B-Baum

Ein B-Baum (englisch B-tree) ist in der Informatik eine Daten- oder Indexstruktur, die häufig in Datenbanken und Dateisystemen eingesetzt wird. Ein B-Baum ist ein immer vollständig balancierter Baum, der Daten nach Schlüsseln sortiert speichert. Er kann binär sein, ist aber im Allgemeinen kein Binärbaum. Das Einfügen, Suchen und Löschen von Daten in B-Bäumen ist in amortisiert logarithmischer Zeit möglich. B-Bäume wachsen und schrumpfen, anders als viele Suchbäume, von den Blättern hin zur Wurzel.

Geschichte und Namensgebung

Der B-Baum wurde 1972 von Rudolf Bayer und Edward M. McCreight entwickelt. Er erwies sich als ideale Datenstruktur zur Verwaltung von Indizes für das relationale Datenbankmodell, das 1970 von Edgar F. Codd entwickelt worden war. Diese Kombination führte zur Entwicklung des ersten SQL-Datenbanksystems System R bei IBM.

Die Erfinder lieferten keine Erklärung über die Herkunft des Namens B-Baum. Die häufigste Interpretation ist, dass B für balanciert steht. Weitere Interpretationen sind B für Bayer, Barbara (nach seiner Frau), Broad, Busch, Bushy, Boeing (da Rudolf Bayer für Boeing Scientific Research Labs gearbeitet hat), Banyanbaum (ein Baum, bei dem Äste und Wurzeln ein Netz erstellen) oder binär aufgrund der ausgeführten binären Suche innerhalb eines Knotens.

Idee und Übersicht

In einem B-Baum kann ein Knoten – im Unterschied zu Binärbäumen – mehr als 2 Kind-Knoten haben. Dies ermöglicht es, mit einer variablen Anzahl Schlüssel (oder Datenwerte) pro Knoten die Anzahl der bei einer Datensuche zu lesenden Knoten zu reduzieren. Die maximale erlaubte Anzahl der Schlüssel ist von einem Parameter t (in der Literatur manchmal auch als d, k oder m definiert), dem Verzweigungsgrad (oder Ordnung) des B-Baumes, abhängig. Die Bedeutung von t ist je nach Definition unterschiedlich: Entweder bezeichnet t die maximale Anzahl von Kindknoten – in diesem Fall ist die maximal erlaubte Anzahl von Schlüsseln (t-1), oder die minimal erlaubte Anzahl von Kindknoten – in dem Fall wäre die maximal erlaubte Anzahl an Schlüsseln 2t-1.

Anwendung finden B-Bäume unter anderem bei Datenbanksystemen, die mit sehr großen Datenmengen umgehen müssen, von denen nur ein Bruchteil gleichzeitig in den Hauptspeicher eines Rechners passt. Die Daten sind daher persistent auf Hintergrundspeicher (z.B. Festplatten) abgelegt und können blockweise gelesen werden. Ein Knoten des B-Baumes kann dann als ein Block gelesen bzw. gespeichert werden. Durch den großen Verzweigungsgrad bei B-Bäumen wird die Baumhöhe und damit die Anzahl der (langsamen) Schreib-/Lesezugriffe reduziert. Die variable Schlüsselmenge pro Knoten vermeidet zusätzlich häufiges Balancieren des Baumes.

Ein vollständig besetzter B-Baum, in dem t als die maximal erlaubte Anzahl von Kindknoten und h als die Höhe des Baums definiert ist, speichert gerade t^h - 1 Schlüssel. So können etwa bei einem entsprechend groß gewählten t (z.B. t = 1024) bei einer Höhe von h = 4 bereits 1024^{4} - 1 = (2^{10})^{4} - 1 = 2^{40} - 1 Schlüssel gespeichert werden. Da eine Suchoperation höchstens h+1 Knotenzugriffe benötigt, müssen für jede Suchanfrage in einem solchen Baum höchstens fünf Baumknoten inspiziert werden.

