Treibhauspotential
Das (relative) Treibhauspotential (auch Treibhauspotenzial; >englisch Global warming potential, greenhouse warming potential, GWP) oder CO2-Äquivalent einer chemischen Verbindung ist eine Maßzahl für ihren relativen Beitrag zum Treibhauseffekt, also ihre mittlere Erwärmungswirkung der Erdatmosphäre über einen bestimmten Zeitraum (in der Regel 100 Jahre). Sie gibt damit an, wie viel eine bestimmte Masse eines Treibhausgases im Vergleich zur gleichen Masse CO2 zur globalen Erwärmung beiträgt.
Beispielsweise beträgt das CO2-Äquivalent für Methan bei einem Zeithorizont von 100 Jahren 28: Das bedeutet, dass ein Kilogramm Methan innerhalb der ersten 100 Jahre nach der Freisetzung 28-mal so stark zum Treibhauseffekt beiträgt wie ein Kilogramm CO2. Bei Distickstoffmonoxid beträgt dieser Wert 265.
Das Treibhauspotential ist aber nicht mit dem tatsächlichen Anteil an der globalen Erwärmung gleichzusetzen, da sich die Emissionsmengen der verschiedenen Gase stark unterscheiden. Mit diesem Konzept können bei bekannten Emissionsmengen die unterschiedlichen Beiträge einzelner Treibhausgase verglichen werden.
In der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls werden Emissionsmengen mit Hilfe der CO2-Äquivalente der einzelnen Gase bewertet und so gemäß ihren Treibhauspotentialen gewichtet. Dies bedeutet, dass beispielsweise eine Methan-Emissionsreduktion um eine Tonne gleichwertig zu einer CO2-Reduktion um 21 Tonnen ist, da in beiden Fällen Emissionen in der Höhe von 21 Tonnen CO2-Äquivalent weniger anfallen. Maßgeblich sind dabei die Zahlen gemäß dem zweiten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) aus dem Jahr 1995 für einen Zeithorizont von 100 Jahren.
Das IPCC selbst gibt jedoch GWP-Werte für Zeithorizonte von 20 Jahren, 100 Jahren und 500 Jahren an und betont, dass dessen Wahl von politischen Überlegungen bestimmt sei. So sei z.B. ein langer Zeithorizont zu wählen, wenn bevorzugt die Eindämmung der langfristigen Folgen der globalen Erwärmung angestrebt werde.
Werte von Treibhausgaspotentialen
Bedeutende Treibhausgase
Treibhausgas | Summen- formel |
Quelle | GWP gemäß … | atmosphärische Lebensdauer in Jahren gemäß IPCC AR5 | ||
---|---|---|---|---|---|---|
IPCC AR5 | Kyoto-Protokoll | |||||
(bezogen auf 20 Jahre) | (bezogen auf 100 Jahre) | (bezogen auf 100 Jahre) | ||||
Kohlenstoffdioxid | CO2 | Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) und von Biomasse (Wald-/ Brandrodung), Zementproduktion, ebenfalls entsteht es bei der äußeren Atmung | 1 | 1 | 1 | – a |
2,3,3,3-Tetrafluorpropen (R1234yf) | C3H2F4 | Kältemittel in Kühlanlagen | 4,4 | 0,033 | ||
Methan | CH4 | Reisanbau, Viehzucht, Kläranlagen, Mülldeponien, Steinkohlenbergbau (Grubengas), Erdgas- und Erdölproduktion, Zerfall von Methanhydrat-Vorkommen durch die globale Erwärmung, Feuchtgebiete | 84 | 28 | 21 | 12 |
Distickstoffoxid (Lachgas) |
N2O | Stickstoffdünger in der Landwirtschaft, Verbrennung von Biomasse | 264 | 265 | 310 | 121 |
1,1,1,2-Tetrafluorethan (R-134a, HFC-134a) |
C2H2F4 | Kältemittel in Kühlanlagen | 3710 | 1300 | 1000 | 13,4 |
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) |
z.B. CClF3 | Gruppe verschiedener Verbindungen, Treibgase in Sprühdosen, Kältemittel in Kühlanlagen, Narkosemittel, Füllgase in Schaumstoffen. Reduktion aufgrund des Montreal-Protokolls. In Deutschland seit 1995 verboten. | 10900 | 4660 | 640 | |
Fluorkohlenwasserstoffe (FKW, HFKW) |
z.B. CHF3 | Treibgase in Sprühdosen, Kältemittel in Kühlanlagen, Füllgase in Schaumstoffen | 10800 | 12400 | 222 | |
Stickstofftrifluorid | NF3 | Herstellung von Halbleitern, Solarzellen und Flüssigkristallbildschirmen | 12800 | 16100 | 500 | |
Schwefelhexafluorid | SF6 | Schutzgas bei der technischen Erzeugung von Magnesium. Weiters bei Leckagen an gasisolierten Hochspannungsschaltanlagen | 17500 | 23500 | 23900 | 3200 |
Weitere Gase
Trotz der international gültigen Protokolle inklusive der damit einhergehenden Nachbesserungen, gibt es nach wie vor Treibhausgase, die nicht erfasst werden und ein sehr hohes Treibhauspotenzial aufweisen. Dies gilt zum Beispiel für die Substanz Sulfuryldifluorid, die ein Treibhauspotenzial von 7642, 4780 bzw. 1540 bezogen auf 20, 100 bzw. 500 Jahre bei einer Verweilzeit von 36 Jahren in der Atmosphäre aufweist. Sulfuryldifluorid wird eingesetzt für die Schädlingsbekämpfung wie zum Beispiel von Exportholz oder von Gebäuden. Durch eine stark steigende Zunahme der deutschen Holzexporte in den letzten Jahren sowie restriktivere Einfuhrbestimmungen der Importländer hat auch die Emission von Sulfuryldiflourid stark zugenommen.
