Windung (Geometrie)

Windung oder Torsion ist in der Differentialgeometrie ein Maß für die Abweichung einer Kurve vom ebenen Verlauf. Die Windung beschreibt zusammen mit der Krümmung das lokale Verhalten der Kurve und kommt wie die Krümmung als Koeffizient in den frenetschen Formeln vor.

Definition

Torsion und entsprechende Drehung des Binormalenvektors.

Die betrachtete Kurve sei durch die Bogenlänge s parametrisiert:

{\displaystyle {\vec {r}}={\vec {r}}(s)\,.}

Für einen Kurvenpunkt {\vec  {r}}(s) erhält man durch Ableiten nach s den Tangenteneinheitsvektor ('Richtung der Kurve')

{\displaystyle {\vec {t}}(s)={\vec {r}}\,'(s)\,.}

Die Krümmungsrichtung der Kurve erhält man durch erneutes Ableiten und Normieren als Hauptnormaleneinheitsvektor

{\displaystyle {\vec {n}}(s)={\frac {{\vec {t}}\,'(s)}{|{\vec {t}}\,'(s)|}}={\frac {{\vec {r}}\,''(s)}{|{\vec {r}}\,''(s)|}}\,.}

Um ein Maß für die 'Drehgeschwindigkeit' von {\vec {n}} um {\vec  {t}} zu erhalten, wird mit Hilfe des Vektorprodukts der Binormaleneinheitsvektor

\vec{b}(s) = \vec{t}(s) \times \vec{n}(s)

festgelegt. Die Windung (Torsion) \tau (s)\, der Kurve an der Stelle s ergibt sich nun als dessen Richtungsänderung, projiziert auf {\vec {n}}, also durch das Skalarprodukt

{\displaystyle \tau (s)=-{\vec {b}}\,'(s)\cdot {\vec {n}}(s)\,.}


Geometrische Bedeutung: Die Torsion \displaystyle \tau (s) ist ein Maß für die Richtungsänderung des Binormaleneinheitsvektors. Je größer die Torsion, desto schneller dreht sich der Binormaleneinheitsvektor \vec{b}(s) in Abhängigkeit von \displaystyle s um die durch den Tangentialvektor gegebene Achse.

Berechnung

Für die praktische Berechnung eignet sich die oben gegebene Definition der Windung nicht besonders gut, da eine Parametrisierung durch die Bogenlänge vorausgesetzt wird. Die folgende Formel bezieht sich auf eine Kurve im dreidimensionalen Raum (\mathbb {R} ^{3}), die als Funktion r eines beliebigen Parameters t (in der Praxis üblicherweise die Zeit) in der Form

{\displaystyle {\vec {r}}={\vec {r}}(t)}

gegeben ist:

{\displaystyle \tau (t)={\frac {\left({\vec {r}}\,'(t)\times {\vec {r}}\,''(t)\right)\cdot {\vec {r}}\,'''(t)}{\left|{\vec {r}}\,'(t)\times {\vec {r}}\,''(t)\right|^{2}}}}

Im Falle einer ebenen Kurve gibt es nichts zu berechnen, da die Windung den Wert 0 hat. Man beachte, dass das Vorzeichen für praktische Berechnungen der Torsion reine Konventionssache ist. So gibt beispielsweise do Carmo[1] die Torsion mit negativem Vorzeichen an.

Bezeichnungen

Mit der Vorzeichenkonvention obiger Definition nennt man eine Kurve mit {\displaystyle \tau <0} linksgewunden oder linkswendig, ist \tau >0, so spricht man rechtsgewundenen oder rechtswendigen Kurven. In der älteren Literatur nennt man linkswendige Kurven auch hopfenwendig, rechtswendige auch weinwendig, weil die Ranken von Weinrebengewächsen bzw. Hopfen längs solcher Kurven wachsen.[2]

Literatur

  1. Manfredo P. do Carmo: Differentialgeometrie von Kurven und Flächen (= Vieweg-Studium. Aufbaukurs Mathematik 55). Vieweg & Sohn, Braunschweig u. a. 1983, ISBN 3-528-07255-5.
  2. Wolfgang Kühnel: Differentialgeometrie. Kurven – Flächen – Mannigfaltigkeiten. 4. überarbeitete Auflage. Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8348-0411-2, Absatz 2.8: Raumkurven
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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 14.09. 2022