entsprechend niedrige Steifigkeit besitzen, was aber nicht der Fall ist. Das bedeutet, dass bei fester Verbindung der Matrixriss an der gleichen Stelle auch durch die Fasern ginge und die faserverstärkte Keramik das spröde Bruchverhalten der nicht verstärkten Keramik zeigte.

Das Geheimnis faserverstärkter Keramik mit hohem Risswiderstand besteht demnach darin, bei der Herstellung sicherzustellen, dass die Verbindung zwischen Fasern und Matrix ein Gleiten zulässt. Nur auf diese Weise können die Fasern eine nennenswerte Brücke über Risse bilden und ihre Dehnbarkeit (bei C- und SiC-Fasern über 2 %, bei Al2O3-Fasern knapp 1 %) zur Geltung bringen. Bei der Herstellung von faserverstärkter Keramik wird dieser Gleitmechanismus meist durch eine dünne Beschichtung der Fasern mit Kohlenstoff oder Bornitrid sichergestellt. Diese Beschichtungen haben atomar angeordnete, lamellenartige Gleitebenen und bilden das Schmiermittel zwischen Fasern und Matrix. Bei oxidischer Verbundkeramik wird die schwache Anbindung durch hohe Porosität der Matrix oder durch künstlich erzeugte Lücken zwischen Faser und Matrix hergestellt. Letztere erhält man zum Beispiel durch eine Kohlenstoffbeschichtung der Fasern, die beim abschließenden Sinterprozess ausbrennt und eine entsprechende Lücke hinterlässt.

Eigenschaften bei Zug- und Biegebelastungen, Risswiderstand

Der Einfluss der Faserbeschichtung auf die Eigenschaften solcher Verbundkeramiken wird bei der Bestimmung von Biege-, Zugfestigkeit und Risswiderstand an Materialproben sichtbar.

Risswiderstandskurven verschiedener Verbundkeramiken und von SiSiC
Bildlegende: SiSiC: konventionelles SiSiC, SiCSiC(CVI) und CSiC(CVI): im CVI-Verfahren hergestelltes SiC/SiC bzw. C/SiC, CSiC(95) und CSiC(93): im LPI-Verfahren hergestelltes C/SiC, Ox(PP): oxidische Verbundkeramik, CSiC(Si): im LSI-Verfahren hergestelltes C/SiC.

Die Kurven von Risswiderstandsmessungen an gekerbten Proben sind im Bild links beispielhaft gezeigt. Bei diesen Versuchen wird mit zunehmender Kraft eine gekerbte Probe (siehe Bild) bis zum Bruch belastet. Kraft und der Weg des die Kraft einleitenden Stempels werden gemessen. In der Bruchmechanik wird die Kraft auf den Spannungsintensitätsfaktor (SIF, in der Technik K1c-Faktor genannt) normiert, wobei die Größe der entstehenden Bruchfläche berücksichtigt wird. Da sich herausgestellt hat, dass die Größe der Bruchfläche in Verbundkeramiken nicht bestimmt werden kann, ist in den gezeigten Kurven die Normierung nur auf die Größe der Anfangskerbe erfolgt und deshalb im Bild auch als formaler SIF "K" bezeichnet worden. Da dieser Wert einer Kraft entspricht, kann man die Fläche (das Integral) unter den Kurven im relativen Vergleich der Kurven untereinander als die Energie betrachten, die zur Zerstörung der Probe aufgewendet werden muss. Direkt vergleichbar sind die Ergebnisse nur, wenn die Probengeometrie bei allen Proben identisch ist.

Die Risswiderstandskurven der im Bild gezeigten verschiedenen Verbundkeramiken zeigen, dass der spezifische Energieaufwand, mit dem ein Riss durch Verbundkeramikproben getrieben werden kann, ein Vielfaches von dem der konventionellen SiSiC-Keramik beträgt. Das Maximum der verschiedenen Risswiderstandskurven gibt das Kraftniveau an, das erforderlich ist, um den Riss durch die Probe zu treiben. Unterschiedliche Typen und Herstellverfahren führen zu erkennbaren und deutlichen Unterschieden in den Qualitäten dieser Werkstoffklasse, speziell im Hinblick auf den Risswiderstand.

