22. Kapitel. Teilung des Profits. Zinsfuß usw. | Inhalt | 24. Kapitel. Veräußerlichung des Kapitalverhältnisses usw.
DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Zins und Unternehmergewinn
Der Zins, wie wir in den beiden vorhergehenden Kapiteln gesehn, erscheint ursprünglich, ist ursprünglich, und bleibt in Wirklichkeit nichts als ein Teil des Profits, d.h. des Mehrwerts, den der fungierende Kapitalist, Industrieller oder Kaufmann, soweit er nicht eignes Kapital, sondern geliehenes Kapital anwendet, wegzahlen muß an den Eigentümer und Verleiher dieses Kapitals. Wendet er nur eignes Kapital an, so findet keine solche Teilung des Profits statt; dieser gehört ihm ganz. In der Tat, soweit die Eigner des Kapitals es selbst im Reproduktionsprozeß anwenden, konkurrieren sie nicht mit zur Bestimmung der Zinsrate, und schon hierin zeigt sich, wie die Kategorie des Zinses - unmöglich ohne die Bestimmung eines Zinsfußes - der Bewegung des industriellen Kapitals an sich fremd ist.
"The rate of interest may be defined to be that proportional sum which the lender is content to receive, and the borrower to pay, for a year or for any longer or shorter period for the use of a certain amount of moneyed capital ... when the owner of capital employs it actively in reproduction, he does not come under the head of those capitalists, the proportion of whom, to the number of borrowers, determines the rate of interest." <"Die Zinsrate kann als die verhältnismäßige Summe definiert werden, mit deren Empfang der Verleiher zufrieden und die der Borger zu zahlen bereit ist für den Gebrauch eines bestimmten Betrages von Geldkapital während eines Jahres oder einer längeren oder kürzeren Periode ... Wenn der Eigentümer des Kapitals es aktiv in der Reproduktion anwendet, zählt er nicht zu jenen Kapitalisten, deren Verhältnis zur Zahl der Borger die Zinsrate bestimmt."> (Th. Tooke, "Hist. of Prices", London 1838, II, p. 355, 356.)
Es ist in der Tat nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapitalisten und industrielle Kapitalisten, die einen Teil des Profits in Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft; und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Kapitalisten, die den Zinsfuß schafft.
Solang das Kapital im Reproduktionsprozeß fungiert - selbst vorausgesetzt, es gehöre dem industriellen Kapitalisten selbst, so daß er es an keinen Verleiher zurückzuzahlen hat -, solange hat er zu seiner Verfügung als Privatmann nicht dies Kapital selbst, sondern nur den Profit, den er als Revenue verausgaben kann. Solang sein Kapital als Kapital fungiert, gehört es dem Reproduktionsprozeß, ist es darin festgelegt. Er ist zwar sein Eigentümer, aber dies Eigentum befähigt ihn nicht, solange er es als Kapital zur Ausbeutung von Arbeit benützt, in andrer Weise darüber zu verfügen. Ganz so verhält es sich mit dem Geldkapitalisten. Solange sein Kapital ausgeliehen ist und daher als Geldkapital wirkt, bringt es ihm Zins, einen Teil des Profits, aber über die Hauptsumme kann er nicht verfügen. Es erscheint dies, sobald er es, zum Beispiel für ein Jahr oder mehrere, verliehen und in gewissen Terminen Zins erhält ohne Rückzahlung des Kapitals. Aber selbst die Rückzahlung macht hier keinen Unterschied. Erhält er es zurück, so muß er es stets von neuem verleihen, solange es die Wirkung von Kapital - hier Geldkapital - für ihn haben soll. Solange es sich in seiner Hand befindet, trägt es keine Zinsen und wirkt nicht als Kapital; und solange es Zinsen trägt und als Kapital wirkt, befindet es sich nicht in seiner Hand. Daher die Möglichkeit, Kapital auf ewige Zeiten zu verleihen. Die folgenden Bemerkungen von Tooke gegen Bosanquet sind daher ganz falsch. Er zitiert Bosanquet ("Metallic, Paper, and Credit Currency", p. 73):
"Wäre der Zinsfuß bis auf 1% herabgedrückt, so würde geborgtes Kapital beinahe auf gleiche Linie (on a par) gestellt mit eignem Kapital."
Hierzu macht Tooke folgende Randglosse:
"Daß ein zu diesem, oder selbst zu noch niedrigerem Zinsfuß geborgtes Kapital gelten soll als beinahe auf derselben Linie stehend mit eignem Kapital, ist eine so befremdende Behauptung, daß sie kaum ernstliche Beachtung verdiente, käme sie nicht von einem so intelligenten und in einzelnen Punkten des Themas so wohlunterrichteten Schriftsteller. Hat er den Umstand übersehn, oder hält er ihn für wenig bedeutend, daß seine Voraussetzung die Bedingung der Rückzahlung einschließt?" (Th. Tooke, "An Inquiry into the Currency Principle", 2nd ed., London 1844, p. 80.)
Wäre der Zins = 0, so stände der industrielle Kapitalist, der Kapital aufgenommen hat, sich gleich mit dem, der mit eignem Kapital arbeitet. Beide würden denselben Durchschnittsprofit einstecken, und als Kapital, ob geborgtes oder eignes, wirkt das Kapital nur, soweit es Profit produziert. Die Bedingung der Rückzahlung würde hieran nichts ändern. Je mehr der Zinsfuß sich Null nähert, also z.B. auf 1 % herabsinkt, um so mehr ist geborgtes Kapital mit eignem Kapital auf gleichen Fuß gestellt. Solange Geldkapital als Geldkapital existieren soll, muß es stets wieder ausgeliehen
werden, und zwar zum bestehenden Zinsfuß, sage von 1 % und stets wieder an dieselbe Klasse der industriellen und merkantilen Kapitalisten. Solange diese als Kapitalisten fungieren, ist der Unterschied zwischen dem, der mit geborgtem, und dem, der mit eignem Kapital fungiert, nur der, daß der eine Zins zu zahlen hat und der andre nicht; der eine den Profit p ganz einsteckt, der andre p - z, den Profit minus den Zins; je mehr z sich Null nähert, um so mehr wird p - z = p, also um so mehr stehn beide Kapitale auf gleichem Fuß. Der eine muß das Kapital zurückzahlen und von neuem borgen; aber der andre, solang sein Kapital fungieren soll, muß es ebenfalls stets von neuem dem Produktionsprozeß vorschießen und hat keine von diesem Prozeß unabhängige Verfügung darüber. Der einzige sonst noch bleibende Unterschied ist der selbstverständliche, daß der eine Eigentümer seines Kapitals ist und der andre nicht.
Die Frage, die sich nun aufwirft, ist diese. Wie kommt es, daß diese rein quantitative Teilung des Profits in Nettoprofit und Zins in eine qualitative umschlägt? In andren Worten, wie kommt es, daß auch der Kapitalist, der nur sein eignes, kein geliehenes Kapital anwendet, einen Teil seines Bruttoprofits unter die besondre Kategorie des Zinses rangiert und als solchen besonders berechnet? Und daher weiter, daß alles Kapital, geliehenes oder nicht, als zinstragendes von sich selbst als Nettoprofit bringendem unterschieden wird?
Man erkennt, daß nicht jede zufällige quantitative Teilung des Profits in dieser Art in eine qualitative umschlägt. Z.B. einige industrielle Kapitalisten assoziieren sich zur Betreibung eines Geschäfts und verteilen dann den Profit untereinander nach juristisch festgesetzten Abmachungen. Andre treiben ihr Geschäft, jeder für sich, ohne Associé. Diese letzteren berechnen ihren Profit nicht unter zwei Kategorien, einen Teil als individuellen Profit, den andern als Kompanieprofit für die nichtexistierenden Gesellschafter. Hier schlägt also die quantitative Teilung nicht um in qualitative. Sie findet statt, wo zufällig der Eigentümer aus mehreren juristischen Personen besteht; sie findet nicht statt, wo dies nicht der Fall.
