Antoine Laurent de Lavoisier

französischer Chemiker und Naturwissenschaftler

geboren: 26. August 1743 in Paris
gestorben: 8. Mai 1794 ebenda

Antoine Laurent de Lavoisier war der älteste Sohn eines Arztes und Rechtsanwaltes. Bereits in jungen Jahren interessierte sich Lavoisier für die Naturwissenschaften. Er besuchte ab 1754 als Tagesschüler das Collège Mazarin (Collège des Quatre Nations), wo er neben einer gründlichen klassischen Ausbildung (er gewann Preise für griechische und lateinische Übersetzungen) auch die beste damals in Paris mögliche Ausbildung in Naturwissenschaften und Mathematik genoss. Er hörte Vorlesungen des Chemikers Guillaume-François Rouelle (1703–1770), des Experimentalphysikers Jean-Antoine Nollet (1700–1770), des Mathematikers Nicolas Louis de Lacaille (1713–1762) und des Botanikers Bernard de Jussieu (1699–1777), wobei ihn insbesondere Lacaille in den Naturwissenschaften unterrichtete und förderte. Statt des Bakkalaureat-Abschlusses begann er 1761 auf Wunsch seines Vaters mit dem Jurastudium. 1764 promovierte er zum Doktor der Rechte und wurde in die Pariser Anwaltsliste immatrikuliert.

Sein besonderes Interesse galt damals der Meteorologie (auf diesem Gebiet stellte er auch später immer wieder Beobachtungen an), Geologie, Mineralogie, und Chemie. Ein Freund der Familie, Jean-Étienne Guettard (1715–1786), regte ihn früh zur Beschäftigung mit Geologie und Mineralogie an, und da dazu auch Kenntnisse der Chemie nötig waren, auch mit dieser Wissenschaft. So hörte er weitere Vorlesungen am Jardin du roi bei Guillaume-François Rouelle und besuchte dessen Laborkurse in dessen Apotheke. Er legte eine Gesteins- und Mineraliensammlung an und erforschte 1763 die Umgebung seines Heimatorts mit Guettard. Dieser plante eine geologische Kartierung Frankreichs, die ihm 1766 genehmigt wurde, und nahm in Vorbereitung dazu Lavoisier auf seine Erkundungsreisen in Nordfrankreich und die Normandie mit.

1768 veröffentlichte er eine Arbeit über Analyse von Wasserproben, die er auf seinen Reisen mit Guettard getätigt hatte. Außer Mineralwasser untersuchte er auch Trinkwasserproben, was er für gesellschaftlich viel bedeutender hielt. Neben der Bestimmung von Salzen nach dem Verdampfen benutzte er auch ein von ihm neu entwickeltes Hydrometer zur Bestimmung des spezifischen Gewichts der Proben. Im Jahre 1768 wurde er dann in der Académie des sciences als Assistent der Chemie (chimiste-adjoint) gewählt. Die direkte Wahl fiel zwar auf den älteren Metallurgen und Bergbauingenieur Gabriel Jars, er wurde aber mit Sondergenehmigung adjoint chimiste surnuméraire, und als Jars 1769 starb, rückte er auf dessen Posten.

1768 trat Lavoisier der Ferme générale bei, der Organisation der Hauptzollpächter.[6] Die Zahl dieser Hauptzollpächter (fermiers) war anfangs auf 40, ab 1775 dann auf 60 Personen begrenzt. Der Auftragnehmer, also der fermier, verpflichtet sich zur Zahlung einer Pacht an die Staatskasse und erhielt im Gegenzug einen Überschuss aus den Zolleinnahmen, so beispielsweise für den Handel mit Salz und Tabak und die Einfuhr von Waren nach Paris. Zölle wurden nicht nur an den Außengrenzen, sondern auch zwischen den Provinzen im Land erhoben, wo erhebliche Preisunterschiede zum Beispiel für Salz bestanden. Der Schmuggel blühte und die Zolleinnehmer hatten eigene bewaffnete Beamte, die diesen bekämpften und das Recht hatten, Grund und Haus jeder Person zu durchsuchen. Die Strafen auf Salzschmuggel waren drakonisch (Galeere) und die Steuerpächter waren beim einfachen Volk verhasst.

