Spektrum (Topologie)
Im mathematischen Teilgebiet der algebraischen Topologie werden Spektren zur Definition verallgemeinerter Homologietheorien benutzt.
Definition
Ein Spektrum ist eine Folge punktierter Räume
mit punktierten
stetigen
Abbildungen
.
Hierbei bezeichnet
die reduzierte
Einhängung von
.
Weil die reduzierte Einhängung linksadjungiert
zur Bildung des Schleifenraums ist, entspricht
einer bis auf Homotopie
eindeutigen stetigen Abbildung
.
Ein Spektrum ist ein
-Spektrum,
wenn die Abbildungen
Homöomorphismen
sind.
Man findet in der Literatur auch andere Definitionen. Zum Beispiel werden die
oben definierten Spektren als Präspektrum und die -Spektren
dann als Spektrum bezeichnet. Mit diesen Bezeichnungen kann man jedem
Präspektrum
durch
ein Spektrum zuordnen, seine Spektrifizierung.
Ein Morphismus zwischen Spektren
und
ist eine Familie stetiger Abbildungen
mit
für alle
.
Beispiele
- Einhängungsspektren: Für einen topologischen Raum
bildet
mit den kanonischen Homöomorphismen
ein Spektrum. Es wird als Einhängungsspektrum
des Raumes
bezeichnet. Allgemeiner werden Spektren der Form
mit
als Einhängungsspektren bezeichnet, wobei für ein Spektrum
mit
das Spektrum
gemeint ist.
- Sphärenspektrum: Das Einhängungsspektrum der
-dimensionalen Sphäre heißt Sphärenspektrum und wird mit
bezeichnet. In diesem Fall ist also
und
der kanonische Homöomorphismus.
- Eilenberg-MacLane-Spektrum: Für eine abelsche Gruppe
bilden die Eilenberg-MacLane-Räume ein Spektrum mit
und
der durch den Satz von Whitehead gegebenen Homotopieäquivalenz. Dieses Spektrum wird auch mit
bezeichnet.
- Thom-Spektrum: Die Thom-Räume
der universellen Vektorbündel
über den Graßmann-Mannigfaltigkeiten
bilden ein Spektrum
. Die Strukturabbildung ist in diesem Fall die von der klassifizierenden Abbildung
des Vektorbündels
induzierte Abbildung
- Topologisches K-Theorie-Spektrum: Dieses Spektrum ist definiert
durch
für alle
, wobei
die aufsteigende Vereinigung der unitären Gruppen und
ihr klassifizierender Raum ist.
-Spektren: Sei
ein unendlicher Schleifenraum, dann definiert
ein
-Spektrum.
- Algebraisches K-Theorie-Spektrum: Für einen kommutativen Ring
mit Eins ist
, die Anwendung der Plus-Konstruktion auf den klassifizierenden Raum von
, ein unendlicher Schleifenraum und definiert deshalb ein
-Spektrum.
Homotopiegruppen von Spektren
Die k-te Homotopiegruppe eines Spektrums ist definiert durch
.
Die Homotopiegruppen eines Einhängungsspektrums
werden als stabile Homotopiegruppen von
bezeichnet:
.
Für -Spektren
gilt bereits
.
Beispiele
- Die stabilen Homotopiegruppen der Sphären sind die Homotopiegruppen
des Sphärenspektrums
.
- Die algebraische
K-Theorie
eines kommutativen Ringes
mit Eins erhält man für
per Definition als Homotopiegruppen des algebraischen K-Theorie-Spektrums.
- Die Kobordismusgruppe
unorientierter
-Mannigfaltigkeiten ist isomorph zur
-ten Homotopiegruppe des Thom-Spektrums.
Äquivalenzen
Für Morphismen von Spektren gilt das folgende Analogon zum Satz von Whitehead:
Ein Morphismus von Spektren induziert genau dann einen Isomorphismus aller Homotopiegruppen, wenn der induzierte Morphismus in der Homotopie-Kategorie der Spektren ein Isomorphismus ist. Solche Abbildungen heißen Äquivalenzen.
Verallgemeinerte Homologietheorien
Ein Spektrum definiert eine (reduzierte) verallgemeinerte Homologietheorie durch
,
wobei
das mit Hilfe des Smash-Produktes
durch
definierte Spektrum bezeichnet.
Insbesondere ist .
Beispiel
ist isomorph zur Kobordismusgruppe singulärer
-Mannigfaltigkeiten
in
.
Verallgemeinerte Kohomologietheorien
Jedes Spektrum
definiert eine verallgemeinerte (reduzierte) Kohomologietheorie
durch
für topologische Räume ,
wobei
die Homotopieklassen
punktierter
stetiger Abbildungen bezeichnet. (Man sagt, die Kohomologietheorie wird durch
das Spektrum dargestellt.)
Die zugehörige unreduzierte Kohomologietheorie wird mit
bezeichnet.
Beispiele
Das Eilenberg-MacLane-Spektrum
definiert die singuläre
Kohomologie
,
das topologische K-Theorie-Spektrum definiert topologische
K-Theorie.
Berechnung
Verallgemeinerte Kohomologiegruppen
eines Raumes
können oft mit Hilfe der Atiyah-Hirzebruch-Spektralsequenz
berechnet werden. Diese ist eine gegen
konvergierende Spektralsequenz
mit
-Term
,
wobei
singuläre
Kohomologie mit Koeffizienten-Gruppe
bezeichnet.
Brownscher Darstellbarkeitssatz
Aus dem Brownschen
Darstellbarkeitssatz folgt, dass sich jede reduzierte verallgemeinerte
Kohomologietheorie durch ein -Spektrum
darstellen lässt.
Smash-Produkt
Für ein Spektrum
und einen Raum
definiert man das Spektrum
durch
und die Strukturabbildungen
.
Es gibt eine auf Adams
zurückgehende Konstruktion, die zwei Spektren
und
ein Smash-Produkt
zuordnet, welches die folgenden Eigenschaften hat:
- Das Smash-Produkt ist ein kovarianter Funktor beider Argumente.
- Es gibt natürliche Äquivalenzen
.
- Für jedes Spektrum
und jeden CW-Komplex
gibt es eine natürliche Äquivalenz
. Insbesondere
für alle CW-Komplexe
.
- Wenn
eine Äquivalenz ist, dann auch
.
- Für eine Familie
von Spektra ist
eine Äquivalenz.
- Wenn
eine Kofaserung von Spektra ist, dann auch
.
Ringspektren
Ein Ringspektrum ist ein Spektrum
mit einem Smash-Produkt
und mit Morphismen
,
die den Bedingungen
genügen.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 01.09. 2021