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ERSTES BUCH
Vom Kapital
ABSCHNITT I
Das Kapital im allgemeinen
ERSTES KAPITEL
Die Ware
Auf den ersten Blick erscheint der bürgerliche Reichtum als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als sein elementarisches Dasein. Jede Ware aber stellt sich dar unter dem doppelten Gesichtspunkt von Gebrauchswert und Tauschwert.(1)
Die Ware ist zunächst, in der Sprachweise der englischen Ökonomen, "irgend ein Ding, notwendig, nützlich, oder angenehm für das Leben", Gegenstand menschlicher Bedürfnisse, Lebensmittel im weitesten Sinne des Wortes. Dieses Dasein der Ware als Gebrauchswert und ihre natürliche handgreifliche Existenz fallen zusammen. Weizen z.B. ist ein besonderer Gebrauchswert im Unterschied von den Gebrauchswerten Baumwolle, Glas, Papier usw. Der Gebrauchswert hat nur Wert für den Gebrauch und verwirklicht sich nur im Prozeß der Konsumtion. Derselbe Gebrauchswert kann verschieden vernutzt werden. Die Summe seiner möglichen Nutzanwendungen jedoch ist zusammengefaßt in seinem Dasein als Ding mit bestimmten Eigenschaften. Er ist ferner nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ bestimmt. Ihrer natürlichen Eigentümlichkeit gemäß besitzen verschiedene Gebrauchswerte verschiedene Maße, z.B. Scheffel Weizen, Buch Papier, Elle Leinwand usw.
Welches immer die gesellschaftliche Form des Reichtums sei, Gebrauchswerte bilden stets seinen gegen diese Form zunächst gleichgültigen Inhalt.
Man schmeckt dem Weizen nicht an, wer ihn gebaut hat, russischer Leibeigner, französischer Parzellenbauer oder englischer Kapitalist. Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse, und daher in gesellschaftlichem Zusammenhang, drückt der Gebrauchswert jedoch kein gesellschaftliches Produktionsverhältnis aus. Diese Ware als Gebrauchswert ist z.B. ein Diamant. Am Diamant ist nicht wahrzunehmen, daß er Ware ist. Wo er als Gebrauchswert dient, ästhetisch oder mechanisch, am Busen der Lorette oder in der Hand des Glasschleifers, ist er Diamant und nicht Ware. Gebrauchswert zu sein scheint notwendige Voraussetzung für die Ware, aber Ware zu sein gleichgültige Bestimmung für den Gebrauchswert. Der Gebrauchswert in dieser Gleichgültigkeit gegen die ökonomische Formbestimmung, d.h. der Gebrauchswert als Gebrauchswert, liegt jenseits des Betrachtungskreises der politischen Ökonomie.(2)In ihren Kreis fällt er nur, wo er selbst Formbestimmung. Unmittelbar ist er die stoffliche Basis, woran sich ein bestimmtes ökonomisches Verhältnis darstellt, der Tauschwert.
Tauschwert erscheint zunächst als quantitatives Verhältnis, worin Gebrauchswerte gegeneinander austauschbar. In solchem Verhältnis bilden sie dieselbe Tauschgröße. So mögen 1 Band Properz und 8 Unzen Schnupftabak derselbe Tauschwert sein, trotz der disparaten Gebrauchswerte von Tabak und Elegie. Als Tauschwert ist ein Gebrauchswert grade so viel wert wie der andere, wenn nur in richtiger Portion vorhanden. Der Tauschwert eines Palastes kann in bestimmter Anzahl von Stiefelwichsbüchsen ausgedrückt werden. Londoner Stiefelwichsfabrikanten haben umgekehrt den Tauschwert ihrer multiplizierten Büchsen in Palästen ausgedrückt. Ganz gleichgültig also gegen ihre natürliche Existenzweise, und ohne Rücksicht auf die spezifische Natur des Bedürfnisses, wofür sie Gebrauchswerte, decken sich Waren in bestimmten Quantitäten, ersetzen einander im Austausch, gelten als Äquivalente, und stellen so trotz ihres buntscheckigen Scheins dieselbe Einheit dar.
Die Gebrauchswerte sind unmittelbar Lebensmittel. Umgekehrt aber sind diese Lebensmittel selbst Produkte des gesellschaftlichen Lebens, Resultat verausgabter menschlicher Lebenskraft, vergegenständlichte Arbeit. Als Materiatur der gesellschaftlichen Arbeit sind alle Waren Kristallisationen
derselben Einheit. Der bestimmte Charakter dieser Einheit, d.h. der Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, ist nun zu betrachten.
Eine Unze Gold, 1 Tonne Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen Seide seien gleich große Tauschwerte. Als solche Äquivalente, worin der qualitative Unterschied ihrer Gebrauchswerte ausgelöscht ist, stellen sie gleiches Volumen derselben Arbeit dar. Die Arbeit, die sich gleichmäßig in ihnen vergegenständlicht, muß selbst gleichförmige, unterschiedslose, einfache Arbeit sein, der es ebenso gleichgültig, ob sie in Gold, Eisen, Weizen, Seide erscheint, wie es dem Sauerstoff ist, ob er vorkommt im Rost des Eisens, der Atmosphäre, dem Saft der Traube oder dem Blut des Menschen. Aber Gold graben, Eisen aus dem Bergwerk fördern, Weizen bauen und Seide weben sind qualitativ voneinander verschiedene Arbeitsarten. In der Tat, was sachlich als Verschiedenheit der Gebrauchswerte, erscheint prozessierend als Verschiedenheit der die Gebrauchswerte hervorbringenden Tätigkeit. Als gleichgültig gegen den besondern Stoff der Gebrauchswerte ist die Tauschwert setzende Arbeit daher gleichgültig gegen die besondere Form der Arbeit selbst. Die verschiedenen Gebrauchswerte sind ferner Produkte der Tätigkeit verschiedener Individuen, also Resultat individuell verschiedener Arbeiten. Als Tauschwerte stellen sie aber gleiche, unterschiedslose Arbeit dar, d.h. Arbeit, worin die Individualität der Arbeitenden ausgelöscht ist. Tauschwert setzende Arbeit ist daher abstrakt allgemeine Arbeit.
Wenn 1 Unze Gold, 1 Tonne Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen Seide gleich große Tauschwerte oder Äquivalente sind, sind 1 Unze Gold, 1/2 Tonne Eisen, 3 Bushel Weizen und 5 Ellen Seide Tauschwerte von durchaus verschiedener Größe, und dieser quantitative Unterschied ist der einzige Unterschied, dessen sie als Tauschwerte überhaupt fähig sind. Als Tauschwerte von verschiedener Größe stellen sie ein Mehr oder Minder, größere oder kleinere Quanta jener einfachen, gleichförmigen, abstrakt allgemeinen Arbeit dar, die die Substanz des Tauschwerts bildet. Es fragt sich, wie diese Quanta messen? Oder es fragt sich vielmehr, welches das quantitative Dasein jener Arbeit selbst ist, da die Größenunterschiede der Waren als Tauschwerte nur Größenunterschiede der in ihnen vergegenständlichten Arbeit sind. Wie das quantitative Dasein der Bewegung die Zeit ist, so ist das quantitative Dasein der Arbeit die Arbeitszeit. Die Verschiedenheit ihrer eignen Dauer ist der einzige Unterschied, dessen sie fähig ist, ihre Qualität als gegeben vorausgesetzt. Als Arbeitszeit erhält sie ihren Maßstab an den natürlichen Zeitmaßen, Stunde, Tag, Woche usw. Arbeitszeit ist das lebendige Dasein der Arbeit, gleichgültig gegen ihre Form, ihren Inhalt, ihre Individualität; es ist ihr lebendiges Dasein als quantitatives, zugleich mit seinem immanenten Maße.
Die in den Gebrauchswerten der Waren vergegenständlichte Arbeitszeit ist ebensowohl die Substanz, die sie zu Tauschwerten macht und daher zu Waren, wie sie ihre bestimmte Wertgröße mißt. Die korrelativen Quantitäten verschiedener Gebrauchswerte, in welchen dieselbe Arbeitszeit sich vergegenständlicht, sind Äquivalente, oder alle Gebrauchswerte sind Äquivalente in den Proportionen, worin sie dieselbe Arbeitszeit aufgearbeitet, vergegenständlicht enthalten. Als Tauschwert sind alle Waren nur bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit.
Zum Verständnis der Bestimmung des Tauschwerts durch Arbeitszeit sind folgende Hauptgesichtspunkte festzuhalten: die Reduktion der Arbeit auf einfache, sozusagen qualitätslose Arbeit; die spezifische Art und Weise, worin die Tauschwert setzende, also Waren produzierende Arbeit gesellschaftliche Arbeit ist; endlich der Unterschied zwischen der Arbeit, sofern sie in Gebrauchswerten, und der Arbeit, sofern sie in Tauschwerten resultiert.
Um die Tauschwerte der Waren an der in ihnen enthaltenen Arbeitszeit zu messen, müssen die verschiedenen Arbeiten selbst reduziert sein auf unterschiedslose, gleichförmige, einfache Arbeit, kurz auf Arbeit, die qualitativ dieselbe ist und sich daher nur quantitativ unterscheidet.
Diese Reduktion erscheint als eine Abstraktion, aber es ist eine Abstraktion, die in dem gesellschaftlichen Produktionsprozeß täglich vollzogen wird. Die Auflösung aller Waren in Arbeitszeit ist keine größere Abstraktion, aber zugleich keine minder reelle als die aller organischen Körper in Luft. Die Arbeit, die so gemessen ist durch die Zeit, erscheint in der Tat nicht als Arbeit verschiedener Subjekte, sondern die verschiedenen arbeitenden Individuen erscheinen vielmehr als bloße Organe der Arbeit. Oder die Arbeit, wie sie sich in Tauschwerten darstellt, könnte ausgedrückt werden als allgemein menschliche Arbeit. Diese Abstraktion der allgemein menschlichen Arbeit existiert in der Durchschnittsarbeit, die jedes Durchschnittsindividuum einer gegebenen Gesellschaft verrichten kann, eine bestimmte produktive Verausgabung von menschlichem Muskel, Nerv, Gehirn usw. Es ist einfache Arbeit (3), wozu jedes Durchschnittsindividuum abgerichtet werden kann und die es in der einen oder andern Form verrichten muß. Der Charakter dieser Durchschnittsarbeit ist selbst verschieden in verschiedenen Ländern und verschiedenen Kulturepochen, erscheint aber als gegeben in einer vorhandenen Gesellschaft. Die einfache Arbeit bildet die bei weitem größte Masse aller Arbeit der bürgerlichen Gesellschaft, wie man sich aus jeder Statistik überzeugen kann. Ob A während 6 Stunden Eisen und während 6 Stunden Lein-
wand produziert, und B ebenfalls während 6 Stunden Eisen und während 6 Stunden Leinwand produziert, oder ob A während 12 Stunden Eisen und B während 12 Stunden Leinwand produziert, erscheint augenfällig als bloß verschiedene Anwendung derselben Arbeitszeit. Aber wie mit der komplizierten Arbeit, die sich über das Durchschnittsniveau erhebt als Arbeit von höherer Lebendigkeit, größerem spezifischen Gewicht? Diese Art Arbeit löst sich auf in zusammengesetzte einfache Arbeit, einfache Arbeit auf höherer Potenz, so daß z.B. ein komplizierter Arbeitstag gleich drei einfachen Arbeitstagen. Die Gesetze, die diese Reduktion regeln, gehören noch nicht hierher. Daß die Reduktion aber stattfindet, ist klar: denn als Tauschwert ist das Produkt der kompliziertesten Arbeit in bestimmter Proportion Äquivalent für das Produkt der einfachen Durchschnittsarbeit, also gleichgesetzt einem bestimmten Quantum dieser einfachen Arbeit.
Die Bestimmung des Tauschwerts durch die Arbeitszeit unterstellt ferner, daß in einer bestimmten Ware, einer Tonne Eisen z.B., gleich viel Arbeit vergegenständlicht ist, gleichgültig, ob sie Arbeit von A oder B, oder daß verschiedene Individuen gleich große Arbeitszeit zur Produktion desselben, qualitativ und quantitativ bestimmten Gebrauchswerts verwenden. In andern Worten, es ist unterstellt, daß die in einer Ware enthaltene Arbeitszeit die zu ihrer Produktion notwendige Arbeitszeit ist, d.h. die Arbeitszeit erheischt, um unter gegebenen allgemeinen Produktionsbedingungen ein neues Exemplar derselben Ware zu produzieren.