Um die Frage zu beantworten, müssen wir noch etwas länger verweilen bei dem wirklichen Ausgangspunkt der Zinsbildung; d.h. ausgehn von der Unterstellung, daß Geldkapitalist und produktiver Kapitalist sich wirklich gegenüberstehn, nicht nur als juristisch verschiedne Personen, sondern als Personen, die ganz verschiedne Rollen im Reproduktionsprozeß spielen oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedne Bewegung durchmacht. Der eine verleiht es nur, der andre wendet es produktiv an.
Für den produktiven Kapitalisten, der mit geliehenem Kapital arbeitet, zerfällt der Bruttoprofit in zwei Teile, den Zins, den er dem Verleiher zu zahlen hat, und den Überschuß über den Zins, der seinen eignen Anteil am Profit bildet. Ist die allgemeine Profitrate gegeben, so ist dieser letztre Teil bestimmt durch den Zinsfuß; ist der Zinsfuß gegeben, so durch die allgemeine Profitrate. Und ferner: wie immer der Bruttoprofit, die wirkliche Wertgröße des Gesamtprofits, in jedem einzelnen Fall abweichen mag von dem Durchschnittsprofit: der Teil, der dem fungierenden Kapitalisten gehört, ist bestimmt durch den Zins, da dieser durch den allgemeinen Zinsfuß (abgesehn von besondren juristischen Stipulationen) fixiert und als vorweggenommen vorausgesetzt ist, bevor der Produktionsprozeß beginnt, also bevor dessen Resultat, der Bruttoprofit erzielt ist. Wir haben gesehn, daß das eigentliche spezifische Produkt des Kapitals der Mehrwert, näher bestimmt der Profit ist. Aber für den Kapitalisten, der mit geborgtem Kapital arbeitet, ist es nicht der Profit, sondern der Profit minus dem Zins, der Teil des Profits, der ihm übrigbleibt nach Zahlung des Zinses. Dieser Teil des Profits erscheint ihm also notwendig als Produkt des Kapitals, soweit es fungiert; und dies ist für ihn wirklich, denn er vertritt das Kapital nur als fungierendes. Er ist seine Personifikation, soweit es fungiert, und es fungiert, soweit es profitbringend in der Industrie oder im Handel angelegt wird und mit ihm, durch seinen Anwender, die Operationen vorgenommen werden, die durch den jedesmaligen Geschäftszweig vorgeschrieben sind. Im Gegensatz zum Zins, den er aus dem Bruttoprofit an den Verleiher wegzuzahlen hat, nimmt der ihm zufallende noch übrige Teil des Profits also notwendig die Form des industriellen resp. kommerziellen Profits an, oder, um ihn mit einem deutschen Ausdruck zu bezeichnen, der beides einschließt, die Gestalt des Unternehmergewinns. Ist der Bruttoprofit gleich dem Durchschnittsprofit, so wird die Größe dieses Unternehmergewinns ausschließlich bestimmt durch den Zinsfuß. Weicht der Bruttoprofit ab vom Durchschnittsprofit, so ist die Differenz desselben vom Durchschnittsprofit (nach beiderseitigem Abzug des Zinses) durch alle die Konjunkturen bestimmt, welche eine zeitweilige Abweichung verursachen, sei es der Profitrate in einer besondren Produktionssphäre von der allgemeinen Profitrate, sei es des Profits, den ein einzelner Kapitalist in einer bestimmten Sphäre macht, vom Durchschnittsprofit dieser besondren Sphäre. Nun hat man aber gesehn, daß die Profitrate, innerhalb des Produktionsprozesses selbst, nicht nur vom Mehrwert abhängt, sondern von vielen andren Umständen: von den Einkaufspreisen der Produktionsmittel, von mehr als durchschnittlich produktiven Methoden, von Ökonomisierung des konstanten
Kapitals etc. Und abgesehn vom Produktionspreis, hängt es von besondren Konjunkturen und bei jedem einzelnen Geschäftsabschluß von der größern oder geringem Schlauheit und Betriebsamkeit des Kapitalisten ab, ob und inwieweit dieser über oder unter dem Produktionspreis ein- oder verkauft, sich also innerhalb des Zirkulationsprozesses einen größern oder geringern Teil vom Gesamtmehrwert aneignet. Jedenfalls aber verwandelt sich die quantitative Teilung des Rohprofits hier in eine qualitative, und dies um so mehr, als die quantitative Teilung selbst davon abhängt, was zu verteilen ist, wie der aktive Kapitalist mit dem Kapital wirtschaftet und welchen Rohprofit es ihm als fungierendes <1. Auflage: fungierendem; geändert nach dem Manuskript von Marx> Kapital, d.h. infolge seiner Funktionen als aktiver Kapitalist abwirft. Der fungierende Kapitalist ist hier unterstellt als Nichteigentümer des Kapitals. Das Eigentum am Kapital ist ihm gegenüber vertreten durch den Verleiher, den Geldkapitalisten. Der Zins, den er an diesen zahlt, erscheint also als der Teil des Rohprofits, der dem Kapitaleigentum als solchem zukommt. Im Gegensatz hierzu erscheint der Teil des Profits, der dem aktiven Kapitalisten zufällt, jetzt als Unternehmergewinn, entspringend ausschließlich aus den Operationen oder Funktionen, die er im Reproduktionsprozeß mit dem Kapital vollführt, speziell also den Funktionen, die er als Unternehmer in der Industrie oder dem Handel verrichtet. Ihm gegenüber erscheint also der Zins als bloße Frucht des Kapitaleigentums, des Kapitals an sich, abstrahiert vom Reproduktionsprozeß des Kapitals, soweit es nicht "arbeitet", nicht fungiert; während ihm der Unternehmergewinn erscheint als ausschließliche Frucht der Funktionen, die er mit dem Kapital verrichtet, als Frucht der Bewegung und des Prozessierens des Kapitals, eines Prozessierens, das ihm nun als seine eigne Tätigkeit erscheint im Gegensatz zur Nichttätigkeit, zur Nichtbeteiligung des Geldkapitalisten am Produktionsprozeß. Diese qualitative Scheidung zwischen den beiden Teilen des Rohprofits, daß der Zins Frucht des Kapitals an sich, des Kapitaleigentums, abgesehn vom Produktionsprozeß, und der Unternehmergewinn Frucht des prozessierenden, im Produktionsprozeß wirkenden Kapitals und daher der aktiven Rolle ist, die der Anwender des Kapitals im Reproduktionsprozeß spielt - diese qualitative Scheidung ist keineswegs bloß subjektive Auffassung des Geldkapitalisten hier und des industriellen Kapitalisten dort. Sie beruht auf objektiver Tatsache, denn der Zins fließt dem Geldkapitalisten, dem Leiher zu, der bloßer Eigentümer des Kapitals ist, also das bloße Kapitaleigentum vertritt vor dem Produktionsprozeß und außerhalb des Produktionsprozesses; und der Unter-
nehmergewinn fließt dem bloß fungierenden Kapitalisten zu, der Nichteigentümer des Kapitals ist.
