A. Erste Analogie | Inhalt | C. Dritte Analogie
B. Zweite Analogie
Grundsatz der Erzeugung
Alles, was geschieht (anhebt zu sein), setzt etwas voraus, worauf es nach der Regel folgt.
Die Apprehension des Mannigfaltigen der Erscheinung ist jederzeit sukzessiv. Die Vorstellungen der Teile folgen aufeinander. Ob sie sich auch im Gegenstand folgen, ist ein zweiter Punkt der Reflexion, der in der ersteren nicht enthalten ist. Nun kann man zwar alles und sogar jede Vorstellung, sofern man sich ihrer bewußt ist, Objekt nennen; allein was dieses Wort bei Erscheinungen zu bedeuten habe, nicht, insofern sie (als Vorstellungen) Objekte sind, sondern nur ein Objekt bezeichnen, ist von tieferer Untersuchung. Sofern sie nur als Vorstellungen zugleich Gegenstände des Bewußtseins sind, so sind sie von der Apprehension, d. i. der Aufnahme in die Synthesis der Einbildungskraft, gar nicht unterschieden, und man muß also sagen, das Mannigfaltige der Erscheinungen wird im Gemüt jederzeit sukzessiv erzeugt. Wären Erscheinungen Dinge an sich selbst, so würde kein Mensch aus der Sukzession der Vorstellungen von ihrem Mannigfaltigen ermessen können, wie dieses in dem Objekt verbunden sei. Denn wir
haben es doch nur mit unsern Vorstellungen zu tun; wie Dinge an sich selbst (ohne Rücksicht auf Vorstellungen, dadurch sie uns affizieren) sein mögen, ist gänzlich außer unserer Erkenntnissphäre. Obgleich nun die Erscheinungen nicht Dinge an sich selbst und gleichwohl doch das einzige sind, was uns zur Erkenntnis gegeben werden kann, so soll ich anzeigen, was dem Mannigfaltigen an den Erscheinungen selbst für eine Verbindung in der Zeit zukomme, indessen, daß die Vorstellung desselben in der Apprehension jederzeit sukzessiv ist. So ist z. B. die Apprehen- sion des Mannigfaltigen in der Erscheinung eines Hauses, das vor mir steht, sukzessiv. Nun ist die Frage, ob das Mannigfaltige dieses Hauses selbst auch in sich sukzessiv sei, welches freilich niemand zugeben wird. Nun ist aber, sobald ich meine Begriffe von einem Gegenstand bis zur transzendentalen Bedeutung steigere, das Haus gar kein Ding an sich selbst, sondern nur eine Erscheinung, d. i. Vorstellung, deren transzendentaler Gegenstand unbekannt ist; was verstehe ich also unter der Frage, wie das Mannigfaltige in der Erscheinung selbst (die doch nichts an sich selbst ist) verbunden sein möge? Hier wird das, was in der sukzessiven Apprehension liegt, als Vorstellung, die Erscheinung aber, die mir gegeben ist, ungeachtet sie nichts weiter als ein Inbegriff dieser Vorstellungen ist, als der Gegenstand derselben betrachtet, mit welchem mein Begriff, den ich aus den Vorstellungen der Apprehension ziehe, zusammenstimmen soll. Man sieht bald, daß, weil Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Objekt Wahrheit ist, hier nur nach den formalen Bedingungen der empirischen Wahrheit gefragt werden kann, und Erscheinung, im Gegenverhältnis mit den Vorstellungen der Apprehension, nur dadurch als das davon unterschiedene Objekt derselben könne vorgestellt werden, wenn sie unter einer Regel steht, welche sie von jeder andern Apprehension unterscheidet und eine Art der Verbindung des Mannigfaltigen notwendig macht. Dasjenige an der Erscheinung, was die Bedingung dieser notwendigen Regel der Apprehension enthält, ist das Objekt.
