Zugeordnete Legendrepolynome

Bei zugeordneten Legendrepolynomen bzw. assoziierten Legendrepolynomen, auch zugeordnete Kugelfunktionen genannt, handelt es sich um Funktionen, die in der Mathematik und theoretischen Physik verwendet werden. Da nicht alle zugeordneten Legendrepolynome wirklich Polynome sind, sprechen viele Autoren auch von zugeordneten bzw. assoziierten Legendrefunktionen.

Die zugeordneten Legendrepolynome sind die Lösungen der allgemeinen Legendregleichung:

(1-x^2) \, \frac{\mathrm{d}^2\,y}{\mathrm{d}x^2} - 2x\frac{\mathrm{d}y}{\mathrm{d}x} + \left(\ell ( \ell + 1 )- \frac{m^2}{1-x^2}\right) \, y = 0

Diese gewöhnliche Differentialgleichung hat nicht-singuläre Lösungen im Intervall [-1, 1] nur dann, wenn \ell \, und m\, ganzzahlig sind mit 0\leq m\leq \ell .

Man begegnet der allgemeinen Legendregleichung (und damit den zugeordneten Legendrepolynomen) häufig in der Physik, insbesondere wenn eine sphärische Symmetrie vorliegt, wie beispielsweise im Zentralpotential. Hier lassen sich die Laplacegleichung sowie verwandte partielle Differentialgleichungen oft auf die allgemeine Legendregleichung zurückführen. Das prominenteste Beispiel hierfür ist die quantenmechanische Lösung der Energiezustände des Wasserstoffatoms.

Definition

Die zugeordneten Legendrepolynome für m=0 sind die gewöhnlichen Legendrepolynome.
Zugeordnete Legendrepolynome für m=1
Zugeordnete Legendrepolynome für m=2
Zugeordnete Legendrepolynome für m=3

Die zugeordneten Legendrepolynome werden als P_{\ell }^{{(m)}}(x) bezeichnet. Am einfachsten lassen sie sich als Ableitungen von gewöhnlichen Legendrepolynomen definieren:

P_{\ell }^{{(m)}}(x)=(-1)^{m}\left(1-x^{2}\right)^{{m/2}}{\frac  {{\mathrm  {d}}^{m}}{{\mathrm  {d}}x^{m}}}P_{\ell }(x)

wobei P_{\ell }(x) das \ell -te Legendrepolynom ist

P_{\ell }(x)={\frac  {1}{2^{\ell }\,\ell !}}\,{\frac  {{\mathrm  {d}}^{\ell }}{{\mathrm  {d}}x^{\ell }}}\left(x^{2}-1\right)^{\ell }.

Daraus ergibt sich

P_{\ell }^{{(m)}}(x)={\frac  {(-1)^{m}}{2^{\ell }\,\ell !}}\left(1-x^{2}\right)^{{m/2}}{\frac  {{\mathrm  {d}}^{{\ell +m}}}{{\mathrm  {d}}x^{{\ell +m}}}}\left(x^{2}-1\right)^{\ell }.

Zusammenhang mit Legendrepolynomen

Die verallgemeinerte Legendregleichung geht für m = 0 in die Legendregleichung über, sodass P_{\ell }^{{(0)}}(x)=P_{{\ell }}(x) gilt.

Orthogonalität

Für die zugeordneten Legendrepolynome gelten im Intervall I = [-1,1] zwei Orthogonalitätsrelationen:

\int \limits _{{-1}}^{{+1}}P_{\ell }^{{(m)}}(x)\,P_{k}^{{(m)}}(x)\,{\mathrm  {d}}x={\frac  {2}{2\,\ell +1}}\,{\frac  {(\ell +m)!}{(\ell -m)!}}\,\delta _{{\ell k}}.
\int \limits _{{-1}}^{{+1}}P_{\ell }^{{(m)}}(x)\,P_{\ell }^{{(n)}}(x)\cdot {\frac  {1}{1-x^{2}}}\,{\mathrm  {d}}x={\frac  {(\ell +m)!}{m(\ell -m)!}}\,\delta _{{mn}}.

Das zweite Integral ist allerdings nur definiert, wenn entweder m oder n ungleich 0 ist.