Sowohl für den industriellen Kapitalisten, soweit er mit geborgtem Kapital arbeitet, wie für den Geldkapitalisten, soweit er sein Kapital nicht selbst anwendet, schlägt hiermit die bloß quantitative Teilung des Bruttoprofits zwischen zwei verschiedne Personen, die beide verschiedne Rechtstitel haben auf dasselbe Kapital und daher auf den von ihm erzeugten Profit, um in eine qualitative Teilung. Der eine Teil des Profits erscheint nun als an und für sich zukommende Frucht des Kapitals in einer Bestimmung, als Zins; der andre Teil erscheint als spezifische Frucht des Kapitals in einer entgegengesetzten Bestimmung und daher als Unternehmergewinn; der eine als bloße Frucht des Kapitaleigentums, der andre als Frucht des bloßen Fungierens mit dem Kapital, als Frucht des Kapitals als prozessierendem oder der Funktionen, die der aktive Kapitalist ausübt. Und diese Verknöcherung und Verselbständigung der beiden Teile des Rohprofits gegeneinander, als wenn sie aus zwei wesentlich verschiednen Quellen herrührten, muß sich nun für die gesamte Kapitalistenklasse und für das Gesamtkapital festsetzen. Und zwar einerlei, ob das vom aktiven Kapitalisten angewandte Kapital geborgt sei oder nicht oder ob das dem Geldkapitalisten gehörende Kapital von ihm selbst angewandt werde oder nicht. Der Profit jedes Kapitals, also auch der auf Ausgleichung der Kapitale unter sich begründete Durchschnittsprofit zerfällt oder wird zerlegt in zwei qualitativ verschiedne, gegeneinander selbständige und voneinander unabhängige Teile, Zins und Unternehmergewinn, die beide durch besondre Gesetze bestimmt werden. Der Kapitalist, der mit eignem Kapital, so gut wie der, der mit geborgtem arbeitet, teilt seinen Rohprofit ein in Zins, der ihm als Eigentümer, als seinem eignen Verleiher von Kapital an sich selbst, und in Unternehmergewinn, der ihm als aktivem, fungierendem Kapitalisten zukommt. Es wird so für diese Teilung, als qualitative, gleichgültig, ob der Kapitalist wirklich mit einem andern zu teilen hat oder nicht. Der Anwender des Kapitals, auch wenn er mit eignem Kapital arbeitet, zerfällt in zwei Personen, den bloßen Eigentümer des Kapitals und den Anwender des Kapitals; sein Kapital selbst, mit Bezug auf die Kategorien von Profit, die es abwirft, zerfällt in Kapitaleigentum, Kapital außer dem Produktionsprozeß, das an sich Zins abwirft, und Kapital im Produktionsprozeß, das als prozessierend Unternehmergewinn abwirft.
Der Zins befestigt sich also derart, daß er nun nicht als eine der Produktion gleichgültige Teilung des Bruttoprofits auftritt, die nur dann gelegentlich stattfindet, wenn der Industrielle mit fremdem Kapital arbeitet. Auch
wenn er mit eignem Kapital arbeitet, spaltet sich sein Profit in Zins und Unternehmergewinn. Hiermit wird die bloß quantitative Teilung zur qualitativen: sie findet statt unabhängig von dem zufälligen Umstand, ob der Industrielle Eigentümer oder Nichteigentümer seines Kapitals ist. Es sind nicht nur an verschiedne Personen verteilte Quota des Profits, sondern zwei verschiedne Kategorien desselben, die in verschiednem Verhältnis zum Kapital, also in einem Verhältnis zu verschiednen Bestimmtheiten des Kapitals stehn.
Es ergeben sich nun sehr einfach die Gründe, warum, sobald diese Teilung des Bruttoprofits in Zins und Unternehmergewinn einmal eine qualitative geworden ist, sie diesen Charakter einer qualitativen Teilung für das Gesamtkapital und die Gesamtklasse der Kapitalisten erhält.
Erstens folgt dies schon aus dem einfachen empirischen Umstand, daß die Mehrzahl der industriellen Kapitalisten, wenn auch in verschiednen Zahlenverhältnissen, mit eignem und erborgtem Kapital arbeitet und daß das Verhältnis zwischen eignem und erborgtem Kapital in verschiednen Perioden wechselt.
Zweitens: Die Verwandlung eines Teils des Bruttoprofits in die Form von Zins verwandelt seinen andren Teil in Unternehmergewinn. Dieser letztere ist in der Tat nur die gegensätzliche Form, die der Überschuß des Rohprofits über den Zins annimmt, sobald dieser als eigne Kategorie existiert. Die ganze Untersuchung, wie der Bruttoprofit sich in Zins und Unternehmergewinn differenziert, löst sich einfach auf in die Untersuchung, wie ein Teil des Bruttoprofits sich allgemein als Zins verknöchert und verselbständigt. Nun existiert aber historisch das zinstragende Kapital als eine fertige, überlieferte Form und daher der Zins als fertige Unterform des vom Kapital erzeugten Mehrwerts, lange bevor die kapitalistische Produktionsweise und die ihr entsprechenden Vorstellungen von Kapital und Profit existierten. Daher immer noch in der Volksvorstellung Geldkapital, zinstragendes Kapital als Kapital als solches, als Kapital par excellence gilt. Daher andrerseits die bis zur Zeit Massies vorherrschende Vorstellung, daß es das Geld als solches ist, was im Zins bezahlt wird. Der Umstand, daß verliehenes Kapital Zins abwirft, ob wirklich als Kapital verwandt oder nicht - auch wenn nur zur Konsumtion geborgt -, befestigt die Vorstellung von der Selbständigkeit dieser Form des Kapitals. Der beste Beweis von der Selbständigkeit, worin, in den ersten Perioden der kapitalistischen Produktionsweise, der Zins dem Profit und das zinstragende Kapital dem industriellen Kapital gegenüber erscheint, ist der, daß erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Tatsache entdeckt wurde (von Massie und nach ihm von
Hume), daß der Zins ein bloßer Teil des Bruttoprofits ist, und daß es überhaupt einer solchen Entdeckung bedurfte.
Drittens: Ob der industrielle Kapitalist mit eignem oder geborgtem Kapital arbeitet, ändert nichts an dem Umstand, daß ihm die Klasse der Geldkapitalisten als eine besondre Sorte Kapitalisten, das Geldkapital als eine selbständige Sorte des Kapitals und der Zins als die diesem spezifischen Kapital entsprechende selbständige Form des Mehrwerts gegenübersteht.
Qualitativ betrachtet ist der Zins Mehrwert, den das bloße Eigentum des Kapitals liefert, den das Kapital an sich abwirft, obgleich sein Eigentümer außerhalb des Reproduktionsprozesses stehnbleibt, den also Kapital abgesondert von seinem Prozeß abwirft.
Quantitativ betrachtet erscheint der Teil des Profits, der den Zins bildet, nicht auf das industrielle und kommerzielle Kapital als solches, sondern auf das Geldkapital bezogen, und die Rate dieses Teils des Mehrwerts, die Zinsrate oder der Zinsfuß, befestigt dies Verhältnis. Denn erstens wird der Zinsfuß - trotz seiner Abhängigkeit von der allgemeinen Profitrate - selbständig bestimmt, und zweitens erscheint er, wie der Marktpreis der Waren, der unfaßbaren Profitrate gegenüber als bei allem Wechsel festes, uniformes, handgreifliches und stets gegebnes Verhältnis. Befände sich alles Kapital in den Händen der industriellen Kapitalisten, so existierte kein Zins und kein Zinsfuß. Die selbständige Form, die die quantitative Teilung des Rohprofits annimmt, erzeugt die qualitative. Vergleicht sich der industrielle Kapitalist mit dem Geldkapitalisten, so unterscheidet ihn von diesem nur der Unternehmergewinn, als Überschuß des Rohprofits über den Durchschnittszins, der vermöge des Zinsfußes als empirisch gegebne Größe erscheint. Vergleicht er sich andrerseits mit dem industriellen Kapitalisten, der mit eignem statt geborgtem Kapital wirtschaftet, so unterscheidet dieser sich von ihm nur als Geldkapitalist, indem er den Zins selbst einsteckt, statt ihn wegzuzahlen. Nach beiden Seiten erscheint ihm der vom Zins unterschiedne Teil des Rohprofits als Unternehmergewinn und der Zins selbst als ein Mehrwert, den das Kapital an und für sich abwirft, und den es daher auch abwerfen würde ohne produktive Anwendung.