Nun laßt uns zu unserer Aufgabe fortgehen. Daß etwas geschehe, d. i. etwas oder ein Zustand werde, der vorher nicht war, kann nicht empirisch wahrgenommen werden, wo nicht eine Erscheinung vorhergeht, welche diesen Zustand nicht in sich enthält; denn eine Wirklichkeit, die auf eine leere Zeit folge, mithin ein Entstehen, vor dem kein Zustand der Dinge vorhergeht, kann ebensowenig als die leere Zeit selbst apprehendiert werden. Jede
Apprehension einer Begebenheit ist also eine Wahrnehmung, welche auf eine andere folgt. Weil dieses aber bei aller Synthesis der Apprehension so beschaffen ist, wie ich oben an der Erscheinung eines Hauses gezeigt habe, so unterscheidet sie sich dadurch noch nicht von andern. Allein ich bemerke auch, daß, wenn ich an einer Erscheinung, welche ein Geschehen enthält, den vorhergehenden Zustand der Wahrnehmung A, den folgenden aber B nenne, daß B auf A in der Apprehension nur folgen, die Wahrnehmung A aber auf B nicht folgen, sondern nur vorhergehen kann. Ich sehe z. B. ein Schiff den Strom hinabtreiben. Meine Wahrnehmung seiner Stelle unterhalb folgt auf die Wahrnehmung der Stelle desselben oberhalb dem Lauf des Flusses, und es ist unmöglich, daß in der Apprehension dieser Erscheinung das Schiff zuerst unterhalb, nachher aber oberhalb des Stromes wahrgenommen werden sollte. Die Ordnung in der Folge der Wahrnehmungen in der Apprehension ist hier also bestimmt, und an dieselbe ist die letztere gebunden. In dem vorigen Beispiel von einem Haus konnten meine Wahrnehmungen in der Apprehension von der Spitze desselben anfangen und beim Boden endigen, aber auch von unten anfangen und oben endigen, imgleichen rechts oder links das Mannigfaltige der empirischen Anschauung apprehendieren. In der Reihe dieser Wahrnehmungen war also keine bestimmte Ordnung, welche es notwendig machte, wenn ich in der Apprehension anfangen müßte, um das Mannigfaltige empirisch zu verbinden. Diese Regel aber ist bei der Wahrnehmung von dem, was geschieht, jederzeit anzutreffen, und sie macht die Ordnung der einander folgenden Wahrnehmungen (in der Apprehension dieser Erscheinung) notwendig.
Ich werde also in unserem Fall die subjektive Folge der Apprehension von der objektiven Folge der Erscheinungen ableiten müssen, weil jene sonst gänzlich unbestimmt ist und keine Erscheinung von der andern unterscheidet. Jene allein beweist nichts von der Verknüpfung des Mannigfaltigen am Objekt, weil sie ganz beliebig ist. Diese also wird in der Ordnung des Mannigfaltigen der Erscheinung bestehen, nach welcher die Apprehension des einen (was geschieht) auf die des anderen (das vorhergeht) nach einer Regel folgt. Nur dadurch kann ich von der Erscheinung selbst und nicht bloß von meiner Apprehension berechtigt sein, zu sagen, daß in jener eine Folge anzutreffen sei, welches soviel bedeutet, als daß ich die Apprehension nicht anders darstellen könne als gerade in dieser Folge.
Nach einer solchen Regel also muß in dem, was überhaupt von einer Begebenheit vorhergeht, die Bedingung zu einer Regel liegen, nach welcher jederzeit und notwendigerweise diese Begebenheit folgt; umgekehrt aber kann ich nicht von der Begebenheit zurückgehen und dasjenige bestimmen (durch Apprehension), was vorhergeht. Denn von dem folgenden Zeitpunkt geht keine Erscheinung zu dem vorigen zurück, aber bezieht sich doch auf irgendeinen vorigen; von einer gegebenen Zeit ist dagegen der Fortgang auf die bestimmte folgende notwendig. Daher, weil es doch etwas ist, was folgt, so muß ich es notwendig auf etwas anderes überhaupt beziehen, was vorhergeht und worauf es nach einer Regel, d. i. notwendigerweise folgt, so daß die Begebenheit als das Bedingte auf irgendeine Bedingung sichere Anweisung gibt, diese aber die Begebenheit bestimmt.
Man setze, es gehe vor einer Begebenheit nichts vorher, worauf dieselbe nach einer Regel folgen müßte, so wäre alle Folge der Wahrnehmung nur lediglich in der Apprehension, d. i. bloß subjektiv, aber dadurch gar nicht objektiv bestimmt, welches eigentlich das Vorhergehende und welches das Nachfolgende der Wahrnehmungen sein müßte. Wir würden auf solche Weise nur ein Spiel der Vorstellungen haben, das sich auf gar kein Objekt bezöge, d, i. es würde durch unsere Wahrnehmung eine Erscheinung von jeder anderen dem Zeitverhältnis nach gar nicht unterschieden werden, weil die Sukzession im Apprehendieren allerwärts einerlei und also nichts in. der Erscheinung ist, was sie bestimmt, so daß dadurch eine gewisse Folge als objektiv notwendig gemacht wird. Ich werde also nicht sagen, daß in der Erscheinung zwei Zustände aufeinanderfolgen, sondern nur, daß eine Apprehension auf die andere folgt, welches bloß etwas Subjektives ist und kein Objekt bestimmt, mithin gar nicht für Erkenntnis irgendeines Gegenstandes (selbst nicht in der Erscheinung) gelten kann.
