35. Kapitel. Edelmetall und Wechselkurs | Inhalt | 37. Kapitel. Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente. Einleitendes

SECHSUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Vorkapitalistisches

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Das zinstragende Kapital, oder wie wir es in seiner altertümlichen Form bezeichnen können, das Wucherkapital, gehört mit seinem Zwillingsbruder, dem kaufmännischen Kapital, zu den antediluvianischen Formen des Kapitals, die der kapitalistischen Produktionsweise lange vorhergehn und sich in den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen vorfinden.

Die Existenz des Wucherkapitals erfordert nichts, als daß wenigstens ein Teil der Produkte sich in Waren verwandelt und zugleich mit dem Warenhandel das Geld sich in seinen verschiednen Funktionen entwickelt hat.

Die Entwicklung des Wucherkapitals schließt sich an die des Kaufmannskapitals und speziell an die des Geldhandlungskapitals. Im alten Rom, von den letzten Zeiten der Republik an, wo die Manufaktur tief unter der antiken Durchschnittsentwicklung stand, war Kaufmannskapital, Geldhandlungskapital und Wucherkapital - innerhalb der antiken Form - auf den höchsten Punkt entwickelt.

Man hat gesehn, wie sich mit dem Geld notwendig die Schatzbildnerei einfindet. Der professionelle Schatzbildner wird jedoch erst wichtig, sobald er sich in den Wucherer verwandelt.

Der Kaufmann borgt Geld, um Profit mit dem Geld zu machen, um es als Kapital anzuwenden, d.h. zu verausgaben. Auch in den frühern Formen steht ihm also der Geldverleiher ganz so gegenüber wie dem modernen Kapitalisten. Dies spezifische Verhältnis wurde auch von den katholischen Universitäten gefühlt.

"Die Universitäten von Alcalá, von Salamanca, von Ingolstadt, von Freiburg im Breisgau. Mainz, Köln und Trier erkannten nacheinander die Rechtmäßigkeit der Zinsen für Handelsanleihen an. Die ersten fünf dieser Approbationen sind niedergelegt worden in den Archiven des Konsulats der Stadt Lyon und gedruckt im Anhang des Traité de l'usure et des intérêts, Lyon, Bruyset-Ponthus." (M. Augier. "Le Crédit public etc.", Paris 1842, p. 206.)

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In allen Formen, worin die Sklavenwirtschaft (nicht patriarchalisch, sondern wie in den spätern griechischen und römischen Zeiten) als Mittel der Bereicherung besteht, wo Geld also Mittel ist, durch Ankauf von Sklaven, Land etc., fremde Arbeit anzueignen, wird das Geld, eben weil es so angelegt werden kann, als Kapital verwertbar, zinstragend,

Die charakteristischen Formen jedoch, worin das Wucherkapital in den Vorzeiten der kapitalistischen Produktionsweise existiert, sind zweierlei. Ich sage charakteristische Formen. Dieselben Formen wiederholen sich auf Basis der kapitalistischen Produktion, aber als bloß untergeordnete Formen. Sie sind hier nicht mehr die Formen, die den Charakter des zinstragenden Kapitals bestimmen. Diese beiden Formen sind: erstens, der Wucher durch Geldverleihen an verschwenderische Große, wesentlich Grundeigentümer; zweitens, Wucher durch Geldverleihen an den kleinen, im Besitz seiner eignen Arbeitsbedingungen befindlichen Produzenten, worin der Handwerker eingeschlossen ist, aber ganz spezifisch der Bauer, da überhaupt in vorkapitalistischen Zuständen, soweit sie kleine selbständige Einzelproduzenten zulassen, die Bauernklasse deren große Majorität bilden muß.

Beides, sowohl der Ruin der reichen Grundeigentümer durch den Wucher, wie die Aussaugung der kleinen Produzenten führt zur Bildung und Konzentration großer Geldkapitalien. Wieweit aber dieser Prozeß die alte Produktionsweise aufhebt, wie dies im modernen Europa der Fall war, und ob er an ihrer Stelle die kapitalistische Produktionsweise setzt, hängt ganz von der historischen Entwicklungsstufe und den damit gegebnen Umständen ab.

Das Wucherkapital als charakteristische Form des zinstragenden Kapitals entspricht dem Vorherrschen der kleinen Produktion, der selbstarbeitenden Bauern und kleinen Handwerksmeister. Wo dem Arbeiter, wie in der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise, die Arbeitsbedingungen und das Produkt der Arbeit als Kapital gegenübertreten, hat er als Produzent kein Geld zu borgen. Wo er es borgt, geschieht es wie im Pfandhaus für persönliche Notdurft. Wo der Arbeiter dagegen Eigentümer, wirklicher oder nomineller, seiner Arbeitsbedingungen und seines Produkts ist, steht er als Produzent im Verhältnis zum Kapital des Geldverleihers, das ihm als Wucherkapital gegenübertritt. Newman drückt die Sache fad aus, wenn er sagt, daß der Bankier angesehn ist, während der Wucherer verhaßt und verachtet ist, weil jener den Reichen leiht, dieser den Armen. (F. W. Newman, "Lectures on Pol. Econ.", London 1851, p. 44.) Er übersieht, daß hier der Unterschied zweier gesellschaftlicher Produktionsweisen und der ihnen entsprechenden gesellschaftlichen Ordnungen dazwischenliegt und die Sache

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nicht mit dem Gegensatz von arm und reich abgemacht ist. Vielmehr geht der Wucher, der den armen Kleinproduzenten aussaugt, Hand in Hand mit dem Wucher, der den reichen Großgrundbesitzer aussaugt. Sobald der Wucher der römischen Patrizier die römischen Plebejer, die Kleinbauern, völlig ruiniert hatte, hatte diese Form der Ausbeutung ein Ende, und trat die reine Sklavenwirtschaft an die Stelle der kleinbürgerlichen.

Unter der Form des Zinses kann hier vom Wucherer aller Überschuß über die notdürftigsten Subsistenzmittel (den Betrag des spätem Arbeitslohns) der Produzenten verschlungen werden (was später als Profit und Bodenrente erscheint), und es ist daher höchst abgeschmackt, die Höhe dieses Zinses da, wo er, mit Ausnahme dessen, was dem Staat zukommt, allen Mehrwert sich aneignet, zu vergleichen mit der Höhe des modernen Zinsfußes, wo der Zins, wenigstens der normale, nur einen Teil dieses Mehrwerts bildet. Es wird dabei vergessen, daß der Lohnarbeiter dem Kapitalisten, der ihn anwendet, Profit, Zins und Grundrente, kurz den gesamten Mehrwert produziert und abgibt. Carey macht diese abgeschmackte Vergleichung, um damit zu zeigen, wie vorteilhaft für die Arbeiter die Entwicklung des Kapitals und der sie begleitende Fall des Zinsfußes ist. Wenn der Wucherer ferner, nicht zufrieden damit, die Mehrarbeit seines Opfers auszupressen, nach und nach sich die Eigentumstitel auf seine Arbeitsbedingungen selbst, Land, Haus etc., erwirbt und beständig damit beschäftigt ist, ihn so zu expropriieren, so wird demgegenüber wieder vergessen, daß diese vollständige Expropriation des Arbeiters von seinen Arbeitsbedingungen nicht ein Resultat ist, dem die kapitalistische Produktionsweise zustrebt, sondern die fertige Voraussetzung, wovon sie ausgeht. Der Lohnsklave ist ebensogut wie der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon ausgeschlossen, Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produzent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der Tat alle Mehrarbeit der unmittelbaren Produzenten sich aneignet, ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigentum resp. der Besitz der Produzenten an den Arbeitsbedingungen - und die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion - wesentliche Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegenübertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise, lähmt die Produktivkräfte, statt sie zu entwickeln, und verewigt zugleich diese jammervollen Zustände, in denen nicht, wie in der kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivität der Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird.