Für den einzelnen Kapitalisten ist dies praktisch richtig. Er hat die Wahl, ob er sein Kapital, sei es, daß es im Ausgangspunkt schon als Geldkapital existiert oder daß es erst in Geldkapital zu verwandeln ist, als zinstragendes Kapital verleihen oder als produktives Kapital selbst verwerten will. Allgemein gefaßt, d.h. auf das ganze Gesellschaftskapital angewendet, wie dies von einigen Vulgärökonomen geschieht und sogar als Grund des
Profits angegeben wird, ist dies natürlich verrückt. Die Verwandlung des sämtlichen Kapitals in Geldkapital, ohne daß Leute da sind, die die Produktionsmittel kaufen und verwerten, in Form von denen das gesamte Kapital, abgesehn von dem in Geld existierenden, relativ kleinen Teil desselben, vorhanden ist, - dies ist natürlich Unsinn. Es steckt der noch größre Unsinn darin, daß auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise das Kapital Zins abwerfen würde, ohne als produktives Kapital zu fungieren, d.h. ohne Mehrwert zu schaffen, wovon der Zins nur ein Teil; daß die kapitalistische Produktionsweise ihren Gang gehn würde ohne die kapitalistische Produktion. Wollte ein ungebührlich großer Teil der Kapitalisten sein Kapital in Geldkapital verwandeln, so wäre die Folge ungeheure Entwertung des Geldkapitals und ungeheurer Fall des Zinsfußes; viele würden sofort in die Unmöglichkeit versetzt, von ihren Zinsen zu leben, also gezwungen, sich in industrielle Kapitalisten rückzuverwandeln. Aber wie gesagt, für den einzelnen Kapitalisten ist dies Tatsache. Er betrachtet daher notwendig, selbst wenn er mit eignem Kapital wirtschaftet, den Teil seines Durchschnittsprofits, der gleich dem Durchschnittszins, als Frucht seines Kapitals als solchen, abgesehn von dem Produktionsprozeß; und im Gegensatz zu diesem, im Zins verselbständigten Teil, den Überschuß des Rohprofits darüber als bloßen Unternehmergewinn.
Viertens: {Lücke im Manuskript.}
Es hat sich also gezeigt, daß der Teil des Profits, den der fungierende Kapitalist dem bloßen Eigentümer von geborgtem Kapital zu zahlen hat, sich verwandelt in die selbständige Form für einen Teil des Profits, den alles Kapital als solches, ob geborgt oder nicht, unter dem Namen Zins abwirft. Wie groß dieser Teil ist, hängt ab von der Höhe des Durchschnittszinsfußes. Sein Ursprung zeigt sich nur noch darin, daß der fungierende Kapitalist, soweit er Eigentümer seines Kapitals, nicht konkurriert - wenigstens nicht aktiv - bei Bestimmung des Zinsfußes. Die rein quantitative Teilung des Profits zwischen zwei Personen, die verschiedne Rechtstitel auf ihn haben, hat sich in eine qualitative Teilung verwandelt, die aus der Natur des Kapitals und des Profits selbst zu entspringen scheint. Denn wie man gesehn, sobald ein Teil des Profits allgemein die Form des Zinses annimmt, verwandelt sich die Differenz zwischen dem Durchschnittsprofit und dem Zins, oder der über dem Zins überschüssige Teil des Profits, in eine zum Zins gegensätzliche Form, in die des Unternehmergewinns. Diese beiden Formen, Zins und Unternehmergewinn, existieren nur in ihrem Gegensatz. Sie sind also beide nicht bezogen auf den Mehrwert, von dem sie nur in verschiednen Kategorien, Rubriken oder Namen fixierte Teile sind, sondern
sie sind aufeinander bezogen. Weil der eine Teil des Profits sich in Zins verwandelt, deshalb erscheint der andre Teil als Unternehmergewinn.
Unter Profit verstehn wir hier immer den Durchschnittsprofit, da die Abweichungen, sei es des individuellen Profits, sei es des Profits in verschiednen Produktionssphären - also die mit dem Konkurrenzkampf und andren Umständen hin- und herwogenden Variationen in der Verteilung des Durchschnittsprofits oder Mehrwerts -, uns hier ganz gleichgültig sind. Es gilt dies überhaupt für die ganze vorliegende Untersuchung.
Der Zins ist nun der Nettoprofit, wie Ramsay ihn bezeichnet, den das Kapitaleigentum als solches abwirft, sei es dem bloßen Verleiher, der außerhalb des Reproduktionsprozesses stehnbleibt, sei es dem Eigentümer, der sein Kapital selbst produktiv verwendet. Aber auch diesem wirft es diesen Nettoprofit ab, nicht soweit er fungierender Kapitalist, sondern soweit er Geldkapitalist, Verleiher seines eignen Kapitals, als eines zinstragenden, an sich selbst als fungierenden Kapitalisten ist. Wie die Verwandlung von Geld und überhaupt von Wert in Kapital das stete Resultat, ist sein Dasein als Kapital ebensosehr die stete Voraussetzung des kapitalistischen Produktionsprozesses. Durch seine Fähigkeit, sich in Produktionsmittel zu verwandeln, kommandiert es beständig unbezahlte Arbeit und verwandelt daher den Produktions- und Zirkulationsprozeß der Waren in die Produktion von Mehrwert für seinen Besitzer. Der Zins ist also nur der Ausdruck davon, daß Wert überhaupt - die vergegenständlichte Arbeit in ihrer allgemein gesellschaftlichen Form - Wert, der im wirklichen Produktionsprozeß die Gestalt der Produktionsmittel annimmt, als selbständige Macht der lebendigen Arbeitskraft gegenübersteht und das Mittel ist, sich unbezahlte Arbeit anzueignen; und daß er diese Macht ist, indem er als fremdes Eigentum dem Arbeiter gegenübersteht. Andrerseits jedoch ist in der Form des Zinses dieser Gegensatz gegen die Lohnarbeit ausgelöscht; denn das zinstragende Kapital hat als solches nicht die Lohnarbeit, sondern das fungierende Kapital zu seinem Gegensatz; der verleihende Kapitalist steht als solcher direkt dem im Reproduktionsprozeß wirklich fungierenden Kapitalisten gegenüber, nicht aber dem Lohnarbeiter, der gerade auf Grundlage der kapitalistischen Produktion von den Produktionsmitteln expropriiert ist. Das zinstragende Kapital ist das Kapital als Eigentum gegenüber dem Kapital als Funktion. Aber soweit das Kapital nicht fungiert, exploitiert es nicht die Arbeiter und tritt in keinen Gegensatz zur Arbeit.
Andrerseits bildet der Unternehmergewinn keinen Gegensatz zur Lohnarbeit, sondern nur zum Zins.
Erstens: Den Durchschnittsprofit als gegeben vorausgesetzt, ist die Rate
des Unternehmergewinns nicht durch den Arbeitslohn bestimmt, sondern durch den Zinsfuß. Sie ist hoch oder niedrig im umgekehrten Verhältnis zu diesem.(72)
Zweitens: Der fungierende Kapitalist leitet seinen Anspruch auf den Unternehmergewinn, also den Unternehmergewinn selbst ab, nicht von seinem Eigentum am Kapital, sondern von der Funktion des Kapitals im Gegensatz zu der Bestimmtheit, worin es nur als träges Eigentum existiert. Dies erscheint als unmittelbar vorhandner Gegensatz, sobald er mit geliehenem Kapital operiert, wo Zins und Unternehmergewinn daher zwei verschiednen Personen zufallen. Der Unternehmergewinn entspringt aus der Funktion des Kapitals im Reproduktionsprozeß, also infolge der Operationen, der Tätigkeit, wodurch der fungierende Kapitalist diese Funktionen des industriellen und merkantilen Kapitals vermittelt. Aber Repräsentant des fungierenden Kapitals sein, ist keine Sinekure, wie die Repräsentation des zinstragenden Kapitals. Auf Basis der kapitalistischen Produktion dirigiert der Kapitalist den Produktionsprozeß wie den Zirkulationsprozeß. Die Exploitation der produktiven Arbeit kostet Anstrengung, ob er sie selbst verrichte oder in seinem Namen von andern verrichten lasse. Im Gegensatz zum Zins stellt sich ihm also sein Unternehmergewinn dar als unabhängig vom Kapitaleigentum, vielmehr als Resultat seiner Funktionen als Nichteigentümer, als - Arbeiter.