Bei Prüfung der Zugfestigkeit von Verbundkeramiken zeigen sich, verursacht durch den Rissüberbrückungsmechanismus, im Unterschied zu konventioneller Keramik quasi-plastische Kurvenverläufe und mögliche Dehnungen bis zu einem Prozent, mehr als dem Zehnfachen der Dehnbarkeit aller technischen Keramiken; quasi-plastisch deshalb, weil das Abbiegen der Kurve nach dem linear-elastischen Bereich nicht auf plastischer Verformung des Werkstoffes beruht, sondern auf die Ausbildung eines Risssystems zurückzuführen ist, das durch die Fasern zusammengehalten wird. Da die lasttragenden Fasern einen kleineren E-Modul besitzen, nimmt die Steigung der Kurve ab und täuscht so ein plastisches Verhalten vor.

Die Messkurven zur Bestimmung der Biegefestigkeit sehen praktisch genauso aus wie die oben gezeigten Kurven zur Bestimmung des Risswiderstandes. Bei der Bewertung von Zug- und Biegefestigkeiten sind zwei Dinge zu unterscheiden:

  • Material mit wenig oder im Extremfall ohne Matrix weist hohe Zug- (nämlich Faserzug-), aber so gut wie keine Biegefestigkeit auf.
  • Umgekehrt zeigt Material mit hohem Matrixanteil und geringer Porosität hohe Biegefestigkeiten (wie konventionelle Keramik), die wiederum nichts darüber aussagen, ob die Dehnbarkeit der Fasern genutzt wird.

Beide Werte müssen unabhängig voneinander betrachtet werden.

Sonstige mechanische Eigenschaften

In vielen Bauteilen aus Verbundkeramik liegen die Fasern in zweidimensionaler Form entweder als gestapelte Gewebelagen oder als gekreuzte Lagen eindimensional ausgerichteter Fasern vor. Die Werkstoffe sind damit anisotrop. Eine Rissausbreitung zwischen diesen Lagen wird durch keine Faserbrücke behindert. Die Werte für die interlaminare Scherfestigkeit sind bei diesem Material entsprechend niedrig, ebenso wie die Zugfestigkeit senkrecht zum Gewebe. Wie beim faserverstärkten Kunststoff sind mögliche Delaminationen eine Schwachstelle des Materials. Sie kann durch Einführung dreidimensionaler Faserstrukturen erheblich verbessert werden.

Material CVI-C/SiC LPI-C/SiC LSI-C/SiC CVI-SiC/SiC
Interlaminare Scherfestigkeit (MPa) 45 30 33 50
Zugfestigkeit senkrecht zur Faserebene (MPa) 6 4 - 7
Druckfestigkeit senkrecht zur Faserebene (MPa) 500 450 - 500

Bemerkungen zur Tabelle: Durch die Porosität sind die Druckfestigkeitswerte niedriger als bei konventioneller Keramik, wo für Siliciumcarbid über 2000 MPa angegeben werden. Porosität und fehlende Faserbrücken führen zu den sehr niedrigen Zugfestigkeiten senkrecht zur Faserebene.

Dehnungsgesteuerter LCF-Versuch mit einer CVI-SiC/SiC-Probe.
Bild: MT Aerospace AG, Augsburg

Die rissüberbrückende Wirkung der Fasern erlaubt auch eine hohe dynamische Belastung dieser Keramik. Proben werden in Wechsellastversuchen, sogenannten "Low-" oder "High-Cycle-Fatigue"-Versuchen, zyklischen Druck- und Zugbelastungen bis zum Bruch ausgesetzt. Je höher die Startbelastung gewählt wird, umso weniger Zyklen überlebt die Probe. Verschiedene Startlasten aufgetragen gegen den Logarithmus der jeweils erreichten Zyklenzahl ergeben die sogenannte Wöhler-Gerade. Sie zeigt an, wieviele Tausend oder Millionen Lastzyklen das getestete Material bei einer bestimmten dynamischen Belastung überleben kann. Faserverstärkte Keramik kann hier mit ausgezeichneten Ergebnissen aufwarten: bei 80% der Dehnbarkeit zyklisch belastet überlebt SiC/SiC etwa 8 Millionen Zug-Druck-Zyklen .