Die Bedingungen der Tauschwert setzenden Arbeit, wie sie sich aus der Analyse des Tauschwerts ergeben, sind gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit oder Bestimmungen gesellschaftlicher Arbeit, aber gesellschaftlich nicht schlechthin, sondern in besonderer Weise. Es ist eine spezifische Art der Gesellschaftlichkeit. Zunächst ist die unterschiedslose Einfachheit der Arbeit Gleichheit der Arbeiten verschiedener Individuen, wechselseitiges Beziehen ihrer Arbeiten aufeinander als gleicher, und zwar durch tatsächliche Reduktion aller Arbeiten auf gleichartige Arbeit. Die Arbeit jedes Individuums, soweit sie sich in Tauschwerten darstellt, besitzt diesen gesellschaftlichen Charakter der Gleichheit, und sie stellt sich nur im Tauschwert dar, soweit sie auf die Arbeit aller andern Individuen als gleiche bezogen ist.
Ferner erscheint im Tauschwert die Arbeitszeit des einzelnen Individuums unmittelbar als allgemeine Arbeitszeit und dieser allgemeine Charakter der vereinzelten Arbeit als gesellschaftlicher Charakter derselben. Die im Tauschwert dargestellte Arbeitszeit ist Arbeitszeit des einzelnen, aber des einzelnen ohne Unterschied vom andern einzelnen, aller einzelnen, sofern sie gleiche Arbeit vollbringen, daher die von dem einen zur Produktion einer bestimmten Ware
erheischte Arbeitszeit die notwendige Arbeitszeit ist, die jeder andre zur Produktion derselben Ware verwenden würde. Sie ist die Arbeitszeit des einzelnen, seine Arbeitszeit, aber nur als allen gemeine Arbeitszeit, für die es daher gleichgültig, die Arbeitszeit wessen einzelnen sie ist. Als allgemeine Arbeitszeit stellt sie sich dar in einem allgemeinen Produkt, einem allgemeinen Äquivalent, einem bestimmten Quantum vergegenständlichter Arbeitszeit, das gleichgültig gegen die bestimmte Form des Gebrauchswerts, worin es unmittelbar als Produkt des einen erscheint, beliebig übersetzbar ist in jede andere Form von Gebrauchswert, worin es sich als Produkt jedes andern darstellt. Gesellschaftliche Größe ist es nur als solche allgemeine Größe. Die Arbeit des einzelnen, um in Tauschwert zu resultieren, muß resultieren in ein allgemeines Äquivalent, d.h. in Darstellung der Arbeitszeit des einzelnen als allgemeiner Arbeitszeit oder Darstellung der allgemeinen Arbeitszeit als der des einzelnen. Es ist, als ob die verschiedenen Individuen ihre Arbeitszeit zusammengeworfen und verschiedene Quanta der ihnen gemeinschaftlich zu Gebote stehenden Arbeitszeit in verschiedenen Gebrauchswerten dargestellt hätten. Die Arbeitszeit des einzelnen ist so in der Tat die Arbeitszeit, deren die Gesellschaft zur Darstellung eines bestimmten Gebrauchswertes, d.h. zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses bedarf. Aber es handelt sich hier nur um die spezifische Form, worin die Arbeit gesellschaftlichen Charakter erhält. Eine bestimmte Arbeitszeit des Spinners vergegenständlicht sich z.B. in 100 Pfund Leinengarn. 100 Ellen Leinwand, das Produkt des Webers, sollen gleiches Quantum Arbeitszeit darstellen. Sofern diese beiden Produkte gleich großes Quantum allgemeiner Arbeitszeit darstellen und daher Äquivalente für jeden Gebrauchswert, der gleich viel Arbeitszeit enthält, sind sie Äquivalente füreinander. Nur dadurch, daß die Arbeitszeit des Spinners und die Arbeitszeit des Webers als allgemeine Arbeitszeit, ihre Produkte daher als allgemeine Äquivalente sich darstellen, wird hier die Arbeit des Webers für den Spinner und die des Spinners für den Weber, die Arbeit des einen für die Arbeit des andern, d.h. das gesellschaftliche Dasein ihrer Arbeiten für beide. In der ländlich-patriarchalischen Industrie dagegen, wo Spinner und Weber unter demselben Dach hausten, der weibliche Teil der Familie spann, der männliche webte, sage zum Selbstbedarf der Familie, waren Garn und Leinwand gesellschaftliche Produkte, Spinnen und Weben gesellschaftliche Arbeiten innerhalb der Grenzen der Familie. Ihr gesellschaftlicher Charakter bestand aber nicht darin, daß Garn als allgemeines Äquivalent gegen Leinwand als allgemeines Äquivalent oder beide sich gegeneinander austauschten als gleich gültige und gleich geltende Ausdrücke derselben allgemeinen Arbeitszeit. Der Familienzusammenhang vielmehr mit seiner naturwüchsigen
Teilung der Arbeit drückte dem Produkt der Arbeit seinen eigentümlichen gesellschaftlichen Stempel auf. Oder nehmen wir die Naturaldienste und Naturallieferungen des Mittelalters. Die bestimmten Arbeiten der einzelnen in ihrer Naturalform, die Besonderheit, nicht die Allgemeinheit der Arbeit bildet hier das gesellschaftliche Band. Oder nehmen wir endlich die gemeinschaftliche Arbeit in ihrer naturwüchsigen Form, wie wir sie an der Schwelle der Geschichte aller Kulturvölker finden.(4)Hier ist der gesellschaftliche Charakter der Arbeit offenbar nicht dadurch vermittelt, daß die Arbeit des einzelnen die abstrakte Form der Allgemeinheit, oder sein Produkt die Form eines allgemeinen Äquivalents annimmt. Es ist das der Produktion vorausgesetzte Gemeinwesen, das die Arbeit des einzelnen verhindert, Privatarbeit und sein Produkt Privatprodukt zu sein, die einzelne Arbeit vielmehr unmittelbar als Funktion eines Gliedes des Gesellschaftsorganismus erscheinen läßt. Die Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, ist vorausgesetzt als Arbeit des vereinzelten Einzelnen. Gesellschaftlich wird sie dadurch, daß sie die Form ihres unmittelbaren Gegenteils, die Form der abstrakten Allgemeinheit annimmt.
Es charakterisiert endlich die Tauschwert setzende Arbeit, daß die gesellschaftliche Beziehung der Personen sich gleichsam verkehrt darstellt, nämlich als gesellschaftliches Verhältnis der Sachen. Nur insofern der eine Gebrauchswert sich auf den andern als Tauschwert bezieht, ist die Arbeit der verschiedenen Personen aufeinander als gleiche und allgemeine bezogen. Wenn es daher richtig ist zu sagen, daß der Tauschwert ein Verhältnis zwischen Personen (5) ist, so muß aber hinzugesetzt werden: unter dinglicher Hülle verstecktes Verhältnis. Wie ein Pfund Eisen und ein Pfund Gold trotz ihrer verschiedenen physischen und chemischen Eigenschaften dasselbe Quan-
tum Schwere darstellen, so zwei Gebrauchswerte von Waren, worin dieselbe Arbeitszeit enthalten ist, denselben Tauschwert. Der Tauschwert erscheint so als gesellschaftliche Naturbestimmtheit der Gebrauchswerte, als eine Bestimmtheit, die ihnen als Dingen zukommt, und infolge deren sie sich im Austauschprozeß ebenso in bestimmten quantitativen Verhältnissen ersetzen, Äquivalente bilden, wie einfache chemische Stoffe in bestimmten quantitativen Verhältnissen sich verbinden, chemische Äquivalente bilden. Es ist nur die Gewohnheit des täglichen Lebens, die es als trivial, als selbstverständlich erscheinen läßt, daß ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis die Form eines Gegenstandes annimmt, so daß das Verhältnis der Personen in ihrer Arbeit sich vielmehr als ein Verhältnis darstellt, worin Dinge sich zu einander und zu den Personen verhalten. In der Ware ist diese Mystifikation noch sehr einfach. Es schwebt allen mehr oder minder vor, daß das Verhältnis der Waren als Tauschwerte vielmehr Verhältnis der Personen zu ihrer wechselseitigen produktiven Tätigkeit ist. In höheren Produktionsverhältnissen verschwindet dieser Schein der Einfachheit. Alle Illusionen des Monetarsystems stammen daher, daß dem Geld [Im Handmanuskript korrigiert; (1859) Gold] nicht angesehen wird, daß es ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darstellt, aber in der Form eines Naturdings von bestimmten Eigenschaften. Bei den modernen Ökonomen, die auf die Illusionen des Monetarsystems herabgrinsen, verrät sich dieselbe Illusion, sobald sie höhere ökonomische Kategorien handhaben, z.B. das Kapital. Sie bricht hervor in dem Geständnis naiver Verwunderung, wenn bald als gesellschaftliches Verhältnis erscheint, was sie eben plump als Ding festzuhalten meinten, und dann wieder als Ding sie neckt, was sie kaum als gesellschaftliches Verhältnis fixiert hatten.
Indem der Tauschwert der Waren in der Tat nichts ist als Beziehung der Arbeiten der einzelnen aufeinander als gleiche und allgemeine, nichts als gegenständlicher Ausdruck einer spezifisch gesellschaftlichen Form der Arbeit, ist es Tautologie, zu sagen, daß die Arbeit einzige Quelle des Tauschwerts sei und daher des Reichtums, soweit er aus Tauschwerten besteht. Es ist dieselbe Tautologie, daß der Naturstoff als solcher keinen Tauschwert (6), weil keine Arbeit und der Tauschwert als solcher keinen Naturstoff enthält.
Wenn aber William Petty "die Arbeit den Vater und die Erde die Mutter des Reichtums" nennt, oder Bischof Berkeley fragt, "ob die vier Elemente und des Menschen Arbeit darin nicht die wahre Quelle des Reichtums seien" (7), oder wenn der Amerikaner Th. Cooper populär klarmacht: "Nimm von einem Laib Brot die darauf verwandte Arbeit weg, die Arbeit von Bäcker, Müller, Pächter usw., und was bleibt übrig? Ein paar Graskörner, wildwachsend und unnütz für jeden menschlichen Gebrauch"(8), so handelt es sich in allen diesen Anschauungen nicht von der abstrakten Arbeit, wie sie Quelle des Tauschwerts ist, sondern von der konkreten Arbeit als einer Quelle stofflichen Reichtums, kurz von der Arbeit, sofern sie Gebrauchswerte hervorbringt. Indem der Gebrauchswert der Ware vorausgesetzt ist, ist die besondere Nützlichkeit, die bestimmte Zweckmäßigkeit der in ihr aufgezehrten Arbeit vorausgesetzt, damit aber vom Standpunkt der Ware aus zugleich alle Rücksicht auf die Arbeit als nützliche Arbeit erschöpft. Am Brot als Gebrauchswert interessieren uns seine Eigenschaften als Nahrungsmittel, keineswegs die Arbeiten von Pächter, Müller, Bäcker usw. Wenn durch irgendeine Erfindung 19/20 dieser Arbeiten wegfielen, würde das Laib denselben Dienst leisten wie zuvor. Wenn es fertig vom Himmel fiele, würde es kein Atom seines Gebrauchswerts verlieren. Während sich die Tauschwert setzende Arbeit in der Gleichheit der Waren als allgemeiner Äquivalente verwirklicht, verwirklicht sich die Arbeit als zweckmäßige produktive Tätigkeit in der unendlichen Mannigfaltigkeit ihrer Gebrauchswerte. Während die Tauschwert setzende Arbeit abstrakt allgemeine und gleiche Arbeit, ist die Gebrauchswert setzende Arbeit konkrete und besondere Arbeit, die sich der Form und dem Stoff nach in unendlich verschiedene Arbeitsweisen zerspaltet.
Von der Arbeit, soweit sie Gebrauchswerte hervorbringt, ist es falsch zu sagen, daß sie einzige Quelle des von ihr hervorgebrachten, nämlich des stofflichen Reichtums sei. Da sie die Tätigkeit ist, das Stoffliche für diesen oder jenen Zweck anzueignen, bedarf sie des Stoffes als Voraussetzung. In verschiedenen Gebrauchswerten ist die Proportion zwischen Arbeit und Naturstoff sehr verschieden, aber stets enthält der Gebrauchswert ein natürliches Substrat. Als zweckmäßige Tätigkeit zur Aneignung des Natürlichen in einer oder der anderen Form ist die Arbeit Naturbedingung der menschlichen Existenz, eine von allen sozialen Formen unabhängige Bedingung des Stoff-
wechsels zwischen Mensch und Natur. Tauschwert setzende Arbeit ist dagegen eine spezifisch gesellschaftliche Form der Arbeit. Schneiderarbeit z.B. in ihrer stofflichen Bestimmtheit als besondere produktive Tätigkeit, produziert den Rock, aber nicht den Tauschwert des Rocks. Letztern produziert sie nicht als Schneiderarbeit, sondern als abstrakt allgemeine Arbeit, und diese gehört einem Gesellschaftszusammenhang, den der Schneider nicht eingefädelt hat. So produzierten in der antiken häuslichen Industrie Weiber den Rock, ohne den Tauschwert des Rockes zu produzieren. Arbeit als eine Quelle von stofflichem Reichtum war dem Gesetzgeber Moses sowohl bekannt wie dem Zollbeamten Adam Smith.(9)
Betrachten wir nun einige nähere Bestimmungen, die sich aus der Zurückführung des Tauschwerts auf Arbeitszeit ergeben.
