Radar-Technik
Radar: Abk. für Radio Detecting And Ranging (engl., Funkortung oder Funkmeßtechnik};
auf der Reflexion elektromagnetischer Wellen an Hindernissen beruhendes Verfahren, das hauptsächlich zur Standortfeststellung von Fahrzeugen angewendet wird.
Darüber hinaus lassen sich weitere Angaben, wie Geschwindigkeit und Kurs des Ziels gewinnen. In der Luftfahrt benutzt man Boden-Radar-Anlagen zur Luftraumbeobachtung (Aufgaben der Luftverteidigung,
Flugsicherungskontrolle), Führung bei Landeanflügen unter Instrumentenflugbedingungen, unmittelbaren Wetterbeobachtung (Wetter-R.), Messung von Windgeschwindigkeiten in größeren Höhen
(Radar-Verfolgung von Ballons), Überwachung des Rollverkehrs auf Flugplätzen. Bord-RadarAnlagen dienen der Kollisionsverhütung, dem Erkennen von Schlechtwetterzonen
und der Navigation.
Geschichtliches
Bereits 1887/88 stellte Heinrich Hertz die Reflexion elektromagnetischer Wellen an metallischen Hindernissen fest. In Rußland konnte Alexander Stepanowitsch Popow 1897 die gleiche Erscheinung an Schiffen beobachten und schlug eine Methode zur Ortung von Schiffen vor. Christian Hülsmeyer erhielt 1904 ein deutsches Patent über die Ortung entfernter metallischer Gegenstände mit Hilfe elektromagnetischer Wellen.
Die damalige Technologie und Technik gestattete es jedoch nicht, ein derartiges Patent in der Praxis zu nutzen. Ab 1930 entwickelte man in mehreren Ländern (vor allem in England, Deutschland und der UdSSR) (weiter Geschichtsinformationen) Funkmeßgeräte für Marine und Luftstreitkräfte. Nach intensiven Forschungen und Erprobungen setzte man derartige Anlagen im zweiten Weltkrieg in großer Zahl ein. Seitdem fanden Radar-Anlagen auch im zivilen Einsatz starke Verbreitung. Die heute angewendeten Flugsicherungsverfahren sind ohne Radar und Rechentechnik nicht möglich.
Einteilung und Funktionsweise
Aktive Radargeräte werden in bildgebend und nicht bildgebend eingeteilt. Ferner unterscheidet man zwischen Impuls- und Dauerstrichradargeräten sowie zwischen mono- und bistatischen Anlagen; bei letzteren sind Sender und Empfänger räumlich getrennt, was auf astronomische Entfernung eine höhere Empfindlichkeit erlaubt. Radarsender sind mittels Peilempfängern erkenn- und ortbar.
Als Primärradar werden Pulsradar-Geräte bezeichnet, die ausschließlich das passiv reflektierte Echo des Zieles auswerten. Es lassen sich neben der Entfernung auch die radiale Geschwindigkeit der Objekte und deren ungefähre Größe ermitteln. Auswertung reflektierter Oberwellen erlaubt Rückschlüsse auf den Flugzeugtyp.
Ein Sekundärradar umfasst ebenfalls ein Impulsradargerät, jedoch befinden sich an den Zielobjekten Transponder, die auf die Pulse reagieren und ihrerseits ein Signal zurücksenden. Hierdurch erhöht sich die Reichweite, die Objekte sind identifizierbar und können ggf. weitere Daten zurücksenden.
Peilempfänger, die die Quelle von Funkwellen (von Radar- und anderen Geräten und deren Störabstrahlung) zu militärischen Zwecken orten können, nennt man auch passives Radar. Ein passives Radar ist daher nicht anhand seiner Funkwellenaussendung zu entdecken.
Eine weitere Art von Radargeräten die nur schwer zu entdecken sind, ist das Rauschradar welches lange Pulse aussendet welche wie zufällige Störstrahlung aussehen.
Einsatzgebiete
Radargeräte wurden für verschiedene Verwendungszwecke entwickelt:
- Rundsichtradar; Überwachung von Schiffs- und Flugverkehr (auch
Frühwarnstationen, z.B. das Freya-Radar),
entweder als feste Station wie beim Flugsicherungsradar
oder bei der Schifffahrtsverkehrssicherung,
oder mobil auf Fahr- und Flugzeugen (AWACS) sowie auf Schiffen (ARPA-Anlage).