Definitionen

Abbildung 1: B-Baum
  1. Ein Knoten eines B-Baumes speichert
    • eine variable Anzahl s von Schlüsseln k_1, \ldots, k_s (und optional ein pro Schlüssel zugeordnetes Datenelement),
    • eine Markierung isLeaf, die angibt, ob es sich bei dem Knoten um ein Blatt oder einen inneren Knoten handelt.
    • Falls es sich um einen inneren Knoten handelt, zusätzlich s+1 Verweise auf Kindknoten.
  2. Für die Schlüssel in einem B-Baum gilt eine gegenüber binären Suchbäumen verallgemeinerte Sortierungsbedingung:
    • Alle Schlüssel eines Knotens sind aufsteigend sortiert.
    • Bei einem inneren Knoten x teilen seine Schlüssel x.k_i die Schlüsselbereiche seiner Unterbäume x.c_j in s+1 Teilbereiche ein. Jeder Schlüssel x.k_i stellt demnach eine Grenze dar, dessen linksseitiger Verweis auf kleinere Werte und dessen rechtsseitig angeordneter Verweis auf größere Werte verweist. In einem Unterbaum x.c_j kommen folglich nur Schlüssel k vor, für die gilt:
      • k < x.k_j, falls j = 1
      • x.k_{j-1} < k < x.k_j, falls j \in \{2,\ldots,s\}
      • x.k_{j-1} < k, falls j = s+1
  3. Alle Blattknoten des B-Baumes befinden sich in gleicher Tiefe. Die Tiefe der Blattknoten ist gleich der Höhe h des Baumes.
  4. Es gilt folgende Beschränkung für die erlaubte Anzahl von Kindverweisen bzw. Schlüsseln pro Knoten. Dazu wird eine Konstante t festgelegt, die den minimalen Verzweigungsgrad von Baumknoten angibt.
    • Alle Knoten außer der Wurzel haben
      • mindestens t-1 und höchstens 2t-1 Schlüssel und
      • mindestens t und höchstens 2t Kindverweise, wenn es sich um innere Knoten handelt.
    • Die Wurzel hat
      • mindestens 1 und höchstens 2t-1 Schlüssel, wenn der B-Baum nicht leer ist, und
      • mindestens 2 und höchstens 2t Kindverweise, wenn die Höhe des Baumes größer 0 ist.

Eigenschaften

Für die Höhe h eines B-Baumes mit n gespeicherten Datenelementen gilt:

h \leq \log_t \left({n+1 \over 2} \right)+1

Damit sind im schlimmsten Fall immer noch Zugriffe auf O(\log(n)) Baumknoten zum Auffinden eines Datenelements notwendig. Die Konstante dieser Abschätzung ist aber deutlich geringer als bei (balancierten) binären Suchbäumen mit Höhe \log_2(n):

{\log_2(n) \over {\log_t({n+1 \over 2})}} \approx \log_2(t)

Bei einem minimalen Verzweigungsgrad von t = 1024 benötigt ein B-Baum damit Zugriffe auf zehnmal weniger Knoten zum Auffinden eines Datenelements. Wenn der Zugriff auf einen Knoten die Dauer der gesamten Operation dominiert (wie das beim Zugriff auf Hintergrundspeicher der Fall ist), ergibt sich dadurch eine zehnfach erhöhte Ausführungsgeschwindigkeit.

Spezialfälle und Varianten

Für den Spezialfall t=2 spricht man von 2-3-4-Bäumen, da Knoten in einem solchen Baum 2, 3 oder 4 Kinder haben können. Verbreitete Varianten des B-Baumes sind B+-Bäume, in denen die Daten nur in den Blättern gespeichert werden, und B*-Bäume, die durch eine modifizierte Überlaufbehandlung immer zu 2/3 gefüllt sind. Alle diese Varianten werden wie auch der reguläre B-Baum in der Praxis oft eingesetzt.

Auch ein R-Baum kann als balancierter Baum als Erweiterung des B-Baumes bezeichnet werden.

Operationen

Suchen

Die Suche nach einem Schlüssel k liefert denjenigen Knoten x, der diesen Schlüssel speichert, und die Position j innerhalb dieses Knotens, für die gilt, dass {\displaystyle k=x.k_{j}}. Enthält der Baum den Schlüssel k nicht, liefert die Suche das Ergebnis nicht enthalten.

Die Suche läuft in folgenden Schritten ab:

  1. Die Suche beginnt mit dem Wurzelknoten r als aktuellem Knoten x.
  2. Ist x ein innerer Knoten,
    • wird die Position j des kleinsten Schlüssels bestimmt, der größer oder gleich k ist.
    • Existiert eine solche Position j,
      • aber ist k \neq x.k_j, kann der gesuchte Schlüssel nur in dem Unterbaum mit Wurzel x.c_j enthalten sein. Die Suche wird daher mit Schritt 2 und dem Knoten x.c_j als aktuellem Knoten fortgesetzt.
      • ansonsten wurde der Schlüssel gefunden und (x, j) wird als Ergebnis zurückgeliefert.
    • Existiert keine solche Position, ist der Schlüssel größer als alle im aktuellen Knoten gespeicherten Schlüssel. In diesem Fall kann der gesuchte Schlüssel nur noch in dem Unterbaum enthalten sein, auf den der letzte Kindverweis x.c_{x.s+1} zeigt. In diesem Fall wird die Suche mit Schritt 2 und dem Knoten x.c_{x.s+1} als aktuellem Knoten fortgesetzt.
  3. Ist x ein Blattknoten,
    • Wird k in den Schlüsseln von x gesucht.
    • Wenn der Schlüssel an Position j gefunden wird, ist das Ergebnis (x, j), ansonsten nicht enthalten.
Abbildung 2: Suche im B-Baum

