Wasserstoffversprödung

Wasserstoffinduzierte Risse (engl.: Hydrogen Induced Cracks, HIC)

Unter der Wasserstoffversprödung versteht man die Änderung der Sprödigkeit, die durch das Eindringen und die Einlagerung von Wasserstoff in ein Metallgitter verursacht wird. Diese Folge einer Korrosion ähnelt einer Materialermüdung – in der Folge kommt es zu wasserstoffbedingter Rissbildung, womit insbesondere der Einsatz anfälliger Materialien zur Wasserstoffspeicherung begrenzt wird.

Effekt

Die Wasserstoffversprödung tritt auf, wenn auf der Metalloberfläche – entweder durch Wasserstoffkorrosion oder aber bei einer anderen chemischen Reaktion in der Metallverarbeitung, an der Wasserstoff beteiligt ist (z.B. beim Beizen) – atomarer Wasserstoff entsteht, der schneller in den Werkstoff diffundiert, als er sich an der Werkstoffoberfläche zu nicht diffusionsfähigen H2-Molekülen zusammenfügt. Ein Teil des Wasserstoffs wird dabei in das Metallgitter eingelagert, und es kann, wie im Falle von Titan, ein Metallhydrid entstehen. In anderen Fällen lagert sich der Wasserstoff bevorzugt an Fehlstellen oder Korngrenzen ab. Das Resultat ist in beiden Fällen eine Versprödung des Metalls.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines wasserstoffbedingten Schadens an einem ultrahochfesten Stahlwerkstoff mit der Werkstoffnummer 1.4614, mit spröden und duktilen Bruchanteilen

Bei hinreichend großen Zugeigen- und/oder -lastspannungen besteht die Gefahr eines verzögerten Sprödbruchs. Man spricht von einem verzögerten Sprödbruch, weil die Schädigung Zeit braucht und der Werkstoff aufgrund der Gleitblockierungen fast ohne Verformung bricht. Dieser Effekt ähnelt einer Spannungsrisskorrosion und beschränkt den Einsatz von Metallen zur Wasserstoffspeicherung.

Vorgang

Durch bestimmte chemische Reaktionen gebildeter atomarer Wasserstoff dringt in das Gefüge metallischer Werkstoffe ein, wo er an Gitterstörstellen wieder zu molekularem Wasserstoff rekombiniert und dort verbleibt. Die damit verbundene Druckerhöhung führt zu inneren Spannungen und zu einer Versprödung des Werkstoffes, ohne dass dadurch eine Erhöhung der Festigkeit eintritt. Im Endergebnis entstehen schließlich Risse, die sich von innen nach außen ausbreiten. Bei der Spannungsrisskorrosion diffundiert der während des Korrosionsvorganges entstandene Wasserstoff zur Rissspitze und beschleunigt dort die Rissgeschwindigkeit.

Wasserstoffversprödung bei Stahl

Stahl und auch Titan sind oft von Versprödung betroffen, wenn sie über längere Zeit mit Wasserstoff in Kontakt waren. Bei den Stählen bilden jedoch die austenitischen Stähle (z.B. CrNi-Stähle) eine Ausnahme. Diese sind weitgehend unempfindlich gegen Wasserstoffversprödung und gehören zu den Standardwerkstoffen der Wasserstofftechnik. Höherfeste Stähle mit einem hohen Martensitgehalt und einer Streckgrenze größer ca. 800 MPa (auch z.B. Schrauben ab der Festigkeitsklasse 10.9 und höher) sind besonders gefährdet gegenüber wasserstoffbedingten Schädigungen.

Mögliche Ursachen für wasserstoffbedingte Schäden können sowohl

sein. Bei der galvanischen Abscheidung wird an dem kathodisch geschalteten Stahl Wasserstoff gebildet und diffundiert in den Stahl. Bei Korrosionsvorgängen kann durch die Metallauflösung, insbesondere bei Sauerstoffmangel, elementarer Wasserstoff gebildet werden.

Damit Bauteile den Wasserstoff wieder abgeben, muss umgehend nach der Beaufschlagung mit Wasserstoff eine mehrstündige Wärmebehandlung bei ca. 200–300 °C (Wasserstoffarmglühen, auch Tempern oder Anlassen genannt) durchgeführt werden. Da Wasserstoff schon bei geringen Temperaturen eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit aufweist, ist es möglich den Wasserstoff bei Temperaturen von bis zu 200 °C aus dem Stahl ohne metallurgische Veränderungen auszutreiben. Gängige Prüfnormen sind die DIN 50969-1 und -2 für die Absicherung von Fertigungsprozessen gegenüber fertigungsbedingter Wasserstoffversprödung, als auch die DIN 50969-3 für die Absicherung gegen nachträgliche, betriebsbedingte Einflussgrößen.

Wasserstoffversprödung bei Kupfer

Unter der Wasserstoffversprödung versteht man die Entstehung von Rissen und Hohlräumen in sauerstoffhaltigen Kupfersorten, wie dem E-Cu58 oder E-Cu57 (nach DIN 1787), beim Kontakt mit wasserstoffhaltigen Gasen. Diese Kupfersorten werden aufgrund ihrer hohen elektrischen Leitfähigkeit hauptsächlich in der Elektrotechnik eingesetzt. Ihre Herstellung erfolgt nicht unter Sauerstoff-Ausschluss. In der Metallschmelze können sich bis zu 0,09 % (m/m) Sauerstoff lösen und es kommt dabei zur Bildung geringer Mengen an Kupfer(I)-oxid (Cu2O).

Beim Erhitzen über 500 °C, zum Beispiel beim autogenen Schweißen oder Löten, diffundiert der Wasserstoff des Brennergases in die Metalloberfläche und reduziert das Kupfer(I)-oxid gemäß folgender Reaktion:

{\mathrm  {Cu_{2}O+H_{2}\ \longrightarrow \ 2\ Cu+H_{2}O\ (Dampf).}}

Der Wasserdampf sprengt das Gefüge, weil das Kupfer(I)-oxid als dünnes Netzwerk von Cu-Cu2O-Eutektikum auf den Korngrenzen liegt. Dieses Phänomen wird auch Wasserstoffkrankheit genannt.

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.04. 2024