Wenn wir also erfahren, daß irgend etwas geschieht, so setzen wir dabei jederzeit voraus, daß irgend etwas vorausgehe, worauf es nach einer Regel folgt. Denn ohne dieses würde ich nicht von dem Objekt sagen, daß es folge, weil die bloße Folge in meiner Apprehension, wenn sie nicht durch eine Regel in Beziehung auf ein Vorhergehendes bestimmt ist, keine Folge im Objekt berechtigt. Also geschieht es immer in Rücksicht auf eine Regel, nach welcher die Erscheinungen in ihrer Folge, d. i. so wie sie geschehen, durch den vorigen Zustand bestimmt sind, daß ich meine
subjektive Synthesis (der Apprehension) objektiv mache, und nur lediglich unter dieser Voraussetzung allein ist selbst die Erfahrung von etwas, was geschieht, möglich.
Zwar scheint es, als widerspreche dieses allen Bemerkungen, die man jederzeit über den Gang unseres Verstandesgebrauchs gemacht hat, nach welchen wir nur allererst durch die wahrgenommenen und verglichenen übereinstimmenden Folgen vieler Begebenheiten auf vorhergehende Erscheinungen eine Regel zu entdecken, geleitet worden, dergemäß gewisse Begebenheiten auf gewisse Erscheinungen jederzeit folgen, und dadurch zuerst veranlaßt worden, uns den Begriff von Ursache zu machen. Auf solchem Fuße würde dieser Begriff bloß empirisch sein, und die Regel, die er verschafft, daß alles, was geschieht, eine Ursache habe, würde ebenso zufällig sein als die Erfahrung selbst: seine Allgemeinheit und Notwendigkeit wären alsdann nur angedichtet und hätten keine wahre allgemeine Gültigkeit, weil sie nicht a priori, sondern nur auf Induktion gegründet wären. Es geht aber hiermit so wie mit anderen reinen Vorstellungen a priori (z. B. Raum und Zeit), die wir darum allein aus der Erfahrung als klare Begriffe herausziehen können, weil wir sie in die Erfahrung gelegt hatten und diese daher durch jene allererst zustande brachten. Freilich ist die logische Klarheit dieser Vorstellung einer die Reihe der Begebenheiten bestimmenden Regel als eines Begriffs von Ursache nur alsdann möglich, wenn wir davon in der Erfahrung Gebrauch gemacht haben, aber eine Rücksicht auf dieselbe, als Bedingung der synthetischen Einheit der Erscheinungen in der Zeit, war doch der Grund der Erfahrung selbst und ging also a priori vor ihr vorher.
Es kommt also darauf an, im Beispiel zu zeigen, daß wir niemals selbst in der Erfahrung die Folge (einer Begebenheit, da etwas geschieht, was vorher nicht war) dem Objekt beilegen und sie von der subjektiven unserer Apprehension unterscheiden, als wenn eine Regel zugrunde liegt, die uns nötigt, diese Ordnung der Wahrnehmungen vielmehr als eine andere zu beobachten, ja daß diese Nötigung es eigentlich sei, was die Vorstellung einer Sukzession im Objekt allererst möglich macht.
Wir haben Vorstellungen in uns, deren wir uns auch bewußt werden können. Dieses Bewußtsein aber mag so weit erstreckt und so genau oder pünktlich sein, als man wolle, so bleiben es doch nur immer Vorstellungen, d. i. innere Bestimmungen unseres Gemüts in diesem oder jenem Zeitverhältnis. Wie kommen wir
nun dazu, daß wir diesen Vorstellungen ein Objekt setzen oder über ihre subjektive Realität als Modifikationen ihnen noch ich weiß nicht was für eine objektive beilegen? Objektive Bedeutung kann nicht in der Beziehung auf eine andere Vorstellung (von dem, was man vom Gegenstand nennen wollte) bestehen, denn sonst erneuert sich die Frage: »Wie geht diese Vorstellung wiederum aus sich selbst heraus und bekommt objektive Bedeutung noch über die subjektive, welche ihr als Bestimmung des Gemütszustands eigen ist?« Wenn wir untersuchen, was denn die Beziehung auf einen Gegenstand unseren Vorstellungen für eine neue Beschaffenheit gebe und welches die Dignität sei, die sie dadurch erhalten, so finden wir, daß sie nichts weiter tue, als die Verbindung der Vorstellungen auf eine gewisse Art notwendig zu machen und sie einer Regel zu unterwerfen; daß umgekehrt nur dadurch, daß eine gewisse Ordnung in dem Zeitverhältnis unserer Vorstellungen notwendig ist, ihnen objektive Bedeutung erteilt wird.