Es entwickelt sich daher notwendig in seinem Hirnkasten die Vorstellung, daß sein Unternehmergewinn - weit entfernt, irgendeinen Gegensatz zur Lohnarbeit zu bilden und nur unbezahlte fremde Arbeit zu sein - vielmehr selbst Arbeitslohn ist, Aufsichtslohn, wages of superintendence of labour, höherer Lohn als der des gewöhnlichen Lohnarbeiters, 1. weil sie kompliziertere Arbeit, 2. weil er sich selbst den Arbeitslohn auszahlt. Daß seine Funktion als Kapitalist darin besteht, Mehrwert, d.h. unbezahlte Arbeit zu produzieren, und zwar unter den ökonomischsten Bedingungen, wird vollständig vergessen über dem Gegensatz, daß der Zins dem Kapitalisten zufällt, auch wenn er keine Funktion als Kapitalist ausübt, sondern bloßer Eigentümer des Kapitals ist; und daß dagegen der Unternehmergewinn dem fungierenden Kapitalisten zufällt, auch wenn er Nichteigentümer des Kapitals ist, womit er fungiert. Über der gegensätzlichen Form der beiden Teile, worin der Profit, also der Mehrwert zerfällt, wird vergessen, daß beide bloß Teile des Mehrwerts sind und daß seine Teilung nichts an
(72) "Der Unternehmergewinn hängt vom Nettoprofit des Kapitals ab, nicht der letztere vom ersteren." (Ramsay, l.c.p. 214. Net profits bei Ramsay immer = Zins.)
seiner Natur, seinem Ursprung und seinen Existenzbedingungen ändern kann.
Im Reproduktionsprozeß vertritt der fungierende Kapitalist das Kapital als fremdes Eigentum gegenüber den Lohnarbeitern und nimmt der Geldkapitalist, als vertreten durch den fungierenden Kapitalisten, an der Exploitation der Arbeit teil. Daß nur als Repräsentant der Produktionsmittel gegenüber den Arbeitern der aktive Kapitalist die Funktion ausüben kann, die Arbeiter für sich arbeiten oder die Produktionsmittel als Kapital fungieren zu lassen, dies wird vergessen über dem Gegensatz von Funktion des Kapitals im Reproduktionsprozeß gegenüber bloßem Eigentum am Kapital außerhalb des Reproduktionsprozesses.
In der Tat ist in der Form, die die beiden Teile des Profits, d.h. des Mehrwerts, als Zins und Unternehmergewinn annehmen, kein Verhältnis zur Arbeit ausgedrückt, weil dies Verhältnis nur existiert zwischen ihr und dem Profit oder vielmehr dem Mehrwert als der Summe, dem Ganzen, der Einheit dieser beiden Teile. Das Verhältnis, worin der Profit geteilt wird, und die verschiednen Rechtstitel, worunter diese Teilung geschieht, setzen den Profit als fertig, setzen sein Dasein voraus. Ist daher der Kapitalist Eigentümer des Kapitals, womit er fungiert, so steckt er den ganzen Profit oder Mehrwert ein; es ist für den Arbeiter ganz gleichgültig, ob er dies tut oder ob er einen Teil an eine dritte Person als juristischen Eigentümer wegzuzahlen hat. Die Teilungsgründe des Profits unter zwei Sorten Kapitalisten verwandeln sich so unter der Hand in die Existenzgründe des zu teilenden Profits, des Mehrwerts, den abgesehn von <1. Auflage: vor, geändert nach dem Manuskript von Marx> aller spätern Teilung das Kapital als solches aus dem Reproduktionsprozeß herauszieht. Daraus, daß der Zins dem Unternehmergewinn und der Unternehmergewinn dem Zins, beide einander, aber nicht der Arbeit gegenüberstehn, folgt - daß Unternehmergewinn plus Zins, d.h. der Profit, weiter der Mehrwert, worauf beruhn? Auf der gegensätzlichen Form seiner beiden Teile! Der Profit wird aber produziert, ehe diese Teilung mit ihm vorgenommen wird und ehe von ihr die Rede sein kann.
Das zinstragende Kapital bewährt sich nur als solches, soweit das verliehene Geld wirklich in Kapital verwandelt und ein Überschuß produziert wird, wovon der Zins ein Teil. Allein dies hebt nicht auf, daß ihm, unabhängig vom Produktionsprozeß, das Zinstragen als Eigenschaft eingewachsen. Die Arbeitskraft bewährt ja auch nur ihre wertschaffende Kraft, wenn sie im Arbeitsprozeß betätigt und realisiert wird; aber dies schließt
nicht aus, daß sie an sich, potentiell, als Vermögen, die wertschaffende Tätigkeit ist und als solche aus dem Prozeß nicht erst entsteht, sondern ihm vielmehr vorausgesetzt ist. Als Fähigkeit, Wert zu schaffen, wird sie gekauft. Es kann einer sie auch kaufen, ohne sie produktiv arbeiten zu lassen; z.B. zu rein persönlichen Zwecken, Bedienung usw. So mit dem Kapital. Es ist Sache des Borgers, ob er es als Kapital vernutzt, also die ihm inhärente Eigenschaft, Mehrwert zu produzieren, wirklich in Tätigkeit setzt. Was er zahlt, ist in beiden Fällen der an sich, der Möglichkeit nach, in der Ware Kapital eingeschloßne Mehrwert.
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Gehn wir nun näher ein auf den Unternehmergewinn.
Indem das Moment der spezifischen gesellschaftlichen Bestimmtheit des Kapitals in der kapitalistischen Produktionsweise - das Kapitaleigentum, das die Eigenschaft besitzt, Kommando über die Arbeit anderer zu sein - fixiert wird und der Zins daher erscheint als der Teil des Mehrwerts, den das Kapital in dieser Beziehung erzeugt, erscheint der andre Teil des Mehrwerts - der Unternehmergewinn - notwendig so, daß er nicht aus dem Kapital als Kapital, sondern aus dem Produktionsprozeß stammt, getrennt von seiner spezifischen gesellschaftlichen Bestimmtheit, die ja in dem Ausdruck Kapitalzins schon ihre besondre Existenzweise erhalten hat. Vom Kapital getrennt, ist aber der Produktionsprozeß Arbeitsprozeß überhaupt. Der industrielle Kapitalist, als unterschieden vom Kapitaleigentümer, erscheint daher nicht als fungierendes Kapital, sondern als Funktionär auch abgesehn vom Kapital, als einfacher Träger des Arbeitsprozesses überhaupt, als Arbeiter, und zwar als Lohnarbeiter.
Der Zins an sich drückt gerade das Dasein der Arbeitsbedingungen als Kapital, in ihrem gesellschaftlichen Gegensatz zur Arbeit, und in ihrer Verwandlung in persönliche Mächte gegenüber der Arbeit und über die <1. Auflage: der; geändert nach dem Manuskript von Marx> Arbeit aus. Er stellt das bloße Kapitaleigentum dar als Mittel, sich Produkte fremder Arbeit anzueignen. Aber er stellt diesen Charakter des Kapitals dar als etwas, das ihm außerhalb des Produktionsprozesses zukommt und das keineswegs das Resultat der spezifisch kapitalistischen Bestimmtheit dieses Produktionsprozesses selbst ist. Er stellt es dar, nicht in direktem Gegensatz zur Arbeit, sondern umgekehrt, ohne Verhältnis zur Arbeit und als bloßes Verhältnis eines Kapitalisten zum andern. Also als eine dem Verhält-
nis des Kapitals zur Arbeit selbst äußerliche und gleichgültige Bestimmung. In dem Zins also, in der besondern Gestalt des Profits, worin sich der gegensätzliche Charakter des Kapitals einen selbständigen Ausdruck gibt, gibt er sich ihn so, daß dieser Gegensatz darin völlig ausgelöscht ist und ganz von ihm abstrahiert wird. Der Zins ist ein Verhältnis zwischen zwei Kapitalisten, nicht zwischen Kapitalist und Arbeiter.