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Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf den antiken und feudalen Reichtum und auf das antike und feudale Eigentum. Andrerseits untergräbt und ruiniert er die kleinbäuerliche und kleinbürgerliche Produktion, kurz alle Formen, worin der Produzent noch als Eigentümer seiner Produktionsmittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktionsweise ist der Arbeiter nicht Eigentümer der Produktionsbedingungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc. Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Produzenten entspricht hier aber eine wirkliche Umwälzung in der Produktionsweise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in großer Werkstatt vereinigt zu geteilter, ineinandergreifender Tätigkeit; das Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt nicht mehr diese mit dem kleinen Eigentum verbundne Zersplittrung der Produktionsinstrumente, sowenig wie die Isolierung der Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Produzenten scheiden, weil sie bereits geschieden sind.

Der Wucher zentralisiert Geldvermögen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie und zwingt die Reproduktion, unter immer erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Haß gegen den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigentum des Produzenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.

Soweit Sklaverei herrscht oder soweit das Mehrprodukt vom Feudalherrn und seiner Gefolgschaft aufgegessen wird und Sklavenbesitzer oder Feudalherr dem Wucher verfallen, bleibt die Produktionsweise auch dieselbe; nur wird sie härter für die Arbeiter. Der verschuldete Sklavenhalter oder Feudalherr saugt mehr aus, weil er selbst mehr ausgesaugt wird. Oder schließlich macht er dem Wucherer Platz, der selbst Grundeigentümer oder Sklavenbesitzer wird wie der Ritter im alten Rom. An die Stelle der alten Ausbeuter, deren Exploitation mehr oder minder patriarchalisch, weil großenteils politisches Machtmittel war, tritt ein harter, geldsüchtiger Emporkömmling. Aber die Produktionsweise selbst wird nicht verändert.

Revolutionär wirkt der Wucher in allen vorkapitalistischen Produktionsweisen nur, indem er die Eigentumsformen zerstört und auflöst, auf deren fester Basis und beständiger Reproduktion in derselben Form die politische Gliederung ruht. Bei asiatischen Formen kann der Wucher lange fortdauern, ohne etwas andres als ökonomisches Verkommen und politische

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Verdorbenheit hervorzurufen. Erst wo und wann die übrigen Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise vorhanden, erscheint der Wucher als eines der Bildungsmittel der neuen Produktionsweise, durch Ruin der Feudalherrn und der Kleinproduktion einerseits, durch Zentralisation der Arbeitsbedingungen zu Kapital andrerseits.

Im Mittelalter herrschte in keinem Lände ein allgemeiner Zinsfuß. Die Kirche verbot alle Zinsgeschäfte von vornherein. Gesetze und Gerichte sicherten Anleihen nur wenig. Desto höher war der Zinssatz in einzelnen Fällen. Der geringe Geldumlauf, die Notwendigkeit, die meisten Zahlungen bar zu leisten, zwangen zu Geldaufnahmen, und um so mehr, je weniger das Wechselgeschäft noch ausgebildet war. Es herrschte große Verschiedenheit sowohl des Zinsfußes wie der Begriffe vom Wucher. Zu Karls des Großen Zeit galt es für wucherisch, wenn jemand 100% nahm. Zu Lindau am Bodensee nahmen 1344 einheimische Bürger 2162/3%. In Zürich bestimmte der Rat 431/3% als gesetzlichen Zins. In Italien mußten zuweilen 40% gezahlt werden, obgleich vom 12.-14. Jahrhundert der gewöhnliche Satz 20% nicht überschritt. Verona ordnete 121/2% als gesetzlichen Zins an. Kaiser Friedrich II. setzte 10% fest, aber dies bloß für die Juden. Für die Christen mochte er nicht sprechen. 10% war schon im 13. Jahrhundert im rheinischen Deutschland das gewöhnliche. (Hüllmann, Geschichte des Städtewesens, II, p.55-57.)

Das Wucherkapital besitzt die Exploitationsweise des Kapitals ohne seine Produktionsweise. Dies Verhältnis wiederholt sich auch innerhalb der bürgerlichen Ökonomie in zurückgebliebnen Industriezweigen oder solchen, die sich gegen den Übergang in die moderne Produktionsweise sträuben. Will man z.B. den englischen Zinsfuß mit dem indischen vergleichen, so muß man nicht den Zinsfuß der B. v. E. nehmen, sondern den z.B. von Verleihern kleiner Maschinen an Kleinproduzenten der Hausindustrie.

Der Wucher ist gegenüber dem konsumierenden Reichtum historisch wichtig als selbst ein Entstehungsprozeß des Kapitals. Wucherkapital und Kaufmannsvermögen vermitteln die Bildung eines vom Grundeigentum unabhängigen Geldvermögens. Je weniger der Charakter des Produkts als Ware sich entwickelt, je weniger sich der Tauschwert der Produktion in ihrer ganzen Breite und Tiefe bemächtigt hat, desto mehr erscheint Geld als der eigentliche Reichtum als solcher, als der allgemeine Reichtum, gegenüber seiner beschränkten Darstellungsweise in Gebrauchswerten. Darauf beruht die Schatzbildung. Abgesehn vom Geld als Weltgeld und Schatz, ist es namentlich die Form des Zahlungsmittels, worin es als absolute Form der Ware auftritt. Und es ist namentlich seine Funktion als Zahlungsmittel, die