In der Synthesis der Erscheinungen folgt das Mannigfaltige der Vorstellungen jederzeit nacheinander. Hierdurch wird nun gar kein Objekt vorgestellt, weil durch diese Folge, die allen Apprehensionen gemein ist, nichts vom andern unterschieden wird. Sobald ich aber wahrnehme oder voraus annehme, daß in dieser Folge eine Beziehung auf den vorhergehenden Zustand sei, aus welchem die Vorstellung nach einer Regel folgt, so stellt sich etwas vor als Begebenheit, oder was da geschieht, d. i. ich erkenne einen Gegenstand, den ich in der Zeit auf eine gewisse bestimmte Stelle setzen muß, die ihm nach dem vorhergehenden Zustand nicht anders erteilt werden kann. Wenn ich also wahrnehme, daß etwas geschieht, so ist in dieser Vorstellung erstlich enthalten, daß etwas vorhergehe, weil eben in Beziehung auf dieses die Erscheinung ihr Zeitverhältnis bekommt, nämlich nach einer vorhergehenden Zeit, in der sie nicht war, zu existieren. Aber ihre bestimmte Zeitstelle in diesem Verhältnis kann sie nur dadurch bekommen, daß im vorhergehenden Zustand etwas vorausgesetzt wird, worauf es jederzeit, d. i. nach einer Regel, folgt; woraus sich denn ergibt, daß ich erstlich nicht die Reihe umkehren und das, was geschieht, demjenigen voransetzen kann, worauf es folgt, zweitens daß, wenn der Zustand, der vorhergeht, gesetzt wird, diese bestimmte Begebenheit unausbleiblich und notwendig folge. Dadurch geschieht es, daß eine Ordnung unter unsern Vorstellungen wird, in welcher das Gegenwärtige (sofern es geworden) auf
irgendeinen vorhergehenden Zustand Anweisung gibt, als ein obzwar noch unbestimmtes Korrelat dieses Ereignisses, das gegeben ist, welches sich aber auf diese als seine Folge bestimmend bezieht und sie notwendig mit sich in der Zeitreihe verknüpft.
Wenn es nun ein notwendiges Gesetz unserer Sinnlichkeit, mithin eine formale Bedingung aller Wahrnehmungen ist, daß die vorige Zeit die folgende notwendig bestimmt (indem ich zur folgenden nicht anders gelangen kann als durch die vorhergehende), so ist es auch ein unentbehrliches Gesetz der empirischen Vorstellung der Zeitreihe, daß die Erscheinungen der vergangenen Zeit jedes Dasein in der folgenden bestimmen und daß diese als Begebenheiten nicht stattfinden, als sofern jene ihnen ihr Dasein in der Zeit bestimmen, d. i. nach einer Regel festsetzen. Denn nur an den Erscheinungen können wir diese Kontinuität im Zusammenhang der Zeiten empirisch erkennen.
Zu aller Erfahrung und deren Möglichkeit gehört Verstand, und das erste, was er dazu tut, ist nicht, daß er die Vorstellung der Gegenstände deutlich macht, sondern daß er die Vorstellung eines Gegenstands überhaupt möglich macht. Dieses geschieht nun dadurch, daß er die Zeitordnung auf die Erscheinungen und deren Dasein überträgt, indem er jeder derselben als Folge eine in Ansehung der vorhergehenden Erscheinungen a priori bestimmte Stelle in der Zeit zuerkennt, ohne welche sie nicht mit der Zeit selbst, die allen ihren Teilen a priori ihre Stelle bestimmt, Übereinkommen würde. Diese Bestimmung der Stelle kann nun nicht von dem Verhältnis der Erscheinungen gegen die absolute Zeit entlehnt werden (denn die ist kein Gegenstand der Wahrnehmung), sondern umgekehrt, die Erscheinungen müssen einander ihre Stellen in der Zeit selbst bestimmen und dieselbe in der Zeitordnung notwendig machen, d. i. dasjenige, was da folgt oder geschieht, muß nach einer allgemeinen Regel auf das, was im vorigen Zustand enthalten war, folgen, woraus eine Reihe der Erscheinungen wird, die vermittels des Verstandes ebendieselbe Ordnung und stetigen Zusammenhang in der Reihe möglicher Wahrnehmungen hervorbringt und notwendig macht, als sie in der Form der inneren Anschauung (der Zeit), darin alle Wahrnehmungen ihre Stelle haben müßten, a priori angetroffen wird.