Als Gebrauchswert wirkt die Ware ursachlich. Weizen z.B. wirkt als Nahrungsmittel. Eine Maschine ersetzt Arbeit in bestimmten Verhältnissen. Diese Wirkung der Ware, wodurch sie allein Gebrauchswert, Gegenstand der Konsumtion ist, kann ihr Dienst genannt werden, der Dienst, den sie als Gebrauchswert leistet. Als Tauschwert aber wird die Ware immer nur unter dem Gesichtspunkt des Resultats betrachtet. Es handelt sich nicht um den Dienst, den sie leistet, sondern um den Dienst (10), der ihr selbst geleistet worden ist in ihrer Produktion. So ist also der Tauschwert einer Maschine z.B. bestimmt nicht durch das Quantum Arbeitszeit, das von ihr ersetzt wird, sondern das Quantum Arbeitszeit, das in ihr selbst aufgearbeitet und daher erheischt ist, eine neue Maschine derselben Art zu produzieren.
Bliebe daher das zur Produktion von Waren erheischte Arbeitsquantum konstant, so wäre ihr Tauschwert unveränderlich. Aber die Leichtigkeit und Schwierigkeit der Produktion wechseln beständig. Wächst die Produktivkraft der Arbeit, so produziert sie denselben Gebrauchswert in kürzerer Zeit. Fällt die Produktivkraft der Arbeit, so wird mehr Zeit erheischt zur Produktion desselben Gebrauchswerts. Die Größe der in einer Ware enthaltenen Arbeitszeit, also ihr Tauschwert, ist daher ein wechselnder, steigt oder fällt in um-
gekehrtem Verhältnis zum Steigen oder Fallen der Produktivkraft der Arbeit. Die Produktivkraft der Arbeit, die in der Manufakturindustrie in vorausbestimmtem Grade angewandt wird, ist in der Agrikultur und der extraktiven Industrie zugleich bedingt durch unkontrollierbare Naturverhältnisse. Dieselbe Arbeit wird eine größere oder mindere Ausbeute verschiedener Metalle ergeben, je nach dem relativ seltenern und häufigeren Vorkommen dieser Metalle in der Erdrinde. Dieselbe Arbeit mag sich mit Gunst der Jahreszeit in 2 Bushel Weizen, mit Ungunst derselben vielleicht nur in 1 Bushel Weizen vergegenständlichen. Seltenheit oder Überfluß als Naturverhältnisse scheinen hier den Tauschwert der Waren zu bestimmen, weil sie die an Naturverhältnisse gebundene Produktivkraft besonderer realen Arbeit bestimmen.
Verschiedene Gebrauchswerte enthalten in ungleichen Volumen dieselbe Arbeitszeit oder denselben Tauschwert. In je kleinerem Volumen ihres Gebrauchswerts, verglichen mit den andern Gebrauchswerten, eine Ware, ein bestimmtes Quantum Arbeitszeit enthält, um so größer ist ihr spezifischer Tauschwert. Finden wir, daß in verschiedenen, weit auseinanderliegenden Kulturepochen gewisse Gebrauchswerte unter sich eine Reihe von spezifischen Tauschwerten bilden, die, wenn nicht exakt dasselbe Zahlenverhältnis, doch das allgemeine Verhältnis der Über- und Unterordnung gegeneinander bewahren, wie z.B. Gold, Silber, Kupfer, Eisen, oder Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, so folgt daraus nur, daß die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte gleichmäßig oder annähernd gleichmäßig auf die Arbeitszeit einwirkt, die zur Produktion jener verschiedenen Waren erfordert ist.
Der Tauschwert einer Ware kommt nicht in ihrem eignen Gebrauchswert zur Erscheinung. Als Vergegenständlichung der allgemeinen gesellschaftlichen Arbeitszeit jedoch ist der Gebrauchswert einer Ware in Verhältnisse gesetzt zu den Gebrauchswerten anderer Waren. Der Tauschwert der einen Ware manifestiert sich so in den Gebrauchswerten der anderen Waren. Äquivalent ist in der Tat der Tauschwert einer Ware ausgedrückt im Gebrauchswert einer andern Ware. Sage ich z.B. eine Elle Leinwand ist wert zwei Pfund Kaffee, so ist der Tauschwert der Leinwand in dem Gebrauchswert Kaffee, und zwar in einem bestimmten Quantum dieses Gebrauchswerts ausgedrückt. Diese Proportion gegeben, kann ich den Wert jedes Quantums Leinwand in Kaffee ausdrücken. Es ist klar, daß der Tauschwert einer Ware, z.B. der Leinwand, nicht erschöpft ist in der Proportion, worin eine andere besondre Ware, z.B. Kaffee, ihr Äquivalent bildet. Das Quantum allgemeiner Arbeitszeit. dessen Darstellung die Elle Leinwand ist,
ist gleichzeitig in unendlich verschiedenen Volumen von Gebrauchswerten aller andern Waren realisiert. In der Proportion, worin der Gebrauchswert jeder andern Ware gleich große Arbeitszeit darstellt, bildet er ein Äquivalent für die Elle Leinwand. Der Tauschwert dieser einzelnen Ware drückt sich daher nur erschöpfend aus in den unendlich vielen Gleichungen, worin die Gebrauchswerte aller andern Waren ihr Äquivalent bilden. Nur in der Summe dieser Gleichungen oder in der Gesamtheit der verschiedenen Proportionen, worin eine Ware mit jeder andern Ware austauschbar ist, ist sie erschöpfend ausgedrückt als allgemeines Äquivalent. Z.B. die Reihe der Gleichungen
1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
1 Eile Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot,
1 Elle Leinwand = 6 Ellen Kattun,
kann dargestellt werden als
1 Elle Leinwand = 1/8 Pfund Tee + 1/2 Pfund Kaffee + 2 Pfund Brot + 11/2 Ellen Kattun.
Wenn wir daher die ganze Summe von Gleichungen vor uns hätten, worin sich der Wert einer Elle Leinwand erschöpfend ausdrückt, könnten wir ihren Tauschwert darstellen in der Form einer Reihe. In der Tat ist diese Reihe unendlich, da der Umkreis der Waren nie definitiv abgeschlossen ist, sondern sich stets ausdehnt. Indem aber so die eine Ware ihren Tauschwert mißt in den Gebrauchswerten aller andern Waren, messen sich umgekehrt die Tauschwerte aller andern Waren in dem Gebrauchswert dieser einen sich in ihnen messenden Ware.(11)Wenn der Tauschwert 1 Elle Leinwand sich ausdrückt in 1/2 Pfund Tee oder 2 Pfund Kaffee oder 6 Ellen Kattun oder 8 Pfund Brot usw., so folgt, daß Kaffee, Tee, Kattun, Brot usw. in dem Verhältnis, worin sie einem dritten, der Leinwand, gleich sind, untereinander gleich sind, also Leinwand als gemeinschaftliches Maß ihrer Tauschwerte dient. Jede Ware als vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit, d.h. bestimmtes Quantum allgemeiner Arbeitszeit, drückt ihren Tauschwert der Reihe nach aus in bestimmten Quantitäten der Gebrauchswerte aller andern Waren, und die Tauschwerte aller andern Waren messen sich umgekehrt in dem Gebrauchswert dieser einen ausschließlichen Ware. Als Tauschwert aber ist jede Ware
sowohl die eine ausschließliche Ware, die als gemeinsames Maß der Tauschwerte aller andern Waren dient, wie sie andrerseits nur eine der vielen Waren ist, in deren Gesamtumkreis jede andre Ware ihren Tauschwert unmittelbar darstellt.
Die Wertgröße einer Ware wird nicht davon berührt, ob wenig oder viel Waren anderer Art außer ihr existieren. Ob aber die Reibe der Gleichungen, worin ihr Tauschwert sich realisiert, größer oder kleiner ist, hängt ab von der größern oder kleinern Mannigfaltigkeit von andern Waren. Die Reihe von Gleichungen, worin sich z.B. der Wert des Kaffees darstellt, drückt die Sphäre seiner Austauschbarkeit aus, die Grenzen, worin er als Tauschwert funktioniert. Dem Tauschwert einer Ware als Vergegenständlichung der all gemeinen gesellschaftlichen Arbeitszeit entspricht der Ausdruck ihrer Äquivalenz in unendlich verschiedenen Gebrauchswerten,
Wir haben gesehen, daß der Tauschwert einer Ware wechselt mit der Quantität der unmittelbar in ihr selbst enthaltenen Arbeitszeit. Ihr realisierter, d.h. in den Gebrauchswerten anderer Waren ausgedrückter Tauschwert muß ebenso abhängen von dem Verhältnis, worin die auf die Produktion aller andern Waren verwandte Arbeitszeit wechselt. Bliebe z.B. die zur Produktion eines Scheffels Weizen erforderliche Arbeitszeit dieselbe, während die zur Produktion aller andern Waren erheischte Arbeitszeit sich verdoppelte, so wäre der Tauschwert des Scheffels Weizen, ausgedrückt in seinen Äquivalenten, um die Hälfte gesunken. Das Resultat wäre praktisch dasselbe, als ob die zur Herstellung des Scheffels Weizen erforderliche Arbeitszeit um die Hälfte gefallen und die zur Herstellung aller andern Waren erforderliche Arbeitszeit unverändert geblieben wäre. Der Wert der Waren ist bestimmt durch die Proportion, worin sie in derselben Arbeitszeit produziert werden können. Um zu sehen, welchen möglichen Wechseln diese Proportion ausgesetzt ist, unterstellen wir zwei Waren A und B. Erstens: Die zur Produktion von B erforderte Arbeitszeit bleibe unverändert. In diesem Falle fällt oder steigt der Tauschwert von A, in B ausgedrückt, direkt wie die zur Produktion von A erheischte Arbeitszeit fällt oder steigt. Zweitens: Die zur Produktion von A erforderliche Arbeitszeit bleibe unverändert. Der Tauschwert von A in B ausgedrückt, fällt oder steigt in umgekehrtem Verhältnisse, wie die zur Produktion von B erheischte Arbeitszeit fällt oder steigt. Drittens: Die zur Produktion von A und B erheischte Arbeitszeit falle oder steige in gleicher Proportion. Der Ausdruck der Äquivalenz von A in B bleibt dann unverändert. Nähme durch irgendeinen Umstand die Produktivkraft aller Arbeiten in demselben Maße ab, so daß alle Waren in gleicher Proportion mehr Arbeitszeit zu ihrer Produktion erheischten, so wäre der Wert aller Waren gestiegen, der
reale Ausdruck ihres Tauschwerts wäre unverändert geblieben, und der wirkliche Reichtum der Gesellschaft hätte abgenommen, da sie mehr Arbeitszeit brauchte, um dieselbe Masse von Gebrauchswerten zu schaffen. Viertens: Die zur Produktion von A und B erforderte Arbeitszeit mag für beide steigen oder fallen, aber in ungleichem Grade, oder die für A erforderte Arbeitszeit mag steigen, während die für B fällt, oder umgekehrt. Alle diese Fälle können einfach darauf reduziert werden, daß die zur Produktion einer Ware erheischte Arbeitszeit unverändert bleibt, während die der andern steigt oder fällt.
Der Tauschwert jeder Ware drückt sich in dem Gebrauchswert jeder andern Ware aus, sei es in ganzen Größen oder in Brüchen dieses Gebrauchswerts. Als Tauschwert ist jede Ware ebenso teilbar wie die Arbeitszeit selbst, die in ihr vergegenständlicht ist. Die Äquivalenz der Waren ist ebenso unabhängig von ihrer physischen Teilbarkeit als Gebrauchswerte, wie die Addition der Tauschwerte der Waren gleichgültig dagegen ist, welchen realen Formwechsel die Gebrauchswerte dieser Waren in ihrer Umschmelzung zu einer neuen Ware durchlaufen.
Bisher wurde die Ware unter doppeltem Gesichtspunkt betrachtet, als Gebrauchswert und als Tauschwert, jedesmal einseitig. Als Ware jedoch ist sie unmittelbar Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert; zugleich ist sie Ware nur in Beziehung auf die anderen Waren. Die wirkliche Beziehung der Waren aufeinander ist ihr Austauschprozeß. Es ist dies gesellschaftlicher Prozeß, den die voneinander unabhängigen Individuen eingehen, aber sie gehen ihn nur ein als Warenbesitzer; ihr wechselseitiges Dasein füreinander ist das Dasein ihrer Waren, und so erscheinen sie in der Tat nur als bewußte Träger des Austauschprozesses.
