Glas - Formgebung

Die Formgebung des Glases aus dem flüssigen Zustand wird durch das typische Viskositäts -Temperatur -Verhalten und die Oberflächenspannung ermöglicht. Glas ist im Viskositätsbereich von 103 bis 109 Poise formbar. [vergleiche auch Was ist Glas]

Blasen von Hohlglas. Beim Mundblasen wird das Glas mit der Glas- macherpfeife dem Schmelzofen entnommen (angefangen) und daraus zunächst durch Wälzen auf einer Stein- oder Holzplatte und gelegentliches Blasen in das Pfeifenrohr ein kugelförmiges Külbel hergestellt. Dieses wird dann frei oder in einer Form aus Gußeisen oder Holz (bei mehrfacher Zwischenerwärmung) zum gewünschten Gegenstand ausgeblasen.
Beim maschinellen Blasen wird in der letzten Fertigungsstufe der vorbereitete Hohlkörper (Külbel) in der Fertigform zu seiner endgültigen Gestalt mittels Druckluft aufgeblasen. Das flüssige Glas wird der Verarbeitungsmaschine entweder durch Einsaugen in eine Vorform zugeführt (Owens-Maschine) oder dadurch, daß ein Glastropfen aus einem Speiser in die Form fällt. Die letztgenannte Methode bevorzugt man heute. Dünnwandige Hohlkörper werden in einer Form hergestellt, während für große Artikel, z. B. Flaschen, eine Vor- und eine Fertigform gebräuchlich sind. Für das häufig angewendete Blas-Blas-Verfahren ist kennzeichnend, daß der in die Vorform gefallene Speisertropfen durch Druckluft so niedergeblasen wird, daß der enge Teil der Vorform gut ausgefüllt ist. Anschließend entsteht durch Gegenblasen von unten ein die ganze Vorform ausfüllender Hohlkörper. Dieser kommt durch Schwenkung um 180° in die Fertigform, in der er zur endgültigen Gestalt aus- geblasen wird.

Pressen. Dickwandige Hohlgläser, Glasbausteine und flache Artikel werden durch Pressen hergestellt. Dabei wird die Glasmasse mit Hilfe eines Stempels in eine Stahlform gepreßt. Das Pressen kann mit einem Blasvorgang gekoppelt werden (Preß-Blas-Verfahren). Mit besonders bearbeiteten Preßwerkzeugen erhält man beim Blankpressen Oberflächen, die ohne weitere Behandlung geringen optischen Ansprüchen genügen (z. B. für Kondensoren).

Gießen — Walzen. Das Glas wird entweder auf einen vorgewärmten Tisch gegossen und dort ausgewalzt oder kontinuierlich zwischen zwei Walzen geformt. Nach der letzten Methode erhält man ein endloses Glasband, durch Einlegen von Drahtgewebe auch Drahtglas, bei entsprechender Musterung der Walzen Ornamentglas. Wird das entstandene Glasband durch Rollen zu U-, L-Profi!en o. a. geformt, so entsteht Profilglas (z. B. „Copilit"), das durch die Pronlierung ziemlich widerstandsfähig und trotz hoher Lichtdurchlässigkeit undurchsichtig ist. Große Bildschirme, Linsen u.a. stellt man z.T. durch Schleudern her.

Ziehen. Prinzipiell unterscheidet man beim Flachglasziehen zwischen dem Fourcault - Verfahren, bei dem das Glasband senkrecht aus einer Schlitzdüse, und dem Colburn- Verfahren, bei dem es direkt aus der freien Oberfläche der Glasschmelze gezogen wird. Um eine Einschnürung des Bandes zu vermeiden, müssen beide Borten (Ränder) gekühlt werden. Das Band passiert dann zum Entspannen einen Ziehschacht bzw. -kanal und wird anschließend auf die gewünschte Länge, d. h. zu Scheiben, geschnitten. Die Ziehgeschwindigkeit beträgt beim Fourcoult-Verfahren für 2 mm dickes Glas 80 bis 140 cm/min, beim Colburn-Verfahren bis > 2 m/min.
Mit Hilfe des Float-Glas- (Schwimm-Glas-) Verfahrens läßt sich kontinuierlich Flachglas her- stellen, dessen Oberfläche von der Beschaffenheit besten Spiegelglases ist, so daß sämtliche sonst zur Herstellung von Spiegelglas erforderlichen Schleif- und Polierarbeiten entfallen. Dies erreicht man, indem das noch formbare Glasband über ein Metallbad gezo- gen wird.
Stäbe und Rohre werden waagerecht über einen rotierenden Konus (Danner-Verfahren) oder aus der Oberfläche einer runden Arbeits- wanne senkrecht nach oben (Schuller- Verfahren) gezogen. Auch Senkrechtziehen nach unten ist möglich.

Kühlen. Unmittelbar nach der Formgebung müssen Glasgegenstände einer definierten Kühlung unterzogen werden, um unkontrollierte Spannungen, die zur Zerstörung des Gegenstandes führen können, zu verhindern. Mit vom Kühlzustand sind die physikalischen Eigenschaften, wie Dichte und Brechzahl, abhängig. Optische Gläser müssen deshalb besonders sorgfältig gekühlt werden.

Glasfasern. Kurzfasern lassen sich durch Schleudern oder Verblasen flüssigen Glases herstellen. Endlose Fäden erhält man durch das Stabziehverfahren, bei dem eine ganze Batterie vorgefertigter Glasstäbe gemeinsam durch Gasflammen abgeschmolzen wird, oder nach dem Düsenziehverfahren, bei dem das Glas aus einer erhöht angeordneten kleinen Schmelzwanne (beim Platinwannen-Düsenziehverfahren eine elektrisch beheizte Platinwanne) durch Düsen im Wannenboden abgezogen wird.

Schaumglas wird industriell aus einer Mischung von Glaspulver mit Kalk, Dolomit, Ruß oder einem anderen Stoff hergestellt, der beim Sintern (Erhitzen auf 800 °C) Gas entwickelt und dadurch den zähen Glasfluß aufschäumt, bis er die Form ausfüllt. Das entstandene Schaumglas wird durch Kühlen entspannt; es ist sehr leicht (leichter als Kork), ziemlich druckfest (bis 10 kp/cm2) und eignet sich vor allem als Wärme- und Schalldämmstoff.
 
Seitenende
Seite zurück
©  biancahoegel.de;
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 03.10. 2015