Thermische und elektrische Eigenschaften

Die thermischen und elektrischen Eigenschaften von faserverstärkter Keramik ergeben sich aus den Bestandteilen von Fasern, Matrix und Poren und deren Zusammensetzung. Die Faserorientierung erzeugt darüber hinaus noch richtungsabhängige (anisotrope) Kennwerte.

Zu den häufigsten, zurzeit verfügbaren Verbundkeramiken lässt sich Folgendes zusammenfassen:

Faserverstärkte Keramiken, die Oxide einsetzen, sind unverändert sehr gute elektrische Isolatoren und wegen der Poren steigt auch die thermische Isolationswirkung deutlich über die von konventionellen Oxidkeramiken.

Die Verwendung von Kohlenstofffasern erhöht die elektrische und die thermische Leitfähigkeit in Richtung der Fasern, sobald direkter elektrischer Kontakt zu ihnen vorliegt.

Siliciumcarbid als Matrix ist ein sehr guter Wärmeleiter Als elektrischer Halbleiter nimmt sein elektrischer Widerstand mit steigender Temperatur ab. Siliciumcarbid-Fasern leiten Wärme und elektrischen Strom wegen der amorphen Mikrostruktur deutlich schlechter. In Verbundkeramik mit Siliciumcarbid als Matrix sinken sowohl die Wärme- als auch die elektrische Leitfähigkeit wegen der Porosität auf niedrigere Werte. Einige Angaben sind in der folgenden Tabelle aufgelistet.

Material CVI-C/SiC LPI-C/SiC LSI-C/SiC CVI-SiC/SiC SSiC
Wärmeleitung (p) [W/m·K] 15 11 21 18 > 100
Wärmeleitung (s) [W/m·K] 7 5 15 10 > 100
Wärmedehnung (p) [10 − 6·1/K] 1,3 1,2 0 2,3 4
Wärmedehnung (s) [10 − 6·1/K] 3 4 3 3 4
spezifischer elektr. Widerstand (p) [Ω·cm] - - - - 50
spezifischer elektr. Widerstand (s) [Ω·cm] 0,4 - - 5 50

Bemerkungen zur Tabelle: Mit (p) und (s) sind die Eigenschaften parallel und senkrecht zu Faserorientierung des anisotropen Materials gemeint. Zu nicht eingetragenen Werten fehlen Literatur- oder Herstellerangaben. Wegen der geringen Porosität zeigt das LSI-Material die höchste Wärmeleitfähigkeit aller Verbundkeramiken - ein Vorteil für den Einsatz dieses Werkstoffes als hochbelastetes Bremsscheibenmaterial. Auch hier gilt, dass die Werte selbst innerhalb der einzelnen Keramiktypen je nach Details beim Herstellprozess erheblich abweichen können.

Normale Keramik und technische Keramik sind empfindlich gegenüber Thermospannungen, die bei Thermoschockbelastungen besonders hoch sind. Die Ursache liegt in der geringen Dehnbarkeit und hohen Steifigkeit (hohem E-Modul) dieser Materialien. Temperaturunterschiede im Material erzeugen unterschiedliche Ausdehnung, die wegen des hohen E-Moduls zu entsprechend hohen Spannungen führt. Durch diese wird das Material überdehnt und bricht. In faserverstärkter Keramik werden solche Risse durch die Fasern überbrückt. Ein Bauteil erleidet keinen makroskopischen Schaden, auch wenn sich in der keramischen Matrix Risse gebildet haben. Der Einsatz dieser Materialklasse in Scheibenbremsen beweist die Leistungsfähigkeit von Verbundkeramik unter extremen Thermoschockverhältnissen.