Zusammenhang mit der Einheitskugel

Am wichtigsten ist der Fall x=\cos \vartheta . Die zugeordnete Legendre-Gleichung lautet dann

{\frac  {{\mathrm  {d}}^{2}y}{{\mathrm  {d}}\vartheta ^{2}}}+{\frac  {\cos \vartheta }{\sin \vartheta }}\,{\frac  {{\mathrm  {d}}y}{{\mathrm  {d}}\vartheta }}+\left[\ell \,(\ell +1)-{\frac  {m^{2}}{\sin ^{2}\vartheta }}\right]y=0.

Da nach der Substitutionsregel

\int _{0}^{\pi }f(\cos \vartheta )\sin \vartheta \,{\mathrm  {d}}\vartheta =\int _{{-1}}^{1}f(x){\mathrm  {d}}x

gilt, übertragen sich obige Orthogonalitätsrelationen ohne weiteres auf die Einheitskugel.

Über P_{\ell }^{{(m)}}(\cos \vartheta ) werden die sog. Kugelflächenfunktionen definiert als

Y_{\ell }^{{(m)}}(\varphi ,\vartheta )={\sqrt  {{\frac  {2\,\ell +1}{4\,\pi }}\,{\frac  {(\ell -m)!}{(\ell +m)!}}}}\,P_{\ell }^{{(m)}}(\cos \vartheta )\,{\mathrm  {e}}^{{i\,m\,\varphi }},

welche auf der Einheitskugel ein vollständiges Orthonormalsystem bilden.

Die ersten zugeordneten Legendrepolynome

Für die zugeordneten Legendrepolynome gilt folgende Rekursionsformel

(\ell -m)\,P_{\ell }^{{(m)}}(x)=x\,(2\,\ell -1)\,P_{{\ell -1}}^{{(m)}}(x)-(\ell +m-1)\,P_{{\ell -2}}^{{(m)}}(x).

Die zugehörigen Startwerte der Rekursionsformel stellen sie wie folgt dar:

{\displaystyle P_{m}^{(m)}(x)=(-1)^{m}\cdot {\frac {(2m)!}{2^{m}m!}}\cdot \left(1-x^{2}\right)^{m/2}\quad ,\quad P_{k}^{m}(x)=0\;,\quad \forall k<m}

Die Relation zwischen den assoziierten Legendre-Polynomen mit positiven und negativen m stellt sich wie folgt dar.

{\displaystyle P_{\ell }^{(-m)}=(-1)^{m}{\frac {(\ell -m)!}{(\ell +m)!}}\cdot P_{\ell }^{(m)}}

Die ersten Legendrepolynomen bestimmen sich damit zu

 
P_{\ell }^{{(m)}}(x) {\displaystyle \ell =0} {\displaystyle \ell =1} {\displaystyle \ell =2}
{\displaystyle m=-2}     {\displaystyle 1/8(1-x^{2})}
m=-1   {\displaystyle 1/2{\sqrt {1-x^{2}}}} {\displaystyle 1/2x{\sqrt {1-x^{2}}}}
m=0 1 x {\displaystyle 1/2(3x^{2}-1)}
m=1   {\displaystyle -{\sqrt {1-x^{2}}}} {\displaystyle -3x{\sqrt {1-x^{2}}}}
m=2     {\displaystyle 3(1-x^{2})}

Und mit \cos \vartheta als Argument

 
{\displaystyle P_{\ell }^{(m)}(\cos \vartheta )} {\displaystyle \ell =0} {\displaystyle \ell =1} {\displaystyle \ell =2}
{\displaystyle m=-2}     {\displaystyle 1/8\sin ^{2}\vartheta }
m=-1   {\displaystyle 1/2\sin \vartheta } {\displaystyle 1/2\sin \vartheta \cos \vartheta }
m=0 1 \cos \vartheta {\displaystyle 1/2(3\cos ^{2}\vartheta -1)}
m=1   {\displaystyle -\sin \vartheta } {\displaystyle -3\sin \vartheta \cos \vartheta }
m=2     {\displaystyle 3\sin ^{2}\vartheta }

Zugeordnete Legendrefunktionen 2. Art

Ähnlich wie bei der Legendreschen Gleichung stellen die zugeordneten Legendrepolynome P_{\ell }^{{(m)}}(x) nur eine Gruppe von Lösungsfunktionen der verallgemeinerten Legendreschen Gleichung dar. Die zugeordneten Legendrefunktionen 2. Art Q_{\ell }^{{(m)}}(x) stellen ebenso Lösungen dar. Auch für sie gilt Q_{\ell }^{{(0)}}=Q_{\ell } mit den Legendrefunktionen 2. Art Q_{\ell }(x).

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 06.02. 2022