Daß also etwas geschieht, ist eine Wahrnehmung, die zu einer möglichen Erfahrung gehört, die dadurch wirklich wird, wenn ich die Erscheinung ihrer Stelle nach in der Zeit als bestimmt, mithin als ein Objekt ansehe, welches nach einer Regel im Zusam-
menhang der Wahrnehmungen jederzeit gefunden werden kann. Diese Regel aber, etwas der Zeitfolge nach zu bestimmen, ist, daß in dem, was vorhergeht, die Bedingung anzutreffen sei, unter welcher die Begebenheit jederzeit (d. i. notwendigerweise) folgt. Also ist der Satz vom zureichenden Grund, der Grund möglicher Erfahrung, nämlich der objektiven Erkenntnis der Erscheinungen, in Ansehung des Verhältnisses derselben in der Reihenfolge der Zeit.
Der Beweisgrund dieses Satzes aber beruht lediglich auf folgenden Momenten. Zu aller empirischen Erkenntnis gehört die Synthesis des Mannigfaltigen durch die Einbildungskraft, die jederzeit sukzessiv ist, d. i. die Vorstellungen folgen in ihr jederzeit aufeinander. Die Folge aber ist in der Einbildungskraft der Ordnung nach (was Vorgehen und was folgen müsse) gar nicht bestimmt, und die Reihe der einen der folgenden Vorstellungen kann ebensowohl rückwärts als vorwärts genommen werden. Ist aber diese Synthesis eine Synthesis der Apprehension (des Mannigfaltigen einer gegebenen Erscheinung), so ist die Ordnung im Objekt bestimmt, oder, genauer zu reden, es ist darin eine Ordnung der sukzessiven Synthesis, die ein Objekt bestimmt, nach welcher etwas notwendig vorausgehen, und wenn dieses gesetzt ist, das andere notwendig folgen müsse. Soll also meine Wahrnehmung die Erkenntnis einer Begebenheit enthalten, da nämlich etwas wirklich geschieht, so muß sie ein empirisches Urteil sein, in welchem man sich denkt, daß die Folge bestimmt sei, d. i. daß sie eine andere Erscheinung der Zeit nach voraussetze, worauf sie notwendig oder nach einer Regel folgt. Widrigenfalls, wenn ich das Vorhergehende setze und die Begebenheit folgte nicht darauf notwendig, so würde ich sie nur für ein subjektives Spiel meiner Einbildungen halten müssen, und stellte ich mir darunter doch etwas Objektives vor, sie einen bloßen Traum nennen. Also, ist das Verhältnis der Erscheinungen (als möglicher Wahrnehmungen), nach welchem das Nachfolgende (was geschieht) durch etwas Vorhergehendes seinem Dasein nach notwendig und nach einer Regel in der Zeit bestimmt ist, mithin das Verhältnis der Ursache zur Wirkung die Bedingung der objektiven Gültigkeit unserer empirischen Urteile in Ansehung der Reihe der Wahrnehmungen, mithin der empirischen Wahrheit derselben und also der Erfahrung. Der Grundsatz des Kausalverhältnisses in der Folge der Erscheinungen gilt daher auch vor allen Gegenständen der Erfahrung (unter den
Bedingungen der Sukzession), weil er selbst der Grund der Möglichkeit einer solchen Erfahrung ist.