Korrosionseigenschaften

Breitere Untersuchungen zum Korrosionsverhalten von faserverstärkter Keramik liegen noch nicht vor. Auch hier sind die Eigenschaften bestimmt durch die Eigenschaften der verwendeten Bestandteile, nämlich Fasern und Matrix.

Generell sind keramische Werkstoffe im Vergleich zu den meisten übrigen Werkstoffen sehr korrosionsstabil. Die Vielzahl der Herstellvarianten mit verschiedenen Additiven, zum Beispiel Sinterhilfsmitteln, Mischformen, vor allem bei den Oxiden, Verunreinigungen, Glasphasen an den Korngrenzen und Porositätsunterschiede beeinflussen das Korrosionsverhalten entscheidend.

Über die zurzeit in Anwendungen wichtigen Matrix- und Fasermaterialien lässt sich stichwortartig Folgendes aus der Literatur entnehmen:

Anwendungen

Mit faserverstärkter Keramik steht ein Werkstoff zur Verfügung, der gewichtige Nachteile konventioneller technischer Keramik, nämlich deren geringe Bruchzähigkeit und hohe Thermoschockempfindlichkeit, nicht mehr besitzt. Anwendungsentwicklungen haben sich folglich auf Gebiete konzentriert, in denen Zuverlässigkeit bei hohen, für Metalle nicht mehr zugänglichen Temperaturen und bei abrasiven (= Verschleiß erzeugenden) Belastungen gefordert sind. Folgende Schwerpunkte haben sich in Entwicklungen und Anwendungen bisher ergeben:

Darüber hinaus sind grundsätzlich alle Bereiche interessant, in denen konventionelle technische Keramik verwendet wird oder in denen metallische Komponenten wegen Korrosion oder hoher Temperaturen keine befriedigenden Lebensdauern erreichen. Die folgende Präsentation einiger Entwicklungs- und Anwendungsbeispiele ist bei weitem nicht vollständig und soll nur die Breite der technischen Möglichkeiten andeuten.

Entwicklungen für Anwendungen in der Raumfahrt

Im Bereich der Raumfahrt ist faserverstärkte Keramik interessant für Komponenten von Hitzeschutzsystemen und für bewegliche Steuerklappen von Raumgleitern. Beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre entstehen für einige Minuten an diesen Elementen Oberflächentemperaturen über 1500° C, die nur von keramischen Werkstoffen ohne größere Beeinträchtigung ertragen werden. Durch den Einsatz von faserverstärkter Keramik für heiße Strukturen in der Raumfahrt verspricht man sich im Unterschied zu den bisher eingesetzten Materialsystemen unter anderem:

NASA-Raumgleiter X-38 beim Testflug

Da bei diesen hohen Temperaturen die verfügbaren oxidischen Fasern unter Last kriechen und die amorphen SiC-Fasern durch Rekristallisation ihre Festigkeit verlieren, haben sich die Material- und Komponentenentwicklungen auf die Verbundkeramik C/SiC konzentriert. Die im Rahmen des HERMES-Programmes der ESA in den 1980er Jahren durchgeführten und 1992 abgebrochenen Entwicklungen haben nach mehreren Folgeprogrammen ihren Höhepunkt mit der Entwicklung und Qualifikation von Bugnase, Flügelvorderkanten und Hecksteuerklappen des Raumgleiters X-38 der NASA gefunden.

Eine dieser Entwicklungen diente zum Beispiel der Qualifikation von Schrauben und Muttern aus Verbundkerami. Schrauben aus technischer Keramik sind zwar verfügbar, auf Grund der Kerben im Gewindegrund aber bruchempfindlich und haben bei weitem nicht die geforderte Zuverlässigkeit. Der Einsatz von Schrauben aus C/C ist auf Grund der Oxidationsempfindlichkeit ebenfalls zu risikoreich.