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den Zins und damit das Geldkapital entwickelt. Was der verschwenderische und korrumpierende Reichtum will, ist Geld als Geld, Geld als Mittel, alles zu kaufen. (Auch zum Schuldenzahlen.) Wozu der kleine Produzent vor allem Geld braucht, ist zum Zahlen. (Die Verwandlung der Naturalleistungen und Lieferungen an Grundherrn und Staat in Geldrente und Geldsteuern spielt hier eine große Rolle.) In beiden Fällen wird das Geld als Geld gebraucht. Auf der andren Seite wird die Schatzbildung erst real, erfüllt ihren Traum im Wucher. Was vom Schatzeigner verlangt wird, ist nicht Kapital, sondern Geld als Geld; aber durch den Zins verwandelt er diesen Geldschatz für sich in Kapital - in ein Mittel, wodurch er sich der Mehrarbeit ganz oder teilweise bemächtigt und ebenso eines Teils der Produktionsbedingungen selbst, wenn sie auch nominell als fremdes Eigentum ihm gegenüber stehnbleiben. Der Wucher lebt scheinbar in den Poren der Produktion wie die Götter in den Intermundien bei Epikur. Geld ist um so schwieriger zu haben, je weniger die Warenform die allgemeine Form des Produkts. Der Wucherer kennt daher durchaus keine Schranke außer der Leistungsfähigkeit oder Widerstandsfähigkeit der Geldbedürftigen. Als Kaufmittel wird in der kleinbäuerlichen und kleinbürgerlichen Produktion das Geld hauptsächlich gebraucht, wenn die Produktionsbedingungen dem Arbeiter (der in diesen Produktionsweisen vorwiegend noch ihr Eigentümer) durch Zufälle oder außerordentliche Erschüttrungen verlorengehn oder wenigstens nicht im gewöhnlichen Lauf der Reproduktion ersetzt werden. Lebensmittel und Rohstoffe bilden wesentlichen Teil dieser Produktionsbedingungen. Ihre Verteurung kann ihren Ersatz aus dem Erlös des Produkts unmöglich machen, wie einfache Mißernten den Bauer verhindern können, sein Saatkorn in natura zu ersetzen. Dieselben Kriege, wodurch die römischen Patrizier die Plebejer ruinierten, sie zu Kriegsdiensten zwangen, die sie an der Reproduktion ihrer Arbeitsbedingungen hinderten, sie daher verarmen machten (und Verarmung, Verkümmerung oder Verlust der Reproduktionsbedingungen, ist hier die vorherrschende Form), füllten jenen die Speicher und Keller mit erbeutetem Kupfer, dem damaligen Geld. Statt den Plebejern direkt die benötigten Waren zu geben, Korn, Pferde, Hornvieh, liehen sie ihnen dies für sie selbst nutzlose Kupfer und benutzten diese Lage zur Erpressung enormer Wucherzinsen, wodurch sie die Plebejer zu ihren Schuldsklaven machten. Unter Karl dem Großen wurden die fränkischen Bauern ebenfalls durch Kriege ruiniert, so daß ihnen nichts übrigblieb, als aus Schuldnern Leibeigne zu werden. Im römischen Reich geschah es bekanntlich häufig, daß Hungersnot den Verkauf der Kinder und Selbstverkauf von Freien als Sklaven an die Reicheren herbeiführte. Soviel

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für allgemeine Wendepunkte. Im einzelnen betrachtet, hängt Erhaltung oder Verlust der Produktionsbedingungen für den Kleinproduzenten von tausend Zufällen ab, und jeder solcher Zufall oder Verlust bedeutet Verarmung und wird ein Punkt, wo der Wucherparasit sich ansetzen kann. Dem Kleinbauer braucht bloß eine Kuh zu krepieren, damit er unfähig wird, seine Reproduktion auf der alten Stufenleiter wieder zu beginnen. Damit verfällt er dem Wucher, und einmal verfallen, kommt er nie wieder frei.

Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel ist jedoch das eigentliche, große und eigentümliche Terrain des Wuchers. Jede an bestimmtem Termin fällige Geldleistung, Grundzins, Tribut, Steuer etc., bringt die Notwendigkeit einer Geldzahlung mit sich. Daher setzt sich der Wucher im großen von den alten Römern bis auf die modernen Zeiten an die Steuerpächter, fermiers généraux <Generalpächter>, receveurs généraux <Steuereinnehmer> an. Dann entwickelt sich mit dem Handel und der Verallgemeinerung der Warenproduktion die zeitliche Trennung von Kauf und Zahlung. Das Geld ist an bestimmtem Termin zu liefern. Wie dies zu Umständen führen kann, wo Geldkapitalist und Wucherer noch heute ineinander verschwimmen, beweisen die modernen Geldkrisen. Derselbe Wucher wird aber Hauptmittel, die Notwendigkeit des Geldes als Zahlungsmittel weiter auszubilden, indem er den Produzenten tiefer und tiefer verschuldet und ihm die gewöhnlichen Zahlungsmittel dadurch vernichtet, daß er durch die Zinslast selbst seine regelmäßige Reproduktion unmöglich macht. Hier schießt der Wucher aus dem Geld als Zahlungsmittel empor und erweitert diese Funktion des Geldes, sein eigenstes Terrain.

Die Entwicklung des Kreditwesens vollbringt sich als Reaktion gegen den Wucher. Man muß dies aber nicht mißverstehn und keineswegs im Sinn der antiken Schriftsteller, der Kirchenväter, Luthers oder der älteren Sozialisten nehmen. Es bedeutet nichts mehr und nichts weniger als die Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die Bedingungen und Bedürfnisse der kapitalistischen Produktionsweise.

Im großen und ganzen wird das zinstragende Kapital im modernen Kreditsystem den Bedingungen der kapitalistischen Produktion angepaßt. Der Wucher als solcher existiert nicht nur fort, sondern wird bei Völkern entwickelter kapitalistischer Produktion von den Schranken befreit, die ihm alle ältere Gesetzgebung gezogen hat. Das zinstragende Kapital behält die Form von Wucherkapital gegenüber Personen und Klassen oder in Verhältnissen, wo nicht im Sinn der kapitalistischen Produktionsweise geborgt

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wird und geborgt werden kann; wo aus individueller Not geborgt wird wie im Pfandhaus; wo dem genießenden Reichtum für Verschwendung geborgt wird: oder wo der Produzent nichtkapitalistischer Produzent ist, kleiner Bauer, Handwerker etc., also noch als unmittelbarer Produzent Besitzer seiner eignen Produktionsbedingungen; endlich wo der kapitalistische Produzent selbst auf so kleiner Stufenleiter operiert, daß er sich jenen selbst arbeitenden Produzenten nähert.

Was das zinstragende Kapital, soweit es ein wesentliches Element der kapitalistischen Produktionsweise bildet, vom Wucherkapital unterscheidet, ist in keiner Weise die Natur oder der Charakter dieses Kapitals selbst. Es sind nur die veränderten Bedingungen, unter denen es fungiert, und daher auch die total verwandelte Gestalt des Borgers, der dem Geldverleiher gegenübertritt. Selbst wo ein vermögensloser Mann als Industrieller oder Kaufmann Kredit erhält, geschieht es in dem Vertrauen, daß er als Kapitalist fungieren, unbezahlte Arbeit aneignen wird mit dem geliehenen Kapital. Es wird ihm Kredit gegeben als potentiellem Kapitalisten. Und dieser Umstand, der so sehr bewundert wird von den ökonomischen Apologeten, daß ein Mann ohne Vermögen, aber mit Energie, Solidität, Fähigkeit und Geschäftskenntnis sich in dieser Weise in einen Kapitalisten verwandeln kann - wie denn überhaupt in der kapitalistischen Produktionsweise der Handelswert eines jeden mehr oder weniger richtig abgeschätzt wird -, so sehr er beständig gegenüber den vorhandnen einzelnen Kapitalisten eine unwillkommene Reihe neuer Glücksritter ins Feld führt, befestigt die Herrschaft des Kapitals selbst, erweitert ihre Basis und erlaubt ihr, sich mit stets neuen Kräften aus der gesellschaftlichen Unterlage zu rekrutieren. Ganz wie der Umstand, daß die katholische Kirche im Mittelalter ihre Hierarchie ohne Ansehn von Stand, Geburt, Vermögen aus den besten Köpfen im Volk bildete, ein Hauptbefestigungsmittel der Pfaffenherrschaft und der Unterdrückung der Laien war. Je mehr eine herrschende Klasse fähig ist, die bedeutendsten Männer der beherrschten Klassen in sich aufzunehmen, desto solider und gefährlicher ist ihre Herrschaft.