Andrerseits gibt diese Form des Zinses dem andern Teil des Profits die qualitative Form des Unternehmergewinns, weiter des Aufsichtslohns. Die besondren Funktionen, die der Kapitalist als solcher zu verrichten hat, und die ihm gerade im Unterschied von und Gegensatz zu den Arbeitern zukommen, werden als bloße Arbeitsfunktionen dargestellt. Er schafft Mehrwert, nicht weil er als Kapitalist arbeitet, sondern weil er, abgesehn von seiner Eigenschaft als Kapitalist, auch arbeitet. Dieser Teil des Mehrwerts ist also gar nicht mehr Mehrwert, sondern sein Gegenteil, Äquivalent für vollbrachte Arbeit. Da der entfremdete Charakter des Kapitals, sein Gegensatz zur Arbeit, jenseits des wirklichen Exploitationsprozesses verlegt wird, nämlich ins zinstragende Kapital, so erscheint dieser Exploitationsprozeß selbst als ein bloßer Arbeitsprozeß, wo der fungierende Kapitalist nur andre Arbeit verrichtet als der Arbeiter. So daß die Arbeit des Exploitierens und die exploitierte Arbeit, beide als Arbeit, identisch sind. Die Arbeit des Exploitierens ist ebensogut Arbeit, wie die Arbeit, die exploitiert wird. Auf den Zins fällt die gesellschaftliche Form des Kapitals, aber in einer neutralen und indifferenten Form ausgedrückt; auf den Unternehmergewinn fällt die ökonomische Funktion des Kapitals, aber von dem bestimmten, kapitalistischen Charakter dieser Funktion abstrahiert.
Es geht hier im Bewußtsein des Kapitalisten ganz dasselbe vor, wie bei den im Abschn. II dieses Buchs angedeuteten Kompensationsgründen in der Ausgleichung zum Durchschnittsprofit. Diese Kompensationsgründe, die bestimmend in die Verteilung des Mehrwerts eingehn, verdrehen sich in der kapitalistischen Vorstellungsweise in Entstehungsgründe und (subjektive) Rechtfertigungsgründe des Profits selbst.
Die Vorstellung des Unternehmergewinns als Aufsichtslohns der Arbeit, die aus seinem Gegensatz zum Zins entsteht, findet weitern Halt darin, daß in der Tat ein Teil des Profits als Arbeitslohn abgesondert werden kann und sich wirklich absondert, oder vielmehr umgekehrt, daß ein Teil des Arbeitslohns, auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, als integrierender Bestandteil des Profits erscheint. Dieser Teil, wie schon A. Smith richtig herausfand, stellt sich rein dar, selbständig und gänzlich getrennt einerseits vom Profit (als Summe von Zins und Unternehmergewinn), andrer-
seits von dem Teil des Profits, der nach Abzug des Zinses als sogenannter Unternehmergewinn übrigbleibt, in dem Gehalt des Dirigenten in solchen Geschäftszweigen, deren Ausdehnung usw. hinreichende Teilung der Arbeit erlaubt, um besondren Arbeitslohn für einen Dirigenten zu gestatten.
Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung entspringt notwendig überall, wo der unmittelbare Produktionsprozeß die Gestalt eines gesellschaftlich kombinierten Prozesses hat und nicht als vereinzelte Arbeit der selbständigen Produzenten auftritt.(73) Sie ist aber doppelter Natur.
Einerseits in allen Arbeiten, worin viele Individuen kooperieren, stellt sich notwendig der Zusammenhang und die Einheit des Prozesses in einem kommandierenden Willen dar, und in Funktionen, die nicht die Teilarbeiten, sondern die Gesamttätigkeit der Werkstatt betreffen, wie bei dem Direktor eines Orchesters. Es ist dies eine produktive Arbeit, die verrichtet werden muß in jeder kombinierten Produktionsweise.
Andrerseits - ganz abgesehn vom kaufmännischen Departement - entspringt diese Arbeit der Oberaufsicht notwendig in allen Produktionsweisen, die auf dem Gegensatz zwischen dem Arbeiter als dem unmittelbaren Produzenten und dem Eigentümer der Produktionsmittel beruhn. Je größer dieser Gegensatz, desto größer die Rolle, die diese Arbeit der Oberaufsicht <1. Auflage: Arbeiter-Oberaufsicht, geändert nach dem Manuskript von Marx> spielt. Sie erreicht daher ihr Maximum im Sklavensystem.(74) Sie ist aber auch in der kapitalistischen Produktionsweise unentbehrlich, da hier der Produktionsprozeß zugleich Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten ist. Ganz wie in despotischen Staaten die Arbeit der Oberaufsicht und allseitigen Einmischung der Regierung beides einbegreift: sowohl die Verrichtung der gemeinsamen Geschäfte, die aus der Natur aller Gemeinwesen hervorgehn, wie die spezifischen Funktionen, die aus dem Gegensatz der Regierung zu der Volksmasse entspringen.
Bei den antiken Schriftstellern, die das Sklavensystem vor sich haben, finden sich in der Theorie, wie es denn in der Praxis der Fall war, beide Seiten der Aufsichtsarbeit ganz ebenso unzertrennlich zusammen wie bei den modernen Ökonomen, die die kapitalistische Produktionsweise als die
(73) "Oberaufsicht ist hier" (beim bäuerlichen Grundbesitzer) "völlig unnötig." (J. E. Cairnes, "The Slave Power", London 1862, p. 48, 49.)
(74) "Wenn die Natur der Arbeit verlangt, daß die Arbeiter" (nämlich die Sklaven) "über eine ausgedehnte Fläche verteilt werden, dann werden die Zahl der Aufseher und damit die Kosten der Arbeit, die diese Aufsicht erfordert, entsprechend steigen." (Cairnes, l.c.p. 44.)
absolute Produktionsweise ansehn. Andrerseits, wie ich gleich an einem Beispiel zeigen werde, wissen die Apologeten des modernen Sklavensystems ganz ebenso die Aufsichtsarbeit als Rechtfertigungsgrund der Sklaverei zu vernutzen, wie die andren Ökonomen als Grund des Lohnarbeitssystems.
Der villicus zur Zeit Catos:
"An der Spitze der Gutssklavenschaft <1. Auflage und Manuskript von Marx: Gutssklavenwirtschaft> (familis rustica) stand der Wirtschafter (villicus von villa <Landgut>), der einnimmt und ausgibt, kauft und verkauft, die Instruktionen des Herrn entgegennimmt und in dessen Abwesenheit anordnet und straft ... Der Wirtschafter stand natürlich freier als die übrigen Knechte; die Magonischen Bücher raten, ihm Ehe, Kindererzeugung und eigne Kasse zu gestatten, und Cato, ihn mit der Wirtschafterin zu verheiraten; er allein wird auch Aussicht gehabt haben, im Fall des Wohlverhaltens von dem Herrn die Freiheit zu erlangen. Im übrigen bildeten alle einen gemeinschaftlichen Hausstand ... Ein jeder Sklave, auch der Wirtschafter selbst, erhielt seine Bedürfnisse auf Rechnung des Herrn in gewissen Fristen nach festen Sätzen geliefert, womit er dann auszukommen hatte ... Die Quantität richtete sich nach der Arbeit, weshalb z.B. der Wirtschafter, der leichtere Arbeit hatte als die Knechte, knapperes Maß als diese empfing." (Mommsen, "Römische Geschichte", Zweite Auflage, 1856, I, p. 809, 810.)
Aristoteles:
O gao despthz ouk en tw ktasjai touz doulouz , all en tw cohsjai douloz· (Denn der Herr - Kapitalist - betätigt sich als solcher nicht im Erwerben der Sklaven - dem Kapitaleigentum, das die Macht gibt, Arbeit zu kaufen -, sondern im Benutzen der Sklaven - der Verwendung von Arbeitern - heute Lohnarbeitern im Produktionsprozeß.) Esti d auth h episthmh ouden mega ecousa oude semno· (Es ist aber mit dieser Wissenschaft nichts Großes oder Erhabnes;) a gao ton doulon episatasjai dei poien , ekeinon dei tauta epstasjai epitattein.(was nämlich der Sklave zu verrichten verstehn muß, das soll jener verstehn zu befehlen.) Dio osoiz exousia mh autouz, kakpajouein , epitoopoz lamßanei tauthn thn timhn , autoi de politeuontai h jilosojousin. (Wo die Herren sich selbst damit zu placken nicht nötig haben, da übernimmt der Aufseher diese Ehre, sie selbst aber treiben Staatsgeschäfte oder philosophieren.) (Arist. "Respubl." ed. Bekker, lib. I, 7.)