Hecksteuerklappenpaar für den NASA-Raumgleiter X-38.
Größe: 1,5x1,5x0,15 m, Masse: je 68 kg, gefügt aus Einzelteilen mit jeweils über 400 Schrauben/Muttern aus CVI-C/SiC.
Foto: MT Aerospace AG, Augsburg

Eine weitere wichtige Komponente dieser Steuerklappen ist das zentral gelegene Lager, über das die Kraft für die Bewegung eingeleitet wird. Dieses Lager wurde unter realitätsnahen Bedingungen (4 Tonnen Last, 1600 °C auf der Unterseite, Sauerstoffkonzentration auf dem Niveau beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und gleichzeitige 8°-Lagerbewegungen mit einem Bewegungszyklus in vier Sekunden) erfolgreich beim DLR in Stuttgart getestet; fünf Wiedereintrittsphasen wurden auf diese Weise simuliert.

Die Verwendung von C/SiC hat die Entwicklung und Qualifikation von Beschichtungssystemen erzwungen, die den raschen Ausbrand der C-Fasern unter den Wiedereintrittsbedingungen verhindern. Versuche im Plasmastrom unter simulierten Wiedereintrittsbedingungen haben den Erfolg dieser Entwicklungsarbeiten nachgewiesen.

Ein weiterer Qualifikationsschritt für die Flugtauglichkeit erfolgte durch Verformungstests bei über 1000°C auf einem Prüfstand der IABG in München. Die Verformung unter 4 Tonnen Last bestätigte die entsprechenden Berechnungen und die Auslegung. Abschließende Bodentests nach der Montage der Klappen an den für den Flugtest vorgesehene X-38-Raumgleiter in Houston, Texas, USA, verliefen ebenfalls erfolgreich. Die NASA hat aus finanzpolitischen Gründen das Ziel des Projektes, nämlich den Transport des X-38 mit einem Space Shuttle-Flug in die Erdumlaufbahn und den anschließenden (unbemannten) Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, nicht mehr realisieren können.

Man muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass diese Qualifikationen dem Einsatz von C/SiC-Verbundkeramik für diesen speziellen Fall gedient haben. Die Hochtemperaturbelastung dauert bei einem Wiedereintritt etwa 20 Minuten. Bei Wiederverwendbarkeit addiert sich die Dauer auf wenige Stunden zyklischer Belastung. Ein Einsatz von oxidationsgeschütztem C/SiC für industrielle Hochtemperaturanwendungen mit mehreren Hundert oder Tausend Stunden geforderter Lebensdauer ist damit noch nicht sichergestellt.

Entwicklungen für den Einsatz in Gasturbinen

Ziel des Verbundkeramikeinsatzes in Gasturbinen ist die Erhöhung der Gastemperatur, die einen Anstieg des Wirkungsgrades zu Folge hat.

Die komplexe Formgebung für Leitschaufeln und Turbinenschaufeln in Gasturbinen sowie die sehr hohe thermische und mechanische Belastung dieser Teile haben dazu geführt, dass zunächst mit Erfolg nur die Entwicklung von Brennkammern aus Verbundkeramik vorangetrieben worden ist. Am weitesten sind hier die Fortschritte in den Vereinigten Staaten gediehen. Eine Brennkammer aus SiC/SiC-Verbundkeramik auf der Basis einer speziellen hochtemperaturfesten SiC-Faser ist über 15.000 Stunden in einer Gasturbine im Einsatz gewesen. Da SiC in solchen Zeiträumen bei Temperaturen von etwa 1.100°C schon nennenswert durch Oxidation angegriffen wird, musste auch hier ein sehr leistungsfähgiger Oxidationsschutz entwickelt werden. Er besteht aus einem mehrschichtigen System oxidischer Keramiken.