In Abbildung 2 ist die Situation während der Suche nach dem Schlüssel k = 9 dargestellt. Im Schritt 2 aus obigem Algorithmus wird im aktuellen Knoten x die kleinste Position j gesucht, für die 9 \leq x.k_j gilt. Im konkreten Beispiel wird die Position 2 gefunden, da 5 \leq 9 \leq 13 gilt. Die Suche wird daher im rot markierten Unterbaum x.c_2 fortgesetzt, weil sich aufgrund der B-Baum-Eigenschaft (2) der gesuchte Schlüssel 9 nur in diesem Unterbaum befinden kann.

Einfügen

Abbildung 3: Teilen eines vollen B-Baum-Knotens.

Das Einfügen eines Schlüssels k in einen B-Baum geschieht immer in einem Blattknoten.

  1. In einem vorbereitenden Schritt wird der Blattknoten x_\mathrm{insert} gesucht, in den eingefügt werden muss. Dabei werden Vorkehrungen getroffen, damit die Einfügeoperation nicht die B-Baum-Bedingungen verletzt und einen Knoten erzeugt, der mehr als 2t-1 Schlüssel enthält.
  2. In einem abschließenden Schritt wird k unter Berücksichtigung der Sortierreihenfolge lokal in x eingefügt.

Die Suche von x_\mathrm{insert} läuft mit zwei Unterschieden so ab, wie unter Suchen beschrieben. Diese Unterschiede sind:

Das Teilen eines vollen Baumknotens geschieht, wie in Abbildung 3 gezeigt. Die Suche ist an Knoten x angekommen und würde zum Kindknoten x.c_2 absteigen (roter Pfeil). Das heißt, die Suchposition ist j = 2. Da dieser Kindknoten voll ist, muss er vor dem Abstieg geteilt werden, um zu garantieren, dass ein Einfügen möglich ist. Ein voller Knoten hat mit 2t-1 immer eine ungerade Anzahl von Schlüsseln. Der mittlere davon (in der Abbildung ist das Schlüssel x.c_2.k_3) wird im aktuellen Knoten an der Suchposition j eingefügt. Der Knoten x.c_2 wird in zwei gleich große Knoten mit jeweils t-1 Schlüsseln geteilt und diese über die beiden neuen Zeigerpositionen verlinkt (zwei rote Pfeile im Ergebnis). Die Suche steigt anschließend entweder in den Unterbaum x.c_2 oder x.c_3 ab, je nachdem, ob der einzufügende Schlüssel kleiner oder gleich dem mittleren Schlüssel des geteilten Knotens ist oder nicht.

Löschen

Das Löschen eines Schlüssels k_\mathrm{delete} ist eine komplexere Operation als das Einfügen, da hier auch der Fall betrachtet werden muss, dass ein Schlüssel aus einem inneren Knoten gelöscht wird. Der Ablauf ist dabei wie die Suche nach einem geeigneten Platz zum Einfügen eines Schlüssels, allerdings mit dem Unterschied, dass vor dem Abstieg in einen Unterbaum überprüft wird, ob dieser genügend Schlüssel (\geq t) enthält, um eine eventuelle Löschoperation ohne Verletzung der B-Baum-Bedingungen durchführen zu können. Dieses Vorgehen ist analog zum Einfügen und vermeidet anschließende Reparaturmaßnahmen.

Enthält der Unterbaum, den die Suche für den Abstieg ausgewählt hat, die minimale Anzahl von Schlüsseln (t-1), wird entweder eine Verschiebung oder eine Verschmelzung durchgeführt. Wird der gesuchte Schlüssel in einem Blattknoten gefunden, kann er dort direkt gelöscht werden. Wird er dagegen in einem inneren Knoten gefunden, passiert die Löschung wie in Löschen aus inneren Knoten beschrieben.

Verschiebung

Abbildung 4: Verschieben eines Schlüssels im B-Baum.