Hier äußert sich aber noch eine Bedenklichkeit, die gehoben werden muß. Der Satz der Kausalverknüpfung unter den Erscheinungen ist in unserer Formel auf die Reihenfolge derselben eingeschränkt, da es sich doch bei dem Gebrauch desselben findet, daß er auch auf ihre Begleitung passe und Ursache und Wirkung zugleich sein könne. Es ist z. B. Wärme im Zimmer, die nicht in freier Luft angetroffen wird. Ich sehe mich nach der Ursache um und finde einen geheizten Ofen. Nun ist dieser als Ursache mit seiner Wirkung, der Stubenwärme, zugleich; also ist hier keine Reihenfolge der Zeit nach, zwischen Ursache und Wirkung, sondern sie sind zugleich, und das Gesetz gilt doch. Der größte Teil der wirkenden Ursache in der Natur ist mit ihren Wirkungen zugleich, und die Zeitfolge der letzteren wird nur dadurch veranlaßt, daß die Ursache ihre ganze Wirkung nicht in einem Augenblick verrichten kann. Aber in dem Augenblick, da sie zuerst entsteht, ist sie mit der Kausalität ihrer Ursache jederzeit zugleich, weil, wenn jene einen Augenblick vorher aufgehört hätte, zu sein, diese gar nicht entstanden wäre. Hier muß man wohl bemerken, daß es auf die Ordnung der Zeit und nicht den Ablauf derselben angesehen sei: das Verhältnis bleibt, wenngleich keine Zeit verlaufen ist. Die Zeit zwischen der Kausalität der Ursache und deren unmittelbaren Wirkung kann verschwindend (sie also zugleich) sein, aber das Verhältnis der einen zur andern bleibt doch immer der Zeit nach bestimmbar. Wenn ich eine Kugel, die auf einem ausgestopften Kissen liegt und ein Grübchen darin drückt, als Ursache betrachte, so ist sie mit der Wirkung zugleich. Allein ich unterscheide doch beide durch das Zeitverhältnis der dynamischen Verknüpfung beider. Denn wenn ich die Kugel auf das Kissen lege, so folgt auf die vorige glatte Gestalt desselben das Grübchen; hat aber das Kissen (ich weiß nicht woher) ein Grübchen, so folgt darauf nicht eine bleierne Kugel.
Demnach ist die Zeitfolge allerdings das einzige empirische Kriterium der Wirkung in Beziehung auf die Kausalität der Ursache, die vorhergeht. Das Glas ist die Ursache von dem Steigen des Wassers über seine Horizontalfläche, obgleich beide Erscheinungen zugleich sind. Denn sobald ich dieses aus einem größeren Gefäß mit dem Glas schöpfe, so erfolgt etwas, nämlich die Veränderung des Horizontalstandes, den es dort hatte, in einen konkaven, den es im Glas annimmt.
Die Kausalität führt auf den Begriff der Handlung, diese auf den Begriff der Kraft und dadurch auf den Begriff der Substanz. Da ich mein kritisches Vorhaben, welches lediglich auf die Quellen der synthetischen Erkenntnis a priori geht, nicht mit Zergliederungen bemengen will, die bloß die Erläuterung (nicht Erweiterung) der Begriffe angehen, so überlasse ich die umständliche Erörterung derselben einem künftigen System der reinen Vernunft, wiewohl man eine solche Analysis im reichen Maße auch schon in den bisher bekannten Lehrbüchern dieser Art antrifft. Allein das empirische Kriterium einer Substanz, sofern sie sich nicht durch die Beharrlichkeit der Erscheinung, sondern besser und leichter durch Handlung zu offenbaren scheint, kann ich nicht unberührt lassen.
Wo Handlung, mithin Tätigkeit und Kraft ist, da ist auch Substanz, und in dieser allein muß der Sitz jener fruchtbaren Quelle der Erscheinungen gesucht werden. Das ist ganz gut gesagt, aber wenn man sich darüber erklären soll, was man unter Substanz verstehe, und dabei den fehlerhaften Zirkel vermeiden will, so ist es nicht so leicht verantwortet. Wie will man aus der Handlung sogleich auf die Beharrlichkeit des Handelnden schließen, welches doch ein so wesentliches und eigentümliches Kennzeichen der Substanz (phaenomenon) ist? Allein nach unserm Vorigen hat die Auflösung der Frage doch keine solche Schwierigkeit, obgleich sie nach der gemeinen Art (bloß analytisch mit seinen Begriffen zu verfahren) ganz unauflöslich sein würde. Handlung bedeutet schon das Verhältnis des Subjekts der Kausalität zur Wirkung. Weil nun alle Wirkung in dem besteht, was da geschieht, mithin im Wandelbaren, was die Zeit der Sukzession nach bezeichnet, so ist das letzte Subjekt desselben das Beharrliche als das Substratum alles Wechselnden, d. i. die Substanz. Denn nach dem Grundsatz der Kausalität sind Handlungen immer der erste Grund von allem Wechsel der Erscheinungen und können also nicht in einem Subjekt liegen, was selbst wechselt, weil sonst andere Handlungen und ein anderes Subjekt, welches diesen Wechsel bestimmte, erforderlich wären. Kraft dessen beweist nun Handlung als ein hinzeigendes empirisches Kriterium die Substanzialität, ohne daß ich die Beharrlichkeit desselben durch verglichene Wahrnehmungen allererst zu suchen nötig hätte, welches auch auf diesem Weg mit der Ausführlichkeit nicht geschehen könnte, die zu der Größe und strengen Allgemeingültigkeit des Begriffs erforderlich ist. Denn daß das erste Subjekt der Kausalität alles Entstehens und
Vergehens selbst nicht (im Feld der Erscheinungen) entstehen und vergehen könne, ist ein sicherer Schluß, der auf empirische Notwendigkeit und Beharrlichkeit im Dasein, mithin auf den Begriff einer Substanz als Erscheinung, ausläuft.