Statt des Bannfluchs gegen das zinstragende Kapital überhaupt, ist es daher umgekehrt seine ausdrückliche Anerkennung, wovon die Initiatoren des modernen Kreditsystems ausgehn.

Wir sprechen hier nicht von der Reaktion gegen den Wucher, die die Armen vor ihm zu schützen suchte, wie die Monts-de-piété (1350 zu Sarlins in der Franche-Comté, später zu Perugia und Savona in Italien, 1400 und 1479). Sie sind nur merkwürdig, weil sie die geschichtliche Ironie zeigen, womit fromme Wünsche in ihrer Realisation ins grade Gegenteil

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umschlagen. Die englische Arbeiterklasse zahlt nach einer mäßigen Schätzung 100% an die Pfandhäuser, diese Nachkömmlinge der Monts-de-piété.(21) Wir sprechen ebensowenig von den Kreditphantasien z.B. eines Dr. Hugh Chamberleyne oder John Briscoe, die im letzten Dezennium des 17. Jahrhunderts durch eine Landbank mit auf Grundeigentum basiertem Papiergeld die englische Aristokratie vom Wucher zu emanzipieren suchten.(22)

Die Kreditassoziationen, die sich im 12. und 14. Jahrhundert in Venedig und Genua bildeten, entsprangen aus dem Bedürfnis des Seehandels und des auf denselben gegründeten Großhandels, sich von der Herrschaft des altmodischen Wuchers und den Monopolisierern des Geldhandels zu emanzipieren. Wenn die eigentlichen Banken, die in diesen Stadtrepubliken gestiftet wurden, zugleich als Anstalten für den öffentlichen Kredit sich darstellen, von denen der Staat Vorschüsse auf einzunehmende Steuern erhielt, so darf nicht vergessen werden, daß die Kaufleute, die jene Assoziationen bildeten, selbst die ersten Leute jener Staaten und ebenso interessiert waren, ihre Regierung wie sich selbst vom Wucher zu emanzipieren (23) und zugleich sich den Staat dadurch mehr und sicherer zu unterwerfen.

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(21)"Es ist infolge häufiger Versetzungen und Einlösungen im selben Monat und durch Versatz eines Artikels, um einen andern herauszunehmen und dabei eine kleine Gelddifferenz zu erhalten, daß der Pfandhauszins so übermäßig wird. In London sind 240 konzessionierte Pfandverleiher und in der Provinz ungefähr 450. Das angewandte Kapital wird auf ungefähr 1 Mill. geschätzt. Es wird wenigstens dreimal im Jahre umgeschlagen und jedesmal im Durchschnitt für 331/2% so daß die untern Klassen von England 100% jährlich bezahlen für den temporären Vorschuß einer Million, abgesehn von dem Verlust durch verwirkte Auslösungsfrist versetzter Artikel." (J. D. Tuckett, "A History of the Past and Present State of the Labouring Population", London 1846,I, p. 114.)

(22) Selbst in den Titeln ihrer Werke gaben sie als Hauptzweck an "das allgemeine Wohl der Grundbesitzer, die große Steigerung des Wertes von Grundbesitz, die Befreiung des Adels und der gentry etc. von Steuern, die Vermehrung ihres jährlichen Einkommens etc." Nur die Wucherer würden verlieren, diese schlimmsten Feinde der Nation, die dem Adel und der yeomanry <Siehe Band 23, S. 750-752> mehr Schaden getan, als eine Invasionsarmee aus Frankreich hätte tun können.

(23) "Karl II. von England z.B. hatte noch enorme Wucherzinsen und Agios an 'die Goldschmiede'" (die Vorläufer der Bankiers) "zu zahlen, 20-30%. Ein so profitliches Geschäft veranlaßte 'die Goldschmiede', mehr und mehr dem Könige Vorschüsse zu machen, die gesamten Steuereingänge zu antizipieren, jede parlamentarische Geldbewilligung in Pfand zu nehmen, sobald sie gemacht war, auch miteinander zu wetteifern weiter

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Als die Bank von England gestiftet werden sollte, warfen daher auch die Tories ein:

"Banken seien republikanische Institutionen. Blühende Banken existierten zu Venedig, Genua, Amsterdam und Hamburg. Aber wer hätte je gehört von einer Bank von Frankreich oder Spanien."

Die Bank von Amsterdam 1609 bezeichnet ebensowenig wie die von Hamburg (1619) eine Epoche in der Entwicklung des modernen Kreditwesens. Sie war eine reine Depositenbank. Die Bons, die die Bank ausgab, waren in der Tat nur Empfangscheine für das deponierte gemünzte und ungemünzte Edelmetall und zirkulierten nur mit dem Endossement ihrer Empfänger. Aber in Holland hatte sich mit dem Handel und der Manufaktur der kommerzielle Kredit und der Geldhandel entwickelt, und war das zinstragende Kapital durch den Gang der Entwicklung selbst dem industriellen und kommerziellen Kapital untergeordnet worden. Dies zeigte sich schon in der Niedrigkeit des Zinsfußes. Holland aber galt im 17. Jahrhundert für das Musterland der ökonomischen Entwicklung, wie England jetzt. Das Monopol des altmodischen Wuchers, der auf der Armut basierte, war dort von selbst über den Haufen geworfen.

Während des ganzen 18. Jahrhunderts ertönt - und die Gesetzgebung handelt in diesem Sinn - mit Hinweis auf Holland der Schrei nach gewaltsamer Herabsetzung des Zinsfußes, um das zinstragende Kapital dem kommerziellen und industriellen unterzuordnen statt umgekehrt. Der Hauptstimmführer ist Sir Josiah Child, der Vater des normalen englischen Privatbankiertums. Er deklamiert ganz so gegen das Monopol der Wucherer, wie die Massenkonfektionsschneider Moses & Son sich als Bekämpfer des Monopols der "Privatschneider" ausschreien. Dieser Josiah Child ist zugleich der Vater der englischen Stockjobberei. So verteidigt er, der Autokrat der Ostindischen Kompanie, ihr Monopol im Namen der Handelsfreiheit. Gegen Thomas Manley ("Interest of Money mistaken") sagt er:

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im Aufkauf und Pfandnahme von bills <Wechseln>, orders <Zahlungsaufträgen> und tallies <Kerbhölzern>, so daß in Wirklichkeit sämtliche Staatseinnahmen durch ihre Hand gingen." (John Francis, "History of the Bank of England", London 1848, I., p. 30, 31.) "Die Errichtung einer Bank war schon früher manchmal vorgeschlagen. Sie war endlich notwendig geworden." (l.c.p. 38.) "Die Bank war schon nötig allein für die von den Wucherern ausgesaugte Regierung, um Geld zu einem erträglichen Zinsfuß zu erhalten, auf die Sicherheit von parlamentarischen Bewilligungen." (l.c.p. 59, 60.)