Einer schnellen Umsetzung der bisherigen Ergebnisse in reale Anwendung steht noch entgegen, dass das getestete Temperaturniveau noch keine Vorteile gegenüber den herkömmlichen, mit einem Luftfilm gekühlten metallischen Brennkammern bietet, dass die der Brennkammer folgenden Komponenten (Leitschaufeln und Turbinenschaufeln) ebenfalls für ein erhöhtes Temperaturniveau entwickelt und qualifiziert werden müssen und dass die Kosten für die Herstellung des Verbundwerkstoffsystems aus speziellen SiC-Fasern, SiC-Matrix und speziellem Beschichtungssystem noch sehr hoch sind.

Anwendung oxidischer Verbundkeramik in Brennern und Heißgasführungen

Sauerstoffhaltige, heiße Gase mit einer Temperatur über 1.000°C führen über kurz oder lang in Flammrohren aus hochtemperaturfestem Stahl zu deren Verzunderung, bei Rohren aus Siliciumcarbid zur Schädigung durch Oxidation. Da diese Teile keiner hohen mechanischen Belastung, sondern nur starken Thermoschocks ausgesetzt sind, eignet sich oxidische Verbundkeramik besonders gut für solche Einsätze bis zu 1300 °C. Die Bilderreihe unten zeigt das Flammrohr eines Brenners aus oxidischer Aluminiumoxid-Verbundkeramik, das 15.000 Stunden in einer Backstraße für Knäckebrot genutzt worden ist und inzwischen über 20.000 Betriebsstunden erreicht hat. Eine Lebensdauer bis zum 20fachen von konventionellen Werkstoffen kann bei diesen Einsatzfällen realisiert werden.

Klappen oder Ventilatoren zur Regelung oder Förderung von sauerstoffhaltigen Heißgasströmen in verschiedenen Anlagen können aus Oxid-Verbundkeramik in baugleicher Form wie Metalle hergestellt werden. Sie haben den Vorteil, dass sie sich nicht - wie Metalle bei Temperaturen über 650°C - verformen. Der Einsatz diese Werkstoffes für Hubtore zum Beispiel in Sinteröfen, die bei häufigen Öffnungs- und Schließvorgängen ebenfalls thermisch hoch bis 1.300°C belastet werden, hat sich in einem Fall seit mehr als 12 Monaten mit über 260.000 Öffnungs- und Schließzyklen bewährt.

Anwendung als Bremsscheibe

Nach den Bremsscheiben aus C/C-Material, die schon seit längerem in Rennwagen der Formel 1 und in Bremsen von Flugzeugen eingesetzt werden, sind inzwischen Bremsscheiben aus C/SiC-Material, die mit dem LSI-Verfahren hergestellt werden, kommerziell verfügbar und werden in teuren Sportwagen gegen Aufpreis angeboten. Das LSI-Verfahren bietet Kostenvorteile bei der Herstellung. So werden die Scheiben aus einem Gemisch von Kurzfasern und Harz vergleichsweise schnell und kostengünstig gepresst, gehärtet, zur C/C-Scheibe pyrolysiert und anschließend, wie oben beschrieben, mit geschmolzenem Silicium in eine LSI-C/SiC-Scheibe umgewandelt.

Die Vorteile dieser Bremsscheiben lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Da die C-Fasern weitgehend durch die SiC-Matrix vor Oxidation geschützt sind und der Zeitraum, in der Bremsscheiben Temperaturen von über 500°C nennenswert überschreiten, in der gesamten Lebensdauer eines Fahrzeuges auf wenige Stunden begrenzt ist, spielt die Oxidation des Werkstoffes bei dieser Anwendung keine wesentliche Rolle.

Es bleibt abzuwarten, ob die Herstellkosten für solche Scheiben so weit abgesenkt werden können, dass auch Fahrzeuge der Mittelklasse damit ausgestattet werden. Den aktuellen Stand kann man aus den Internetseiten der Anbieter entnehmen.