Wenn etwas geschieht, so ist das bloße Entstehen, ohne Rücksicht auf das, was da entsteht, schon an sich selbst ein Gegenstand der Untersuchung. Der Übergang aus dem Nichtsein eines Zustandes in diesen Zustand, gesetzt, daß dieser auch keine Qualität in der Erscheinung enthielte, ist schon allein nötig zu untersuchen. Dieses Entstehen trifft, wie in der Nummer A gezeigt worden, nicht die Substanz (denn die entsteht nicht), sondern ihren Zustand. Es ist also bloß Veränderung und nicht Ursprung aus Nichts. Wenn dieser Ursprung als Wirkung von einer fremden Ursache angesehen wird, so heißt er Schöpfung, welche als Begebenheit unter den Erscheinungen nicht zugelassen werden kann, indem ihre Möglichkeit allein schon die Einheit der Erfahrung aufheben würde, obzwar, wenn ich alle Dinge nicht als Phänomene, sondern als Dinge an sich betrachte und als Gegenstände des bloßen Verstandes, sie, obschon sie Substanzen sind, dennoch wie abhängig ihrem Dasein nach von fremder Ursache angesehen werden können, welches aber alsdann ganz andere Wortbedeutungen nach sich ziehen und auf Erscheinungen als mögliche Gegenstände der Erfahrung nicht passen würde.
Wie nun überhaupt etwas verändert werden könne, wie es möglich ist, daß auf einen Zustand in einem Zeitpunkt ein entgegengesetzter im andern folgen könne, davon haben wir a priori nicht den mindesten Begriff. Hierzu wird die Kenntnis wirklicher Kräfte erfordert, welche nur empirisch gegeben werden kann, z. B. der bewegenden Kräfte, oder, welches einerlei ist, gewisser sukzessiver Erscheinungen (als Bewegungen), welche solche Kräfte anzeigen. Aber die Form einer jeden Veränderung, die Bedingung, unter welcher sie als ein Entstehen eines anderen Zustands allein vorgehen kann (der Inhalt derselben, d. i. der Zustand, der verändert wird, mag sein, welcher er wolle), mithin die Sukzession der Zustände selbst (das Geschehene), kann doch nach dem Gesetz der Kausalität und den Bedingungen der Zeit a priori erwogen werden 10.
Wenn eine Substanz aus einem Zustand a in einen andern b übergeht, so ist der Zeitpunkt des zweiten vom Zeitpunkt des ersteren Zustands unterschieden und folgt demselben. Ebenso ist auch der zweite Zustand als Realität (in der Erscheinung) vom
ersteren, darin diese nicht war, wie b vom Zero unterschieden, d. i. wenn der Zustand b sich auch von dem Zustand a nur der Größe nach unterschiede, so ist die Veränderung ein Entstehen von b-a, welches im vorigen Zustand nicht war, und in Ansehung dessen er = o ist.