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"Als Vorkämpfer der furchtsamen und zitternden Bande der Wucherer errichtet er seine Hauptbatterie an dem Punkt, den ich für den schwächsten erklärt habe ... er leugnet gradezu, daß der niedrige Zinsfuß die Ursache des Reichtums sei, und versichert, er sei nur seine Wirkung." ("Traités sur le Commerce etc.", 1669, Trad. Amsterdam et Berlin, 1754 [p. 120].) "Wenn es der Handel ist, der ein Land bereichert, und wenn die Herabsetzung des Zinses den Handel vermehrt, so ist eine Herabsetzung des Zinses oder Beschränkung des Wuchers ohne Zweifel eine fruchtbare Hauptursache der Reichtümer einer Nation. Es ist durchaus nicht abgeschmackt zu sagen, daß dieselbe Sache zu gleicher Zeit Ursache unter gewissen Umständen und Wirkung unter andern sein kann." (l.c.p. 155.) "Das Ei ist die Ursache der Henne, und die Henne ist die Ursache des Eies. Die Zinsreduktion kann eine Vermehrung des Reichtums, und die Vermehrung des Reichtums kann eine noch größre Zinsreduktion verursachen." (l.c.p. 156.) "Ich bin der Verteidiger der Industrie, und mein Gegner verteidigt die Faulheit und den Müßiggang." (p. 179.)

Diese gewaltsame Bekämpfung des Wuchers, diese Forderung der Unterordnung des zinstragenden unter das industrielle Kapital ist nur der Vorläufer der organischen Schöpfungen, die diese Bedingungen der kapitalistischen Produktion im modernen Bankwesen herstellen, das einerseits das Wucherkapital seines Monopols beraubt, indem es alle totliegenden Geldreserven konzentriert und auf den Geldmarkt wirft, andrerseits das Monopol der edlen Metalle selbst durch Schöpfung des Kreditgelds beschränkt.

Ebenso wie hier bei Child wird man in allen Schriften über Bankwesen in England im letzten Drittel des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts den Gegensatz gegen den Wucher finden, die Forderung der Emanzipation des Handels und der Industrie wie des Staats vom Wucher. Zugleich kolossale Illusionen über die Wunderwirkung des Kredits, der Entmonopolisierung der edlen Metalle, ihren Ersatz durch Papier etc. Der Schotte William Paterson, Stifter der Bank v. E. und der Bank von Schottland, ist durchaus Law der Erste.

Gegen die B. v. E. "erhoben alle Goldschmiede und Pfandverleiher ein Wutgeheul". (Macaulay, "History of England", IV., p. 499.)

"In den ersten 10 Jahren hatte die Bank mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen; große Feindschaft von außen; ihre Noten wurden nur weit unter dem Nominalwert angenommen ... die Goldschmiede" (in deren Händen der Handel mit den edlen Metallen zur Basis eines primitiven Bankgeschäfts diente) "intrigierten bedeutend gegen die Bank, weil durch diese ihr Geschäft vermindert, ihr Diskonto herabgedrückt wurde, und ihre Geschäfte mit der Regierung in die Hände dieser Gegnerin gekommen waren." (J. Francis, l.c.p. 73.)

Schon vor der Stiftung der B. v. E. entstand 1683 der Plan einer National Bank of Credit, deren Zweck u.a. war:

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"daß Geschäftsleute, wenn sie eine beträchtliche Menge Waren besitzen, durch Unterstützung dieser Bank ihre Waren deponieren und auf ihre festliegenden Vorräte einen Kredit aufnehmen, ihre Angestellten beschäftigen und ihr Geschäft vermehren können, bis sie einen guten Markt finden, statt mit Verlust zu verkaufen".

Nach vielen Mühen wurde diese Bank of Credit errichtet in Devonshire House in Bishopsgate Street. Sie lieh an Industrielle und Kaufleute auf Sicherheit deponierter Waren 3/4 des Werts derselben in Wechseln. Um diese Wechsel lauffähig zu machen, wurde in jedem Geschäftszweig eine Anzahl von Leuten zu einer Gesellschaft vereinigt, von der jeder Besitzer solcher Wechsel Waren dagegen mit derselben Leichtigkeit erhalten sollte, als ob er bare Zahlung offerierte. Die Bank machte keine blühenden Geschäfte. Die Maschinerie war zu kompliziert, das Risiko bei Depreziation der Waren zu groß.

Hält man sich an den wirklichen Inhalt jener Schriften, die die Gestaltung des modernen Kreditwesens in England theoretisch begleiten und befördern, so wird man darin nichts finden als die Forderung der Unterordnung des zinstragenden Kapitals, überhaupt der verleihbaren Produktionsmittel, unter die kapitalistische Produktionsweise als eine ihrer Bedingungen. Hält man sich an die bloße Phrase, so wird die Übereinstimmung, bis auf den Ausdruck herab, mit den Bank- und Kreditillusionen der St. Simonisten oft in Erstaunen setzen.

Ganz wie der cultivateur bei den Physiokraten nicht den wirklichen Landbauer, sondern den Großpächter bedeutet, so der travailleur bei St. Simon, und immer noch durchlaufend bei seinen Schülern, nicht den Arbeiter, sondern den industriellen und kommerziellen Kapitalisten.

"Un travailleur a besoin d'aides, dc aeconds, d'ouvriers; il les cherche intelligents, habiles, dévoués; il les met à l'œuvre, et leurs travaux sont productifs." <"Ein Arbeiter braucht Hilfskräfte, Handlanger, Handarbeiter; sie sollen geschickt, geübt und anstellig sein; er weist ihnen Arbeit zu, und was sie tun, ist produktiv."> ([Enfantin,] "Religion Saint-Simonienne. Économie politique et Politique", Paris 1831, p. 104.)