Die Ware ist Gebrauchswert, Weizen, Leinwand, Diamant, Maschine etc., aber als Ware ist sie zugleich nicht Gebrauchswert. Wäre sie Gebrauchswert für ihren Besitzer, d.h. unmittelbar Mittel zur Befriedigung seiner eignen Bedürfnisse, so wäre sie nicht Ware. Für ihn ist sie vielmehr Nicht-Gebrauchswert, nämlich bloß stofflicher Träger des Tauschwerts, oder bloßes Tauschmittel; als aktiver Träger des Tauschwerts wird der Gebrauchswert Tauschmittel. Für ihn ist sie Gebrauchswert nur noch als Tauschwert.(12)Als Gebrauchswert muß sie daher erst werden, zunächst für andere. Da sie nicht Gebrauchswert für ihren eigenen Besitzer, ist sie Gebrauchswert für Besitzer anderer Ware. Wenn nicht, war seine Arbeit nutzlose Arbeit, ihr Resultat also nicht Ware. Andererseits muß sie Gebrauchswert für ihn selbst werden, denn
außer ihr, in den Gebrauchswerten fremder Waren, existieren seine Lebensmittel. Um als Gebrauchswert zu werden, muß die Ware dem besonderen Bedürfnis gegenübertreten, wofür sie Gegenstand der Befriedigung ist. Die Gebrauchswerte der Waren werden also als Gebrauchswerte, indem sie allseitig die Stellen wechseln, aus der Hand, worin sie Tauschmittel, übergehen in die Hand, worin sie Gebrauchsgegenstände. Nur durch diese allseitige Entäußerung der Waren wird die in ihnen enthaltene Arbeit nützliche Arbeit. In dieser prozessierenden Beziehung der Waren aufeinander als Gebrauchswerte erhalten sie keine neue ökonomische Formbestimmtheit. Vielmehr verschwindet die Formbestimmtheit, die sie als Ware charakterisierte. Brot z.B. in dem Übergang aus der Hand des Bäckers in die Hand des Konsumenten ändert nicht sein Dasein als Brot. Umgekehrt, erst der Konsument bezieht sich auf es als Gebrauchswert, als dies bestimmte Nahrungsmittel, während es in der Hand des Bäckers Träger eines ökonomischen Verhältnisses, ein sinnlich übersinnliches Ding war. Der einzige Formwechsel, den die Waren in ihrem Werden als Gebrauchswerte eingehen, ist also die Aufhebung ihres formellen Daseins, worin sie Nicht-Gebrauchswert für ihren Besitzer, Gebrauchswert für ihren Nichtbesitzer waren. Das Werden der Waren als Gebrauchswerte unterstellt ihre allseitige Entäußerung, ihr Eingehen in den Austauschprozeß, aber ihr Dasein für den Austausch ist ihr Dasein als Tauschwerte. Um sich daher als Gebrauchswerte zu verwirklichen, müssen sie sich als Tauschwerte verwirklichen.
Erschien die einzelne Ware unter dem Gesichtspunkt des Gebrauchswertes ursprünglich als selbständiges Ding, so war sie dagegen als Tauschwert von vornherein in Beziehung auf alle andern Waren betrachtet. Diese Beziehung jedoch war nur eine theoretische, gedachte. Betätigt wird sie nur im Austauschprozeß. Andrerseits ist die Ware zwar Tauschwert, sofern ein bestimmtes Quantum Arbeitszeit in ihr aufgearbeitet und sie daher vergegenständlichte Arbeitszeit ist. Aber, wie sie unmittelbar ist, ist sie nur vergegenständlichte individuelle Arbeitszeit von besonderem Inhalt, nicht allgemeine Arbeitszeit. Sie ist daher nicht unmittelbar Tauschwert, sondern muß erst solcher werden. Zunächst kann sie nur Vergegenständlichung der allgemeinen Arbeitszeit sein, soweit sie Arbeitszeit in bestimmter nützlicher Anwendung, also in einem Gebrauchswert darstellt. Dies war die stoffliche Bedingung, unter der allein die in den Waren enthaltene Arbeitszeit als allgemeine, gesellschaftliche vorausgesetzt war. Wenn die Ware daher nur als Gebrauchswert werden kann, indem sie sich als Tauschwert verwirklicht, kann sie sich andrerseits nur als Tauschwert verwirklichen, indem sie sich in ihrer Entäußerung als Gebrauchswert bewährt. Eine Ware kann als Gebrauchswert nur an den
veräußert werden, für den sie Gebrauchswert ist, d.h. Gegenstand besondern Bedürfnisses. Andrerseits wird sie nur veräußert gegen eine andre Ware, oder, wenn wir uns auf die Seite des Besitzers der andern Ware stellen, kann er seine Ware ebenfalls nur veräußern, d.h. verwirklichen, indem er sie in Kontakt mit dem besondern Bedürfnis bringt, dessen Gegenstand sie ist. In der allseitigen Entäußerung der Waren als Gebrauchswerte werden sie daher aufeinander bezogen nach ihrer stofflichen Verschiedenheit als besondre Dinge, die durch ihre spezifischen Eigenschaften besondre Bedürfnisse befriedigen. Aber als solche bloße Gebrauchswerte sind sie gleichgültige Existenzen füreinander und vielmehr beziehungslos. Als Gebrauchswerte können sie nur ausgetauscht werden in Beziehung auf besondre Bedürfnisse. Austauschbar aber sind sie nur als Äquivalente, und Äquivalente sind sie nur als gleiche Quanta vergegenständlichter Arbeitszeit, so daß alle Rücksicht auf ihre natürlichen Eigenschaften als Gebrauchswerte und daher auf das Verhältnis der Waren zu besondern Bedürfnissen ausgelöscht ist. Als Tauschwert betätigt sich eine Ware vielmehr, indem sie als Äquivalent beliebig bestimmtes Quantum jeder andern Ware ersetzt, gleichgültig, ob sie für den Besitzer der andern Ware Gebrauchswert ist oder nicht ist. Aber für den Besitzer der andern Ware wird sie nur Ware, sofern sie Gebrauchswert für ihn ist, und für ihren eignen Besitzer wird sie nur Tauschwert, soweit sie Ware für den andern ist. Dieselbe Beziehung also soll Beziehung der Waren als wesentlich gleicher, nur quantitativ verschiedener Größen, soll ihre Gleichsetzung als Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit und soll gleichzeitig ihre Beziehung als qualitativ verschiedene Dinge, als besondre Gebrauchswerte für besondre Bedürfnisse, kurz, sie als wirkliche Gebrauchswerte unterscheidende Beziehung sein. Aber diese Gleichsetzung und Ungleichsetzung schließen sich wechselseitig aus. So stellt sich nicht nur ein fehlerhafter Zirkel von Problemen dar, indem die Lösung des einen die Lösung des andern voraussetzt, sondern ein Ganzes widersprechender Forderungen, indem die Erfüllung einer Bedingung unmittelbar gebunden ist an die Erfüllung ihres Gegenteils.
Der Austauschprozeß der Waren muß sowohl die Entfaltung wie die Lösung dieser Widersprüche sein, die sich in ihm jedoch nicht in dieser einfachen Weise darstellen können. Wir haben nur zugesehen, wie die Waren selbst wechselseitig aufeinander als Gebrauchswerte bezogen werden, d.h., wie die Waren als Gebrauchswerte innerhalb des Austauschprozesses auftreten Der Tauschwert dagegen, wie wir ihn bisher betrachtet, war bloß da in unsrer Abstraktion oder, wenn man will, in der Abstraktion des einzelnen Warenbesitzers, dem die Ware als Gebrauchswert auf dem Speicher und als
Tauschwert auf dem Gewissen liegt. Die Waren selbst müssen aber innerhalb des Austauschprozesses nicht nur als Gebrauchswerte, sondern als Tauschwerte füreinander da sein, und dies ihr Dasein als ihre eigene Beziehung aufeinander erscheinen. Die Schwierigkeit, an der wir zunächst stockten, war, daß, um sich als Tauschwert, als vergegenständlichte Arbeit darzustellen, die Ware zuvor als Gebrauchswert entäußert, an den Mann gebracht sein muß, während ihre Entäußerung als Gebrauchswert umgekehrt ihr Dasein als Tauschwert voraussetzt. Aber gesetzt, diese Schwierigkeit sei gelöst. Die Ware habe ihren besondern Gebrauchswert abgestreift und durch dessen Entäußerung die stoffliche Bedingung erfüllt, gesellschaftlich nützliche Arbeit zu sein, statt besondre Arbeit des einzelnen für sich selbst. So muß sie dann im Austauschprozeß als Tauschwert, allgemeines Äquivalent, vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit für die andern Waren werden und so nicht mehr die beschränkte Wirkung eines besonderen Gebrauchswerts, sondern die unmittelbare Darstellungsfähigkeit in allen Gebrauchswerten als ihren Äquivalenten erhalten. Jede Ware aber ist die Ware, die so durch Entäußerung ihres besondern Gebrauchswerts als direkte Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit erscheinen muß. Andrerseits aber stehen sich im Austauschprozeß nur besondere Waren gegenüber, in besonderen Gebrauchswerten verkörperte Arbeiten von Privatindividuen. Die allgemeine Arbeitszeit selbst ist eine Abstraktion, die als solche für die Waren nicht existiert.
Betrachten wir die Summe von Gleichungen, worin der Tauschwert einer Ware seinen realen Ausdruck findet, z.B.:
1 Elle Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot usw.,
so besagen diese Gleichungen zwar nur, daß allgemeine, gesellschaftliche Arbeitszeit von gleicher Größe sich in 1 Elle Leinwand, 2 Pfund Kaffee, 1/2 Pfund Tee usw. vergegenständlicht. Aber in der Tat werden die individuellen Arbeiten, die sich in diesen besondern Gebrauchswerten darstellen, nur zu allgemeiner und in dieser Form zu gesellschaftlicher Arbeit, indem sie sich wirklich gegeneinander austauschen im Verhältnis der Zeitdauer der in ihnen enthaltenen Arbeit [im Handexemplar korrigiert; (1859) im Verhältnis ihrer Zeitdauer]. Die gesellschaftliche Arbeitszeit existiert sozusagen nur latent in diesen Waren und offenbart sich erst in ihrem Austauschprozeß. Es wird nicht ausgegangen von der Arbeit der Individuen als gemeinschaftlicher, sondern umgekehrt von besondern Arbeiten von Privatindividuen,
Arbeiten, die sich erst im Austauschprozeß durch Aufhebung ihres ursprünglichen Charakters, als allgemeine gesellschaftliche Arbeit beweisen. Die allgemein gesellschaftliche Arbeit ist daher nicht fertige Voraussetzung, sondern werdendes Resultat. Und so ergibt sich die neue Schwierigkeit, daß die Waren einerseits als vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit in den Austauschprozeß eingehen müssen, andrerseits die Vergegenständlichung der Arbeitszeit der Individuen als allgemeiner selbst nur Produkt des Austauschprozesses ist.
Jede Ware soll durch Entäußerung ihres Gebrauchswerts, also ihrer ursprünglichen Existenz, ihre entsprechende Existenz als Tauschwert erhalten. Die Ware muß daher im Austauschprozeß ihre Existenz verdoppeln. Andrerseits kann ihre zweite Existenz als Tauschwert selbst nur eine andre Ware sein, denn im Austauschprozeß stehen sich nur Waren gegenüber. Wie eine besondere Ware unmittelbar darstellen als vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit, oder, was dasselbe ist, wie der individuellen Arbeitszeit, die in einer besonderen Ware vergegenständlicht ist, unmittelbar den Charakter der Allgemeinheit geben? Der reale Ausdruck des Tauschwerts einer Ware, d.h. jeder Ware als allgemeinen Äquivalents, stellt sich dar in einer unendlichen Summe von Gleichungen wie:
