Glasarten optische

ηd - νd-Diagramm; νd Brechungsindex für die d-Linie, ηd Abbesche Zahl

Eine Gruppe von Gläsern, die bei optimalen Lichtdurchlässigkeiten im sichtbaren sowie im nahen ultravioletten und infraroten Wellenlängenbereich festgelegte optische Eigenschaften besitzen. Sie sollen außerdem weitgehend frei sein von Glasfehlern wie Blasen, Steinchen, Schlieren u. a. sowie von Spannungen.

Optisches Glas unterscheidet sich chemisch nicht notwendig von normalem Glas, aus dem etwa Fensterscheiben herstellt werden, jedoch werden durch gezielt eingebrachte chemische Zusätze seine optischen Eigenschaften genau eingestellt. Die optischen und mechanischen Eigenschaften werden zusätzlich von den Herstellern genau kontrolliert und dokumentiert.

Die optischen Gläser wurden ursprünglich nur in Kron- und Flintgläser eingeteilt. Die Krongläser mit schwacher Brechung und kleiner Dispersion leiten ihren Namen davon her, daß bei einem früher in England üblichen Herstellungsverfahren das zähflüssige Glas über eine aufgeblasene Kugel als Zwischenstufe die Form einer Krone (eng. crown) erhielt, die dann durch Zentrifugalkraft zu einer runden Scheibe ausgebreitet wurde. Die Flintgläser mit starker Brechung und großer Dispersion wurden deshalb so genannt, weil ursprünglich bei ihrer Herstellung außer dem die Brechzahl stark erhöhenden Bleioxid PbO an Stelle von verunreinigtem Sand reine Feuersteine, die Flintsteine, verwendet wurden. Heute versteht man unter Flintgläsern solche Gläser, die mehr oder weniger Bleioxid enthalten.

Im allg. werden zur Herstellung optischer Geräte, deren Bilder keinen Farbsaum zeigen sollen, mindestens ein Kronglas und ein Flintglas benötigt. Die gesteigerten Ansprüche an die Bildgüte optischer Systeme (Verhinderung von Bildfeldwölbung, Astigmatismus, Koma und Verzeichnung) machten es jedoch erforderlich, immer neue optische Gläser mit möglichst extremen Kombinationen von Brechzahl und Dispersion herzustellen; es gibt somit heute von den Kron- und Flintgläsern zahlreiche Untergruppen, wie aus dem ηd - νd-Diagramm (Abb.) und der folgenden Zusammenstellung hervorgeht.

Krongläser (Kurzz.) Flintgläser (Kurzz.)
Baritkron BaK Baritflint BaF
Baritleichtkron. BaLK Baritleichtflint BaLF
Borkron B K Baritschwerflint BaSF
Fluorkron FK Doppelleichtflint LLF
Kron K Flint F
Phosphatkron PK Kurzflint KzF
Phosphat-
schwerkron
PSK Leichtflint LF
Schwerkron SK Schwerflint SF
Schwerstkron SSK Lanthanflint LaF
Lanthankron LaK    
Zinkkron ZK    
       

Dem Kurzzeichen ist bei allen Gläsern eine Zahl angefügt, die der zeitlichen Reihenfolge ihrer ersten Herstellung innerhalb einer Untergruppe entspricht. Krongläser mit besonders schwacher und Flintgläser mit besesonders starker Dispersion oder Gläser mit anderen extremen Eigenschaften bezeichnet man als optische Sondergläser. Im Gegensatz zu den einfachen optischen Gläsern, die man in Chargen bis zu mehreren Tonnen erschmilzt, können optische Sondergläser wegen ihrer großen Neigung zum Kristallisieren zumeist nur in kleineren Chargen erschmolzen werden. Ihre Bezeichnung enthält außer der einfachen Kurzbezeichnung der Hauptgruppen noch ein angefügtes großes S, z. B. Schwerflintsonderglas == SFS.

Wie aus dem beigefügten nad-Diagramm weiterhin hervorgeht, nehmen sowohl die beiden Hauptgruppen der optischen Gläser als auch ihre Nebengruppen bestimmte Gebiete dieses Diagrammes ein, wobei allerdings zu beachten ist, daß die Kronflinte mit den Kurzfliuten einerseits und die Krone mit den Zinkkronen und den Baritleichtkronen andererseits im gleichen Bereich liegen. Auch einige Sondergläser liegen mit ihren optischen Werten im Bereich anderer Untergruppen.
Die Art der Bezeichnung der Gruppen optischer — Gläser hängt — abgesehen von historischen und verarbeitungstechnischen Gesichtspunkten sowie speziellen Eigenschaften der Gläser — meist direkt oder indirekt von deren chemischer Zusammensetzung ab.

