Exergone und endergone Reaktion
Chemische Reaktionen werden in Bezug darauf, ob die freie Enthalpie G der an der Reaktion beteiligten Komponenten ab- oder zunimmt, als exergone oder endergone Reaktionen bezeichnet:
- exergon:
- endergon:
Diese Begriffe sind nicht mit exotherm und endotherm zu verwechseln.
Exergone und endergone Reaktionen
Reaktionen, die thermodynamisch günstig sind, werden als exergon bzw. exergonisch bezeichnet, hingegen sind endergone Reaktionen thermodynamisch ungünstig.
Sowohl exergone als auch endergone Reaktionen laufen prinzipiell „freiwillig“ ab, sofern die Reaktionskinetik dies zulässt. Bei exergonen Reaktionen liegt das Gleichgewicht lediglich weiter auf der Seite der Produkte als bei endergonen. Dabei ist zu beachten, dass bei genauer Betrachtung jede Reaktion eine Gleichgewichtsreaktion ist.
Ein Beispiel für einen endergonen Prozess ist die Entstehung eines Proteins
in einer wässrigen
Lösung von Aminosäuren.
Diese Reaktion kann nur dann realisiert werden, wenn sie an andere, exergone
Prozesse gekoppelt wird, so dass in der Summe das Vorzeichen von
negativ ist; in biologischen
Systemen gelingt dies meist durch die Hydrolyse
von ATP.
Ohne diese Koppelung liefe die Reaktion zwar ab, jedoch nur in einem marginalen Umfang, der für die
Bewältigung der biochemischen
Aufgabe völlig unzureichend wäre.
Da die Rückreaktion einer endergonen Reaktion stets exergon ist (und umgekehrt), sollten Proteine eigentlich spontan wieder in ihre Aminosäuren zerfallen. Allerdings ist die Geschwindigkeit der Zerfallsreaktion unter physiologischen Bedingungen so klein, dass sie vernachlässigt werden kann, d.h. Peptidbindungen sind in diesem Fall kinetisch stabil. Hier entscheidet also ein Argument aus der Reaktionskinetik.
Systeme streben stets dem Gleichgewichtszustand
zu, weil hier die freie Enthalpie den minimalen Wert annimmt. Hat ein System
sein Gleichgewicht erreicht, so verändern sich die Konzentrationen
der Reaktionspartner nicht mehr, weil G auf keinem Weg weiter verringert
werden kann, und es gilt .
Wichtige Unterscheidungen
- G ist die nur hypothetische freie Gesamtenthalpie (da die freie Enthalpie keinen absoluten Nullpunkt hat, ist dies eine hypothetische Größe)
ist allgemein die Änderung der freien Enthalpie bei einem Vorgang
beschreibt die Änderung der freien Enthalpie bei vollständigem Ablaufen der Reaktion.
Das vollständige Ablaufen einer Reaktion ist hypothetisch, da jede Reaktion
nur bis zum chemischen Gleichgewicht läuft. Dennoch ist
eine wichtige Größe, da mit ihrer Hilfe die Gleichgewichtskonstante
K berechnet werden kann:
mit
- der Gaskonstante R
- der absoluten Temperatur T.
Bestimmung der freien Reaktionsenthalpie
ist gegeben durch folgende Beziehung (oft auch als Gibbs-Helmholtz-Gleichung
bezeichnet):
mit
: freie Reaktionsenthalpie
: Reaktionsenthalpie (d.h. Änderung der Enthalpie der Stoffe bei Ablaufen der Reaktion)
: Reaktionsentropie (d.h. Änderung der Entropie der Stoffe bei Ablaufen der Reaktion).
kann mit Hilfe tabellierter Werte (Standard-Reaktionsenthalpien
und Standard-Reaktionsentropien
)
für Standardbedingungen
berechnet werden. Man spricht dann von Freier Standardreaktionsenthalpie
.
Eine Umrechnung auf andere Temperaturen kann mit Hilfe der Van-’t-Hoff-Gleichung
geschehen.
Deutung der Gleichung ΔG = ΔH – T · ΔS
Thermodynamik der chemischen Reaktion
Triebkraft für das Ablaufen einer chemischen Reaktion ist die Zunahme der Entropie S im Universum (vgl. 2. Hauptsatz der Thermodynamik).
Betrachtet man ein System, das keine Wärme
mit der Umgebung austauschen kann (adiabatisches
System), so lautet die einzige Bedingung, die an einen spontan ablaufenden
Vorgang zu stellen ist, .
Entscheidend ist dabei nicht, ob die einzelne Reaktion exergon oder endergon
ist, sondern dass das System sich noch nicht im Gleichgewicht befindet.
Exotherme und endotherme Reaktion
Erlaubt man dem System den Wärmeaustausch mit
der Umgebung (diabatisches
System), so muss zusätzlich die Entropieänderung in der Umwelt
berücksichtigt werden. Diese kann erfasst werden über die Enthalpieänderung
des Systems:
- als negativer Beitrag, wenn die Reaktion exotherm ist, thermische Energie an die Umgebung verteilt wird und auf diese Weise in der Umwelt die Entropie zunimmt,
- als positiver Beitrag, wenn die Reaktion endotherm verläuft und die Entropie in der Umwelt abnimmt, weil thermische Energie im Reaktionsgefäß konzentriert wird.
Das System strebt Zustände mit minimaler freier Enthalpie an, da dies der Zustand maximaler Entropie ist.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 03.06. 2024