1 Elle Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot,
1 Elle Leinwand = 6 Ellen Kattun,
1 Elle Leinwand = usw.
Diese Darstellung war theoretisch, soweit die Ware als bestimmtes Quantum vergegenständlichter allgemeiner Arbeitszeit nur gedacht war. Das Dasein einer besonderen Ware als allgemeines Äquivalent wird aus bloßer Abstraktion gesellschaftliches Resultat des Austauschprozesses selbst durch einfache Umkehrung der obigen Reihe von Gleichungen. Also z.B.:
2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand,
1/2 Pfund Tee = 1 Elle Leinwand,
8 Pfund Brot = 1 Elle Leinwand,
6 Ellen Kattun = 1 Elle Leinwand,
Indem Kaffee, Tee, Brot, Kattun, kurz alle Waren, die in ihnen selbst enthaltene Arbeitszeit in Leinwand ausdrücken, entfaltet sich der Tauschwert der Leinwand umgekehrt in allen andern Waren als ihren Äquivalenten und wird die in ihr selbst vergegenständlichte Arbeitszeit unmittelbar die all-
gemeine Arbeitszeit, die sich gleichmäßig in verschiedenen Volumen aller andern Waren darstellt. Die Leinwand wird hier allgemeines Äquivalent durch die allseitige Aktion aller andern Waren auf sie. Als Tauschwert wurde jede Ware zum Maß der Werte aller andern Waren. Hier umgekehrt, indem alle Waren ihren Tauschwert in einer besondern Ware messen, wird die ausgeschlossene Ware adäquates Dasein des Tauschwerts, sein Dasein als allgemeines Äquivalent. Dagegen schrumpfen die eine unendliche Reihe oder die unendlich vielen Gleichungen, worin der Tauschwert jeder Ware sich darstellte, in eine einzige Gleichung von nur 2 Gliedern zusammen. 2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand ist jetzt der erschöpfende Ausdruck des Tauschwerts von Kaffee, da er in diesem Ausdruck unmittelbar als Äquivalent für bestimmtes Quantum jeder andern Ware erscheint. Innerhalb des Austauschprozesses sind also jetzt die Waren füreinander da oder erscheinen einander als Tauschwerte in der Form Leinwand. Daß alle Waren als Tauschwerte aufeinander bezogen sind, als nur verschiedene Quanta vergegenständlichter allgemeiner Arbeitszeit, erscheint jetzt so, daß sie als Tauschwerte nur verschiedene Quanta desselben Gegenstandes, der Leinwand, darstellen. Die allgemeine Arbeitszeit stellt sich daher ihrerseits dar als ein besonderes Ding, eine Ware neben und außer allen andern Waren. Zugleich aber ist die Gleichung, worin sich Ware für Ware als Tauschwert darstellt, z.B. 2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand, noch zu verwirklichende Gleichsetzung. Nur durch ihre Veräußerung als Gebrauchswert, die davon abhängt, ob sie sich als Gegenstand eines Bedürfnisses im Austauschprozeß bewährt, verwandelt sie sich wirklich aus ihrem Dasein Kaffee in ihr Dasein Leinwand, nimmt so die Form des allgemeinen Äquivalents an und wird wirklich Tauschwert für alle andern Waren. Umgekehrt dadurch, daß alle Waren durch ihre Entäußerung als Gebrauchswerte sich in Leinwand verwandeln, wird die Leinwand das verwandelte Dasein aller andern Waren und nur als Resultat dieser Verwandlung aller andern Waren in sie unmittelbar Vergegenständlichung der allgemeinen Arbeitszeit, d.h. Produkt der allseitigen Entäußerung, Aufhebung der individuellen Arbeiten. Verdoppeln die Waren so, um als Tauschwerte füreinander zu erscheinen, ihre Existenz, so verdoppelt die als allgemeines Äquivalent ausgeschlossene Ware ihren Gebrauchswert. Außer ihrem besondern Gebrauchswert als besondere Ware erhält sie einen allgemeinen Gebrauchswert. Dieser ihr Gebrauchswert ist selbst Formbestimmtheit, d.h. geht aus der spezifischen Rolle hervor, die sie durch die allseitige Aktion der andern Waren auf sie im Austauschprozeß spielt. Der Gebrauchswert jeder Ware als Gegenstand eines besondern Bedürfnisses hat verschiedenen Wert in verschiedener Hand, z.B. andern Wert in der Hand dessen, der sie ver-
äußert, als in der Hand dessen, der sie aneignet. Die als allgemeines Äquivalent ausgeschlossene Ware ist jetzt Gegenstand eines aus dem Austauschprozeß selbst hervorwachsenden allgemeinen Bedürfnisses und hat für jeden denselben Gebrauchswert, Träger des Tauschwerts zu sein, allgemeines Tauschmittel. So ist in der einen Ware der Widerspruch gelöst, den die Ware als solche einschließt, als besonderer Gebrauchswert zugleich allgemeines Äquivalent und daher Gebrauchswert für jeden, allgemeiner Gebrauchswert zu sein. Während also alle andern Waren jetzt zunächst ihren Tauschwert als ideelle, erst zu realisierende Gleichung mit der ausschließlichen Ware darstellen, erscheint bei dieser ausschließlichen Ware ihr Gebrauchswert, obgleich reell, in dem Prozeß selbst als bloßes Formdasein, das erst durch Verwandlung in wirkliche Gebrauchswerte zu realisieren ist. Ursprünglich stellte sich die Ware dar als Ware überhaupt, allgemeine Arbeitszeit vergegenständlicht in einem besondern Gebrauchswert. Im Austauschprozeß beziehen sich alle Waren auf die ausschließliche Ware als Ware überhaupt, die Ware, Dasein der allgemeinen Arbeitszeit in einem besondern Gebrauchswert. Als besondere Waren verhalten sie sich daher gegensätzlich zu einer besondern Ware als der allgemeinen Ware.(13) Daß also die Warenbesitzer wechselseitig sich auf ihre Arbeiten als allgemeine gesellschaftliche Arbeit beziehen, stellt sich so dar, daß sie sich auf ihre Waren als Tauschwerte beziehen, die wechselseitige Beziehung der Waren aufeinander als Tauschwerte im Austauschprozeß als ihre allseitige Beziehung auf eine besondere Ware als adäquaten Ausdruck ihres Tauschwerts, was umgekehrt wieder erscheint als spezifische Beziehung dieser besondern Ware zu allen andern Waren und darum als bestimmter gleichsam naturwüchsig gesellschaftlicher Charakter eines Dings. Die besondere Ware, die so das adäquate Dasein des Tauschwerts aller Waren darstellt, oder der Tauschwert der Waren als eine besondere, ausschließliche Ware, ist - Geld. Es ist eine Kristallisation des Tauschwerts der Waren, die sie im Austauschprozeß selbst bilden. Während daher die Waren innerhalb des Austauschprozesses als Gebrauchswerte füreinander werden, indem sie alle Formbestimmtheit abstreifen und sich aufeinander in ihrer unmittelbaren stofflichen Gestalt beziehen, müssen sie, um einander als Tauschwerte zu erscheinen, neue Formbestimmtheit annehmen, zur Geldbildung fortgehen. Das Geld ist nicht Symbol, so wenig wie das Dasein eines Gebrauchswerts als Ware Symbol ist. Daß ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis sich als ein außer den Individuen vorhandener Gegenstand und die bestimmten Beziehungen, die sie im Produktionsprozeß ihres
gesellschaftlichen Lebens eingeben, sich als spezifische Eigenschaften eines Dings darstellen, diese Verkehrung und nicht eingebildete, sondern prosaisch reelle Mystifikation charakterisiert alle gesellschaftlichen Formen der Tauschwert setzenden Arbeit. Im Geld erscheint sie nur frappanter als in der Ware.
Die notwendigen physischen Eigenschaften der besondern Ware, worin sich das Geldsein aller Waren kristallisieren soll, soweit sie aus der Natur des Tauschwerts unmittelbar hervorgehen, sind beliebige Teilbarkeit, Gleichförmigkeit der Teile und Unterschiedslosigkeit aller Exemplare dieser Ware. Als Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit muß sie gleichartige Materiatur sein und fähig, bloß quantitative Unterschiede darzustellen. Die andre notwendige Eigenschaft ist Dauerbarkeit ihres Gebrauchswerts, da sie innerhalb des Austauschprozesses ausdauern muß. Die edeln Metalle besitzen diese Eigenschaften in vorzüglichem Grade. Da das Geld nicht Produkt der Reflexion oder der Verabredung ist, sondern instinktartig im Austauschprozeß gebildet wird, haben sehr verschiedene, mehr oder minder unpassende Waren abwechselnd die Funktion des Geldes verrichtet. Die Notwendigkeit, auf einer gewissen Stufe der Entwicklung des Austauschprozesses, die Bestimmungen von Tauschwert und Gebrauchswert polarisch an die Waren zu verteilen, so daß eine Ware z.B. als Tauschmittel figuriert, während die andere als Gebrauchswert veräußert wird, bringt es mit sich, daß überall die Ware oder auch mehrere Waren vom allgemeinsten Gebrauchswert zunächst zufällig die Rolle des Geldes spielen. Wenn nicht Gegenstand eines unmittelbar vorhandenen Bedürfnisses, sichert ihr Dasein als stofflich bedeutendster Bestandteil des Reichtums ihnen einen allgemeinern Charakter als den übrigen Gebrauchswerten.
Der unmittelbare Tauschhandel, die naturwüchsige Form des Austauschprozesses, stellt vielmehr die beginnende Umwandlung der Gebrauchswerte in Waren als die der Waren in Geld dar. Der Tauschwert erhält keine freie Gestalt, sondern ist noch unmittelbar an den Gebrauchswert gebunden. Es zeigt sich dies doppelt. Die Produktion selbst in ihrer ganzen Konstruktion ist gerichtet auf Gebrauchswert, nicht auf Tauschwert, und es ist daher nur durch ihren Überschuß über das Maß, worin sie für die Konsumtion erheischt sind, daß die Gebrauchswerte hier aufhören Gebrauchswerte zu sein und Mittel des Austausches werden, Ware. Andrerseits werden sie Waren selbst nur innerhalb der Grenzen des unmittelbaren Gebrauchswerts, wenn auch polarisch verteilt, so daß die von den Warenbesitzern auszutauschenden Waren für beide Gebrauchswerte sein müssen, aber jede Gebrauchswert für ihren Nichtbesitzer. In der Tat erscheint der Austauschprozeß von Waren
ursprünglich nicht im Schoß der naturwüchsigen Gemeinwesen (14), sondern da, wo sie aufhören, an ihren Grenzen, den wenigen Punkten, wo sie in Kontakt mit andern Gemeinwesen treten. Hier beginnt der Tauschhandel und schlägt von da ins Innere des Gemeinwesens zurück, auf das er zersetzend wirkt. Die besondern Gebrauchswerte, die im Tauschhandel zwischen verschiedenen Gemeinwesen Waren werden, wie Sklave, Vieh, Metalle, bilden daher meist das erste Geld innerhalb der Gemeinwesen selbst. Wir haben gesehen, wie sich der Tauschwert einer Ware in um so höherm Grade als Tauschwert darstellt, je länger die Reihe seiner Äquivalente oder je größer die Sphäre des Austausches für die Ware ist. Die allmähliche Erweiterung des Tauschhandels, Vermehrung der Austausche und Vervielfältigung der in den Tauschhandel kommenden Waren, entwickelt daher die Ware als Tauschwert, drängt zur Geldbildung und wirkt damit auflösend auf den unmittelbaren Tauschhandel. Die Ökonomen pflegen das Geld aus den äußern Schwierigkeiten abzuleiten, worauf der erweiterte Tauschhandel stößt, vergessen aber dabei, daß diese Schwierigkeiten aus der Entwicklung des Tauschwerts und daher der gesellschaftlichen Arbeit als allgemeiner Arbeit entspringen. Z.B.: Die Waren sind als Gebrauchswerte nicht beliebig teilbar, was sie als Tauschwerte sein sollen. Oder die Ware von A mag Gebrauchswert für B sein, während die Ware von B nicht Gebrauchswert für A ist. Oder die Warenbesitzer mögen ihre wechselseitig auszutauschenden unteilbaren Waren in ungleichen Wertproportionen bedürfen. In andern Worten, unter dem Vorwand, den einfachen Tauschhandel zu betrachten, veranschaulichen sich die Ökonomen gewisse Seiten des Widerspruchs, den das Dasein der Ware als unmittelbare Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert einhüllt. Andrerseits halten sie dann konsequent am Tauschhandel als adäquater Form des Austauschprozesses der Waren fest, der nur mit gewissen technischen Unbequemlichkeiten verknüpft sei, wofür Geld ein pfiffig ausgedachtes Auskunftsmittel. Von diesem ganz flachen Standpunkt aus hat ein geistreicher englischer Ökonom daher richtig behauptet, Geld sei ein bloß materielles Instrument, wie ein Schiff oder eine Dampfmaschine, aber nicht die Darstellung eines gesellschaftlichen Produktionsverhältnisses und folglich keine ökonomische Kategorie. Es werde daher nur mißbräuchlich in der poli-
tischen Ökonomie, die in der Tat nichts mit der Technologie gemein hat, abgehandelt.(15)
In der Warenwelt ist eine entwickelte Teilung der Arbeit vorausgesetzt, oder stellt sich vielmehr unmittelbar in der Mannigfaltigkeit der Gebrauchswerte dar, die sich als besondere Waren gegenübertreten und in denen ebenso mannigfaltige Arbeitsweisen stecken. Die Teilung der Arbeit, als Totalität aller besondern produktiven Beschäftigungsweisen, ist die Gesamtgestalt der gesellschaftlichen Arbeit nach ihrer stofflichen Seite, als Gebrauchswerte produzierende Arbeit betrachtet. Als solche aber existiert sie, vom Standpunkt der Waren aus und innerhalb des Austauschprozesses, nur in ihrem Resultat, in der Besonderung der Waren selbst.
Der Austausch der Waren ist der Prozeß, worin der gesellschaftliche Stoffwechsel, d.h. der Austausch der besonderen Produkte der Privatindividuen, zugleich Erzeugung bestimmter gesellschaftlicher Produktionsverhältnisse ist, welche die Individuen in diesem Stoffwechsel eingehen. Die prozessierenden Beziehungen der Waren aufeinander kristallisieren sich als unterschiedene Bestimmungen des allgemeinen Äquivalents, und so ist der Austauschprozeß zugleich Bildungsprozeß des Geldes. Das Ganze dieses Prozesses, der sich als ein Verlauf verschiedener Prozesse darstellt, ist die Zirkulation.