Man muß überhaupt nicht vergessen, daß erst in seiner letzten Schrift:, dem "Nouveau Christianisme", St. Simon direkt als Wortführer der arbeitenden Klasse auftritt und ihre Emanzipation als Endzweck seines Strebens erklärt. Alle seine frühern Schriften sind in der Tat nur Verherrlichung der modernen bürgerlichen Gesellschaft gegen die feudale oder der Industriellen und Bankiers gegen die Marschälle und juristischen Gesetzfabrikanten der Napoleonischen Zeit. Welcher Unterschied, verglichen mit den gleich-

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zeitigen Schriften Owens!(24) Auch bei seinen Nachfolgern, wie schon die zitierte Stelle zeigt, bleibt der industrielle Kapitalist der travailleur par excellence <Arbeiter im wahren und eigentlichen Sinne>. Wenn man ihre Schriften kritisch liest, wird man sich nicht wundern, daß die Realisierung ihrer Kredit- und Bankträume der vom Ex-St.-Simonisten Émile Péreire gegründete Crédit mobilier war, eine Form, die übrigens nur in einem Land wie Frankreich vorherrschend werden konnte, wo weder das Kreditsystem noch die große Industrie zur modernen Höhe entwickelt waren. In England und Amerika war so etwas unmöglich. - In den folgenden Stellen der "Doctrine de St. Simon. Exposition. Première année. 1828/29", 3e ed., Paris 1831, steckt schon der Keim zum Crédit mobilier. Begreiflicherweise kann der Bankier wohlfeiler vorschießen als der Kapitalist und Privatwucherer. Es ist also diesen Bankiers

"möglich, den Industriellen Werkzeuge weit wohlfeiler, d.h. zu niedrigeren Zinsen zu verschaffen, als die Grundeigentümer und Kapitalisten es könnten, die sich leichter in der Auswahl der Borger täuschen können". (p.202.)

Aber die Verfasser fügen selbst in der Note hinzu:

"Der Vorteil, der aus der Vermittlung des Bankiers zwischen den Müßigen und den travailleurs folgen müßte, wird oft aufgewogen und selbst vernichtet durch die Gelegenheit, die unsre desorganisierte Gesellschaft dem Egoismus bietet, sich in den verschiednen Formen des Betrugs und des Charlatanismus geltend zu machen; die Bankiers drängen sich oft zwischen travailleurs und Müßige, um beide zum Schaden der Gesellschaft auszubeuten."

Travailleur <Arbeiter> steht hier für capitaliste industriel <industrieller Kapitalist>. Übrigens ist es falsch, die Mittel, worüber das moderne Bankwesen verfügt, bloß als die

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(24) Bei der Überarbeitung des Manuskripts hätte Marx diese Stelle unbedingt stark modifiziert. Sie ist inspiriert durch die Rolle der Ex-Saint-Simonisten unter dem zweiten Kaiserreich in Frankreich, wo grade, als Marx obiges schrieb, die welterlösenden Kreditphantasien der Schule kraft der geschichtlichen Ironie sich realisierten als Schwindel auf bisher unerhörter Potenz. Später sprach Marx nur mit Bewunderung vom Genie und enzyklopädischen Kopf Saint-Simons. Wenn dieser in seinen frühern Schriften den Gegensatz zwischen der Bourgeoisie und dem in Frankreich eben erst entstehenden Proletariat ignorierte, wenn er den in der Produktion tätigen Teil der Bourgeoisie mit zu den travailleurs rechnete, so entspricht dies der Auffassung Fouriers, der Kapital und Arbeit versöhnen wollte, und erklärt sich aus der ökonomischen und politischen Lage des damaligen Frankreichs. Wenn Owen hier weiter sah, so, weil er in einem andern umgebenden Mittel lebte, inmitten der industriellen Revolution und dem sich bereits akut zuspitzenden Klassengegensatz. - F. E.

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Mittel der Müßigen zu betrachten. Erstens ist es der Teil des Kapitals, den Industrielle und Kaufleute momentan unbeschäftigt in Geldform halten, als Geldreserve oder erst anzulegendes Kapital; also müßiges Kapital, aber nicht Kapital der Müßigen. Zweitens der Teil der Revenuen und Ersparungen aller, der permanent oder transitorisch für Akkumulation bestimmt ist. Und beides ist wesentlich für den Charakter des Banksystems.

Es muß aber nie vergessen werden, daß erstens das Geld - in der Form der edlen Metalle - die Unterlage bleibt, wovon das Kreditwesen der Natur der Sache nach nie loskommen kann. Zweitens, daß das Kreditsystem das Monopol der gesellschaftlichen Produktionsmittel (in der Form von Kapital und Grundeigentum) in den Händen von Privaten zur Voraussetzung hat, daß es selbst einerseits eine immanente Form der kapitalistischen Produktionsweise ist und andrerseits eine treibende Kraft ihrer Entwicklung zu ihrer höchst- und letztmöglichen Form.

Das Banksystem ist, der formellen Organisation und Zentralisation nach, wie schon 1697 in "Some Thoughts of the Interests of England" ausgesprochen, das künstlichste und ausgebildetste Produkt, wozu es die kapitalistische Produktionsweise überhaupt bringt. Daher die ungeheure Macht eines Instituts wie die Bank v. E. auf Handel und Industrie, obgleich deren wirkliche Bewegung ganz außerhalb ihres Bereichs bleibt und sie sich passiv dazu verhält. Es ist damit allerdings die Form einer allgemeinen Buchführung und Verteilung der Produktionsmittel auf gesellschaftlicher Stufenleiter gegeben, aber auch nur die Form. Wir haben gesehn, daß der Durchschnittsprofit des einzelnen Kapitalisten, oder jedes besondren Kapitals, bestimmt ist nicht durch die Mehrarbeit, die dies Kapital in erster Hand aneignet, sondern durch das Quantum von Gesamtmehrarbeit, die das Gesamtkapital aneignet und wovon jedes besondre Kapital nur als proportioneller Teil des Gesamtkapitals seine Dividende zieht. Dieser gesellschaftliche Charakter des Kapitals wird erst vermittelt und vollauf verwirklicht durch volle Entwicklung des Kredit- und Banksystems. Andrerseits geht dies weiter. Es stellt den industriellen und kommerziellen Kapitalisten alles disponible und selbst potentielle, nicht bereits aktiv engagierte Kapital der Gesellschaft zur Verfügung, so daß weder der Verleiher noch der Anwender dieses Kapitals dessen Eigentümer oder Produzenten sind. Es hebt damit den Privatcharakter des Kapitals auf und enthält so an sich, aber auch nur an sich, die Aufhebung des Kapitals selbst. Durch das Bankwesen ist die Verteilung des Kapitals den Händen der Privatkapitalisten und Wucherer als ein besondres Geschäft, als gesellschaftliche Funktion entzogen. Bank und Kredit werden aber dadurch zugleich das kräftigste

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Mittel, die kapitalistische Produktion über ihre eignen Schranken hinauszutreiben, und eins der wirksamsten Vehikel der Krisen und des Schwindels.

Das Banksystem zeigt ferner durch die Substitution verschiedner Formen von zirkulierendem Kredit an Stelle des Geldes, daß das Geld in der Tat nichts andres ist als ein besondrer Ausdruck des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit und ihrer Produkte, der aber als im Gegensatz zu der Basis der Privatproduktion stets in letzter Instanz als ein Ding, als besondre Ware neben andren Waren sich darstellen muß.