Enthält der für den Abstieg ausgewählte Unterbaum nur die minimale Schlüsselanzahl t-1, aber ein vorausgehender oder nachfolgender Geschwisterknoten hat mindestens t Schlüssel, wird ein Schlüssel in den ausgewählten Knoten verschoben, wie in Abbildung 4 gezeigt. Die Suche hat hier x.c_2 für den Abstieg ausgewählt (da x.k_1 < k_\mathrm{delete} < x.k_2), dieser Knoten enthält aber nur t-1 Schlüssel (roter Pfeil). Da der nachfolgende Geschwisterknoten x.c_3 ausreichend viele Schlüssel enthält, kann von dort der kleinste Schlüssel x.c_3.k_1 in den Vaterknoten verschoben werden, um im Gegenzug den Schlüssel x.k_2 als zusätzlichen Schlüssel in den für den Abstieg ausgewählten Knoten zu verschieben. Dazu wird der linke Unterbaum von x.c_3.k_1 zum neuen rechten Unterbaum des verschobenen Schlüssels x.k_2. Man kann sich leicht davon überzeugen, dass diese Rotation die Sortierungsbedingungen erhält, da für alle Schlüssel k im verschobenen Unterbaum vor und nach der Verschiebung die Forderung x.k_2 \leq k \leq x.c_3.k_1 gilt. Eine symmetrische Operation kann zur Verschiebung eines Schlüssels aus einem vorausgehenden Geschwisterknoten durchgeführt werden.

Verschmelzung

Abbildung 5: Verschmelzen zweier B-Baum Kindknoten.

Enthalten sowohl der für den Abstieg ausgewählte Unterbaum x.c_2 als auch sein unmittelbar vorausgehender und nachfolgender Geschwisterknoten genau die minimale Schlüsselanzahl, ist eine Verschiebung nicht möglich. In diesem Fall wird eine Verschmelzung des ausgewählten Unterbaumes mit dem vorausgehenden oder nachfolgenden Geschwisterknoten gemäß Abbildung 5 durchgeführt. Dazu wird der Schlüssel aus dem Vaterknoten x, welcher die Wertebereiche der Schlüssel in den beiden zu verschmelzenden Knoten trennt, als mittlerer Schlüssel in den verschmolzenen Knoten verschoben. Die beiden Verweise auf die jetzt verschmolzenen Kindknoten werden durch einen Verweis auf den neuen Knoten ersetzt.

Da der Algorithmus vor dem Abstieg in einen Knoten sicherstellt, dass dieser mindestens t anstelle der von den B-Baum-Bedingungen geforderten t-1 Schlüssel enthält, ist gewährleistet, dass der Vaterknoten x eine ausreichende Schlüsselanzahl enthält, um einen Schlüssel für die Verschmelzung zur Verfügung zu stellen. Nur im Fall, dass zwei Kinder des Wurzelknotens verschmolzen werden, kann diese Bedingung verletzt sein, da die Suche bei diesem Knoten beginnt. Die B-Baum-Bedingungen fordern für den Wurzelknoten mindestens einen Schlüssel, wenn der Baum nicht leer ist. Bei Verschmelzung der letzten zwei Kinder des Wurzelknotens, wird aber sein letzter Schlüssel in das neu entstehende einzige Kind verschoben, was zu einem leeren Wurzelknoten in einem nicht leeren Baum führt. In diesem Fall wird der leere Wurzelknoten gelöscht und durch sein einziges Kind ersetzt.

Löschen aus inneren Knoten

Abbildung 6: Löschen eines Schlüssels aus einem inneren Knoten.

Wird der zu löschende Schlüssel k_\mathrm{delete} bereits in einem inneren Knoten gefunden (k_\mathrm{delete} = x.k_2 in Abbildung 6), kann dieser nicht direkt gelöscht werden, weil er für die Trennung der Wertebereiche seiner beiden Unterbäume x.c_2 und x.c_3 benötigt wird. In diesem Fall wird sein symmetrischer Vorgänger (oder sein symmetrischer Nachfolger) gelöscht und an seine Stelle kopiert. Der symmetrische Vorgänger ist der größte Blattknoten im linken Unterbaum x.c_2, befindet sich also dort ganz rechts außen. Der symmetrische Nachfolger ist entsprechend der kleinste Blattknoten im rechten Unterbaum x.c_3 und befindet sich dort ganz links außen. Die Entscheidung, in welchen Unterbaum der Abstieg für die Löschung stattfindet, wird davon abhängig gemacht, welcher genügend Schlüssel enthält. Haben beide nur die minimale Schlüsselanzahl, werden die Unterbäume verschmolzen. Damit wird keine Trennung der Wertebereiche mehr benötigt und der Schlüssel kann direkt gelöscht werden.

Beispiel

Abbildung 7: Evolution eines B-Baumes

Abbildung 7 zeigt die Entwicklung eines B-Baumes mit minimalem Verzweigungsgrad t=2. Knoten in einem solchen Baum können minimal einen und maximal drei Schlüssel speichern und haben zwischen zwei und vier Verweise auf Kindknoten. Man spricht daher auch von einem 2-3-4-Baum. In einer praktischen Anwendung würde man dagegen einen B-Baum mit wesentlich größerem Verzweigungsgrad verwenden.

Folgende Operationen wurden auf einem 2-4 Baum (siehe Abbildung 7) durchgeführt:

Siehe auch

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.03. 2022