Einflussgrößen
Das relative Treibhauspotential (GWP) eines Treibhausgases wird durch verschiedene Faktoren bestimmt, nämlich seine Verweilzeit in der Atmosphäre und den Strahlungsantrieb, den eine Konzentrationszunahme von einer vorhandenen Hintergrundkonzentration aus verursacht. Änderungen der Einschätzung der Verweilzeit und geringerer Strahlungsantrieb wegen steigender Hintergrundkonzentrationen sind Gründe, warum der IPCC in seinen Berichten die Werte für das Treibhauspotential regelmäßig aktualisiert.
Entgegen einem gelegentlich vorgebrachten Einwand ist zusätzlich in die Atmosphäre emittiertes Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Lage, den Treibhauseffekt zu verstärken, obwohl das vorhandene CO2 innerhalb seiner Absorptionsbanden die Wärmestrahlung bereits praktisch vollständig absorbiert.
Die Erdatmosphäre strahlt im Mittel in einer Höhe von 5500 m Wärme ins All ab, nicht auf Meeresspiegelniveau. Eine Erhöhung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen bewirkt, dass der Bereich, in dem die Erde ihre Wärme ins All abstrahlt, nach oben wandert. Damit die Wärmeabstrahlung gleich der Einstrahlung bleibt, muss sich auch der Abstrahlungsbereich nach oben verschieben. Die bodennahe Temperatur steigt dann entsprechend dem atmosphärischen Temperaturgradienten an.
Einfluss des Absorptionsverhaltens
Der Effekt eines Treibhausgases beruht auf seiner Fähigkeit, die von der Erdoberfläche und bodennahen Luftschichten im mittleren Infrarotbereich (3 bis 50 Mikrometer) emittierte Wärmestrahlung zu absorbieren und teilweise wieder zur Erde zurückzustrahlen und so die Abkühlung der Atmosphäre zu behindern (Treibhauseffekt). Da hier der zusätzliche Erwärmungseffekt des Gases betrachtet wird, ist insbesondere sein Absorptionsverhalten in denjenigen Spektralbereichen von Bedeutung, in denen die natürlich vorhandenen Treibhausgase (vor allem Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid) nicht oder nur wenig absorbieren. Dies ist insbesondere das sog. atmosphärische Fenster im Bereich 8–13 Mikrometer Wellenlänge.
Einfluss von Konzentration und Molekülgeometrie
Der Strahlungsantrieb eines Treibhausgases hängt nichtlinear von seiner Konzentration ab. Diese nichtlineare Abhängigkeit ist näherungsweise eine logarithmische Funktion. Dies bedeutet, dass eine Konzentrationsänderung von beispielsweise 2 auf 3 ppm dieselbe Wirkung wie eine Konzentrationsänderung von 20 ppm auf 30 ppm (bzw. 200 ppm auf 300 ppm usw.) hat. Neben der im Vergleich mit beispielsweise CO2 größeren Zahl möglicher Schwingungsformen komplexer Moleküle ist dies ein weiterer Grund, dass sich die Konzentrationsänderung eines im atmosphärischen Fenster absorbierenden Spurengases, das natürlicherseits nicht oder nur in extrem kleinen Konzentrationen existiert, so stark auswirkt, wie in der Tabelle aufgezeigt.
Das Absorptionsverhalten eines Treibhausgases, also in welchen Wellenlängenbereichen es die Wärmestrahlung absorbieren kann, hängt von der molekularen Struktur des jeweiligen Gases ab.
Einfluss der Verweilzeit
Ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist die mittlere Verweilzeit des Gases in der Atmosphäre. Hierbei spielt auch der gewählte Zeithorizont eine wichtige Rolle. So haben Fluor-haltige Treibhausgase aufgrund ihrer hohen Verweilzeit (z.B. 3200 Jahre für SF6) in der Atmosphäre ein wesentlich höheres GWP als Treibhausgase ohne Fluoratome im Molekül. Methan (Verweilzeit ca. 12 Jahre) wirkt andererseits kurzfristig, sein GWP ist daher für kurze Zeithorizonte wesentlich größer als für lange. Als Vergleich sei noch die Verweilzeit von CO2 mit ca. 120 Jahren beziffert, wobei anzumerken ist, dass dies das Lösungsgleichgewicht für Kohlendioxid von Atmosphäre und den oberen Meeresschichten betrifft. Sinken CO2-haltige Wassermassen in die Tiefsee ab, erhöht sich die Verweilzeit in dem Zwischenspeicher Ozean auf einige tausend Jahre.
Aktuelle Werte
Seit 1835 hat sich die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Erdatmosphäre von rund 280 ppm auf 400 ppm im Jahr 2015 erhöht. Der Methangehalt hat sich 1750–2000 von 0,8 auf 1,75 ppm mehr als verdoppelt. Dies entspricht einem Anstieg des CO2-Äquivalents von 24 ppm auf rund 50 ppm. Zusammen mit der Erhöhung der Konzentration vieler anderer Treibhausgase ergibt sich für das Jahr 2015 ein Gesamt-Strahlungsantrieb, der einem CO2-Äquivalent von 485 ppm entspricht. Die Konzentration der meisten anderen Treibhausgase war vorindustriell nahezu Null. In neuerer Zeit gerät Distickstoffoxid (Lachgas) in den Fokus.
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de Seite zurück© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.04. 2024