Es fragt sich also, wie ein Ding aus einem Zustand = a in einen andern = b übergehe. Zwischen zwei Augenblicken ist immer eine Zeit und zwischen zwei Zuständen in denselben immer ein Unterschied, der eine Größe hat (denn alle Teile der Erscheinungen sind immer wiederum Größen). Also geschieht jeder Übergang aus einem Zustand in den andern in einer Zeit, die zwischen zwei Augenblicken enthalten ist, deren der erste den Zustand bestimmt, aus welchem das Ding herausgeht, der zweite den, in welchen es gelangt. Beide also sind Grenzen der Zeit einer Veränderung, mithin des Zwischenzustands zwischen beiden Zuständen, und gehören also solche mit zu der ganzen Veränderung. Nun hat jede Veränderung eine Ursache, welche in der ganzen Zeit, in welcher jene vorgeht, ihre Kausalität beweist. Also bringt diese Ursache ihre Veränderung nicht plötzlich (auf einmal oder in einem Augenblick) hervor, sondern in einer Zeit, so daß, wie die Zeit vom Anfangsaugenblick a bis zu ihrer Vollendung in b wächst, auch die Größe der Realität (b-a) durch alle kleineren Grade, die zwischen dem ersten und letzten enthalten sind, erzeugt wird. Alle Veränderung ist also nur durch eine kontinuierliche Handlung der Kausalität möglich, welche, sofern sie gleichförmig ist, ein Moment heißt. Aus diesen Momenten besteht nicht die Veränderung, sondern wird dadurch erzeugt als ihre Wirkung.
Das ist nun das Gesetz der Kontinuität aller Veränderung, dessen Grund dieser ist, daß weder die Zeit noch auch die Erscheinung in der Zeit aus Teilen besteht, die die kleinsten sind, und daß doch der Zustand des Dinges bei seiner Veränderung durch alle diese Teile als Elemente zu seinem zweiten Zustand übergehe. Es ist kein Unterschied des Realen in der Erscheinung, so wie kein Unterschied in der Größe der Zeiten, der kleinste, und so erwächst der neue Zustand der Realität von dem ersten an, darin diese nicht war, durch alle unendliche Grade derselben, deren Unterschiede voneinander insgesamt kleiner sind als der zwischen o und a.
Welchen Nutzen dieser Satz in der Naturforschung haben möge, das geht uns hier nichts an. Aber wie ein solcher Satz, der unsere Erkenntnis der Natur so zu erweitern scheint, völlig
a priori möglich sei, das erfordert gar sehr unsere Prüfung, wenngleich der Augenschein beweist, daß er wirklich und richtig sei, und man also der Frage, wie er möglich gewesen, überhoben zu sein glauben möchte. Denn es gibt so mancherlei ungegründete Anmaßungen der Erweiterung unserer Erkenntnis durch reine Vernunft, daß es zum allgemeinen Grundsatz angenommen werden muß, deshalb durchaus mißtrauisch zu sein und ohne Dokumente, die eine gründliche Deduktion verschaffen können, selbst auf den klarsten dogmatischen Beweis nichts dergleichen zu glauben und anzunehmen.
Aller Zuwachs des empirischen Erkenntnisses und jeder Fortschritt der Wahrnehmung ist nichts als eine Erweiterung der Bestimmung des inneren Sinns, d. i. ein Fortgang in der Zeit, die Gegenstände mögen sein, welche sie wollen, Erscheinungen oder reine Anschauungen. Dieser Fortgang in der Zeit bestimmt alles und ist an sich selbst durch nichts weiter bestimmt, d. i. die Teile desselben sind nur in der Zeit und durch die Synthesis derselben, sie aber nicht vor ihr gegeben. Um deswillen ist ein jeder Übergang in der Wahrnehmung zu etwas, was in der Zeit folgt, eine Bestimmung der Zeit durch die Erzeugung dieser Wahrnehmung, und da jene, immer und in allen ihren Teilen, eine Größe ist, die Erzeugung einer Wahrnehmung als einer Größe durch alle Grade, deren keiner der kleinste ist, von dem Zero an bis zu ihrem bestimmten Grad. Hieraus erhellt nun die Möglichkeit, ein Gesetz der Veränderungen, ihrer Form nach, a priori zu erkennen. Wir antizipieren nur unsere eigene Apprehension, deren formale Bedingung, da sie uns vor aller gegebenen Erscheinung selbst beiwohnt, allerdings a priori muß erkannt werden können.
So ist demnach, ebenso wie die Zeit die sinnliche Bedingung a priori von der Möglichkeit eines kontinuierlichen Fortgangs des Existierenden zu dem folgenden enthält, der Verstand, vermittels der Einheit der Apperzeption die Bedingung a priori der Möglichkeit einer kontinuierlichen Bestimmung aller Stellen für die Erscheinungen in dieser Zeit durch die Reihe von Ursachen und Wirkungen, deren die erstere der letzteren ihr Dasein unausbleiblich nach sich ziehen und dadurch die empirische Erkenntnis der Zeitverhältnisse für jede Zeit (allgemein) mithin objektiv gültig machen.