Fraktale Dimension
In der Mathematik ist die fraktale Dimension einer Menge eine Verallgemeinerung des Dimensionsbegriffs von geometrischen Objekten wie Kurven (eindimensional) und Flächen (zweidimensional), insbesondere bei Fraktalen. Das Besondere ist, dass die fraktale Dimension keine ganze Zahl sein muss. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine fraktale Dimension zu definieren.
Boxcounting-Dimension
Bei der Boxcounting-Methode überdeckt man die Menge mit einem Gitter der
Gitterbreite .
Wenn
die Zahl der von der Menge belegten Boxen ist, so ist die Box-Dimension
.
Tatsächlich kann man andere Arten von Überdeckungen (Kreise bzw. Kugeln, sich
überschneidende Quadrate etc.) wählen und genauso
berechnen, und das Ergebnis ist theoretisch dasselbe, in der numerischen Praxis
(wenn man den Limes nicht ausrechnen kann) aber nicht unbedingt.
Yardstick-Methode
Diese Methode eignet sich nur für topologisch eindimensionale Mengen, also
für Kurven. Man misst deren Länge durch Abzirkeln. Der Schnittpunkt eines
Kreises (bzw. Kugel in einbettender Dimension 3) mit der Kurve ist wiederum der
neue Mittelpunkt des nächsten Kreises. So wird die Kurve mit Kreisen des
gleichen Radius überdeckt. Mit der Anzahl
und dem Radius
dieser Kreise verfährt man weiter wie bei der Boxcounting-Methode. Tatsächlich
ist die Yardstick-Methode theoretisch lediglich ein Spezialfall der
Boxcounting-Methode.
Minkowski-Dimension
Umgibt man eine Menge
mit einer Minkowskiwurst
der Dicke
und misst deren
-dimensionales
Volumen
,
so lässt sich damit eine zu der Box-Dimension äquivalente Dimension definieren:
,
.
Ähnlichkeits-Dimension
Mengen, die aus
um den Faktor
verkleinerten Versionen ihrer selbst bestehen, heißen selbstähnlich.
Für diese ist die Ähnlichkeitsdimension
definiert. Man beachte, dass man hier keinen Limes braucht.
Beispiel: Ein Quadrat besteht aus vier Quadraten ()
der halben (
)
Kantenlänge und hat damit
.
Aber schon ein Kreis besteht nicht aus verkleinerten Kreisen, und die
Ähnlichkeitsdimension ist nicht definiert. Die Dimension vieler bekannter
Fraktale lässt sich aber damit bestimmen. Aufgrund der fehlenden Limesbildung
ist die Ähnlichkeitsdimension besonders einfach und ist deshalb oft die einzige
für Laien verständliche fraktale Dimension. Diese Methode der
Dimensionsberechnung drängt sich insbesondere auch bei IFS-Fraktalen
auf.
Hausdorff-Dimension
Die Hausdorff-Dimension, oder Hausdorff-Besicovitch-Dimension, benannt nach
Felix Hausdorff und Abram
Samoilowitsch Besikowitsch, ist die maßtheoretische
Definition der fraktalen Dimension. Das -dimensionale
Hausdorffmaß nimmt fast überall entweder den Wert 0 oder den Wert
an. Die Stelle
,
an der der Sprung von
nach 0 stattfindet, ist die Hausdorff-Dimension.
Natürliche Fraktale
Entfernt man sich von der mathematischen Idealisierung und betrachtet Mengen
wie Küstenlinien, Mondkrater oder einfach nur digitalisierte Bilder von
Fraktalen, so lässt sich wegen der endlichen Auflösung der Grenzwertübergang
nicht mehr durchführen. Man würde stets die Dimension 0 erhalten, weil man eine
endliche Menge von Punkten betrachtet. Stattdessen macht man sich die
Eigenschaft der Skaleninvarianz
zunutze und bestimmt die Dimension durch Auftragung von
gegen
im sogenannten Log-Log-Plot.
Skaliert
,
dann weist dieser Plot zumindest im Bereich kleiner
-Werte
die Steigung
auf. Ist der Skalierungsbereich hinreichend groß (mehrere Dekaden), so spricht
man von natürlichen Fraktalen.
Theoretisch äquivalente Definitionen der fraktalen Dimension sind in dieser numerischen Variante nicht mehr gleich. So erweist sich die Yardstick-Dimension meist als größer als die Box-Dimension.
Rényi-Dimensionen Dq
Das Besondere der Rényi-Dimensionen
ist, dass sie sich nicht auf eine Menge, sondern auf ein Maß (bzw. eine
Dichte) beziehen. Man kann allerdings auch die Punktdichte einer Menge nehmen.
Geht man von der Boxcounting-Methode aus, so zählt nicht nur, ob eine Box
besetzt ist oder nicht, sondern auch, wie viel in der Box ist. Der normierte
Inhalt
der Box wird zur
-ten
Potenz erhoben und über alle Boxen summiert:
.
Für
liefert die Regel
von de l’Hospital:
.
Die Rényi-Dimension zu
ist die normale fraktale Dimension. Die zu
heißt auch Informationsdimension und die zu
Korrelationsdimension. Maße, die unterschiedliche Dimensionen
bis
haben, heißen auch Multifraktale.
Eigenschaften und Zusammenhang zwischen den Dimensionen
- Die fraktale Dimension einer Menge ist größer oder gleich der Dimension einer Teilmenge.
- Alle fraktalen Dimensionen eines Gegenstandes sind, sofern definiert, überraschend häufig gleich groß. Ansonsten sind Ungleichungen bekannt, so ist beispielsweise die Hausdorff-Dimension stets kleiner oder gleich der Boxcounting-Dimension.
- Die fraktale Dimension ist stets größer oder gleich der topologischen Dimension.
- Die fraktale Dimension ist stets kleiner oder gleich der einbettenden Dimension.
Anwendungen
Die fraktale Dimension kann in der Oberflächenphysik zur Charakterisierung von Oberflächen und zur Klassifizierung und zum Vergleich von Oberflächenstrukturen verwendet werden.



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.04. 2023