Naturwissenschaftliches Wirken

Lavoisier war ein geschickter Experimentator, und seine systematische Trennung von Vermutungen und Spekulationen zu einer klar strukturierten gedanklichen Beweisführung gaben der wissenschaftlichen Chemie das nötige Rüstzeug für weitere Fortschritte.

Eine Hauptphase seiner Forschung setzte 1772 ein, dem nach seinem Biographen Guerlac entscheidenden Jahr (Crucial year), in dem er seine gegen die Phlogistontheorie gerichtete Verbrennungstheorie zu entwickeln begann und mit dem von Joseph Priestley entdeckten Sauerstoff der Luft in Verbindung brachte. Er untermauerte das quantitativ mit Wägungen basierend auf dem von ihm erstmals für chemische Reaktionen explizit formulierten und herausgestellten Massenerhaltungssatz, entwickelte eine Theorie der Säuren mit dem Sauerstoff als Basis und klärte die Zusammensetzung von Kohlendioxid (fixe Luft nach Joseph Black) und anderen Luftbestandteilen. Außerdem begann er mit seiner Untersuchung der Atmung, was ihn dann in seiner letzten Schaffensphase besonders beschäftigte. Ein weiterer Höhepunkt war sein Nachweis nach der Entdeckung des Wasserstoffs durch Henry Cavendish, dass Wasser kein Element war, was große Aufmerksamkeit fand und auch seine Vorbereitung eines Generalangriffs auf die Phlogistontheorie abschloss, die ab 1785 erfolgte. Er legte seine Erkenntnisse, insbesondere seine Sauerstoffverbrennungstheorie, 1789 in seinem Lehrbuch dar und veröffentlichte 1787 mit Kollegen eine neue, rationale chemische Nomenklatur, die international rasch Verbreitung fand. In der letzten Phase befasste er sich mit der Erforschung von Lebensvorgängen (Atmung, Gärung, Stoffwechsel) und der quantitativen Wärmelehre.

Sein Hauptwerk ist der zweibändige Traité élémentaire de la chimie von 1789, in dem er im ersten Band seine Systematik chemischer Stoffe, Wärmelehre, Analyse der Gase der Luft, Gärung, organische Analyse und Theorie der Säuren behandelt, im zweiten Band chemische Untersuchungsverfahren und Instrumente mit genauen Beschreibungen und Abbildungen.

Von besonderem Einfluss war die von Lavoisier und Morveau angestoßene Einführung einer rationalen chemischen Nomenklatur, mit der anorganische Verbindungen nun einfach und schnell bezeichnet werden konnten. Anorganische Stoffe und Säuren hatten vor 1787 aus heutiger Sicht recht sonderbar anmutende Namen: Alembrotsalz, Kolkothar, algarothisches Pulver, Pompholix, Zinkblumen, Vitrolsäure usw. Vielfach stammten die Bezeichnungen noch aus der Alchemie. Die ersten Ideen und Vorschläge zu einer neuen Nomenklatur stammten von Guyton de Morveau (Mémoire sur les dénominations chymiques, 1782). 1787 erschien dann das rund 250 Seiten starke Buch Nomenclature chimique, in dem Lavoisier, Mourveau, Claude-Louis Berthollet und Fourcroy die neue Nomenklatur im Rahmen der Theorie von Lavoisier vorlegten. Lavoisier, Morveau und Kollegen entwickelten dabei eine binäre Notation, um die Salze aus ihren Basen und Säuren zu erklären. Ein Vorbild war dabei auch das Klassifikationssystem der Biologie von Carl von Linné. Für Lavoisier spielte auch der Einfluss von Étienne Bonnot de Condillac und seiner Verbindung von Sprache und Logik eine Rolle.

Neben der Nomenklatur wurden auch Zeichen nach Jean-Henri Hassenfratz (1755–1827) und Pierre-Auguste Adet (1763–1834) für die chemischen Elemente eingeführt. Diese Symbole unterschieden sich noch ein wenig von den späteren – im Jahre 1814 von Jöns Jakob Berzelius (1779–1848) entwickelten und heute gebräuchlichen – Elementsymbolen.