A. Historisches zur Analyse der Ware
Die Analyse der Ware auf Arbeit in Doppelform, des Gebrauchswerts auf reale Arbeit oder zweckmäßig produktive Tätigkeit, des Tauschwerts auf Arbeitszeit oder gleiche gesellschaftliche Arbeit, ist das kritische Endergebnis der mehr als anderthalbhundertjährigen Forschungen der klassischen politischen Ökonomie, die in England mit William Petty, in Frankreich mit Boisguillebert (16) beginnt, in England mit Ricardo, in Frankreich mit Sismondi abschließt.
Petty löst den Gebrauchswert in Arbeit auf, ohne sich über die Naturbedingtheit ihrer schöpferischen Kraft zu täuschen. Die wirkliche Arbeit faßt er sofort in ihrer gesellschaftlichen Gesamtgestalt, als Teilung der Arbeit.(17)
Diese Anschauung von der Quelle des stofflichen Reichtums bleibt nicht, wie etwa bei seinem Zeitgenossen Hobbes, mehr oder minder unfruchtbar, sondern leitet ihn zur politischen Arithmetik, der ersten Form, worin die politische Ökonomie sich als selbständige Wissenschaft abscheidet. Den Tauschwert jedoch nimmt er, wie er im Austauschprozeß der Waren erscheint, als Geld, und das Geld selbst als existierende Ware, als Gold und Silber. In den Vorstellungen des Monetarsystems befangen, erklärt er die besondere Art realer Arbeit, wodurch Gold und Silber erworben wird, für Tauschwert setzende Arbeit. Er meint in der Tat, daß die bürgerliche Arbeit nicht unmittelbaren Gebrauchswert produzieren muß, sondern Ware, einen Gebrauchswert, der fähig ist, durch seine Entäußerung im Austauschprozeß
sich als Gold und Silber darzustellen, d.h. als Geld, d.h. als Tauschwert, d.h. als vergegenständlichte allgemeine Arbeit. Sein Beispiel zeigt indes schlagend, daß die Erkenntnis der Arbeit als Quelle des stofflichen Reichtums keineswegs die Verkennung der bestimmten gesellschaftlichen Form ausschließt, worin die Arbeit Quelle des Tauschwerts ist.
Boisguillebert seinerseits löst, wenn nicht bewußt, so tatsächlich den Tauschwert der Ware in Arbeitszeit auf, indem er den "wahren Wert" (la juste valeur) durch die richtige Proportion bestimmt, worin die Arbeitszeit der Individuen auf die besondern Industriezweige verteilt wird, und die freie Konkurrenz als den gesellschaftlichen Prozeß darstellt, der diese richtige Proportion schaffe. Gleichzeitig aber und im Kontrast zu Petty, kämpft er fanatisch an gegen das Geld, das durch seine Dazwischenkunft das natürliche Gleichgewicht oder die Harmonie des Warenaustausches störe und, ein phantastischer Moloch, allen natürlichen Reichtum zum Opfer verlange. Wenn nun einerseits diese Polemik gegen das Geld mit bestimmten historischen Umständen zusammenhängt, indem Boisguillebert die blindzerstörende Goldgier des Hofes eines Ludwig XIV., seiner Finanzpächter und seines Adels befehdet (18), während Petty in der Goldgier den tatkräftigen Trieb feiert, der ein Volk zur industriellen Entwicklung und zur Eroberung des Weltmarkts stachelt, springt hier jedoch zugleich der tiefere prinzipielle Gegensatz hervor, der sich als beständiger Kontrast zwischen echt englischer und echt französischer (19) Ökonomie wiederholt. Boisguillebert sieht in der Tat nur auf den stofflichen Inhalt des Reichtums, den Gebrauchswert, den Genuß (20), und betrachtet die bürgerliche Form der Arbeit, die Produktion
der Gebrauchswerte als Waren und den Austauschprozeß der Waren als die naturgemäße gesellschaftliche Form, worin die individuelle Arbeit jenen Zweck erreiche. Wo ihm daher der spezifische Charakter des bürgerlichen Reichtums gegenübertritt, wie im Geld, glaubt er an Zwischendrängen usurpierender fremder Elemente und ereifert sich gegen die bürgerliche Arbeit in der einen Form, während er sie zugleich in der andern Form utopistisch verklärt.(21) Boisguillebert liefert uns den Beweis, daß die Arbeitszeit als Maß der Wertgröße der Waren behandelt werden kann, obgleich die im Tauschwert der Waren vergegenständlichte und durch die Zeit gemessene Arbeit mit der unmittelbaren natürlichen Tätigkeit der Individuen verwechselt wird.
Die erste bewußte, beinahe trivial klare Analyse des Tauschwerts auf Arbeitszeit findet sich bei einem Manne der neuen Welt, wo die bürgerlichen Produktionsverhältnisse gleichzeitig mit ihren Trägern importiert, rasch aufschossen in einem Boden, der seinen Mangel an historischer Tradition durch einen Überfluß von Humus aufwog. Der Mann ist Benjamin Franklin, der in seiner Jugendarbeit, geschrieben 1729, zum Druck befördert 1731, das Grundgesetz der modernen politischen Ökonomie formulierte.(22)Er erklärt es für nötig, ein andres Maß der Werte als die edeln Metalle zu suchen. Dies sei die Arbeit.
"Durch Arbeit kann der Wert von Silber ebensogut gemessen werden wie der aller andern Dinge. Unterstelle z.B., ein Mann sei beschäftigt, Korn zu produzieren, während ein andrer Silber gräbt und raffiniert. Am Ende des Jahres oder nach irgendeiner andern bestimmten Zeitperiode sind das volle Produkt von Korn und das von Silber natürliche Preise voneinander, und wenn das eine 20 Bushel, das andere 20 Unzen ist, dann ist eine Unze Silber wert die zur Produktion eines Bushels Korn verwandte Arbeit. Wenn aber durch die Entdeckung von näheren, leichter zugänglichen ergiebigern Minen ein Mann nun 40 Unzen Silber produzieren kann, so leicht wie früher 20, und dieselbe Arbeit wie früher erforderlich bleibt zur Produktion von 20 Bushel Korn, dann werden 2 Unzen Silber nicht mehr wert sein, als dieselbe Arbeit verwandt zur Produktion von einem Bushel Korn, und der Bushel, welcher früher 1 Unze galt, wird nun 2 gelten, caeteris paribus. So ist der Reichtum eines Landes zu schätzen durch die Arbeitsquantität, die seine Einwohner fähig sind zu kaufen."(23)
Die Arbeitszeit stellt sich sofort bei Franklin ökonomistisch einseitig als Maß der Werte dar. Die Verwandlung der wirklichen Produkte in Tauschwerte versteht sich von selbst, und es handelt sich daher nur um Auffindung eines Maßes für ihre Wertgröße.
"Da", sagt er, "der Handel überhaupt nichts ist als der Austausch von Arbeit gegen Arbeit, wird der Wert aller Dinge am richtigsten geschätzt durch Arbeit."(24)
Setzt man hier wirkliche Arbeit an die Stelle des Worts Arbeit, so entdeckt man sofort die Vermischung von Arbeit in der einen Form, mit Arbeit in der andern Form. Da Handel z.B. im Austausch von Schusterarbeit, Minenarbeit, Spinnarbeit, Malerarbeit usw. besteht, wird der Wert von Stiefeln am richtigsten geschätzt in Malerarbeit? Franklin meinte umgekehrt, daß der Wert von Stiefeln, Minenprodukten, Gespinst, Gemälden usw. bestimmt wird durch abstrakte Arbeit, die keine besondere Qualität besitzt und daher durch bloße Quantität meßbar ist.(25)Da er aber die im Tauschwert enthaltene Arbeit nicht als die abstrakt allgemeine, aus der allseitigen Entäußerung der individuellen Arbeiten entspringende gesellschaftliche Arbeit entwickelt, verkennt er notwendig Geld als die unmittelbare Existenzform dieser entäußerten Arbeit. Geld und Tauschwert setzende Arbeit stehen ihm daher in keinem innern Zusammenhange, sondern Geld ist vielmehr zur technischen Bequemlichkeit in den Austausch äußerlich hereingebrachtes Instrument.(26)Franklins Analyse des Tauschwerts blieb ohne unmittelbaren Einfluß auf den allgemeinen Gang der Wissenschaft, weil er nur vereinzelte Fragen der politischen Ökonomie bei bestimmten praktischen Anlässen behandelte.
Der Gegensatz zwischen wirklicher nützlicher Arbeit und Tauschwert setzender Arbeit bewegte Europa während des 18. Jahrhunderts in der Form des Problems: welche besondere Art wirklicher Arbeit die Quelle des bürgerlichen Reichtums sei? So war vorausgesetzt, daß nicht jede Arbeit, die sich in Gebrauchswerten verwirklicht oder Produkte liefert, deshalb schon unmittelbar Reichtum schafft. Den Physiokraten jedoch, wie ihren Gegnern, ist die brennende Streitfrage nicht sowohl, welche Arbeit den Wert, sondern welche den Mehrwert schaffe. Sie behandeln also das Problem in komplizierter Form, bevor sie es in seiner elementarischen Form gelöst hatten, wie der geschicht-
liche Gang aller Wissenschaften durch eine Masse Kreuz- und Querzüge erst zu ihren wirklichen Ausgangspunkten führt. Im Unterschied von andern Baumeistern zeichnet die Wissenschaft nicht nur Luftschlösser, sondern führt einzelne wohnliche Stockwerke des Gebäudes auf, bevor sie seinen Grundstein legt. Indem wir hier nicht länger bei den Physiokraten verweilen und über eine ganze Reihe italienischer Ökonomen hinweggehen, die in mehr oder minder treffenden Einfällen an die richtige Analyse der Ware anstreifen (27), wenden wir uns sofort zu dem ersten Briten, der das Gesamtsystem der bürgerlichen Ökonomie bearbeitet hat, zu Sir James Steuart.(28)Wie bei ihm die abstrakten Kategorien der politischen Ökonomie noch im Prozeß der Scheidung von ihrem stofflichen Inhalt und daher verfließend und schwankend erscheinen, so die des Tauschwerts. An einer Stelle bestimmt er den realen Wert durch die Arbeitszeit (what a workman can perform in a day [was ein Arbeiter in einem Tag herstellen kann]), woneben aber konfuserweise Salair und Rohmaterial figurieren.(29)An einer andern Stelle tritt das Ringen mit dem stofflichen Inhalt noch schlagender hervor. Er nennt das in einer Ware enthaltene natürliche Material, z.B. Silber in einem silbernen Flechtwerk, ihren inneren Wert (intrinsic worth), während er die in ihr enthaltene Arbeitszeit ihren Gebrauchswert (useful value) nennt.
"Der erste", sagt er, "ist etwas an sich selbst Reales ... der Gebrauchswert dagegen muß geschätzt werden nach der Arbeit, die es gekostet hat, ihn zu produzieren. Die Arbeit verwandt in der Modifikation des Stoffes repräsentiert eine Portion von der Zeit eines Mannes etc."(30)
Was Steuart vor seinen Vorgängern und Nachfolgern auszeichnet, ist die scharfe Unterscheidung zwischen der spezifisch gesellschaftlichen Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, und der realen Arbeit, die Gebrauchswerte erzielt.
"Die Arbeit", sagt er, "die durch ihre Entäußerung (alienation) ein allgemeines Äquivalent schafft (universal equivalent), nenne ich Industrie."