Endlich unterliegt es keinem Zweifel, daß das Kreditsystem als ein mächtiger Hebel dienen wird während des Übergangs aus der kapitalistischen Produktionsweise in die Produktionsweise der assoziierten Arbeit; jedoch nur als ein Element im Zusammenhang mit andren großen organischen Umwälzungen der Produktionsweise selbst. Dagegen entspringen die Illusionen über die wunderwirkende Macht des Kredit- und Bankwesens, im sozialistischen Sinn, aus völliger Unkenntnis der kapitalistischen Produktionsweise und des Kreditwesens als einer ihrer Formen. Sobald die Produktionsmittel aufgehört haben, sich in Kapital zu verwandeln (worin auch die Aufhebung des Privatgrundeigentums eingeschlossen ist), hat der Kredit als solcher keinen Sinn mehr, was übrigens selbst die St.-Simonisten eingesehn haben. Solange andrerseits die kapitalistische Produktionsweise fortdauert, dauert das zinstragende Kapital als eine ihrer Formen fort und bildet in der Tat die Basis ihres Kreditsystems. Nur derselbe Sensationsschriftsteller, Proudhon, der die Warenproduktion fortbestehn lassen und das Geld aufheben wollte (25), war fähig, das Ungeheuer eines crédit gratuit zu erträumen, diese vorgebliche Realisation des frommen Wunsches des kleinbürgerlichen Standpunkts.

In der "Religion Saint-Simonienne, Économie et Politique", heißt es p. 45:

"Der Kredit hat zum Zweck, in einer Gesellschaft, wo die einen Werkzeuge der Industrie besitzen, ohne die Fähigkeit oder den Willen zu ihrer Anwendung zu haben, und wo andre industriöse Leute keine Arbeitsinstrumente besitzen, diese Instrumente auf die leichtest mögliche Weise aus den Händen der ersteren, ihrer Besitzer, zu übertragen in die Hände der andern, die sie zu verwenden wissen. Bemerken wir, daß nach dieser Definition der Kredit eine Folge der Art und Weise ist, in der das Eigentum konstituiert ist."

Trenner

(25) Karl Marx, "Misére de la Philosophie", Bruxelles et Paris 1847 <Siehe Band 4, S. 63-182>. - Karl Marx. "Kritik der Polit. Oekonomie", p. 64 <siehe Band 13, S. 68/69>

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Also fällt der Kredit fort mit dieser Konstitution des Eigentums. Es heißt ferner, p. 98: Die jetzigen Banken

"betrachten sich als bestimmt, der Bewegung Folge zu geben, die die außerhalb ihrer bewirkten Geschäfte in Gang gesetzt haben, nicht aber ihnen selbst den Impuls zu geben; in andren Worten, die Banken erfüllen bei den travailleurs, denen sie Kapitalien vorschießen, die Rolle von Kapitalisten".

In dem Gedanken, daß die Banken selbst die Leitung übernehmen und sich auszeichnen sollen

"durch die Zahl und die Nützlichkeit der kommanditierten Etablissements und der in Anregung gebrachten Arbeiten" (p. 101)

liegt der crédit mobilier latent. Ebenso verlangt Constantin Pecqueur, daß die Banken (was die St.-Simonisten Système général des banques <allgemeines Banksystem> nennen) "die Produktion regieren". Überhaupt ist Pecqueur wesentlich St. Simonist, obgleich viel radikaler. Er will, daß

"die Kreditanstalt ... die ganze Bewegung der nationalen Produktion regiere . - "Versucht eine nationale Kreditanstalt zu schaffen, die dem nichtbesitzenden Talent und Verdienst Mittel vorschießt, ohne jedoch diese Borger zwangsmäßig durch eine enge Solidarität in Produktion und Konsumtion unter sich zu verknüpfen, sondern im Gegenteil so, daß sie selbst ihre Austausche und ihre Produktionen bestimmen. Auf diesem Wege werdet ihr nur erreichen, was jetzt schon die Privatbanken erreichen, die Anarchie, das Mißverhältnis zwischen Produktion und Konsumtion, den plötzlichen Ruin der einen und die plötzliche Bereicherung der andren; derart, daß eure Anstalt nie weiter kommen wird, als für die einen eine Summe von Wohlergehn zu produzieren, welche gleichkommt der Summe des von den andren ertragnen Unglücks ... bloß daß ihr den von euch mit Vorschüssen unterstützten Lohnarbeitern die Mittel gegeben habt, sich untereinander dieselbe Konkurrenz zu machen, die sich jetzt ihre kapitalistischen Meister machen." (C. Pecqueur, "Théorie Nouvelle d'Économie Soc. et Pol.", Paris 1842, p. 433, 434.)

Wir haben gesehn, daß das Kaufmannskapital und das zinstragende Kapital die ältesten Formen des Kapitals sind. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß das zinstragende Kapital in der Volksvorstellung sich als die Form des Kapitals par excellence darstellt. Im Kaufmannskapital findet eine vermittelnde Tätigkeit statt, möge sie nun als Prellerei, Arbeit oder wie immer ausgelegt werden. Dagegen stellt sich im zinstragenden Kapital der selbstreproduzierende Charakter des Kapitals, der sich verwertende Wert, die Produktion des Mehrwerts, als okkulte Qualität rein dar. Daher kommt es denn auch, daß selbst ein Teil der politischen Ökonomen, besonders in

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Ländern, wo das industrielle Kapital noch nicht vollständig entwickelt ist, wie in Frankreich, daran als an der Grundform des Kapitals festhalten und z.B. die Grundrente nur als andre Form davon fassen, indem auch hier die Form des Verleihens vorherrscht. Es wird dadurch die innere Gliederung der kapitalistischen Produktionsweise völlig verkannt und ganz übersehn, daß der Boden, ebenso wie das Kapital, nur an Kapitalisten verliehen wird. Statt Geld können natürlich Produktionsmittel in natura, wie Maschinen, Geschäftsgebäude usw., verliehen werden. Sie stellen dann aber eine bestimmte Geldsumme dar, und daß außer dem Zins ein Teil für Verschleiß gezahlt wird, geht aus dem Gebrauchswert, aus der spezifischen Naturalform dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder, ob sie an den unmittelbaren Produzenten verliehen werden, was Nichtexistenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt, wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Voraussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist. Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Daß die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und zwar himmelschreiend, ist klare Tatsache; aber dies geschieht ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen herläuft, die im Produktionsprozeß selbst unmittelbar vor sich geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier ein durchaus gleichgültiger und formeller, der, wie schon gezeigt, nur der völligen Unkenntnis des wirklichen Zusammenhangs als wesentlich erscheint.

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Der Wucher wie der Handel exploitieren eine gegebne Produktionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äußerlich zu ihr. Der Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem ausbeuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je weniger die Produktionselemente als Waren in den Produktionsprozeß eintreten und als Waren aus ihm herauskommen, um so mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt. Je unbedeutender die Rolle ist, die die Zirkulation in der gesellschaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.