Daß die Herrschaft, wie im politischen, so im ökonomischen Gebiet, den Gewalthabern die Funktionen des Herrschens auflegt, d.h. auf ökonomischem Gebiet also, daß sie verstehn müssen, die Arbeitskraft zu konsumieren - sagt Aristoteles mit dürren Worten und fügt hinzu, daß kein großes Wesen mit dieser Aufsichtsarbeit zu machen sei, weshalb der Herr, sobald er vermögend genug ist, die "Ehre" dieser Plackerei einem Aufseher überläßt.
Die Arbeit der Leitung und Oberaufsicht, soweit sie nicht eine besondre, aus der Natur aller kombinierten gesellschaftlichen Arbeit hervorgehende
Funktion ist, sondern aus dem Gegensatz zwischen dem Eigentümer der Produktionsmittel und dem Eigentümer der bloßen Arbeitskraft entspringt - sei es nun, daß die letztere mit dem Arbeiter selbst gekauft wird, wie im Sklavensystem, oder daß der Arbeiter selbst seine Arbeitskraft verkauft und der Produktionsprozeß daher zugleich als der Konsumtionsprozeß seiner Arbeit durch das Kapital erscheint -, diese aus der Knechtschaft des unmittelbaren Produzenten entspringende Funktion ist oft genug zum Rechtfertigungsgrund dieses Verhältnisses selbst gemacht, und die Exploitation, die Aneignung fremder unbezahlter Arbeit ist ebensooft als der dem Eigentümer des Kapitals gebührende Arbeitslohn dargestellt worden. Aber nie besser als von einem Verteidiger der Sklaverei in den Vereinigten Staaten, von einem Advokaten O'Conor auf einem Meeting zu New York, 19. Dez. 1859, unter dem Panier: "Gerechtigkeit für den Süden."
"Now, gentlemen" <"Nun, meine Herren">, sagte er unter großem Applaus, "die Natur selbst hat den Neger zu dieser Knechtschaftslage bestimmt. Er hat die Stärke und ist kräftig zur Arbeit; aber die Natur, die ihm diese Stärke gab, verweigerte ihm sowohl den Verstand zum Regieren, wie den Willen zur Arbeit." (Beifall.) "Beide sind ihm verweigert! Und dieselbe Natur, die ihm den Willen zur Arbeit vorenthielt, gab ihm einen Herrn, diesen Willen zu erzwingen und ihn in dem Klima, wofür er geschaffen, zu einem nützlichen Diener zu machen, sowohl für sich selbst, wie für den Herrn, der ihn regiert. Ich behaupte, daß es keine Ungerechtigkeit ist, den Neger in der Lage zu lassen, worin die Natur ihn gestellt hat; ihm einen Herrn zu geben, der ihn regiert; und man beraubt ihn keines seiner Rechte, wenn man ihn zwingt, dafür auch wieder zu arbeiten und seinem Herrn eine gerechte Entschädigung zu liefern für die Arbeit und Talente, die er anwendet, um ihn zu regieren und ihn für sich selbst und für die Gesellschaft nützlich zu machen."
Nun muß auch der Lohnarbeiter wie der Sklave einen Herrn haben, um ihn arbeiten zu machen und ihn zu regieren. Und dies Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis vorausgesetzt, ist es in der Ordnung, daß der Lohnarbeiter gezwungen wird, seinen eignen Arbeitslohn zu produzieren und obendrein den Aufsichtslohn, eine Kompensation für die Arbeit der Herrschaft und Oberaufsicht über ihn, "und seinem Herrn eine gerechte Entschädigung zu liefern für die Arbeit und Talente, die er anwendet, um ihn zu regieren und ihn für sich und für die Gesellschaft nützlich zu machen".
Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung, soweit sie aus dem gegensätzlichen Charakter, aus der Herrschaft des Kapitals über die Arbeit entspringt und daher allen auf dem Klassengegensatz beruhenden Produktionsweisen mit der kapitalistischen gemeinsam ist, ist auch im kapitalistischen
System unmittelbar und unzertrennbar verquickt mit den produktiven Funktionen, die alle kombinierte gesellschaftliche Arbeit einzelnen Individuen als besondre Arbeit auferlegt. Der Arbeitslohn eines Epitropos oder régisseur, wie er im feudalen Frankreich hieß, trennt sich vollständig vom Profit und nimmt auch die Form des Arbeitslohns für geschickte Arbeit an, sobald das Geschäft auf hinreichend großer Stufenleiter betrieben wird, um einen solchen Dirigenten (manager) zu zahlen, obgleich deswegen unsre industriellen Kapitalisten noch lange nicht "Staatsgeschäfte treiben oder philosophieren".
Daß nicht die industriellen Kapitalisten, sondern die industriellen managers "die Seele unsres Industriesystems" sind, hat schon Herr Ure bemerkt.(75) Was den merkantilen Teil des Geschäfts angeht, so ist das Nötige darüber bereits im vorigen Abschnitt gesagt <Siehe vorl. Band, S. 300-302> .
Die kapitalistische Produktion selbst hat es dahin gebracht, daß die Arbeit der Oberleitung, ganz getrennt vom Kapitaleigentum, auf der Straße herumläuft. Es ist daher nutzlos geworden, daß diese Arbeit der Oberleitung vom Kapitalisten ausgeübt werde. Ein Musikdirektor braucht durchaus nicht Eigentümer der Instrumente des Orchesters zu sein, noch gehört es zu seiner Funktion als Dirigent, daß er irgend etwas mit dem "Lohn" der übrigen Musikanten zu tun hat. Die Kooperativfabriken liefern den Beweis, daß der Kapitalist als Funktionär der Produktion ebenso überflüssig geworden, wie er selbst, in seiner höchsten Ausbildung, den Großgrundbesitzer überflüssig findet. Soweit die Arbeit des Kapitalisten nicht aus dem Produktionsprozeß als bloß kapitalistischem hervorgeht, also [nicht] mit dem Kapital von selbst aufhört; soweit sie sich nicht auf die Funktion beschränkt, fremde Arbeit zu exploitieren; soweit sie also aus der Form der Arbeit als gesellschaftlicher hervorgeht, aus der Kombination und Kooperation vieler zu einem gemeinsamen Resultat, ist sie ganz ebenso unabhängig vom Kapital, wie diese Form selbst, sobald sie die kapitalistische Hülle gesprengt hat. Sagen, daß diese Arbeit, als kapitalistische Arbeit, als Funktion des Kapitalisten notwendig sei, heißt nichts, als daß sich der Vulgus die im Schoß der kapitalistischen Produktionsweise entwickelten Formen nicht vorstellen kann, getrennt und befreit von ihrem gegensätzlichen kapitalistischen Charakter. Dem Geldkapitalisten gegenüber ist der industrielle Kapitalist
(75) A. Ure, "Philos. of Manufactures", Franz. Übers., 1836, I, p. 67, 68, wo dieser Pindar der Fabrikanten diesen zugleich das Zeugnis aussteht, daß die meisten von ihnen von dem Mechanismus, den sie anwenden, nicht die leiseste Vorstellung haben.
Arbeiter, aber Arbeiter als Kapitalist, d.h. als Exploiteur fremder Arbeit. Der Lohn, den er für diese Arbeit beansprucht und bezieht, ist genau gleich dem angeeigneten Quantum fremder Arbeit und hängt direkt ab, soweit er sich der notwendigen Mühe der Exploitation unterzieht, vom Ausbeutungsgrad dieser Arbeit, nicht aber vom Grad der Anstrengung, die diese Exploitation ihm kostet und die er gegen mäßige Zahlung auf einen Dirigenten abwälzen kann. Nach jeder Krisis kann man in den englischen Fabrikbezirken genug Ex-Fabrikanten sehn, die ihre eignen frühern Fabriken jetzt als Dirigenten der neuen Eigentümer, oft ihrer Gläubiger (76), für einen billigen Lohn beaufsichtigen.