Die Arbeit als Industrie unterscheidet er nicht nur von der realen Arbeit, sondern von andern gesellschaftlichen Formen der Arbeit. Sie ist ihm die bürgerliche Form der Arbeit im Gegensatz zu ihren antiken und mittelalterlichen Formen. Namentlich interessiert ihn der Gegensatz von bürgerlicher und feudaler Arbeit, welche letztere er in der Phase ihres Unterganges sowohl in Schottland selbst, als auch auf seinen ausgebreiteten Reisen auf dem Kontinent beobachtet hatte. Steuart wußte natürlich sehr wohl, daß das Produkt auch in vorbürgerlichen Epochen die Form der Ware und die Ware die Form des Geldes erhält, aber er weist ausführlich nach, daß die Ware als elementarische Grundform des Reichtums und die Entäußerung als die herrschende Form der Aneignung nur der bürgerlichen Produktionsperiode angehören, also der Charakter der Tauschwert setzenden Arbeit spezifisch bürgerlich ist.(31)
Nachdem die besondern Formen der realen Arbeit wie Agrikultur Manufaktur, Schiffahrt, Handel usw. der Reihe nach als wahre Quellen des Reichtums behauptet worden waren, proklamierte Adam Smith die Arbeit überhaupt, und zwar in ihrer gesellschaftlichen Gesamtgestalt, als Teilung der Arbeit, als die einzige Quelle des stofflichen Reichtums oder der Gebrauchswerte. Während er hier das Naturelement gänzlich übersieht, verfolgt es ihn in die Sphäre des nur gesellschaftlichen Reichtums, des Tauschwerts. Adam bestimmt allerdings den Wert der Ware durch die in ihr enthaltene Arbeitszeit, verlegt dann aber wieder die Wirklichkeit dieser Wertbestimmung in die präadamitischen Zeiten. In andern Worten, was ihm wahr erscheint auf dem Standpunkt der einfachen Ware, wird ihm unklar, sobald an ihre Stelle die höhern und kompliziertern Formen von Kapital, Lohnarbeit, Grundrente usw. treten. Dies drückt er so aus, daß der Wert der Waren durch die in ihnen enthaltene Arbeitszeit gemessen wurde in dem paradise lost [verlorenen Paradies] des Bürgertums, wo die Menschen sich noch nicht als Kapitalisten, Lohnarbeiter,
Grundeigentümer, Pächter, Wucherer usw., sondern nur als einfache Warenproduzenten und Warenaustauscher gegenübertraten. Er verwechselt beständig die Bestimmung des Werts der Waren durch die in ihnen enthaltene Arbeitszeit mit der Bestimmung ihrer Werte durch den Wert der Arbeit, schwankt überall in der Detaildurchführung und versieht die objektive Gleichung, die der Gesellschaftsprozeß gewaltsam zwischen den ungleichen Arbeiten vollzieht, für die subjektive [im Handexemplar korrigiert; (1859) mit der subjektiven] Gleichberechtigung der individuellen Arbeiten.(32)Den Übergang aus der wirklichen Arbeit in die Tauschwert setzende Arbeit, d.h. die bürgerliche Arbeit in ihrer Grundform, sucht er durch die Teilung der Arbeit zu bewerkstelligen. So richtig es nun ist, daß Privataustausch Teilung der Arbeit, so falsch ist es, daß Teilung der Arbeit den Privataustausch voraussetzt. Unter den Peruanern z.B. war die Arbeit außerordentlich geteilt, obgleich kein Privataustausch, kein Austausch der Produkte als Waren stattfand.
Im Gegensatz zu Adam Smith arbeitete David Ricardo die Bestimmung des Werts der Ware durch die Arbeitszeit rein heraus und zeigt, daß dies Gesetz auch die ihm scheinbar widersprechendsten bürgerlichen Produktionsverhältnisse beherrscht. Ricardos Untersuchungen beschränken sich ausschließlich auf die Wertgröße, und mit Bezug auf diese ahnt er wenigstens, daß die Verwirklichung des Gesetzes von bestimmten historischen Voraussetzungen abhängt. Er sagt nämlich, daß die Bestimmung der Wertgröße durch die Arbeitszeit nur für die Waren gelte,
"die durch die Industrie beliebig vermehrt werden können und deren Produktion durch uneingeschränkte Konkurrenz beherrscht wird."(33)
Es heißt dies in der Tat nur, daß das Gesetz des Wertes zu seiner völligen Entwicklung die Gesellschaft der großen industriellen Produktion und der freien Konkurrenz, d.h. die moderne bürgerliche Gesellschaft voraussetze. Im übrigen betrachtet Ricardo die bürgerliche Form der Arbeit als die ewige Naturform der gesellschaftlichen Arbeit. Den Urfischer und den Urjäger läßt er sofort als Warenbesitzer Fisch und Wild austauschen, im Verhältnis der in diesen Tauschwerten vergegenständlichten Arbeitszeit. Bei dieser Gelegenheit fällt er in den Anachronismus, daß Urfischer und Urjäger zur Berechnung ihrer Arbeitsinstrumente die 1817 auf der Londoner Börse gangbaren Annuitätentabellen zu Rate ziehen. Die "Parallelogramme des Herrn Owen" scheinen die einzige Gesellschaftsform, die er außer der bürgerlichen kannte. Obgleich umfangen von diesem bürgerlichen Horizont, zerlegt Ricardo die bürgerliche Ökonomie, die in der Tiefe ganz anders aussieht, als sie auf der Oberfläche scheint, mit solch theoretischer Schärfe, daß Lord Brougham von ihm sagen konnte:
"Mr. Ricardo seemed as if he had dropped from an other planet." ["Herr Ricardo erscheint, als wäre er von einem andern Planeten herunter gefallen."]
In direkter Polemik mit Ricardo betonte Sismondi sowohl den spezifisch gesellschaftlichen Charakter der Tauschwert setzenden Arbeit (34), wie er es als "Charakter unseres ökonomischen Fortschritts" bezeichnet, die Wertgröße auf notwendige Arbeitszeit zu reduzieren, auf
"das Verhältnis zwischen dem Bedürfnis der ganzen Gesellschaft und der Quantität Arbeit, die hinreicht, dies Bedürfnis zu befriedigen".(35)
Sismondi ist nicht mehr befangen in Boisguilleberts Vorstellung, daß die Tauschwert setzende Arbeit durch das Geld verfälscht werde, aber wie Boisguillebert das Geld, denunziert er das große industrielle Kapital. Wenn in Ricardo die politische Ökonomie rücksichtslos ihre letzte Konsequenz zieht und damit abschließt, ergänzt Sismondi diesen Abschluß, indem er ihren Zweifel an sich selbst darstellt.
Da Ricardo als Vollender der klassischen politischen Ökonomie die Bestimmung des Tauschwerts durch die Arbeitszeit am reinsten formuliert und entwickelt hat, konzentriert sich auf ihn natürlich die von ökonomischer Seite
erhobene Polemik. Wird dieser Polemik die großenteils läppische (36)Form abgestreift, so faßt sie sich zusammen in folgenden Punkten:
Erstens: Die Arbeit selbst hat Tauschwert und verschiedene Arbeiten haben verschiedenen Tauschwert. Es ist ein fehlerhafter Zirkel, Tauschwert zum Maß von Tauschwert zu machen, da der messende Tauschwert selbst wieder des Maßes bedarf. Dieser Einwand löst sich auf in das Problem: die Arbeitszeit als immanentes Maß des Tauschwerts gegeben, auf dieser Grundlage den Arbeitslohn zu entwickeln. Die Lehre von der Lohnarbeit gibt die Antwort.
Zweitens: Wenn der Tauschwert eines Produkts gleich ist der in ihm enthaltenen Arbeitszeit, ist der Tauschwert eines Arbeitstages gleich seinem Produkt. Oder der Arbeitslohn muß dem Produkt der Arbeit gleich sein.(37) Nun ist das Gegenteil der Fall. Ergo. Dieser Einwand löst sich auf in das Problem: Wie führt Produktion auf Basis des durch bloße Arbeitszeit bestimmten Tauschwerts zum Resultat, daß der Tauschwert der Arbeit kleiner ist als der Tauschwert ihres Produkts? Dies Problem lösen wir in der Betrachtung des Kapitals.
Drittens: Der Marktpreis der Waren fällt unter oder steigt über ihren Tauschwert mit dem wechselnden Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr. Der Tauschwert der Waren ist daher durch das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr bestimmt und nicht durch die in ihnen enthaltene Arbeitszeit. In der
Tat wird in diesem sonderbaren Schlusse nur die Frage aufgeworfen, wie sich auf Grundlage des Tauschwerts ein von ihm verschiedener Marktpreis entwickelt oder richtiger, wie das Gesetz des Tauschwerts nur in seinem eignen Gegenteil sich verwirklicht. Dies Problem wird gelöst in der Lehre von der Konkurrenz.
Viertens: Der letzte Widerspruch und der scheinbar schlagendste, wenn er nicht wie gewöhnlich in der Form wunderlicher Exempel vorgebracht wird: Wenn der Tauschwert nichts ist als die in einer Ware enthaltene Arbeitszeit, wie können Waren, die keine Arbeit enthalten, Tauschwert besitzen, oder in andern Worten, woher der Tauschwert bloßer Naturkräfte? Dies Problem wird gelöst in der Lehre von der Grundrente.
Fußnoten von Karl Marx
(1)Aristoteles, "De Republica", L. I, C. 9 (edit. I. Bekkeri, Oxonii 1837). "Denn zweifach ist der Gebrauch jedes Guts ... Der eine ist dem Ding als solchen eigen, der andre nicht, wie einer Sandale, zur Beschuhung zu dienen und austauschbar zu sein. Beides sind Gebrauchswerte der Sandale, denn auch wer die Sandale mit dem ihm Mangelnden, z.B. der Nahrung austauscht, benutzt die Sandale als Sandale. Aber nicht in ihrer natürlichen Gebrauchsweise. Denn sie ist nicht da des Austausches wegen. Dieselbe Bewandtnis hat es auch um die andern Güter."
(2)Dies ist der Grund, warum deutsche Kompilatoren den unter dem Namen "Gut" fixierten Gebrauchswert con amore [mit Lust] abhandeln. Sieh z.B. L. Stein, "System der Staatswissenschaft", Bd. I. den Abschnitt von den "Gütern". Verständiges über "Güter" muß man suchen in "Anweisungen zur Warenkunde".
(3)"Unskilled labour" nennen es die englischen Ökonomen.
(4)Es ist ein lächerliches Vorurteil, in neuester Zeit verbreitet, daß die Form des naturwüchsigen Gemeineigentums spezifisch slawisch oder gar ausschließlich russische Form sei. Sie ist die Urform, die wir bei Römern, Germanen, Kelten nachweisen können, von der aber eine ganze Musterkarte mit mannigfaltigen Proben sich noch immer, wenn auch zum Teil ruinenweise, bei den Indiern vorfindet. Ein genaueres Studium der asiatischen, speziell der indischen, Gemeineigentumsformen würde nachweisen, wie aus den verschiedenen Formen des naturwüchsigen Gemeineigentums sich verschiedene Formen seiner Auflösung ergeben. So lassen sich z.B. die verschiedenen Originaltypen von römischem und germanischem Privateigentum aus verschiedenen Formen von indischem Gemeineigentum ableiten.
(5)"La ricchezza è una ragione tra due persone." Galiani, "Della Moneta". p. 221. In vol. III von Custodis Sammlung der "Scrittori classici Italiani di Economia Politica. Parte Moderna", Milano 1803.
(6)"In seinem Naturzustand ist der Stoff stets von Wert entblößt." MacCulloch, "Discours sur l'origine de l'économie politique etc.", traduit par Prevost, Genève 1825, p. 57. Man sieht, wie hoch selbst ein MacCulloch über dem Fetischismus deutscher "Denker" steht, die den "Stoff" und noch ein halbes Dutzend anderer Alotria für Elemente des Wertes erklären. Vgl. z.B. L. Stein, l.c. Bd. I, p. 170.
(7)Berkeley, "The Querist", London 1750. "Whether the four elements, and man's labour therein, be not the true source of wealth?"
(8)Th. Cooper, "Lectures on the Elements of Political Economy", London 1831 (Columbia 1826). p. 99.
(9)F. List, der den Unterschied zwischen der Arbeit, sofern sie Nützliches, einen Gebrauchswert, schaffen hilft, und der Arbeit, sofern sie eine bestimmte gesellschaftliche Form des Reichtums, den Tauschwert, schafft, nie begreifen konnte, wie Begreifen überhaupt seinem interessiert praktischen Verstand fern lag, erblickte daher in den englischen modernen Ökonomen bloße Plagiarien des Moses von Ägypten.
(10)Man begreift, welchen " Dienst" die Kategorie "Dienst" (service) einer Sorte Ökonomen wie J.-B. Say und F. Bastiat leisten muß, deren räsonierende Klugheit, wie schon Malthus richtig bemerkte, überall von der spezifischen Formbestimmtheit der ökonomischen Verhältnisse abstrahiert.
(11)"Es ist auch eine Eigentümlichkeit der Maße, ein solches Verhältnis mit dem gemessenen Ding zu haben, daß in gewisser Art das Gemessene das Maß des Messenden wird." Montanari, "Della Moneta", p. 41 in. Custodis Sammlung, vol. III., Parte Antica.
(12)Es ist in dieser Bestimmtheit, daß Aristoteles (siehe die im Eingang des Kapitels zitierte Stelle) den Tauschwert auffaßt.
(13)Derselbe Ausdruck findet sich bei Genovesi. [Note im Handexemplar.]
(14)Aristoteles bemerkt dasselbe von der Privatfamilie als dem ursprünglichen Gemeinwesen. Aber die ursprüngliche Form der Familie ist selbst Stammfamilie, aus deren historischer Analyse sich erst die Privatfamilie entwickelt. "Denn in der ursprünglichen Gemeinschaft (dies aber ist die Familie) bestand offenbar keinerlei Notwendigkeit für diesen (nämlich den Tausch)." (l.c.)