Daß das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt, heißt mit Bezug auf das Wucherkapital, daß es alle seine Forderungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produktion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswert beschränkt.

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Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: erstens überhaupt, neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d.h. die Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruinieren, ist er ein mächtiger Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.

Zins im Mittelalter

"Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wuchergesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem ackerbauenden Land jemand selten in die Lage, Geld zu borgen, außer wenn er zu Armut und Elend heruntergekommen ist ... Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10%, Jakob I. auf 8, Karl II. auf 6, Anna auf 5% ... In jenen Zeiten waren die Geldverleiher, wenn nicht rechtliche, so doch tatsächliche Monopolisten, und daher war es nötig, sie wie andre Monopolisten unter Beschränkung zu setzen ... In unsern Zeiten reguliert die Rate des Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulierte die Rate des Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kaufmann eine hohe Zinsrate aufbürdete, mußte der Kaufmann eine höhere Profitrate auf seine Waren schlagen. Daher wurde eine große Summe Geldes aus den Taschen der Käufer genommen, um sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen." (Gilbert, "History and Princ. of Banking", p. 164, 165.)

"Ich lasse mir sagen, dass man jetzt jährlich auf einen jeglichen Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt; etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus? ... Wer nun jetzt zu Leipztig 100 Floren hat, der nimmt järlich 40, das heisst einen Bauer oder einen Bürger in einem Jar gefressen. Hat er 1.000 Floren; so nimmt er järlich 400, das heisst einen Ritter oder reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10.000, so nimmt er järlich 4.000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar gefressen. Hat er 100.000, wie es sein muss bei den grossen Händlern, so nimmt er järlich 40.000; das heisst einen grossen reichen Fürsten in einem Jahr gefressen. Hat er 1.000.000, so nimmt er järlich 400.000, das heisst einen grossen König in einem Jar gefressen. Und leidet darüber kein Fahr, weder an Laib noch an Wahr, Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und brät Aepfel: also möchte ein Stul-Räuber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn Jahren fressen." (Dies ist aus "An die Pfarrherrn wider den Wucher zu predigen" vom Jahre 1540 <1. Auflage: "Bücher vom Kaufhandel und Wucher" vom Jahre 1524>. Luther's Werke, Wittenberg 1589, 6. Theil [S. 312].)

"Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu hoffen wüsste. Sait der Zeit hat er sich

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also erhebt, dass er nie auch kein Laster, Sünde oder Schande mehr sein will, sondern lässt sich rhümen für eitel Tugend und Ehre, als thue er den Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun helfen rahten da Schande ist Ehre und Laster ist Tugend worden." (An die Pfarherrn wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1540.)

"Juden, Lombarden, Wucherer und Blutsauger waren unsre ersten Bankiers, unsre ursprünglichen Bankschacherer, ihr Charakter war fast infam zu nennen ... Dem gesellten sich dann die Londoner Goldschmiede bei. Im ganzen ... waren unsre ursprünglichen Bankiers ... eine sehr schlimme Gesellschaft, sie waren gierige Wucherer, steinherzige Aussauger." <D. Hardcastle, "Banks and Bankers", 2nd ed. London 1843, p. 19, 20.)

"Das von Venedig gegebne Beispiel" (der Bildung einer Bank) "wurde also rasch nachgeahmt; alle Seestädte und überhaupt alle Städte, die sich durch ihre Unabhängigkeit und ihren Handel einen Namen gemacht hatten, gründeten ihre ersten Banken. Die Rückkehr ihrer Schiffe, die oft lange auf sich warten ließ, führte unvermeidlich zur Gewohnheit des Kreditgebens, die die Entdeckung Amerikas und der Handel dorthin in der Folge noch weiter verstärkte." (Dies ein Hauptpunkt.) "Die Schiffsbefrachtungen zwangen zur Aufnahme starker Vorschüsse, was bereits im Altertum in Athen und Griechenland vorgekommen. 1308 besaß die Hansestadt Brügge eine Assekuranzkammer." (M. Augier, l.c.p. 202, 203.)

Wie sehr das Verleihen an die Grundeigentümer und damit überhaupt an den genießenden Reichtum, selbst noch in England vorwog im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts, vor der Entwicklung des modernen Kreditsystems, kann man u.a. ersehn aus Sir Dudley North, nicht nur einem der ersten englischen Kaufleute, sondern auch einem der bedeutendsten theoretischen Ökonomen seiner Zeit:

"Die in unserm Volk auf Zinsen ausgelegten Gelder werden noch lange nicht zum zehnten Teil an Geschäftsleute ausgegeben, um damit ihre Geschäfte zu betreiben; sie werden zum größten Teil ausgeliehen für Luxusartikel und für die Ausgaben von Leuten, die, obwohl große Grundbesitzer, doch rascher Geld ausgeben, als ihr Grundbesitz es einbringt; und da sie den Verkauf ihrer Güter scheuen, sie lieber verhypothekieren." ("Discourses upon Trade", London 1691, p. 6, 7.)

Im 18. Jahrhundert in Polen:

"Warschau machte ein großes Wechselgeschäft, das aber hauptsächlich den Wucher seiner Bankiers zum Grunde und zur Absicht hatte. Um sich Geld zu verschaffen, welches sie den verschwenderischen Großen zu 8 und zu mehr Prozent leihen konnten, suchten und fanden sie außer Landes einen Wechselkredit in Blanco, d.h. der gar keinen Warenhandel zu Grunde hatte, welchen der ausländische Trassat aber so lange geduldig akzeptierte, als noch die durch Wechselreiterei erschaffnen Rimessen nicht ausblieben. Dafür haben diese durch die Bankrotte eines Tepper und andrer groß-

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geachteter Warschauer Bankiers schwer gebüßt." G. G. Büsch, "Theoretisch-praktische Darstellung der Handlung etc.", 3. Auflage, Hamburg 1808, Band II, p. 232,

Nutzen für die Kirche vom Zinsverbot

"Zins zu nehmen hatte die Kirche verboten; aber nicht das Eigentum zu verkaufen, um sich aus der Not zu helfen; ja auch nicht einmal, dasselbe dem Geldleihenden auf eine bestimmte Zeit und bis zur Wiederbezahlung abzutreten, damit derselbe seine Sicherheit darin finden, aber auch während des Besitzes in dessen Nutzung den Ersatz des von ihm entlehnten Geldes genießen möchte ... Die Kirche selbst, oder die ihr angehörenden Kommunen und pia corpora <frommen Körperschaften> zogen ihren großen Nutzen davon, zumal in den Zeiten der Kreuzzüge. Dies brachte einen so großen Teil des Nationalreichtums in den Besitz der sog. 'toten Hand', zumal da der Jude in diesem Wege nicht wuchern durfte, weil der Besitz eines so festen Unterpfandes nicht verhehlt werden konnte ... Ohne das Verbot der Zinsen würden die Kirchen und Klöster nimmermehr so reich haben werden können." (l.c.p. 55.)

 



Datum der letzten Änderung:  Jena, den : 29.01.2013