Das Gesetz der Massenerhaltung bei chemischen Umsetzungen war im 18. Jahrhundert zwar eine bei Wissenschaftlern häufig gemachte allgemeine Annahme, die aber auch mit Unsicherheiten behaftet war, da man zum Beispiel in der Wärme nach der Phlogistontheorie auch einen Stoff sah, der zu Gewichtsänderungen bei Stoffen führen konnte. Edme Mariotte formulierte das Prinzip (Essai de logique 1678) und es war grundsätzlich eine Folge atomistischer Ideen, Lavoisier formulierte es aber als Erster explizit bei chemischen Reaktionen. Lavoisier konnte aus der Verkalkung von Metallen (Metalloxidation) durch sorgfältige Gewichtsmessungen der Luftabnahme, bzw. des spezifischen Gewichtes von Luft, ferner aus Gewichtsbestimmungen durch Zersetzung von 100 Gran Wasser in 15 Gran entzündlichem Gas (Wasserstoff) und 85 Gran Lebensluft (Sauerstoff) nachweisen, dass eine Massenerhaltung bei chemischen Umsetzungen vorliegt. Erst diese klaren Beweise konnten die Phlogistontheorie umstürzen. 1789 stellte er in seinem Traité (Band 1, Kapitel XIII über Gärung) das Prinzip der Massenerhaltung fest:

„Nichts wird bei den Operationen künstlicher oder natürlicher Art geschaffen, und es kann als Prinzip angesehen werden, dass bei jeder Operation eine gleiche Quantität Materie vor und nach der Operation existiert.“

– Antoine Laurent de Lavoisier

Lavoisier benutzte systematisch in der Darstellung seiner Messergebnisse Bilanztabellen der Gewichte, ebenso wie später bei der Messung der Wärme. Für ihn entsprach der Genauigkeit der theoretischen Analyse unmittelbar die Genauigkeit der Experimente und umgekehrt, oder wie es sein Gefolgsmann Jean Baptiste Biot ausdrückte: Man fühlte die Notwendigkeit der Verbindung von Genauigkeit im Experiment mit Strenge der theoretischen Ableitung. Er wurde somit der Begründer der Stöchiometrie, der chemischen Mathematik, die später von Jeremias Benjamin Richter durch das Erkennen des mathematischen Zusammenhanges bei Salzbildungen verbessert wurde.

Neben seinen Arbeiten zur Atmung war er auch ein Pionier der organischen Analyse in seiner Untersuchung der Verbrennung organischer Stoffe und der Gärung, über die er zuerst in seinem Traité berichtet. Er wusste, dass bei der Verbrennung pflanzlicher Stoffe Wasser und Kohlendioxid entstehen, wollte aber wissen, in welcher Kombination Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff in den pflanzlichen Stoffen wie Alkohol vorkamen. Zunächst verbrannte er Öle, dann leicht flüchtigere Substanzen wie Alkohol und Äther, wobei er bei Alkohol auf ein Gewichtsverhältnis von Kohlenstoff zu Wasserstoff von 3.6 zu 1 kam (nahe dem korrekten 4:1). Bei der Gärung unterschied er wie seine Vorgänger alkoholische Gärung, säureerzeugende Gärung (zum Beispiel Essigsäure erzeugend) und Verwesung. Die heftige Bewegung bei alkoholischer Gärung sah er als Anzeichen für eine heftige chemische Reaktion bei der Umordnung der drei Grundelemente (organische Prinzipien) C, H, O. In diesem Zusammenhang stellte er am Beispiel der Gärung auch erste einfache Reaktionsgleichungen auf, in der Form: Most = Alkohol + Kohlendioxid (Mout de raisin = acide carbonique + alkool). Sie war in seinem Traité allerdings nicht wirklich quantitativ gestützt und war nach Arthur Harden ein Beispiel dafür, wie das Genie eines Forschers über die experimentellen Daten triumphierte.

Literatur

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 09.03. 2025