Boote können zur besseren Sichtbarkeit mit einem Radarreflektor ausgerüstet werden. - Radargeräte zur Zielverfolgung (Ground Control Intercept) als Radarstellung der Luftverteidigung, bodengebunden (z.B. Würzburg, Würzburg-Riese) oder an Bord von Fahr- und Flugzeugen, Schiffen und Raketen
- Bordradar auf Flugzeugen (Radarnase), um Wetterfronten zu entdecken (Wetterradar) oder andere Flugzeuge und Raketen zu entdecken (Antikollisionssysteme, Zielsuchradar)
- Bodenradar (Flugfeldüberwachungsradar) zur Überwachung der Positionen von Flug- und Fahrzeugen auf den Rollwegen eines Flughafens
- Radar zur Fernerkundung und militärischer Aufklärung, um am Boden bei schlechter Sicht Einzelheiten erkennen zu können
- Wetterradar, Erkennung und Ortung von Schlechtwetterfronten, Messung der Windgeschwindigkeit
- Artillerieradar, zur Feuerkorrektur der eigenen Artillerie und Raketen sowie der Ortung der feindlichen Artilleriestellungen
- Radar-Bewegungsmelder zur Überwachung von Gebäuden und Gelände, z.B. als Türöffner oder Lichtschalter
- Radargeräte zur Messung der Geschwindigkeit im Straßenverkehr.
- Kfz-Technik: radarbasierte Abstandshalter ACC (Adaptive Cruise Control) bzw. ADC, Kopplung mit Notbremsfunktion in PSS1 bis PSS3 (Predictive Safety System), Nahbereichsfunktionen wie Abstandswarner und automatisches Einparken (24 GHz, Kurzpuls im Bereich 350–400 Pikosekunden, sowie im 77–79-GHz-Band).
- Auch Züge messen Wegstrecke und Geschwindigkeit mit Doppler-Radargeräten (im ISM-Band um 24 GHz).
- Radarsensoren als Bewegungs- oder Füllstandsmelder
- Astronomie: Kartierung von Planeten (z.B. Venus, Mars), von der Erde aus oder von Bord einer Raumsonde, Vermessung der Bahnen von Planeten, Asteroiden und Raumsonden sowie von Weltraummüll
- Bioradar zur Detektion von lebenden Personen und deren Körperbewegung, wie beispielsweise bei Verschütteten in Lawinen, auf Distanzen von einigen Metern.
- Windenergie: zur Detektierung von Luftfahrzeugen, um die als störend betrachtete, nächtliche Luftfahrthindernisbefeuerung der Anlagen zu mindern. Geplant ist der Einsatz von gepulsten L- und X-Band Radarsystemen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam auch die Lenkung radargesteuerter Waffen wie Flugabwehrraketen dazu. Außerdem wurde das Radar auch für die zivile Schiff- und Luftfahrt eingesetzt. Die heutige Passagierluftfahrt wäre ohne Luftraumüberwachung durch Radar nicht denkbar. Auch Satelliten und Weltraumschrott werden heute durch Radar überwacht.
Als die Radargeräte leistungsfähiger wurden, entdeckte auch die Wissenschaft diese Technik. Wetterradargeräte helfen in der Meteorologie oder an Bord von Flugzeugen bei der Wettervorhersage. Mittels großer Stationen können vom Boden aus Radarbilder vom Mond, der Sonne sowie einigen Planeten erzeugt werden. Umgekehrt kann auch die Erde vom Weltraum aus durch satellitengestützte Radargeräte vermessen und erforscht werden.
Überhorizontradar
Das Überhorizontradar (auch OTH für Over The Horizon genannt) stellt eine Möglichkeit dar, Radarechos ohne quasi-optischen Sichtkontakt weit über die
Erdkrümmung
hinaus zu erhalten. Die verwendeten Frequenzen liegen im Kurzwellenbereich und damit weit unterhalb der üblichen Radarfrequenzen
(Mikrowellenbereich), dadurch sinkt
die Auflösung und die Ortungsgenauigkeit. Allerdings können so Bodenwellen oder Reflexionserscheinungen an
der Ionosphäre ausgenutzt werden, die eine Ortung über die
Erdkrümmung hinaus erst ermöglicht.
Überhorizontradartechnik wird von mehreren Staaten eingesetzt. Ein bekanntes System ist das australische Jindalee Operational
Radar Network (JORN); die NATO betreibt eine entsprechende Anlage in Zypern (PLUTO System der Royal Air Force). Überhorizontradar-Sendestationen stehen in
Semipalatinsk (Kasachstan) und in Alaska (USA).
Bekannte Stationen
- Australien: Jindalee Operational Radar Network (JORN)
- China: eine Reihe von OTH-B und OTH-SW Anlagen sind in Betrieb, jedoch nicht näher klassifiziert
- Dänemark: auf Bornholm
- England: Ostküste
- Frankreich: Nostradamus
- Kasachstan: Anlage in Ostkasachstan (bei Semipalatinsk; betrieben von Russland)
- Russland: unter anderem im Oblast Kaliningrad ein zum russischen Raketenschild gehörendes Radar des Typs Voronezh-DM
- USA: ROTHR-TX, ROTHR-VA und ROTHR-PR
- Türkei: in der Nähe von Ankara; wird mit den gleichen Parametern wie Zypern betrieben.
- Zypern: PLUTO System des Vereinigten Königreichs (NATO-Anlage), Leistung: 1 MW. (Koordinaten: 34.61806°N, 32.94253°E).
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.06. 2022