Gebundener Vektor
Ein gebundener Vektor oder lokalisierter Vektor ist ein Vektor, der einem bestimmten Punkt zugeordnet ist. Durch diese Zuordnung zu diesem Punkt (oder einer Wirkungslinie) erhält der Vektor meist erst seine physikalische Bedeutung. Er kann nicht mehr beliebig im Raum verschoben werden, ohne dass sich die Anfangsbedingungen dieser Zuordnung ändern. Als mathematisches Modell dafür kann eine gerichtete Strecke angesehen werden.
Der Begriff selbst wurde von dem deutschen Mathematiker Heinrich Emil Timerding geprägt, jedoch meinte dieser damit einen an eine Wirkungslinie gebundenen Vektor, für den der deutsche Statiker und Hochschullehrer August Föppl später den Begriff linienflüchtiger Vektor einführte. In manchen älteren Lehrbüchern werden deswegen unter dem Begriff gebundener Vektor linienflüchtige Vektoren beschrieben, die entlang dieser ihrer Wirkungslinie verschiebbar sind.
Ein an einen Punkt gebundener Vektor geht von einem festen Punkt A aus und wird durch Betrag und Richtung bestimmt. Dieser Vektor ist keinem einzelnen anderen Vektor gleichwertig. Durch die feste Zuordnung zu diesem Anfangspunkt kann er nicht wie ein freier Vektor parallelverschoben werden ohne dass sich damit seine Wirkung ändert. Durch gegebenen Betrag (als Länge dargestellt) und Richtung wird der Endpunkt B festgelegt. Ein gebundener Vektor wird entweder mit einem Buchstabenpaar bezeichnet, das den Anfangspunkt und den Endpunkt beschreibt und einem Pfeil, der beide Buchstaben überspannt; oder ein Einzelbuchstabe beschreibt den Namen des Vektors und wird als dieser Buchstabe überspannt mit einem Pfeil dargestellt:
- oder
Ein Spezialfall des gebundenen Vektors ist der Ortsvektor, der stets an den Koordinatenursprung gebunden ist und von null zu (hier) einem Punkt A zeigt.
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Mathematisch kann ein gebundener Vektor durch einen Vektor und einen Ortsvektor zu dem Anfangs- oder Bezugspunkt A beschrieben werden:
- oder
Die Regeln der Vektoralgebra gelten für gebundene Vektoren nur noch eingeschränkt. Da keine Parallelverschiebung zulässig ist und somit wegen der unterschiedlichen festen Anfangspunkte kein Vektorpolygon gebildet werden kann, ist zum Beispiel keine Addition von gebundenen Vektoren nach den Regeln der Vektoralgebra durchführbar. Ebenfalls sind keine Gleichheitsuntersuchungen von mehreren verschiedenen gebundenen Vektoren, die an unterschiedlichen Angriffspunkten wirken, zulässig. Um trotzdem mit gebundenen Vektoren rechnerisch arbeiten zu können, sind zusätzliche Begriffe wie Moment und Äquivalenz nötig.
Das Moment wird hier als Wirkung eines gebundenen Vektors (oder einer vektoriellen Größe) bezeichnet und wird als Hilfsgröße für die Berechnung von Systemen gebundener Vektoren genutzt. Es ist das Kreuzprodukt aus einem an einen Punkt gebundenen Vektor und dem Ortsvektor.
Im Gegensatz zu den gebundenen Vektoren selbst können jedoch deren Momente mit einem gemeinsamen Bezugspunkt addiert werden. Zwei Systeme gebundener Vektoren sind zueinander äquivalent (sprich gleichwertig), wenn sie unabhängig vom Bezugspunkt auf dasselbe resultierende Moment führen. Für die Praxis kann ein System gebundener Vektoren durch Addition der Momente auf eine äquivalente gemeinsame vektorielle Größe reduziert werden, die Vektorwinder genannt wird.
Anwendungen
Gebundene Vektoren werden in der Physik zur Beschreibung einer Kraft verwendet, die auf den Punkt A auf eines unbewegten starren Körpers wirkt, wobei Richtung und Betrag der Kraft durch den Vektor beschrieben sind, zum Beispiel die Gewichtskraft. Deren Moment ist ein Drehmoment. Der Zusammenhang zwischen gebundenem Vektor und seinem Moment wird zum Beispiel durch das Hebelgesetz dargestellt.
Hauptanwendungsfall von Systemen gebundener Vektoren und derer Momente ist die Statik . Weitere Beispiele sind Feldvektoren, die einem bestimmten Punkt im Feld zugeordnet sind
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.09. 2019