(15)"Geld ist in Wirklichkeit nur das Instrument zur Tätigung von Kauf und Verkauf" (aber was verstehen Sie, bitte, unter Kauf und Verkauf?) "und seine Betrachtung bildet ebensowenig einen Teil der Wissenschaft der politischen Ökonomie wie die Betrachtung von Schiffen oder .Dampfmaschinen, oder irgendeines anderen Instruments, das zur Erleichterung der Produktion und Verteilung des Reichtums angewandt wird. (Th. Hodgskin, "Popular Political Economy etc.", London 1827, pag. 178, 179)
(16)Eine vergleichende Arbeit über die Schriften und Charaktere Pettys und Boisguilleberts, abgesehen von dem Schlaglicht, das sie auf den sozialen Gegensatz Englands und Frankreichs am Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts werfen würde, wäre die genetische Darstellung des nationalen Kontrastes zwischen englischer und französischer politischer Ökonomie. Derselbe Kontrast wiederholt sich abschließend in Ricardo und Sismondi.
(17)Petty hat die Teilung der Arbeit auch als Produktivkraft entwickelt, und zwar in großartigerer Anlage als Adam Smith. Sieh: "An essay concerning the multiplication of mankind etc.", 3. Edition 1686, p. 35/36. Er zeigt hier die Vorteile der Teilung der Arbeit für die Produktion nicht nur an der Fabrikation einer Taschenuhr, wie Adam Smith später an der Fabrikation einer Nadel tat, sondern zugleich durch Betrachtung einer Stadt und eines ganzen Landes unter dem Gesichtspunkt großer Fabrikanstalten. Der "Spectator" vom 26. November 1711 bezieht sich auf diese "illustration of the admirable Sir William Petty" ["Erläuterungen des bewundernswerten Sir William Petty"]. MacCulloch vermutet also fälschlich, daß der "Spectator" Petty mit einem 40 Jahre jüngern Schriftsteller verwechselt. (Sieh: MacCulloch, "The Literature of Political Economy, a classified catelogue", London 1845, p.102.) Petty fühlt sich als Gründer einer neuen Wissenschaft. Seine Methode, sagt er, sei "nicht die herkömmliche". Statt eine Reihe komparativer und superlativer Worte und spekulativer Argumente zusammenzuflechten, habe er es unternommen, in therms of number, weight or measure [in Zahlen, Gewichten oder Maßen] zu sprechen, sich einzig aus sinnlicher Erfahrung abgeleiteter Argumente zu bedienen, und nur solche Ursachen zu betrachten, as have visible foundations in nature [die sichtbare Grundlagen in der Natur haben]. Der Betrachtung anderer überlasse er die Ursachen, die abhängen von den mutable minds, opinions, appetites and passions of particular men [veränderlichen Ansichten, Meinungen, Neigungen und Leidenschaften einzelner Menschen]. ("Political Arithmetic etc.", London 1699, Preface.) Seine geniale Kühnheit zeigt sich z.B. in dem Vorschlag, alle Einwohner und Mobilien Irlands und Hochschottlends nach dem Rest von Großbritannien zu transportieren. Damit würde Arbeitszeit gespart, die Produktivkraft der Arbeit vermehrt, und "der König und seine Untertanen reicher und stärker werden". ("Political Arithmetic", Ch. 4, [p. 325].) Oder in dem Kapitel seiner politischen Arithmetik, worin er zu einer Zeit, wo Holland eine stets noch vorwiegende Rolle als Handelsnation spielte und Frankreich herrschende Handelsmacht zu werden schien, Englands Beruf zur Eroberung des Weltmarkts beweist: "That the king of England's subjects have stock competent and convenient to drive trade of the whole commercial world" ["Daß die Untertanen des Königs von England entsprechendes und ausreichendes Kapital haben um das Geschäft der ganzen kommerziellen Welt zu betreiben"] (l.c. Ch. 10, [p. 272]). "That the impediments of England's greatness are but contingent and removeable." ["Daß die Hindernisse für Englands Größe nur zufällige sind und sich beseitigen lassen."] (p. 247 seq.) Ein origineller Humor durchströmt alle seine Schriften. So zeigt er z.B. nach, daß es mit natürlichen Dingen zugegangen sei, als Holland, damals ganz so das Musterland für englische Ökonomen, wie England es jetzt für kontinentale Ökonomen ist, den Weltmarkt eroberte "without such angelical wits and judgments, as some attribute to the Hollanders" ["ohne solche himmlischen Witz und Verstand, wie ihn manche den Holländern zuschreiben"] (l.c. p.175, 176). Er verteidigt die Gewissensfreiheit als Bedingung des Handels, "weil die Armen fleißig seien und Arbeit und Industrie als Pflicht gegen Gott betrachten, solange man ihnen nur erlaube zu denken, daß sie, die weniger Reichtum haben, mehr Witz und Verstand in göttlichen Dingen hätten, welches sie als spezielles Eigentum der Armen betrachten". Der Handel sei daher "nicht fixiert an irgendeine Art Religion, aber eher stets an den heterodoxen Teil des Ganzen" (l.c. p. 183-186). Er bevorwortet eigne öffentliche Abgaben für Spitzbuben, weil es besser für das Publikum sei, sich selbst für die Spitzbuben zu besteuern, als sich von ihnen besteuern zu lassen (l.c. p. 99). Dagegen verwirft er die Steuern, die Reichtum von industrieller Hand übertragen auf solche, die "nichts tun als essen, trinken, singen, spielen, tanzen und Metaphysik betreiben" [l.c. p. 198]. Pettys Schritten sind beinahe buchhändlerische Raritäten und nur in alten schlechten Ausgaben zerstreut vorhanden, was um so wunderlicher, als William Petty nicht nur der Vater der englischen Nationalökonomie, sondern zugleich der Vorfahre von Henry Petty alias Marquis of Lansdowne, dem Nestor der englischen Whigs. Die Familie Lansdowne könnte indes kaum eine Gesamtausgabe von Pettys Werken veranstalten, ohne sie mit seiner Lebensgeschichte einzuleiten, und hier gilt, was von den meisten origines [Anfängen] der großen Whigfamilien, the less said of them the better [je weniger man davon spricht, desto besser]. Der denkkühne, aber grundfrivole Armeechirurgus, der ebenso geneigt war, unter Cromwells Ägide in Irland zu plündern, als von Karl II. den nötigen Baronettitel für den Plunder zu erkriechen, ist ein Ahnenbild kaum passend zu öffentlicher Schaustellung. Überdem sucht Petty in den meisten Schriften, die er bei Lebzeiten herausgab, zu beweisen, daß Englands Blütezeit unter Karl II. fällt, eine heterodoxe Ansicht dies für erbliche Exploiteurs der "glorious revolution".
(18)Im Gegensatz zur schwarzen Finanzkunst der damaligen Zeit sagt Boisguillebert: "Die Finanzkunst ist nichts als die vertiefte Kenntnis der Interessen der Landwirtschaft und des Handels." ("Le détail de la France" 1697. Ausgabe von Eugène Daire der "Economistes financiers du XVIII. siècle". Paris 1843, vol. I, p. 241.)
(19)Nicht romanischer Ökonomie, denn die Italiener in den beiden Schulen, der neapolitanischen und der mailändischen, wiederholen den Gegensatz von englischer und französischer Ökonomie, während die Spanier der früheren Epoche entweder bloß Merkantilisten sind, und modifizierte Merkantilisten wie Ustáriz, oder wie Jovellanos (sieh seine "Obras", Barcelona 1839/40) mit Adam Smith die "richtige Mitte" halten.
(20)"Der wahre Reichtum ... ist der vollkommene Genuß nicht nur der Lebensbedürfnisse, sondern auch des Überflusses und all dessen, was den Sinnen Freude bereiten kann." (Boisguillebert, "Dissertation sur la nature de la richesse etc.", l.c. p. 403.) Während aber Petty ein frivoler plünderungslustiger und charakterloser Abenteurer war, trat Boisguillebert, obgleich einer der Intendanten Ludwig XIV., mit ebensoviel Geist als Kühnheit für die unterdrückten Klassen auf.
(21)Der französische Sozialismus in der Form Proudhon leidet an demselben nationalen Erbübel.
(22)Franklin, B., "The Works of etc." edit. by J. Sparks, vol II, Boston 1836: "A modest inquiry into the nature and necessity of a paper currency."
(23)l.c. p. 265. "Thus the riches of a country are to be valued by the quantity of labour its inhabitants are able to purchase".
(24)"Trade in general being nothing else but the exchange of labour for labour, the value of all things is, as I have said before, most justly measured by labour" (l.c. p.267).
(25)l.c., "Remarks and facts relative to the American Paper money", 1764.
(26)Sieh "Papers on American Politics"; "Remarks and facts relative to the American Paper money", 1764 (l.c.).
(27)Sieh z.B. Galiani, "Della Moneta", vol. III, in den "Scrittori classici Italiani di Economia Politica". (Herausgegeben von Custodi.) Parte Moderna, Milano 1803. "Die Mühe" (fatica), sagt er, "ist das einzige, das dem Ding Wert gibt." p. 74. Die Bezeichnung der Arbeit als fatica ist charakteristisch für den Südländer.
(28)Steuarts Werk "An Inquiry into the principles of political oeconomy, being an essay on the science of domestic policy in free nations" erschien zuerst 1767 in zwei Quartbänden zu London, zehn Jahre vor Adam Smiths "Wealth of Nations". Ich zitiere nach der Dubliner Ausgabe von 1770.
(29)Steuart, l.c. t. I, p. 181-183.
(30)Steuart, l.c. t. I, p.361/362: "represents a portion of a man's time".
(31)Die patriarchalische, unmittelbar auf Schöpfung von Gebrauchswerten für den Besitzer des Landes gerichtete Agrikultur erklärt er daher für einen "Mißbrauch", zwar nicht in Sparta oder Rom oder selbst in Athen, wohl aber in den industriellen Ländern des 18. Jahrhunderts. Diese "abusive agriculture" ["mißbrauchte Landwirtschaft"] sei kein "trade" ["Geschäft"], sondern "bloßes Subsistenzmittel". Wie die bürgerliche Agrikultur das Land von überflüssigen Mäulern, säubere die bürgerliche Manufaktur die Fabrik von überflüssigen Händen.
(32)So z.B. sagt Adam Smith: "Gleiche Quantitäten der Arbeit müssen zu allen Zeiten und an allen Orten für den, welcher arbeitet, einen gleichen Wert haben. In seinem normalen Zustand von Gesundheit, Kraft und Tätigkeit, und mit dem Durchschnittsgrad von Geschicklichkeit, die er besitzen mag, muß er immer die nämliche Portion seiner Ruhe, Freiheit und seines Glücks geben. Welches also immer die Quantität von Waren sei, die er als Belohnung seiner Arbeit erhält, der Preis, den er zahlt, ist immer derselbe. Dieser Preis kann zwar bald eine kleinere, bald eine größere Quantität dieser Waren kaufen, aber bloß, weil ihr Wert wechselt, nicht der Wert der Arbeit, der sie kauft. Die Arbeit allein wechselt also nie ihren eigenen Wert. Sie ist also der Realpreis der Waren etc." ["Wealth of Nations", b. I, ch. 5.]
(33)Ricardo, David, "On the principles of political economy and taxation", 3. Edition, London 1821, p. 3.
(34)Sismondi, "Etudes sur l'économie politique", tom II, Bruxelles 1838. "Es ist der Gegensatz zwischen dem Gebrauchswert und dem Tauschwert, worauf der Handel die ganze Sache zurückgeführt hat." p. 162.
(35)Sismondi, l.c. p. 163-166 seq.
(36)Am läppischsten wohl in den Annotationen von J.-B. Say zur französischen Übersetzung Ricardos von Constancio und am pedantisch anmaßlichsten in der neulich erschienenen "Theory of Exchanges", London 1858 des Herrn Macleod.
(37)Dieser von bürgerlich-ökonomischer Seite gegen Ricardo beigebrachte Einwand ward später von sozialistischer Seite aufgegriffen. Die theoretische Richtigkeit der Formel vorausgesetzt, wurde die Praxis des Widerspruchs gegen die Theorie bezichtigt und die bürgerliche Gesellschaft angegangen, praktisch die vermeinte Konsequenz ihres theoretischen Prinzips zu ziehen. In dieser Weise wenigstens kehrten englische Sozialisten die Ricardosche Formel des Tauschwerts gegen die politische Ökonomie. Herrn Proudhon blieb es vorbehalten, nicht nur das Grundprinzip der alten als Prinzip einer neuen Gesellschaft, sondern zugleich sich als den Erfinder der Formel zu verkünden, worin Ricardo das Gesamtergebnis der klassischen englischen Ökonomie zusammengefaßt hat. Es ist bewiesen worden, daß selbst die utopistische Auslegung der Ricardoschen Formel in England bereits verschollen war, als Herr Proudhon sie jenseits des Kanals "entdeckte". (Vgl. meine Schrift: "Misère de la philosophie etc.", Paris 1847, den Paragraph über la valeur constituée).
Datum der letzten Änderung : Jena, den : 27.10. 2014