So enthielten die Phosphatkrone und die spezifisch schwereren Phosphatschwerkrone ursprünglich als wesentlichen Bestandteil Phosphorpentoxyd (P2O5). Da diese Gläser jedoch chemisch sehr unbeständig waren, wurde ihre Zusammensetzung später, als mehr Erfahrungen in der Herstellung optischer Gläser vorlagen, wesentlich geändert. Die Phosphat- und Phosphatschwerkrone besitzen jetzt eine gute chemische Beständigkeit bei gleichen optischen Werten wie früher, enthalten jedoch kein Pa2O5 mehr.
Die Phosphatkron- und Phosphatschwerkron-Sondergläser enthalten dagegen als Hauptbestandteil noch Pa2O5, sie können jedoch wegen ihrer mäßigen chemischen Haltbarkeit nur in Spezialfällen verwendet werden, wenn sie vor atmosphärischen Einflüssen geschützt werden können.

Die Baritkrone enthalten als wesentlichen Bestandteil bis fast 30% Bariumoxid (BaO), während die spezifisch leichteren Baritleichtkrone nur bis 10% BaO aufweisen; letztere zeigen daher auch eine geringere Dispersion und Brechung als die Baritkrone. Die spezifisch schwereren Schwerkrone und Schwerstkrone verdanken ihre hervorragenden optischen Eigenschaften dem bis fast 50% betragenden Gehalt an BaO; die Schwerstkrone enthalten ferner geringe Mengen Bleioxyd (PbO) und Titanoxyd (TiO2) und weisen dadurch eine etwas höhere Brechzahl und Dispersion als die Schwerkrone auf. Die höchsten Brechzahlen bei kleiner Dispersion zeigen die neuerdings viel verwendeten Lanthankrone durch Einbau beträchtlicher Mengen Lanthanoxyd sowie anderer Seltener Erden. Durch gleichzeitigen, Einbau von Lanthan-, Titan- und Bleioxyd erhält man die Lanthanflinte, die das Licht stark brechen und eine mittlere Dispersion aufweisen.
Auch die weniger stark brechend wirkenden und in der Reihenfolge der Aufzählung immer weniger BaO und PbO enthaltenden Baritschwerflinte, Baritflinte, Flinte, Leichtflinte und Doppelleichtflinte haben eine mittlere Dispersion.

Die größten Brechzahlen bei gleichzeitig größter Dispersion weisen die spezifisch schweren (spez. Gewicht bis zu 5,13) und bis etwa 70% PbO enthalteaden Schwerflinte auf. Sowohl in ihrer extremen optischen Wirkung als auch in ihrem spez. Gewicht sind dazu die Fluorkrone die extremen Gegenstücke. Sie zeigen die geringsten spezifischen Gewichte aller Gläser (2,28) und besitzen auch die kleinsten Brechungszahlen und die kleinsten Dispersionen. Diese Eigenschaften verdanken sie im wesentlichen der Tatsache, daß es gelungen ist, an Stelle von Sauerstoff beträchtliche Mengen von Fluor in geeignete Grundgläser aus Oxyden leichter Elemente einzubauen. Wird Fluor in geeigneter Kombination in bleihaltige Gläser eingeführt, so erhält man die Tiefflinte. Es sind das Gläser wie z. B. LLF 8 und F 16, die bei verhältnismäßig kleiner Brechzahl eine ziemlich hohe Dispersion besitzen. Die Borkrone und die Zinkkrone erhielten ihre Bezeichnung deshalb, weil sie als wesentlichen Bestandteil bis zu 20% Boroxyd (Ba03) bzw. Zinkoxyd (ZnO) aufweisen. Die Kurzflinte, die bis 20%Antimonoxyd (Sb2O3) enthalten, wurden so genannt, weil sie die Blaudispersion der Flintgläser beträchtlich verkürzen.

Jedes einzelne optische Glas der angeführten Untergruppe hat auf Grund der mannigfaltig variierbaren chemischen Zusammensetzung jeweils eine wichtige Spezialeigenschaft. Das eine zeichnet sich aus durch extreme optische Lage im ro^-ty-Diagramm, das andere besitzt herausragende Teildispersionen in Wellenlängengebieten, die in, diesem Diagramm nicht zum Ausdruck kommen, woraus sich auch die angeführten gemeinsamen Bereiche verschiedener Untergruppen erklären. Weitere Gläser besitzen besonders gute Ultraviolettdurchlässigkeit oder hervorragende chemische Beständigkeit, andere wiederum absorbieren auf Grund besonders hochgezüchteter optischer Eigenschaften weitgehend das ultraviolette Licht. Alles in allem ermöglicht die große Vielfalt der Eigenschaften der heute darstellbaren optischen Glasarten die Konstruktion optischer Systeme höchster Bildgute auch für neue Spezialgebiete.

Sondergläser

Neben den Silkatgläsern gibt es noch Borat- und Phospatgläser. Die Funktionen der Kieselsäure werden hier durch Bor- bzw. Phosphorsäure übernommen.


 
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Datum der letzten Änderung : Jena, den: 30.12. 2017