Anwendungen in Gleitlagern

In Gleitlagern von Pumpen wird konventionelles SSiC oder auch das kostengünstigere SiSiC schon seit über 20 Jahren mit viel Erfolg verwendet). Das Lager benutzt dabei die von der Pumpe geförderte Flüssigkeit als Schmiermittel. Ursache für den Erfolg dieses Lagerkonzeptes ist die Korrosionsfestigkeit gegenüber fast allen Medien und der durch die große Härte bedingte extrem geringe Verschleiß bei Reibbelastung oder abrasiver Belastung durch Partikel sowie der niedrige Reibkoeffizient bei Flüssigkeitsschmierung. Die SiC-Komponenten des Gleitlagers bestehen aus der sogenannten Wellenschutzhülse, die auf der Welle montiert ist und in der Lagerbuchse rotiert. Die SiC-Lagerbuchse ist in der Regel in ihre metallische Umgebung eingeschrumpft und steht unter Druckspannung. Ein spröder Bruch dieser Komponente ist damit sehr unwahrscheinlich. Die SiC-Wellenschutzhülse hat diesen Vorteil nicht und wird deshalb in der Regel mit einer großen Wandstärke ausgeführt und/oder mit speziellen konstruktiven Vorkehrungen eingebaut. Bei großen Pumpen mit entsprechend großen Wellendurchmessern (100 bis 300 mm) sowie bei Pumpen mit hoher Lagerbelastung hat sich wegen des Ausfallrisikos der Wellenschutzhülse das keramische Lagerkonzept erst mit dem Einsatz von Verbundkeramik realisieren lassen. Auf dem Prüfstand konnte gezeigt werden, dass die Lagerpaarung aus CVI-SiC/SiC und konventionellem SSiC unter Mischreibungsbedingungen nahezu das Dreifache an spezifischer Lagerbelastung ertragen kann wie viele andere geprüfte Paarungen. Mit spezifischer Lagerbelastung ist das Produkt aus Reibkoeffizient (dimensionslos), Laufgeschwindigkeit (m/s) und Lagerbelastung (MPa oder N/mm2) gemeint; es gibt die im Lagerspalt umgesetzte Leistung in W/mm2 an und wird oft auch - unter Weglassung des Reibkoeffizienten - als "P mal V-Wert" angegeben.

Gleitlagerkomponenten für ein vollkeramisches Gleitlager, im Bild mit einer SSiC-Buchse für ein hydrostatisches Gleitlager und einer CVI-SiC/SiC-Wellenschutzhülse, wie es im links beschriebenen Lager mit LOX-Schmierung getestet wurde.
Foto: MT Aerospace AG

Kesselspeisewasserpumpen in Kraftwerken, mit denen einige tausend m3/h von 160°C heißem Wasser auf 20 bar Druck gefördert werden, oder Rohrgehäusepumpen, mit denen einige zehntausend m3/h Schleusenwasser oder Meerwasser für Entsalzungsanlagen gepumpt werden, sind seit 1994 die bisher bevorzugten Einsatzfälle für wassergeschmierte Gleitlager mit Wellenschutzhülsen aus CVI-SiC/SiC-Verbundkeramik (Bild am Anfang dieses Artikels).

In der Entwicklung befindet sich noch die Anwendung dieses Gleitlagertyps in Turbopumpen, mit denen in Triebwerken der Raumfahrt flüssiger Sauerstoff (Liquid Oxygen = LOX, Siedepunkt: -183°C) gefördert wird. Die bisherigen Tests haben gezeigt:

Der Vorteil dieser keramischen Lager mit Verbundkeramik im Vergleich zu Lagern mit herkömmlicher Keramik liegt in der stark erhöhten Zuverlässigkeit. Eine Beschädigung der Wellenschutzhülse führt nicht zu einer Zersplitterung in mehrere größere und harte Bruchstücke mit großen Folgeschäden für Pumpengehäuse und -rad.

Sonstige Anwendungen und Entwicklungsansätze

Erwähnt werden können noch die folgenden Anwendungs- und Entwicklungsbeispiele:


 
Seitenende
Seite zurück
©  biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 24.05. 2019