Der Verwaltungslohn, sowohl für den merkantilen wie den industriellen Dirigenten, erscheint vollständig getrennt vom Unternehmergewinn sowohl in den Kooperativfabriken der Arbeiter wie in den kapitalistischen Aktienunternehmungen. Die Trennung des Verwaltungslohns vom Unternehmergewinn, die sonst zufällig erscheint, ist hier konstant. Bei der Kooperativfabrik fällt der gegensätzliche Charakter der Aufsichtsarbeit weg, indem der Dirigent von den Arbeitern bezahlt wird, statt ihnen gegenüber das Kapital zu vertreten. Die Aktienunternehmungen überhaupt - entwickelt mit dem Kreditwesen - haben die Tendenz, diese Verwaltungsarbeit als Funktion mehr und mehr zu trennen von dem Besitz des Kapitals, sei es eignes oder geborgtes; ganz wie mit der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft die richterlichen und Verwaltungsfunktionen sich trennen von dem Grundeigentum, dessen Attribute sie in der Feudalzeit waren. Indem aber einerseits dem bloßen Eigentümer des Kapitals, dem Geldkapitalisten der fungierende Kapitalist gegenübertritt und mit der Entwicklung des Kredits dies Geldkapital selbst einen gesellschaftlichen Charakter annimmt, in Banken konzentriert und von diesen, nicht mehr von seinen unmittelbaren Eigentümern ausgeliehen wird; indem andrerseits aber der bloße Dirigent, der das Kapital unter keinerlei Titel besitzt, weder leihweise noch sonstwie, alle realen Funktionen versieht, die dem fungierenden Kapitalisten als solchem zukommen, bleibt nur der Funktionär und verschwindet der Kapitalist als überflüssige Person aus dem Produktionsprozeß.
Aus den öffentlichen Rechnungsablagen (77) der Kooperativfabriken in
(76) In einem mir bekannten Fall wurde nach der Krisis von 1868 ein fallierter Fabrikant bezahlter Lohnarbeiter seiner eignen frühern Arbeiter. Die Fabrik wurde nämlich nach dem Bankrott von einer Arbeitergenossenschaft weitergeführt und der ehemalige Besitzer als Dirigent angestellt. - F. E.
(77) Die hier angezognen Rechnungsablagen gehn höchstens bis 1864, da das Obige 1865 geschrieben wurde. - F. E.
England sieht man, daß - nach Abzug des Lohns des Dirigenten, der einen Teil des ausgelegten variablen Kapitals bildet, ganz wie der Lohn der übrigen Arbeiter - der Profit größer war als der Durchschnittsprofit, obgleich sie stellenweise einen viel höhern Zins zahlten als die Privatfabrikanten. Die Ursache des höhern Profits war in allen diesen Fällen größere Ökonomie in Anwendung des konstanten Kapitals. Was uns aber dabei interessiert, ist, daß hier der Durchschnittsprofit (= Zins + Unternehmergewinn) sich faktisch und handgreiflich als eine vom Verwaltungslohn ganz und gar unabhängige Größe darstellt. Da der Profit hier größer als der Durchschnittsprofit, war auch der Unternehmergewinn größer als sonst.
Dasselbe Faktum zeigt sich in einigen kapitalistischen Aktienunternehmungen, z. B. Aktienbanken (Joint Stock Banks). Die London und Westminster Bank zahlte 1863 30% jährliche Dividende, die Union Bank of London und andre 15%. Vom Bruttoprofit geht hier außer dem Salair der Dirigenten der Zins ab, der für Depositen gezahlt wird. Der hohe Profit erklärt sich hier aus der geringen Proportion des eingezahlten Kapitals zu den Depositen. Z.B. bei der London and Westminster Bank 1863: Eingezahltes Kapital 1.000.000 Pfd.St.; Depositen 14.540.275 Pfd.St. Bei der Union Bank of London 1863: Eingezahltes Kapital 600.000 Pfd.St.; Depositen 12.384.l73 Pfd.St.
Die Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Aufsichts- oder Verwaltungslohn entstand ursprünglich aus der gegensätzlichen Form, die der Überschuß des Profits über den Zins im Gegensatz zum Zins annimmt. Sie wurde weiter entwickelt aus der apologetischen Absicht, den Profit nicht als Mehrwert, d.h. als unbezahlte Arbeit, sondern als Arbeitslohn des Kapitalisten selbst für verrichtete Arbeit darzustellen. Dem stellte sich dann von seiten der Sozialisten die Forderung gegenüber, den Profit faktisch auf das zu reduzieren, was er theoretisch zu sein vorgab, nämlich auf bloßen Aufsichtslohn. Und diese Forderung trat der theoretischen Beschönigung um so unangenehmer entgegen, je mehr dieser Aufsichtslohn einerseits sein bestimmtes Niveau und seinen bestimmten Marktpreis fand, wie aller andre Arbeitslohn, mit der Bildung einer zahlreichen Klasse industrieller und kommerzieller Dirigenten (78); und je mehr er andrerseits sank, wie aller Lohn
(78) "Meister sind ebensogut Arbeiter wie ihre Gesellen. In dieser Rolle ist ihr Interesse genau dasselbe wie das ihrer Leute. Aber sie sind außerdem entweder Kapitalisten oder Agenten der Kapitalisten, und in dieser Hinsicht ist ihr Interesse entschieden entgegengesetzt dem Interesse der Arbeiter." (p. 27.) "Die weite Verbreitung der Bildung unter den industriellen Arbeitern dieses Landes verringert täglich den Wert der Arbeit und der Geschicklichkeit fast aller Meister und Unternehmer, indem sie weiter
für geschickte Arbeit, mit der allgemeinen Entwicklung, die die Produktionskosten spezifisch geschulter Arbeitskraft herabsetzt.(79) Mit der Entwicklung der Kooperation auf seiten der Arbeiter, der Aktienunternehmungen auf seiten der Bourgeoisie wurde auch der letzte Vorwand zur Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Verwaltungslohn unter den Füßen weggezogen und erschien der Profit auch praktisch, als was er theoretisch unleugbar war, als bloßer Mehrwert, Wert, für den kein Äquivalent gezahlt ist, realisierte unbezahlte Arbeit; so daß der fungierende Kapitalist die Arbeit wirklich exploitiert und die Frucht seiner Exploitation, wenn er mit geborgtem Kapital arbeitet, sich teilt in Zins und in Unternehmergewinn, Überschuß des Profits über den Zins.
Auf Basis der kapitalistischen Produktion entwickelt sich bei Aktienunternehmungen ein neuer Schwindel mit dem Verwaltungslohn, indem neben und über dem wirklichen Dirigenten eine Anzahl Verwaltungs- und Aufsichtsräte auftritt, bei denen in der Tat Verwaltung und Aufsicht bloßer Vorwand zur Plünderung der Aktionäre und zur Selbstbereicherung wird. Hierüber findet man sehr artige Details in: "The City or the Physiology of London Business; with Sketches on 'Change, and the Coffee Houses", London 1845.
"Was Bankiers und Kaufleute gewinnen dadurch, daß Sie an der Direktion von acht oder neun verschiednen Kompanien beteiligt sind, mag man aus folgendem Beispiel ersehn: die Privatbilanz des Herrn Timothy Abraham Curtis, eingereicht beim Bankrottgericht bei seiner Fallite, zeigte ein Einkommen von 800 -900 Pfd.St. jährlich unter dem Posten: Direktorschaften. Da Herr Curtis Direktor der Bank von England und der Ostindischen Kompanie gewesen, schätzte jede Aktiengesellschaft sich glücklich, ihn zum Direktor gewinnen zu können." p. 81, 82.
Die Remuneration der Direktoren solcher Gesellschaften für jede wöchentliche Sitzung ist mindestens eine Guinee (21 Mark). Die Verhandlungen vor dem Bankrottgericht zeigen, daß dieser Aufsichtslohn in der Regel im umgekehrten Verhältnis steht zu der von diesen nominellen Direktoren wirklich ausgeübten Aufsicht.
die Zahl der Personen steigert, die das Fachwissen dieser besitzen." (p. 30. Hodgskin, "Labour defended against the Claims of Capital etc.", London 1825.)
(79) "Die allgemeine Lockerung der konventionellen Schranken und die gesteigerten Bildungserleichterungen wirken dahin, die Löhne der gelernten Arbeiter zu senken, statt die der ungelernten Arbeiter zu steigern." (J. St. Mill, Princ. of Pol. Econ. 2nd ed., London 1849, I, p. 479.)
Datum der letzten Änderung : Jena, den : 12.02.2013